Verliert die Menschheit ihre Glauben?

Säkularismus
Geistliches und Weltliches verbinden
2Lena
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#11 Re: Verliert die Menschheit ihre Glauben?

Beitrag von 2Lena » So 4. Sep 2016, 21:24

Pluto hat geschrieben:Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan;
Ich bedaure auch, dass die Menschen offenbar immer noch an diese Vorgabe glauben.
Meinst du?
Die Abtreibungszahlen zeigen wohl eher das Gegenteil ... neben Hilflosigkeit Mangel an Vertrauen.

Erschließung der Bibel in Afrika schließt an alte Traditionen ...
Pluto hat geschrieben: An welche denn? Etwa an den Schamanismus der Eingeborenen?
Der macht es in vielen Dingen leichter, "geistiges" zu verstehen. Gemeint habe ich jedoch, dass aufgrund vieler semitischer Sprachen viel vom "inneren Inhalt" der Bibel rüberkommt, also nicht jene Widersprüche, über die Europaer sich aufregen. Zudem, vergiss es bitte nicht, weite Teile der Bibel spielen sich in Afrika ab.

closs
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#12 Re: Verliert die Menschheit ihre Glauben?

Beitrag von closs » So 4. Sep 2016, 22:02

Pluto hat geschrieben:Was sind das für Leute, die dieses 1700 Jahre alte Konstrukt (Beschluss des Konzils von Nicäa) verlassen, bzw. ablehnen?
Halman hat geschrieben:Sekularisierte Menschen und zum Teil sicher auch kritische Leute. Die Trinität kann eigentlich nur geglaubt, aber nicht wirklich logisch erfasst und begriffen werden.
Um es einmal hart zu sagen: Es ist nur zu erklären, wenn man tiefer geht, als es heute üblich ist. Obwohl alle Voraussetzungen via Dialektik und Ontologie gegeben sind - aber man scheint nicht mehr in der Lage zu sein, Vorhandenes spirituell umzusetzen - vor allem vor dem Hintergrund vornehmlich materialistischer Denkweisen.

Und hier zeigt sich das zweischneidige Schwert intellektueller Entwicklung (die zweifellos mit der sog. "Aufklärung" einhergeht): Der Mensch versteht einerseits mehr intellektuell, was andererseits die Gefahr der Selbst-Maßstäblichkeit mit sich bringt - Gift für jede transendente Fragestellung.

Insofern haben es vor-aufklärerische Kulturen einfacher: Sie nehmen mehr mit ihrem geistigen Potential wahr und können damit gegebenenfalls mehr verstehen, als Menschen, die zwar nachdenken, aber nicht zu Ende denken. - Oder wie es Schiller sagt:
"Die Natur (der Sinn) vereinigt überall, der Verstand scheidet überall, aber die Vernunft vereinigt wieder; daher ist der Mensch, ehe er anfängt zu philosophieren, der Wahrheit näher als der Philosoph, der seine Untersuchung noch nicht durch alle Kategorien durchgeführt und geendigt hat" (Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen).

Diese Vernunft-Leistung gibt es heute offenbar NICHT mehr, weil die Basis dazu fehlt - Aufklärung geht nur mit geistig-spiritueller Basis, die materialistisch nicht leistbar ist.

Und so sind wir in einem Schwebezustand zwischen vor-aufklärerischer Kritiklosigkeit und aufgeklärter Vollendung, indem wir zwar kritisch, aber nicht wahrhaft aufgeklärt sind. - Und damit ist der Glaube weg.

Ausnahmen findet man auch heute noch beim einfachen Volk - Leute, die das Geistig-Spirituelle spüren und NICHT analysieren, weil sie es gar nicht intellektuell können - die "Armen im Geiste", da dadurch gleichzeitig die Reichen im Geiste sind.

Pflanzenfreak
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#13 Re: Verliert die Menschheit ihre Glauben?

Beitrag von Pflanzenfreak » Mo 5. Sep 2016, 12:45

Pflanzenfreak hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Ich halte dagegen. Es gibt Gesetze die gerade die Rücksichtnahme auf andere Menschen —von nächtlicher Ruhestörung bis Mord — sehr genau vorschreiben.
... und wieviele pfeiffen drauf und kommen ungeschoren davon?
Leider zu Viele.
Aber wenigstens haben wir heute Gesetze die das regeln. Seitdem ist das Leben wesentlich sicherer geworden.

