Franz von Assisi: der weltumspannende Humanismus

Säkularismus
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closs
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#11 Re: Franz von Assisi: der weltumspannende Humanismus

Beitrag von closs » Mo 30. Jan 2017, 20:11

Pluto hat geschrieben:Darf ich daran erinnern, dass der Humanismus seit dem guten Samariter die Domäne der Ungläubigen war?
Muss man denn immer wieder daran erinnern warum Menschen wie Giordano Bruno auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden?

Der Verdienst von Franz von Assisi war, dass er den Humanismus aufgriff und ihn versuchte zu verbreiten. Ein wahrlich nobler Versuch, der aber am Widerstand der religiösen Führung scheiterte.
Wo hast Du denn DIESE Verschwörungstheorie aufgegabelt?

Pluto
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#12 Re: Franz von Assisi: der weltumspannende Humanismus

Beitrag von Pluto » Mo 30. Jan 2017, 20:18

closs hat geschrieben:Wo hast Du denn DIESE Verschwörungstheorie aufgegabelt?
Wieso?
Entspricht es etwa nicht der Historik?
Wurden etwa nach Assisi keine Menschen mehr auf dem Scheiterhaufen verbrannt? Wurde etwa die Inquisition abgeschafft?

Das gelang erst Jahrhunderte später durch die Humanismus Bewegung.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Novas
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#13 Re: Franz von Assisi: der weltumspannende Humanismus

Beitrag von Novas » Mo 30. Jan 2017, 20:45

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Darf ich daran erinnern, dass der Humanismus seit dem guten Samariter die Domäne der Ungläubigen war?
Muss man denn immer wieder daran erinnern warum Menschen wie Giordano Bruno auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden?

Der Verdienst von Franz von Assisi war, dass er den Humanismus aufgriff und ihn versuchte zu verbreiten. Ein wahrlich nobler Versuch, der aber am Widerstand der religiösen Führung scheiterte.
Wo hast Du denn DIESE Verschwörungstheorie aufgegabelt?

In der Märchenstunde für Atheisten :P Giordano Bruno war jedenfalls ein zutiefst religiöser Mensch. Hingerichtet wurde er wegen diesen Gedanken:

Ich halte das Weltall für unendlich als Schöpfung einer unendlichen göttlichen Allmacht, weil ich es der göttlichen Güte und Allmacht für unwürdig halte, daß sie eine endliche Welt erschaffen hätte, wenn sie noch neben dieser Welt eine andere und unzählige andere erschaffen konnte. So habe ich denn erklärt, daß es unzählige Welten gibt ähnlich dieser… Des weiteren setzte ich in diesem Universum eine allgemeine Vorsehung, kraft deren jegliches Wesen lebt, sich erhält und sich bewegt und in seiner Vollendung dasteht, und ich nehme dies in immer zweifachem Sinne: einmal ist diese Vorsehung allgegenwärtig als Seele ganz im ganzen Körper und ganz in jedem seiner Teile, und insofern nenne ich sie Natur, Schatten und Spur der Gottheit; sodann aber ist sie gegenwärtig auf eine unsagbare Weise als Allgegenwart Gottes seinem Wesen nach und als eine Allmacht in allem und über allem, nicht als Teil, nicht als eine Seele, sondern auf eine unerklärliche Art.

Giordano Bruno. Quelle: Dokument XI der Inquisitionsakten vom 2. Juni 1592

Ich finde es amüsant, dass sich eine atheistische Vereinigung - die Giordano Bruno Stiftung - nach einem religiösen Freigeist benannt hat, um für den Atheismus Werbung zu machen. Besser kann man eigentlich kaum zeigen, wie unverzichtbar Religion ist :lol:

closs
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#14 Re: Franz von Assisi: der weltumspannende Humanismus

Beitrag von closs » Mo 30. Jan 2017, 21:13

Pluto hat geschrieben:Entspricht es etwa nicht der Historik?
Im Großen und Ganzen, nein. - Der Humanismus war eine Bewegung INNERHALB des Christentums - ausgelöst durch die Renaissance, die das Ich wieder mehr in den Mittelpunkt stellte. - Insofern gab es natürlich heftigste Friktionen zwischen Amtskirche und diesen neuen Strömungen. - Aber das waren, wie gesagt, Auseinandersetzungen INNERHALB des Christentums.

