Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

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Halman
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#51 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Halman » Do 29. Sep 2016, 22:26

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Offenbar sind virtuelle Teilchen i.V.m. Vakuumfluktutationen ebenso unsterblich sind wie der innere Schweinehund.
Wieso diese Ironie?
Obgleich diese Darstellung meiner Kenntnis nach fachlich falsch ist, ist sie offenbar unausrottbar. Darum meine Ironie.

Pluto hat geschrieben:Vakuumfluktuationen sind eine wissenschaftliche Theorie. Sie sind weit mehr als der innere Schweinehund oder eine Hypothese, denn sie konnten empirisch bestätigt werden (siehe CCasimir-Experiment und Lamb-Effekt).
Ja, Vakuumfluktuationen konnten durch die experimentelle Physik bestätigt werden. Doch ich schrieb über "virtuelle Teilchen i.V.m. Vakuumfluktutationen". Bei diesen treten aber KEINE virtuellen Teilchen auf.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Ein Zitat aus der oben erwähnten Buchbesprechung unterstreicht diese Darstellung:
### Kapitel 10 "Das Nichts ist instabil" Hier geht es um unsere "Schöpfung", aber im wissenschaftlichen Sinne:
Das "Nichts" ist ein Raum, ein leerer Raum - und im leeren Raum gibt es die Energie des leeren Raums mit den sogenannten virtuellen Teilchen und die Gesetze der Physik. Diese Teilchen aber bleiben für uns "unsichtbar" bzw nicht direkt beobachtbar, da sie so schnell entstehen und wieder vergehen - darum wird auch gesagt, dass das "Nichts" instabil ist - sprich es kann sich jederzeit etwas bilden, etwas entstehen - aus solch einem "Entstehen", solch einem "Augenblick" sind auch wir bzw unser bekanntes Universum hervorgegangen - wir sind also etwas aus dem "Nichts".
Mag sein, dass Krauss der Meinung ist, dass diese Erklärung für seinen Leserkreis verständlich und überzeugend ist, doch mich überzeugt sie nicht, da sie mit einem meiner Meinung nach falschen Bild, nämlich den von virtuellen Teilchenpaaren bei Vakuumfluktuationen, argumentiert.
Wie begründest du, dass dies ein falsches Bild ist?
Warum verwirfst du diese Theorie?
Weil ich von Agent Scullie gelernt habe, wie es fachlich korrekt ist. Er hat Dir doch geantwortet. Ferner verwies ich auf seine PDF-Dokumente.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#52 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Do 29. Sep 2016, 23:01

Halman hat geschrieben:Ja, Vakuumfluktuationen konnten durch die experimentelle Physik bestätigt werden. Doch ich schrieb über "virtuelle Teilchen i.V.m. Vakuumfluktutationen". Bei diesen treten aber KEINE virtuellen Teilchen auf.
Doch!
Genau das belegen die erwähnten Experimente.
Welche Experimente stützen eigentlich die thermodynamische Erklärung?

Halman hat geschrieben:
Wie begründest du, dass dies ein falsches Bild ist?
Warum verwirfst du diese Theorie?
Weil ich von Agent Scullie gelernt habe, wie es fachlich korrekt ist. Er hat Dir doch geantwortet. Ferner verwies ich auf seine PDF-Dokumente.
Aha?!
Das ist eine Gefühlsaussage, aber es ist keine Begründung, die Theorie von Krauss zu verwerfen.

Ich achte Agent Scullie, sein Wissen und Können und sage nicht dass er Unrecht hat. Ich sagte es sind zwei Sichten auf ein und dasselbe Phänomen (Strahlung von Schwarzen Löchern).
Aber... es gibt auch andere Meinungen, die von sehr angesehenen Astrophysikern vertreten werden. Dazu verwies ich auf das Video vom MIT-Professor Sean Carroll und seine Rede vor wissenschaftlichem Publikum an der Londoner Royal Society.

Hast du dir das Video angesehen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#53 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Do 29. Sep 2016, 23:12

Pluto hat geschrieben:Doch zum Thema...