Pflanzenfreak hat geschrieben:... das bedeutet aber nicht, daß man T-Shirts in Bangladesch herstellen lässt, die Menschen dort fast nix dafür bekommen, wir viel oder auch nicht viel dafür bezahlen und ansonsten steckt irgendwo Einer das große Geld ein.
Stimmt.
Der beste Weg das abzustellen, ist, diese Billigklamotten nicht mehr zu kaufen. So lange die Menschen an "Geiz ist geil" glauben, wird die Ausbeutung der Arbeiter in der dritten Welt nicht aufhören.

erbreich
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#14 Re: Verliert die Menschheit ihre Glauben?

Beitrag von erbreich » Mo 5. Sep 2016, 13:31

Lena hat geschrieben:Du hast ein n verloren, lieber Pluto ;).
Stimmt doch: Die Menschheit hat ja nicht einen Glauben, sondern eben viele Glauben, die sie verlieren kann - wenn man mit "Glauben" das Fürwahrhalten von etwas meint.

Wenn wir aber mit "Glauben" nicht bestimmte Glaubensinhalte meinen, sondern Glauben als geistige Fähigkeit, und zwar eben nicht im Sinne von "Für-absolut-und-ausschliesslich-wahr-halten-von-etwas", sondern im Sinne von Vertrauen und Zuversicht ins Leben und in den je eigenen Lebensweg und in die unterschiedlichen Wege der Mitmenschen, dann mag sich die Frage stellen, ob die Menschheit daran ist, diese Fähigkeit preiszugeben und zu verlieren.

Aber "Menschheit" ist ein ziemlich abstrakter Begriff. Die Menschheit setzt sich zusammen aus einzelnen Individuen. Und so war die Menschheit als Ganzes niemals gläubig oder ungläubig und wird es auch niemals sein. Es hat immer Menschen gegeben, die Lebens- (oder Gott-) vertrauen hatten und solche, denen diese Fähigkeit nicht eignete oder denen sie durch Schicksalsschläge abhanden gekommen ist.

Menschen verlieren ihren Glauben und Menschen finden ihren Glauben.

Pluto
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#15 Re: Verliert die Menschheit ihre Glauben?

Beitrag von Pluto » Mo 5. Sep 2016, 13:49

2Lena hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan;
Ich bedaure auch, dass die Menschen offenbar immer noch an diese Vorgabe glauben.
Meinst du?
Ja.

2Lena hat geschrieben:Die Abtreibungszahlen zeigen wohl eher das Gegenteil ... neben Hilflosigkeit Mangel an Vertrauen.
Es ist immer noch besser als das was früher war, und heute noch in der Dritten Welt passiert. Jungs dürfen leben weil aus ihnen Krieger werden. Aber die Mädchen werden oft grausam "entsorgt". Man schätzt die Dunkelziffer auf etwa eine Milliarde fehlender Mädchen weltweit. Das relativiert die Abtreibungszahlen in der westlichen Gesellschaft; stellt sie förmlich in den Schatten. Der "gutmütige Wilde" ist ein Märchen, welches zwar leider immer noch in manchen Kreisen kolportiert wird, aber unsere westliche Zivilisation hat zum Glück längst den Mord von Neugeborenen hinter sich gelassen.
Man muss es halt auch mal positiv sehen. Die Menschen waren in früheren Jahrhunderten um ein Vielfaches grausamer als heute im "Westen".

2Lena hat geschrieben:Der macht es in vielen Dingen leichter, "geistiges" zu verstehen.
Tut mir furchtbar Leid, aber bei mir hilft das nicht.

2Lena hat geschrieben:Zudem, vergiss es bitte nicht, weite Teile der Bibel spielen sich in Afrika ab.
In der arabischen Welt, meinst du?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

R.F.
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#16 Re: Verliert die Menschheit ihre Glauben?