Novalis hat geschrieben:Ich finde es amüsant, dass sich eine atheistische Vereinigung - die Giordano Bruno Stiftung - nach einem religiösen Freigeist benannt hat, um für den Atheismus Werbung zu machen.
Das ist mir auch schon aufgefallen - eine brillante Täuschung gegenüber der Gesellschaft. - Das ist so ähnlich, als würde man Donald Trump zum Schutzpatron der Asylanten machen.

Pluto
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#15 Re: Franz von Assisi: der weltumspannende Humanismus

Beitrag von Pluto » Mo 30. Jan 2017, 22:53

closs hat geschrieben:Der Humanismus war eine Bewegung INNERHALB des Christentums - ausgelöst durch die Renaissance, die das Ich wieder mehr in den Mittelpunkt stellte.
Das es damals nichts anderes als die eine Kirche gab, ist das zwar nachvollziehbar, aber nicht wirklich relevant.
Der Humanismus ist sehr viel jünger als die Renaissance. Die großen Fortschritte machte er erst im 20. Jahrhundert.
Es hat jedenfalls mit Assisi (lobenswerten) Bemühungen überhaupt nichts zu tun.

closs hat geschrieben:Insofern gab es natürlich heftigste Friktionen zwischen Amtskirche und diesen neuen Strömungen. - Aber das waren, wie gesagt, Auseinandersetzungen INNERHALB des Christentums.
Stimmt. Die religiösen Machthaber fürchteten sich vor Veränderungen und machten die wenigen Menschen der damaligen Zeit die es wagten anders zu denken, im wahrsten Sinn des Wortes Mundtot.
Giordano Bruno wurde z.B. ein Nagel durch die Zunge geschlagen, um ihn am Sprechen zu hindern, als er zum Scheiterhaufen geführt wurde.

Es war früher nicht alles besser.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#16 Re: Franz von Assisi: der weltumspannende Humanismus

Beitrag von closs » Mo 30. Jan 2017, 23:16

Pluto hat geschrieben:Der Humanismus ist sehr viel jünger als die Renaissance.
"Im engeren Sinne wird als Humanismus das sich vom Mittelalter und der Scholastik abwendende geistige Klima des 15. und 16. Jahrhunderts bezeichnet" (wik).

Pluto hat geschrieben:Die großen Fortschritte machte er erst im 20. Jahrhundert.
Würde ich anders formulieren: Die technischen/medizinischen Fortschritte des 19./20. Jh. haben viele Verbesserungen in den allgemeinen Lebensbedingungen geschaffen. - Der Humanismus als Philosophie hat damit eigentlich relativ wenig zu tun.

Pluto hat geschrieben:Die religiösen Machthaber fürchteten sich vor Veränderungen und machten die wenigen Menschen der damaligen Zeit die es wagten anders zu denken, im wahrsten Sinn des Wortes Mundtot.
Im Einzelfall stimmt das - das ist dem Selbsterhaltungstrieb des jeweils Herrschenden zuzuschreiben. - Aber dem christlichen Kirchenopfer Giordano zum Testimonial einer atheistischen Weltanschauung zu machen, ist entweder dumm oder bösartig.

Ganz nebenbei: Der heutige kritisch-rationale Materialismus macht auf rhetorische Art nichts anderes, als was die Kirche im Spätmittelalter gemacht hat: Man schägt "Nägel durch die Zunge", indem man alles als "unredlich" bezeichnet, was der eigenen Ideologie nicht entspricht. - Tempera mutantur.

Pluto hat geschrieben:Es war früher nicht alles besser.
Stimmt schon - es ist heute sogar vieles besser, aber manches halt auch NICHT.