Nicht mehr akzeptabel...
klingt nach einer ziemlich harten Abkanzelung einer These die immerhin in offiziellen Lehrbüchern der Physik enthalten ist.
Was für Lehrbücher der Physik sollen das denn z.B. sein? Lehrbücher der Quantenfeldtheorie sind es sicherlich nicht.

Agent Scullie hat geschrieben:Ich anerkenne dein höheres Fachwissen (bin Chemiker und nicht Physiker). Doch ganz so abwegig kann die Teilchenhypothese nicht sein, wenn sie in Physik-Lehrbüchern beschrieben wird.
Noch einmal die Frage: welche Lehrbücher der Physik sind das denn genau, von denen du da sprichst?

Eine Vermutung darüber, wie dieses Bild mit den virtuellen Teilchen seinen Weg in die populärwissenschaftliche Literatur gefunden hat, habe ich ja bereits geäußert: für den Lamb-Shift gibt es neben der korrekten, auf der S-Matrix-Theorie basierenden Rechnung, eine vereinfachte Rechnung, die davon ausgeht, dass das virtuelle Photon, das für die Selbstenergie des Elektrons zuständig ist, für den Zeitraum tau = hbar / E, existieren darf, wobei E die Energie des Photons ist, und die sogar zu einem fast richtigen Wert für die Lamb-Verschiebung führt. Und da die Autoren populärwissenschaftlicher Literatur sich dachten, dass diese vereinfachte Rechnung für den Laien leichter zu verstehen sein würde als die korrekte Rechnung, haben sie kurzerhand darauf zurückgegriffen, und das hat sich dann halt so eingebürgert.

Für viele Laien mag so eine Hilfsvorstellung ja auch durchaus ausreichend sein. Aber wenn Laien anfangen, sich ernsthaft Gedanken über Physik zu machen und darüber zu diskutieren - und das soll ja hier wohl passieren - dann sollte man schon noch zur korrekten Darstellung wechseln. Ich spreche da aus eigener Erfahrung: auch ich war früher mal von dem Bild mit den virtuellen Teilchen überzeugt, und wurde dann irgendwann von anderen darauf hingewiesen, dass dieses Bild gar nicht stimmt. Und das hat mein persönliches Weltbild dann auf ganz fundamentale Weise verändert. Von daher weiß ich nur zu gut, zu was für grundlegend falschen Vorstellungen solche, sagen wir mal, "vereinfachten Darstellungen", führen können.

Indes gibt es sogar Physiker, die von diesem Bild mit dem virtuellen Teilchen überzeugt sind, jedoch sind das dann solche Physiker, die ein ganz anderes Fachgebiet als die QFT und die Teilchenphysik haben, wie z.B. die Festkörperphysik. Mir hat z.B. mal ein Kommilitone erzählt, dass er sich in seiner Diplomarbeit mit photonischen Kristallen beschäftigt, also etwas, wo man meinen sollte, dass es mit Photonen zu tun hätte. Da habe ich ihn gefragt, ob er dabei das elektromagnetische Feld als klassisch oder als quantisiert behandelt, und er hat nur ganz blöd geguckt und erkennen lassen, dass er allein schon die Frage nicht verstand. Ich habe ihm dann die Grundzüge der Feldquantisierung erläutert, und er hat geantwortet, dass er von so etwas noch nie gehört hätte.