Beitrag von R.F. » Mo 5. Sep 2016, 13:50

Pluto hat geschrieben:Die abrahmitischen Religionen, vor allem das Christentum, breiten sich vor allem in Lateinamerika und Fernost immer weiter aus, während in Europa und den USA der Trend des Glaubens eher rückläufig ist.
- - -
Was für einen Glauben meinst Du denn, lieber Pluto? Die ursprüngliche Botschaft, von echten Autoritäten der Öffentlichkeit vermittelt, würde weltweit zu Unruhen führen. Sogar der Nicht-Christ Mahatma Gandhi hatte dies erkannt:

http://www.die-religionen.net/mahatma-gandhi.html

„Ihr Christen habt in eurer Obhut ein Dokument mit genug Dynamit in sich, die gesamte Zivilisation in Stücke zu blasen, die Welt auf den Kopf zu stellen; dieser kriegszerrissenen Welt Frieden zu bringen. Aber ihr geht damit so um, als ob es bloß ein Stück guter Literatur ist, sonst weiter nichts.“
(Mahatma Gandhi alias Mohandas Karamchand G., 1869-1948, indischer Freiheitskämpfer, Verfechter des gewaltfreien Widerstandes)

An den Schriften der so genannten Kirchenväter lässt sich die rapide Abkehr von der originären Botschaft verfolgen. Wenn Persönlichkeiten, wie vorhergesagt, sich in naher Zukunft mit dem Original an die Öffentlichkeit wenden, werden diese sämtliche Nachrichtendienste auf dem Hals haben...

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#17 Re: Verliert die Menschheit ihre Glauben?

Beitrag von 2Lena » Mo 5. Sep 2016, 14:15

Lieber Pluto,
Du meintest in der "arabischen Welt" spielen weite Teile der Bibel. Beginnt dort nicht Asien?[/quote] Nein. Da grenzt Afrika an Asien. Normalerweise redet man von Nordafrika und dem Nahen Orient als die "arabische" Welt.

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#18 Re: Verliert die Menschheit ihre Glauben?

Beitrag von 2Lena » Mo 5. Sep 2016, 14:20

R.F. hat geschrieben: An den Schriften der so genannten Kirchenväter lässt sich die rapide Abkehr von der originären Botschaft verfolgen.
Naja, wenn man die Bücher falsch rum liest, Vorne und Hinten sich nicht auskennt, kann es leicht zu so falschen Aussagen kommen, die vom "Gefühl her" zwar richtig sind, aber die Zielscheibe von hinten anlöchern. Etliche Aussagen von Kirchenvätern sind "nebelhaft", da sie noch "mystisch" reden konnten. Es war damals schon schwer zu unterscheiden, ob sie genau wussten, um was es ging. Später kam vor allem das Interesse des Machtgewinns hinzu, und all die vielen Entgleisungen, die anfangs noch nicht zu sehr aufgefallen sind.

Es ist anders, lieber R.F. - an den Schriften der Kirchenväter merkt man, dass zwar die Überlieferung stimmt, jedoch von "anderem" gesprochen wird.

R.F. hat geschrieben:Wenn Persönlichkeiten, wie vorhergesagt, sich in naher Zukunft mit dem Original an die Öffentlichkeit wenden, werden diese sämtliche Nachrichtendienste auf dem Hals haben...
Vergiss es ...
Das Buch "die Bibel" ist seit 1.500 Jahren in vielen gedruckten Massenauflagen rund um die ganze Welt verbreitet worden. Und nicht mal hier, in einem Forum für "Intelligenzler" giert jemand nach den echten Werten, nach der "Schwerarbeit", sie voll und ganz auszuschöpfen.

Wer will hier schon Besseres lernen (aus dem gleichen Text, der bisher kritisiert worden ist)?

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#19 Re: Verliert die Menschheit ihre Glauben?

Beitrag von Halman » Di 6. Sep 2016, 21:03

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Was sind das für Leute, die die Dreifaltigkeit Gottes annehmen?
Hm - ich denke, dass Du nach sehr komplexen Phänomenen fragst, über die ein Soziologie vermutlich ein ganzes Buch als Antwort schreiben könnte.
Du kennst mich doch. Ich habe nie einfache Themen — zu langweilig! :yawn:
Okay, schreiben wir ein Buch. :lol: ;)