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#17 Re: Franz von Assisi: der weltumspannende Humanismus

Beitrag von Pluto » Di 31. Jan 2017, 10:21

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Der Humanismus ist sehr viel jünger als die Renaissance.
"Im engeren Sinne wird als Humanismus das sich vom Mittelalter und der Scholastik abwendende geistige Klima des 15. und 16. Jahrhunderts bezeichnet" (wik).
Das war die Zeit von "Abtrünnigen" wie Girdano Bruno, Galileo oder Erasmus von Rotterdam. Aber die Menschen wollten davon nichts wissen.

closs hat geschrieben:Würde ich anders formulieren
Weiß ich, aber her liegt der Irrtum.

closs hat geschrieben:Die technischen/medizinischen Fortschritte des 19./20. Jh. haben viele Verbesserungen in den allgemeinen Lebensbedingungen geschaffen. - Der Humanismus als Philosophie hat damit eigentlich relativ wenig zu tun.
Genau das ist falsch, denn der Humanismus entstand im ausgehenden 19. Jahrhundert und entfaltete sich als Philosophie im 20. Jahrhundert (nach 1945) als Friedensbewegung in Europa und den USA.


closs hat geschrieben:Aber dem christlichen Kirchenopfer Giordano zum Testimonial einer atheistischen Weltanschauung zu machen, ist entweder dumm oder bösartig.
Giordano Bruno ist nur ein Beispiel unter Vielen. Er war bei Weitem kein Einzelfall an dem man die damalige Zeit charakterisiert.
Alle frühen Humanisten wurden von den (religiösen) Machthabern als Störenfriede betrachtet, die man am Besten einkerkerte oder verbrannte, als Warnung an das Volk die Lehren des Humanismus nicht anzunehmen.
Humanisten wurden damals (leider erfolgreich) bekämpft.

closs hat geschrieben:Ganz nebenbei: Der heutige kritisch-rationale Materialismus macht auf rhetorische Art nichts anderes, als was die Kirche im Spätmittelalter gemacht hat: Man schlägt "Nägel durch die Zunge", indem man alles als "unredlich" bezeichnet, was der eigenen Ideologie nicht entspricht.
Unsinn!
Der Materialismus ist heute von Humanismus überhaupt nicht mehr zu trennen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#18 Re: Franz von Assisi: der weltumspannende Humanismus

Beitrag von closs » Di 31. Jan 2017, 10:54

Pluto hat geschrieben:Das war die Zeit von "Abtrünnigen" wie Girdano Bruno, Galileo oder Erasmus von Rotterdam. Aber die Menschen wollten davon nichts wissen.
Ja - da war der Beginn einer Wechselstimmung, wie man übrigens sehr gut auch an der Architektur des Petersdoms sehen kann. - Es hat viel mit dem Untergang von Byzanz zu tun.

Pluto hat geschrieben:Genau das ist falsch, denn der Humanismus entstand im ausgehenden 19. Jahrhundert
Kulturgeschichtlich ordnet man das anders - da galt das 16. Jh. als große Zeit des Humanismus. - Ich nehme an, dass Du die Zeit der säkularen Fortschrittszeiten als "Humanismus" bezeichnest - so war es selbstverständlich "humanistisch", dass etwa in England die Kinderarbeit in den Minen abgestellt wurde und in Deutschland die Sozialdemokratie entstand. - Oder auch Humboldt, dessen Bildungsstandard als "humanistisch" bezeichnet wurden.

Auf einem "humanistischen" Gymnasium lernt(e) man Latein und Griechisch - man verstand sich (bis weit ins 20. Jh. hinein) als Statthalter für das alte, klassische Bildungsverständnis (ich weiß das, ich war 9 Jahre lang auf einem solchen Gymnasium). :D

Pluto hat geschrieben:Alle frühen Humanisten wurden von den (religiösen) Machthabern als Störenfriede betrachtet
Das war aber nicht gemeint in Deinem Sinne des 19. Jh. - "Humanisten" (Erasmus, Melanchthon, sogar Luther, obwohl er gerade NICHT ein Humanist war) wurden als freigeisterische Störenfriede verstanden, die Anthropozentrismus über Theozentrismus stellten. - Mit "human" oder "unhuman" hat das nichts zu tun.

Pluto hat geschrieben:Der Materialismus ist heute von Humanismus überhaupt nicht mehr zu trennen.
Daraus schließe ich, dass wir hier einen besonders krassen Fall von Polysem haben. - Der "klassische" Humansismus des 16. Jh. war tief christlich.

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