War Einstein gläubig?

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Novas
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#11 Re: War Einstein gläubig?

Beitrag von Novas » Do 2. Feb 2017, 13:56

Janina hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Er sah Schöpfung und Natur als voneinander nicht unterscheidbar.
Warum sollte man das denn tun?

Vielleicht hätte Einstein ganz unterschiedliche Antworten gegeben, wenn man ihn am Frühstückstisch gefragt hätte, je nachdem mit welchem Fuß er aufgestanden ist oder ob er seinen Kaffee bekommt oder nicht :lol: an einem Tag ist Religion nur primitiver Aberglaube, am nächsten sieht er schon überall das unbestreitbare Wirken und Walten einer höheren Vernunft und Macht.

closs
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#12 Re: War Einstein gläubig?

Beitrag von closs » Do 2. Feb 2017, 16:17

Pluto hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass Einstein überhaupt religiös (im Sinne der Bibel) war.
Glaube ich ebenfalls nicht - weil er erkannt hat, dass jede menschliche Festlegung von "Gott" eine Chiffre/Offenbarung ist. - Wie bei den meisten großen Denkern ist auch bei Einstein "Gott" eine menschlich "im Original" unfassbare Größe.

Pluto hat geschrieben:Er sah Schöpfung und Natur als voneinander nicht unterscheidbar.
Das tut Ratzinger auch nicht - natürlich ist das dasselbe (bzw: Natur ist eine Teilmenge von Schöpfung).

Pluto hat geschrieben:Ein Pantheist glaubt Gott sei in allem und überall drin.
Auch das tut Ratzinger genauso. - Der eigentliche Unterschied ist, dass manche Gott selbst GENUIN als Teil der Schöpfung/Natur verstehen - als sei er wesensmäßig "dort daheim".
Zuletzt geändert von closs am Do 2. Feb 2017, 17:34, insgesamt 1-mal geändert.

ThomasM
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#13 Re: War Einstein gläubig?

Beitrag von ThomasM » Do 2. Feb 2017, 17:07

Pluto hat geschrieben: Woran glaubte Einstein nun wirklich?
Spielt das eine Rolle?

Er war ein extrem kreativer und genialer Physiker.
Aber menschlich hatte er viele Schwächen. Und mit seiner Rolle als Superstar kam er auch kaum zurecht.

Da gibt es übrigens einige Parallelen mit Feynman, den ich als Physiker extrem bewundere, der aber menschlich ein ziemliches A* war.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
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#14 Re: War Einstein gläubig?

Beitrag von Pluto » Do 2. Feb 2017, 17:37

Novalis hat geschrieben:Vielleicht hätte Einstein ganz unterschiedliche Antworten gegeben, wenn man ihn am Frühstückstisch gefragt hätte, je nachdem mit welchem Fuß er aufgestanden ist oder ob er seinen Kaffee bekommt oder nicht :lol: an einem Tag ist Religion nur primitiver Aberglaube, am nächsten sieht er schon überall das unbestreitbare Wirken und Walten einer höheren Vernunft und Macht.
Ich denke, du unterschätzt den großen Physiker des 20. Jahrhunderts. Er war außerordentlich standfest in seiner Meinung über die tradtionelle Religion
Einstein schrieb am 3. Januar 1954 an den Philosophen Eric Gutkind:
  • Das Wort Gott ist für mich nichts als Ausdruck und Produkt menschlicher Schwächen, die Bibel eine Sammlung ehrwürdiger aber reichlich primitiver Legenden. Keine noch so feinsinnige Auslegung kann (für mich) etwas daran ändern.

Er hatte stattdessen eine fast religiöse Verehrung für die Welt der Natur, die er wie folgt ausdrückte:
  • Ich glaube an Spinozas Gott, der sich in der gesetzlichen Harmonie des Seienden offenbart, nicht an einen Gott, der sich mit Schicksalen und Handlungen der Menschen abgibt.

    Was ich in der Natur erblicke, ist eine großartige Struktur, die wir nur bruchstückhaft verstehen können. Diese Struktur muss jedem denkenden Menschen ein Gefühl von Bescheidenheit vermitteln – ein authentisches religiöses Gefühl, das mit Mystizismus nichts zu tun hat.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Pluto
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#15 Re: War Einstein gläubig?

Beitrag von Pluto » Do 2. Feb 2017, 17:44

ThomasM hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Woran glaubte Einstein nun wirklich?
Spielt das eine Rolle?
Thema verfehlt, Thomas?

ThomasM hat geschrieben:Er war ein extrem kreativer und genialer Physiker.
Ja, seine Verehrung für die Natur hatte zuweilen religiöse Züge.