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Das menschliche Handeln wird von wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst, aber auch von seiner kulturellen und religiösen Sozialisation, wobei Letztere so eng miteinander verpflochten sind, dass sie meiner Meinung nach teilweise gar nicht voneinander abgrenzbar sind.
Die Antwort für Lateinamerika dürfte wohl anders ausfallen als für Fernost, es sei denn, man kann die parallele Entwicklung an Gemeinsamkeiten festmachen.
[...]
Ich vermute, dass Laiteinamerika und Fernost (präziser ist wohl zu sagen, in großen Teilen davon) gemeinsam haben, dass man noch einen anderen Bezug zur Tratition hat und auch Religion nicht als überaltetes Relikt begreift. Dies mag der Grund seinn, warum das christliche Evangelium in diesen Regionen der Welt eine größere Anziehungskraft entfaltet als in liberaleren Gesellschaften.
Im Wesentlichen scheinen das alles recht profane Gründe zu sein... Tradition, Sozialisation, Hoffnung...
In Deiner Fragestellung umriss Du mit Lateinamerika und Fernost ein sehr weites Feld. Eine relativ kurze Antwort konnte meiner Meinung nach nur sehr allgemein ausfallen.
Religion ist doch untrennbar mit Tradition verpflochten. Die Sozialisation spielt natürlich immer eine große Rolle. In Indien wären wir vermutlich Hindus. Und im Christentum spielt die Hoffnung eine große Rolle. Als Frage könnte man daraus ableiten: Warum spricht die christliche Hoffnung die Menschen in Lateinamerika und Fernost mehr an als in der westlichen Welt? Ich denke dies hat mit der stärkeren Säkularisierung in Europa und den Küsten der USA zu tun.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Sekularisierte Menschen und zum Teil sicher auch kritische Leute. Die Trinität kann eigentlich nur geglaubt, aber nicht wirklich logisch erfasst und begriffen werden. Zwar gibt es auch theologisch-philosophische Erklärungen zur Trinität, doch sie bleibt rätselhaft und der moderne, kritische und sekularisierte Mensch kann mit so einem Glaubenskontrukt immer weniger anfangen. Es befremdet ihn zunehmend und daher verliert es für diese Leute immer mehr an Glaubhaftigkeit. Der Glauben schwindet.
Auch die Skandale um die Kirche tragen ihren Teil bei: Der Respekt den man der Priesterschaft in früheren Jahrhunderten zukommen ließ, schwindet immer mehr. Auch der allgemeine Wohlstand steuert zur Säkularisierung bei.
Die Weltkriege spielen da wohl auch eine große Rolle. Und ja, die Skandale um die Kirche erschütterten nachhaltig das Vertrauen in sie. Die institutionalisierte Religion verlor ihren "guten Ruf" und auch die Ehrfurcht vor der Geistlichkeit schwand angesichts der historischen Entwicklung. Die Enttäuschung über die Kirchen und der vielfälltige Wandel der Zeit lassen die Religion für immer mehr Menschen als veraltet erscheinen.

Pluto hat geschrieben:Ob es, wenn die Wirtschaft nicht mehr "brummt", sich wieder vermehrt dem Glauben zuwenden ist aus meiner Sicht eher zweifelhaft.
Ja, so leicht ließe sich hier in Mittel- und Westeuropa wohl das Rad der Zeit nicht zurückdrehen.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Münek
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#20 Re: Verliert die Menschheit ihre Glauben?

Beitrag von Münek » Do 8. Sep 2016, 00:18

Pluto hat geschrieben:Was sind das für Leute, die die Dreifaltigkeit Gottes annehmen?
Was sind das für Leute, die dieses 1700 Jahre alte Konstrukt (Beschluss des Konzils von Nicäa) verlassen, bzw. ablehnen?
Ich habe kürzlich auf you-tube ein Interview mit dem frommen em. Theologieprofessor Klaus Berger (Bibel-TV) zu seinem Buch "Die Bibelfälscher" gesehen, indem er u.a. auf eine entsprechende Frage resigniert feststellte:

"Ich sehe es nicht in der gegenwärtigen Systematik, dass es irgendeinen DOGMATIKER gibt,
geschweige denn Exegeten, die die Dreifaltigkeit als Grundlage des Christentums ansehen."

Ich denke, das resignierte Eingeständnis Bergers besagt alles. Es scheint in der gegenwärtigen systematischen
Theologie (= Dogmatik und Fundamentaltheologie, also außerhalb der Exegese) ziemlich schlimm auszusehen...

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