Es gibt übrigens noch weitere solcher "vereinfachter Hilfsvorstellungen". In vielen Astronomiebüchern oder auch bei Harald Lesch bekommt man z.B. erklärt, dass der Entartungsdruck in Weißen Zwergen dadurch zustandekommt, dass es nach den Gesetzen der Quantenmechanik eine Obergrenze für die Zahl der Fermionen in einem gegebenen Raumvolumen gibt. Das stimmt nämlich auch überhaupt nicht: das Pauli-Prinzip besagt, dass zwei oder mehr Fermionen nicht im gleichen Zustand sein dürfen, das hindert Fermionen aber nicht daran, sich in beliebig großer Zahl im gleichen Raumvolumen aufzuhalten, zumindest wenn damit das Ortsraumvolumen gemeint (wovon man aber ausgehen kann, sofern nicht ausdrücklich ein anderer Raum genannt wird). Tatsächlich folgt aus dem Pauli-Prinzip, dass es für die Zahl an Fermionen in einem Phasenraum-Volumen eine Obergrenze gibt, was dazu führt, dass wenn sich viele Fermionen in einem kleinen Ortsraum-Volumen aufhalten, sie sich über ein entsprechend großes Impulsraum-Volumen verteilen müssen, und eine entsprechend hohe Energie besitzen müssen.

Eine zweite solche "Hilfsvorstellung" findet sich in Quellen über die Allgemeine Relativitätstheorie: da wird die Wirkung der Gravitation auf die Bewegung von Körpern gerne mal mit einem Gummituch illustriert, das die Krümmung des Raumes veranschaulicht. Tatsächlich aber ist in der ART nicht die Krümmung des Raumes für die Bewegung von Körpern ausschlaggebend, sondern die Krümmung der Raumzeit, was durch dieses Gummituch-Bild gar nicht verständlich gemacht werden kann.
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#54 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Halman » Do 29. Sep 2016, 23:15

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Ja, Vakuumfluktuationen konnten durch die experimentelle Physik bestätigt werden. Doch ich schrieb über "virtuelle Teilchen i.V.m. Vakuumfluktutationen". Bei diesen treten aber KEINE virtuellen Teilchen auf.
Doch!
Genau das belegen die erwähnten Experimente.
Welche Experimente stützen eigentlich die thermodynamische Erklärung?
Die Experimente belegen nach meiner bescheidenen Kenntnis die Fluktuationen des EM-Feldes. Zwischen den Platten sind weniger Feldkonfikurationen möglich als außerhalb. Daher tritt der Casimir-Effekt auf. Die Unschärfe der Teilchen in der Quantenmechanik gilt in der QFT für Quantenfelder, wie dem EM-Feld.
Sofern ich richtig liege, kann man davon sprechen, dass zwischen den Platten eine Feldmode mit geringerer Energie ist und außerhalb der Platten eine Feldmode mit höherer Energie. Setzt man die Vakuumenergie im Mittel auf 0, so ist die Energidichte zwischen den Platten negativ. Allerdings ist dies nur meine laienhafte Interpretation, die durchaus irrig sein kann.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Wie begründest du, dass dies ein falsches Bild ist?
Warum verwirfst du diese Theorie?
Weil ich von Agent Scullie gelernt habe, wie es fachlich korrekt ist. Er hat Dir doch geantwortet. Ferner verwies ich auf seine PDF-Dokumente.
Aha?!
Das ist eine Gefühlsaussage, aber es ist keine Begründung, die Theorie von Krauss zu verwerfen.
Dann ist es also eine Gefühlsaussage, wenn ich nach sieben Jahren anspruchsvollen Diskussionen auch mal was gelernt habe. Dahinter stecken Sach-Diskussionen und mich überzeugte die fachlich versierte Argumentation, welche Martin Baker bestätigt.

Pluto hat geschrieben:Ich achte Agent Scullie, sein Wissen und Können und sage nicht dass er Unrecht hat. Ich sagte es sind zwei Sichten auf ein und dasselbe Phänomen (Strahlung von Schwarzen Löchern).
Aber... es gibt auch andere Meinungen, die von sehr angesehenen Astrophysikern vertreten werden. Dazu verwies ich auf das Video vom MIT-Professor Sean Carroll und seine Rede vor wissenschaftlichem Publikum an der Londoner Royal Society.

Hast du dir das Video angesehen?
Wissenschaftliches Fachenglisch? Nein, ich wäre ja schon froh, solche Videos in deutscher Sprache zu verstehen. Hast Du auch was mit Alltagsenglisch? In der Abendrealschule lernte ich nicht, wissenschaftliche Vorträge in Englisch verstehen zu können. Da ging es um ganz normale Alltagsprache.