ThomasM hat geschrieben:Da gibt es übrigens einige Parallelen mit Feynman, den ich als Physiker extrem bewundere, der aber menschlich ein ziemliches A* war.
Mit A* meinst du wohl Atheist? :engel:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#16 Re: War Einstein gläubig?

Beitrag von Halman » Do 2. Feb 2017, 18:35

Vielen Dank für diese schöne Thema, Pluto. :thumbup:

Dazu möchte ich zwei Zitate von Albert Einstein beitragen, sowie zwei YouTube-Videos, in denen er selbst spricht.


Zitat von Albert Einstein:
Sie werden schwerlich einen tiefer schürfenden wissenschaftlichen Geist finden, dem nicht eine eigentümliche Religiosität eigen ist. Diese Religiosität unterscheidet sich aber von derjenigen des naiven Menschen. Letzterem ist Gott ein Wesen, von dessen Sorgfalt man hofft, dessen Strafe man fürchtet - ein sublimiertes Gefühl von der Art der Beziehung des Kindes zum Vater -, ein Wesen, zu dem man gewissermaßen in einer persönlichen Beziehung steht, so respektvoll diese auch sein mag.
Der Forscher ist aber von der Kausalität allen Geschehens druchdrungen. Die Zukunft ist ihm nicht minder notwendig und bestimmt wie die Vergangenheit. Das Moralische in ihm ist ihm keine göttliche, sondern eine rein menschliche Angelegenheit. Seine Religiosität liegt im verzückten Staunen über die Harmonie der Naturgesetzlichkeit, in er sich eine so überlegene Vernunft offenbart, daß alles Sinnvolle menschlichen Denkens und Anordnens dagegen ein gänzlich nichtiger Abglanz ist. Dies Gefühl ist das Leitmotiv seines Lebens und Strebens, insoweit dieses sich über die Knechtschaft selbstischen Wünschens erheben kann. Unzweifelhaft ist dies Gefühl nahe verwandt demjenigen, das die religiös schöpferischen Naturen aller Zeiten erfüllt hat.

Zitat aus Die Evolution der Physik (Einstein, Infeld), Seite 298:
... Auf die Grundideen kommt es bei der Aufstellung einer physikalischen Theorie in erster Linie an. In wissenschaftlichen Werken wimmelt es zwar von komplizierten mathematischen Formeln, doch entspringt jede physikalische Theorie aus einem Denkvorgang, einer Idee, und nicht etwa aus Zahlengebilden. Später, wenn es an die Ausarbeitung einer quantitativen Theorie geht, müssen diese Gedanken in eine mathematische Form gebracht werden, da sie sich sonst nicht experimentell nachprüfen lassen. ...

Seite 318-319 (Schlussgedanken):
... Ohne den Glauben daran, daß es grundsätzlich möglich ist, die Wirklichkeit durch unsere theoretischen Konstruktionen begreiflich zu machen, ohne den Glauben an die innere Harmonie unserer Welt könnte es keine Naturwissenschaft geben. Dieser Glaube ist und bleibt das Grundmotiv jedes schöpferischen Gedankens in der Naturwissenschaft. Alle unsere Bemühungen, alle dramtischen Auseinandersetzungen zwischen alten und neue Auffassungen werden getragen von dem ewigen Drang nach Erkenntnis, dem unerschütterlichen Glauben an die Harmonie des Alls, der immer stärker wird, je mehr Hindernisse sich uns entgegenstürmen.

Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#17 Re: War Einstein gläubig?

Beitrag von Halman » Do 2. Feb 2017, 18:39

Als Nachtrag folgt: Albert Einstein - Glaubensbekenntnis

Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#18 Re: War Einstein gläubig?

Beitrag von Münek » Do 2. Feb 2017, 19:10

ThomasM hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Woran glaubte Einstein nun wirklich?
Spielt das eine Rolle?
Er dachte viel, viel weiter als die allermeisten Menschen. Im Gegensatz zu Jesus hielt er es z.B. für ausgeschlossen, dass Sterne auf die Erde herabfallen können.

Novas
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#19 Re: War Einstein gläubig?

Beitrag von Novas » Do 2. Feb 2017, 19:24

Halman hat geschrieben:Vielen Dank für diese schöne Thema, Pluto. :thumbup:

Dazu möchte ich zwei Zitate von Albert Einstein beitragen, sowie zwei YouTube-Videos, in denen er selbst spricht.


Zitat von Albert Einstein:
Sie werden schwerlich einen tiefer schürfenden wissenschaftlichen Geist finden, dem nicht eine eigentümliche Religiosität eigen ist. Diese Religiosität unterscheidet sich aber von derjenigen des naiven Menschen. Letzterem ist Gott ein Wesen, von dessen Sorgfalt man hofft, dessen Strafe man fürchtet - ein sublimiertes Gefühl von der Art der Beziehung des Kindes zum Vater -, ein Wesen, zu dem man gewissermaßen in einer persönlichen Beziehung steht, so respektvoll diese auch sein mag.
Der Forscher ist aber von der Kausalität allen Geschehens druchdrungen. Die Zukunft ist ihm nicht minder notwendig und bestimmt wie die Vergangenheit. Das Moralische in ihm ist ihm keine göttliche, sondern eine rein menschliche Angelegenheit. Seine Religiosität liegt im verzückten Staunen über die Harmonie der Naturgesetzlichkeit, in er sich eine so überlegene Vernunft offenbart, daß alles Sinnvolle menschlichen Denkens und Anordnens dagegen ein gänzlich nichtiger Abglanz ist. Dies Gefühl ist das Leitmotiv seines Lebens und Strebens, insoweit dieses sich über die Knechtschaft selbstischen Wünschens erheben kann. Unzweifelhaft ist dies Gefühl nahe verwandt demjenigen, das die religiös schöpferischen Naturen aller Zeiten erfüllt hat.

Zitat aus Die Evolution der Physik (Einstein, Infeld), Seite 298:
... Auf die Grundideen kommt es bei der Aufstellung einer physikalischen Theorie in erster Linie an. In wissenschaftlichen Werken wimmelt es zwar von komplizierten mathematischen Formeln, doch entspringt jede physikalische Theorie aus einem Denkvorgang, einer Idee, und nicht etwa aus Zahlengebilden. Später, wenn es an die Ausarbeitung einer quantitativen Theorie geht, müssen diese Gedanken in eine mathematische Form gebracht werden, da sie sich sonst nicht experimentell nachprüfen lassen. ...

Seite 318-319 (Schlussgedanken):
... Ohne den Glauben daran, daß es grundsätzlich möglich ist, die Wirklichkeit durch unsere theoretischen Konstruktionen begreiflich zu machen, ohne den Glauben an die innere Harmonie unserer Welt könnte es keine Naturwissenschaft geben. Dieser Glaube ist und bleibt das Grundmotiv jedes schöpferischen Gedankens in der Naturwissenschaft. Alle unsere Bemühungen, alle dramtischen Auseinandersetzungen zwischen alten und neue Auffassungen werden getragen von dem ewigen Drang nach Erkenntnis, dem unerschütterlichen Glauben an die Harmonie des Alls, der immer stärker wird, je mehr Hindernisse sich uns entgegenstürmen.




Vielen Dank, lieber Halman :thumbup: auffällig ist, dass er immer wieder auf die Vernunft hinwies. Damit spricht er schon das Wesentliche an, was die Religion eben auch sagt: dass das Weltall in Wahrheit und Weisheit erschaffen wurde (Joh 1,1). Wir sprechen vom "Logos", dem göttlichen Vernunftprinzip, das Wort:

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.

Ich denke, dass Einstein damit kein Problem hätte. Denn...

Alle unsere Bemühungen, alle dramtischen Auseinandersetzungen zwischen alten und neue Auffassungen werden getragen von dem ewigen Drang nach Erkenntnis, dem unerschütterlichen Glauben an die Harmonie des Alls
Zuletzt geändert von Novas am Do 2. Feb 2017, 19:24, insgesamt 1-mal geändert.

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Münek
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#20 Re: War Einstein gläubig?

Beitrag von Münek » Do 2. Feb 2017, 19:24

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass Einstein überhaupt religiös (im Sinne der Bibel) war.
Glaube ich ebenfalls nicht - weil er erkannt hat, dass jede menschliche Festlegung von "Gott" eine Chiffre/Offenbarung ist. - Wie bei den meisten großen Denkern ist auch bei Einstein "Gott" eine menschlich "im Original" unfassbare Größe.
Nach christlicher Auffassung ist Gott keine "unfassbare Größe", sondern ein personenhaftes Geistwesen, das über ganz bestimmte Eigenschaften verfügt, einen Willen hat und mit den Menschen einen bestimmten Heilsplan verfolgt - zu dessen Verwirklichung
zwingend der Sühnetod seines eingeborenen Sohnes gehört.


Mit diesen dogmatisch-illusionären Festlegungen stimmen "große Denker" auf gar keinem Fall überein. :)
Zuletzt geändert von Münek am Do 2. Feb 2017, 23:49, insgesamt 1-mal geändert.

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