Agent Scullie wird das Video aber verstehen können. Dies ist viel wichtiger.
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#55 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Do 29. Sep 2016, 23:36

Agent Scullie hat geschrieben:Was für Lehrbücher der Physik sollen das denn z.B. sein? Lehrbücher der Quantenfeldtheorie sind es sicherlich nicht.
Du sprichst von der QFT? Ich sprach von der Physik.

Agent Scullie hat geschrieben:... für den Lamb-Shift gibt es neben der korrekten, auf der S-Matrix-Theorie basierenden Rechnung, eine vereinfachte Rechnung, die davon ausgeht, dass das virtuelle Photon, das für die Selbstenergie des Elektrons zuständig ist, für den Zeitraum tau = hbar / E, existieren darf, wobei E die Energie des Photons ist, und die sogar zu einem fast richtigen Wert für die Lamb-Verschiebung führt.
Du verlierst mich hier mit mathematischem Jargon.
Frage: Gibt es auch empirische Belege für die von dir vertretene These?

Agent Scullie hat geschrieben:Und da die Autoren populärwissenschaftlicher Literatur sich dachten, dass diese vereinfachte Rechnung für den Laien leichter zu verstehen sein würde als die korrekte Rechnung, haben sie kurzerhand darauf zurückgegriffen, und das hat sich dann halt so eingebürgert.
Wieso sind virtuelle Teilchen eine Vermutung aus der populärwissenschaftlichen Literatur, wo sie doch von vielen eminenten Kosmologen vertreten werden?
Hast du dir das Video von Prof. Carroll vor der Royal Society angesehen?

Agent Scullie hat geschrieben:Für viele Laien mag so eine Hilfsvorstellung ja auch durchaus ausreichend sein. Aber wenn Laien anfangen, sich ernsthaft Gedanken über Physik zu machen und darüber zu diskutieren - und das soll ja hier wohl passieren - dann sollte man schon noch zur korrekten Darstellung wechseln. Ich spreche da aus eigener Erfahrung: auch ich war früher mal von dem Bild mit den virtuellen Teilchen überzeugt, und wurde dann irgendwann von anderen darauf hingewiesen, dass dieses Bild gar nicht stimmt. Und das hat mein persönliches Weltbild dann auf ganz fundamentale Weise verändert. Von daher weiß ich nur zu gut, zu was für grundlegend falschen Vorstellungen solche, sagen wir mal, "vereinfachten Darstellungen", führen können.
Manchmal ist aber die einfachere Erklärung die Bessere (William of Ockham lässt grüßen).
Kann es sein, dass das worüber wir uns hier [d]streiten[/d] unterhalten, nur zwei Sichten auf ein und dasselbe Phänomen sind?
Zwei Erklärungen, für die die Kosmologen einfach noch zu wenig Fakten gesammelt haben um zu entscheiden, welche die Richtige ist?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#56 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Do 29. Sep 2016, 23:52

Pluto hat geschrieben:In dem von dir verlinkten Artikel steht u.a. unter der Überschrift "Hawking-Strahlung" folgendes...
Nach dieser abstrakten Erklärung folgen nun zwei anschauliche Interpretationsmöglichkeiten, die einander äquivalent sind: Die erste lehnt sich an das oben beschriebene quantenfeldtheoretische Konzept eines Quantenvakuums an. Die zweite ist eher klassischer Natur und nutzt die Konzepte der Thermodynamik.
Das sind zwei diskrete Interpretationen der Hawking-Strahlung.
Und vor allem sind es welche, die sich in dem Abschnitt finden, der für Laien ("Menschen wie du und ich") gedacht ist. Also in die Kategorie "populärwissenschaftliche Darstellung" fallen. Dass in solchen Darstellungen gerne mal Vakuumfluktuationen mit virtuellen Teilchen werden, habe ich gar nicht abgestritten, nur halt darauf verwiesen, dass solche Darstellungen nicht mit dem übereinstimmen, was die QFT (oder hier semiklassische Quantengravitation) dazu aussagt.

Pluto hat geschrieben:Ob die theoretisch vorhergesagte Strahlung nun Teilchen enthält oder nicht, ist also nicht eindeutig geklärt.
Oh doch, das ist es. Aus der korrekten Darstellung - also die aus den Abschnitten "Was tat Hawking genau?" und "...und in der mathematisch-physikalischen Sprechweise?" - folgt ganz eindeutig, dass sie Teilchen enthält. Reale Teilchen wohlgemerkt, keine virtuellen.

Pluto hat geschrieben:Für mich sind Beides gleichwertige Hyopothesen, die die Hawking-Strahlung zu erklären vermögen.
Das mag ja sein, dass sie das für dich sind, jedoch sind sie das nur deswegen, weil du von dem besagten Artikel nur den populärwissenschaftlichen Teil gelesen hast, den wesentlich interessanteren fachwissenschaftlichen Teil (die Abschnitte "Was tat Hawking genau?" und "...und in der mathematisch-physikalischen Sprechweise?") dagegen ausgelassen hast. Den Teil solltest du echt mal lesen.

Pluto hat geschrieben:Betrachtet man nun die neusten Entwicklungen auf diesem Gebiet, so darf man die postulierte "Feuerwand" um ein S/L nicht außer Acht lassen. Hier wird diese vom Astrophysiker und MIT-Profeessor Sean Carroll in einem Vortrag in den ehrwürdigen Hallen des Faraday-Instituts der Royal Society in London, erklärt (ab ca. Minute: 30).

Carroll spricht hier von der Entstehung virtueller Teilchen am Ereignis-Horizont schwarzer Löcher.
Mir ist nicht klar, was du mir mit dem Hinweis darauf, dass ein Physiker in einem populärwissenschaftlichen Rahmen (wie diesem hier) das Bild mit den virtuellen Teilchen zitiert, sagen willst. Dass ein solches Bild in populärwissenschaftlichen Quelle gerne und häufig verwendet wird, habe ich ja nie bestritten. Was ist bestritten habe, ist, dass dieses Bild mehr wäre als eine populärwissenschaftliche "Hilfsvorstellung".

Pluto hat geschrieben:Eine davon ist sicher die thermondynamische Betrachtung, wie du sie vorgetragen hast.
Ich habe keine thermodynamische Betrachtung vorgetragen. Eine thermodynamische Betrachtung hat hier nur einer erwähnt, und das warst du, als du aus dem populärwissenschaftlichen Teil des Artikel zitiert hast, und dabei den korrekten fachwissenschaftlichen Teil außen vor gelassen hast.

Pluto hat geschrieben:Meiner Meinung nach sind also die Teilchen- und die Thermodynamische-Interpretation die du favorisierst, einfach unterschiedliche Betrachtungen von ein und demselben postulierten Phänomens am Ereignishorizont schwarzer Löcher, und daher gleichwertige Theorien (Hypothesen).
Zunächst einmal favorisiere ich von den beiden Darstellungen, die du aus dem populärwissenschaftlichen Teil des Artikels zitiert hast, überhaupt keine. Ich favorisiere die Darstellung aus dem von dir unbeachtet gelassenen fachwissenschaftlichen Teil des Artikels.

Zum zweiten sind diese beiden Darstellungen entgegen deiner Meinung auch keine Hypothesen oder Theorien, egal ob gleichwertig oder ungleichwertig, sondern populärwissenschaftliche Darstellungen. Die korrekte fachwissenschaftliche Darstellung weiter oben im Artikel berücksichtigt die Thermodynamik ebenso wie die QFT und die ART und lässt daher gar keine Aufspaltung in eine thermodynamische und eine andere Interpretation zu, wie sie im populärwissenschaftlichen Teil dargestellt wird.

Pluto hat geschrieben:Welche Interpretation nun die Richtige ist
Von den beiden, die du genannt hast: gar keine. Richtig ist die Interpretation aus den Abschnitten "Was tat Hawking genau?" und "...und in der mathematisch-physikalischen Sprechweise?". In die sowohl die QFT als auch die ART als auch die Thermodynamik einfließen.

Ich habe dich von vorneherein darauf hingewiesen, dass der populärwissenschaftliche Abschnitt "Alles klar! Jetzt bitte mal für Menschen wie Du und ich" besser unbeachtet bleiben sollte. Wenn du es genau anders herum hältst und nur diesem Abschnitt Beachtung schenkst, dann bin ich dafür nicht haftbar.
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#57 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Do 29. Sep 2016, 23:58

Pluto hat geschrieben:Vakuumfluktuationen sind eine wissenschaftliche Theorie. Sie sind weit mehr als der innere Schweinehund oder eine Hypothese, denn sie konnten empirisch bestätigt werden (siehe CCasimir-Experiment und Lamb-Effekt).
Kurze Anmerkung: Vakuumfluktuationen selbst sind keine Theorie, sondern Teil einer Theorie, nämlich der QFT.
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#58 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Fr 30. Sep 2016, 00:08

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Ja, Vakuumfluktuationen konnten durch die experimentelle Physik bestätigt werden. Doch ich schrieb über "virtuelle Teilchen i.V.m. Vakuumfluktutationen". Bei diesen treten aber KEINE virtuellen Teilchen auf.
Doch!
Genau das belegen die erwähnten Experimente.
Nein, tun sie nicht. Beim Casimir-Effekt sind keine virtuellen Teilchen beteiligt. Beim Lamb-Shift schon, aber nicht bei den ebenfalls beteiligten Vakuumfluktuationen. Das die Selbstenergie des Elektrons repräsentierende virtuellen Photon im Feynman-Diagramm des Lamb-Shift steht für die Selbstenergie des Elektrons, nicht für die Vakuumfluktuationen des elektromagnetischen Feldes.

Pluto hat geschrieben:Das ist eine Gefühlsaussage, aber es ist keine Begründung, die Theorie von Krauss zu verwerfen.
In der Theorie von Krauss kommen gar keine virtuellen Teilchen vor. Auch dann nicht, wenn er ein populärwissenschaftliches Buch über seine Theorie schreibt, in der er auf eine in der populärwissenschaftlichen Literatur weit verbreitete Darstellung des Vakuumzustandes zurückgreift, in der virtuelle Teilchen vorkommen.

Pluto hat geschrieben:Aber... es gibt auch andere Meinungen, die von sehr angesehenen Astrophysikern vertreten werden. Dazu verwies ich auf das Video vom MIT-Professor Sean Carroll und seine Rede vor wissenschaftlichem Publikum an der Londoner Royal Society.
Dass Carroll in diesem Video auf die populärwissenschaftliche Darstellung mit den virtuellen Teilchen zurückgreift, impliziert in keinster Weise, dass er tatsächlich der Meinung wäre, diese Darstellung sei korrekt.
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#59 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Fr 30. Sep 2016, 00:21

Agent Scullie hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Carroll spricht hier von der Entstehung virtueller Teilchen am Ereignis-Horizont schwarzer Löcher.
Mir ist nicht klar, was du mir mit dem Hinweis darauf, dass ein Physiker in einem populärwissenschaftlichen Rahmen (wie diesem hier) das Bild mit den virtuellen Teilchen zitiert, sagen willst. Dass ein solches Bild in populärwissenschaftlichen Quelle gerne und häufig verwendet wird, habe ich ja nie bestritten. Was ist bestritten habe, ist, dass dieses Bild mehr wäre als eine populärwissenschaftliche "Hilfsvorstellung".
Ich geben zu, dass deine mathematischen Berechnungen nichts sagen, aber wie du die Royal Society als Laienpublikum abkanzeln kannst, kann ich das echt nicht verstehen.

Agent Scullie hat geschrieben:Zunächst einmal favorisiere ich von den beiden Darstellungen, die du aus dem populärwissenschaftlichen Teil des Artikels zitiert hast, überhaupt keine. Ich favorisiere die Darstellung aus dem von dir unbeachtet gelassenen fachwissenschaftlichen Teil des Artikels.
Physik ist und bleibt letzten Endes eine empirische Wissenschaft!
Welche empirischen Belege kannst du vorlegen, die für deine Darstellung sprechen?

Agent Scullie hat geschrieben:Von den beiden, die du genannt hast: gar keine. Richtig ist die Interpretation aus den Abschnitten "Was tat Hawking genau?" und "...und in der mathematisch-physikalischen Sprechweise?". In die sowohl die QFT als auch die ART als auch die Thermodynamik einfließen.
Die "mathematisch-physikalische Sprechweise" ist mir tatsächlich unverständlich. Termini wie kovariante Klein-Gordon-Gleichung sagen mir nichts.

Aber im darüber stehenden Abschnitt "Was tat Hawking genau?" steht u.a. ...
Es sei angemerkt, dass der Terminus Strahlung nicht zwingend reine elektromagnetische Emission meint, sondern generell alle möglichen Teilchen.
Also sprach Hawking doch von Teilchen, oder?

Agent Scullie hat geschrieben:Ich habe dich von vorneherein darauf hingewiesen, dass der populärwissenschaftliche Abschnitt "Alles klar! Jetzt bitte mal für Menschen wie Du und ich" besser unbeachtet bleiben sollte. Wenn du es genau anders herum hältst und nur diesem Abschnitt Beachtung schenkst, dann bin ich dafür nicht haftbar.
Bevor wir weiter reden, schlage ich vor, du kommst von deinem mathematischen "hohen Ross" runter und schaust dir noch mal das Video von Prof. Carroll an. Der ist ganz sicher nicht 5000 km weit geflogen, um vor einem Laienpublikum zu sprechen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#60 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Fr 30. Sep 2016, 00:35

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Was für Lehrbücher der Physik sollen das denn z.B. sein? Lehrbücher der Quantenfeldtheorie sind es sicherlich nicht.
Du sprichst von der QFT? Ich sprach von der Physik.
Was Vakuumfluktuationen anbetrifft, macht das keinen Unterschied. Vakuumfluktuationen kennt die Physik nur im Rahmen der QFT und darauf aufbauenden Theorien und Modellen, wie z.B. der semiklassischen Quantengravitation.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:... für den Lamb-Shift gibt es neben der korrekten, auf der S-Matrix-Theorie basierenden Rechnung, eine vereinfachte Rechnung, die davon ausgeht, dass das virtuelle Photon, das für die Selbstenergie des Elektrons zuständig ist, für den Zeitraum tau = hbar / E, existieren darf, wobei E die Energie des Photons ist, und die sogar zu einem fast richtigen Wert für die Lamb-Verschiebung führt.
Du verlierst mich hier mit mathematischem Jargon.
Frage: Gibt es auch empirische Belege für die von dir vertretene These?
Belege für die QFT gibt es sicherlich, zwei hast du selbst bereits genannt: den Casimir-Effekt und den Lamb-Shift. Ob diese Belege auch als Belege für eine eventuelle Alternativtheorie zur QFT verwendet werden könnten, die aussagt, dass bei Vakuumfluktuationen tatsächlich virtuelle Teilchen beteiligt seien? Möglicherweise, dazu kann man nicht viel sagen, solange eine solche Alternativtheorie nicht existiert.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Und da die Autoren populärwissenschaftlicher Literatur sich dachten, dass diese vereinfachte Rechnung für den Laien leichter zu verstehen sein würde als die korrekte Rechnung, haben sie kurzerhand darauf zurückgegriffen, und das hat sich dann halt so eingebürgert.
Wieso sind virtuelle Teilchen eine Vermutung aus der populärwissenschaftlichen Literatur, wo sie doch von vielen eminenten Kosmologen vertreten werden?
Weil sie (beim Vakuumzustand) von diesen eminenten Kosmologen nur in populärwissenschaftlichen Quellen vertreten werden. Irgendwie ist deine Argumentation merkwürdig: auf den Hinweis, dass Darstellungen mit virtuellen Teilchen beim Vakuumzustand nur in populärwissenschaftlichen Quellen zu finden sind, nicht aber in Lehrbüchern, konterst du mit Zitaten aus populärwissenschaftlichen Quellen. Wenn du deinen Standpunkt belegen willst, dass solche Darstellungen von Wissenschaftlern ernsthaft vertreten werden - also nicht nur im Rahmen von popularisierten Äußerungen oder Artikeln, sondern im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Arbeit - müsstest du schon noch versuchen, fachwissenschaftliche Quellen zu finden, die diesen Standpunkt bestätigen.

Kleiner Hinweis vorab: das wird dir nicht gelingen, weil es solche Quellen schlicht nicht gibt.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Hast du dir das Video von Prof. Carroll vor der Royal Society angesehen?
Ja, habe ich. Er benutzt dort das populärwissenschaftliche Bild mit den virtuellen Teilchen bei der Hawking-Strahlung. Und was soll jetzt deiner Meinung nach daraus folgen?

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Für viele Laien mag so eine Hilfsvorstellung ja auch durchaus ausreichend sein. Aber wenn Laien anfangen, sich ernsthaft Gedanken über Physik zu machen und darüber zu diskutieren - und das soll ja hier wohl passieren - dann sollte man schon noch zur korrekten Darstellung wechseln. Ich spreche da aus eigener Erfahrung: auch ich war früher mal von dem Bild mit den virtuellen Teilchen überzeugt, und wurde dann irgendwann von anderen darauf hingewiesen, dass dieses Bild gar nicht stimmt. Und das hat mein persönliches Weltbild dann auf ganz fundamentale Weise verändert. Von daher weiß ich nur zu gut, zu was für grundlegend falschen Vorstellungen solche, sagen wir mal, "vereinfachten Darstellungen", führen können.
Manchmal ist aber die einfachere Erklärung die Bessere (William of Ockham lässt grüßen).
Aber nur, wenn sie richtig ist. Das Bild mit den virtuellen Teilchen beim Vakuumzustand ist jedoch nicht richtig.

Pluto hat geschrieben:Kann es sein, dass das worüber wir uns hier [d]streiten[/d] unterhalten, nur zwei Sichten auf ein und dasselbe Phänomen sind?
Sicher. Nur ist die eine falsch: sie stimmt nicht mit dem überein, was die QFT bzw. semiklassische Quantengravitation dazu sagt. Eventuell könnte es mal eine Alternativtheorie zur QFT geben, die tatsächlich aussagt, dass am Vakuumzustand virtuelle Teilchen beteiligt sind, und mit der könnte diese "Sicht" dann ggf. übereinstimmen. Solange es so eine Alternativtheorie jedoch nicht gibt, braucht einen diese Möglichkeit nicht weiter zu interessieren.

Pluto hat geschrieben:Zwei Erklärungen, für die die Kosmologen einfach noch zu wenig Fakten gesammelt haben um zu entscheiden, welche die Richtige ist?
Die Kosmologen sind dafür nicht zuständig, das ist Sache der Teilchenphysiker bzw. Quantenfeldtheoretiker. Und die brauchen dafür keine experimentellen Fakten, die können einfach die ihnen bekannte QFT zu Rate ziehen. Experimentelle Fakten benötigen sie höchstens dann, wenn es darum geht, ob die QFT richtig ist.

Noch dazu ist von den beiden "Erklärungen" die eine, nämlich die mit den virtuellen Teilchen, gar keine Erklärung, da sie überhaupt nicht die Anforderungen an eine wissenschaftliche Theorie erfüllt, so vermag sie z.B. keine Aussage darüber zu machen, wie viele virtuelle Teilchen pro Volumeneinheit vorhanden sein sollten, und ist dadurch unvollständig.
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