Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

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Janina
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#201 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Janina » Do 6. Okt 2016, 09:29

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Von den Teilchenpaaren, von denen er in seinen populärwissenschaftlichen Büchern "Eine kurze Geschichte der Zeit" und "Das Universum in der Nussschale" spricht, findet sich in dem Artikel nichts. Auch nichts davon, dass solche Teilchenpaare eine alternative Sichtweise auf die Hawking-Strahlung sein könnten. Man könnte versucht sein, Hawkings Argument aus "Das Universum in der Nussschale", dass es für ihn als Positivisten gar keinen so großen Unterschied machen wrürde, ob man die Hawking-Strahlung durch Teilchenpaare oder anders erklärt, als faule Ausrede anzusehen...
Lügen möchte ich Stephen Hawking auf gar keinen Fall unterstellen, aber könnte es sein, dass er in dieser doch ziemlich langen Zeit, seine Meinung geändert hat, und heute die Teilchen-Erklärung als eine Alternative betrachtet?
Was spricht dagegen, die "faule Ausrede" zu akzeptieren?
Wenn man die Kopenhagener Deutung konsequent anwendet, bekommt man nämlich genau das: Eine Wellenfunktion gibt Raum für Statistik. Wenn die Energie (wegen ΔE * Δt > ħ/2) nicht gleich Null sein kann, bietet die Statistik kurz (Δt) Raum für Teilchen, obwohl die Wellenfunktion glatt ist.

Pluto
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#202 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Do 6. Okt 2016, 12:24

Janina hat geschrieben:Was spricht dagegen, die "faule Ausrede" zu akzeptieren?
Wenn man die Kopenhagener Deutung konsequent anwendet, bekommt man nämlich genau das: Eine Wellenfunktion gibt Raum für Statistik. Wenn die Energie (wegen ΔE * Δt > ħ/2) nicht gleich Null sein kann, bietet die Statistik kurz (Δt) Raum für Teilchen, obwohl die Wellenfunktion glatt ist.
Ich meine auch es spricht nichts dagegen.
Teilchen sind auch eine Erklärung... und... sie braucht kaum Mathe.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Agent Scullie
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#203 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Do 6. Okt 2016, 21:23

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Ja, weil alle Quellen, in denen diese Physiker diese Darstellung verwenden, populärwissenschaftliche Quellen sind. In keinem Lehrbuch zur QFT wirst du diese Darstellung finden. Und was Hawking anbetrifft: er erklärt selbst, dass für ihn als Positivist der Unterschied zwischen der falschen und der korrekten Darstellung gar nicht so groß ist.
Meine ich doch auch.
[...]
Agent Scullie hat geschrieben:Kurz zusammengefasst: aus der QFT folgt, dass die im Vakuumzustand auftretenden Vakuumfluktuationen als Feldfluktuationen zu verstehen sind, nicht als ständiges Entstehen und Wiederverschwinden von Teilchen oder Teilchenpaaren.
Ich habe verstanden, dass dies deine Aussage ist.
Ich meine nur, wir haben nun mal nicht genügend empirische Belege, um diese Frage endgültig zu beantworten.
Um noch mal auf deine Argumentation mit den empirischen Belegen zurückzukommen: in gewissem Sinne ähnelt sie Hawkings positivistischer Argumentation. Hawkings Argumentation ist ungefähr folgende:

Für einen Positivisten wie Hawking sind Fragen wie "Wie ist es denn nun wirklich?" ohne Bedeutung, für ihn kommt es darauf an, welche Beschreibung (ich sage bewusst Beschreibung und nicht Erklärung, da ein Positivist mit dem Terminus Erklärung ebenfalls Schwierigkeiten hätte) am besten mit der empirischen Faktenlage übereinstimmt. Nehmen wir als Beispiel die Hawking-Strahlung, und nehmen wir an, die sei tatsächlich empirisch nachgewiesen. Dann gibt es zwei Typen von Beschreibungen für sie: einerseits rein qualitative Beschreibungen, die nur den Sachverhalt beschreiben, dass die Hawking-Strahlung existiert, aber keine Aussage darüber machen, wie hoch die Intensität dieser Strahlung ist, wie viele Teilchen so ein schwarzes Loch also genau emittiert, und andererseits quantitative Beschreibungen, die auch Formeln liefern, mit denen man berechnen kann, wie viele Teilchen pro Zeiteinheit ausgesandt werden.

In einem populärwissenschaftlichen Buch will man den Leser nicht Formeln überfordern, deswegen reicht da laut Hawking eine rein qualitative Beschreibung. Und deswegen reicht da, so die positivistische Argumentation, auch die Darstellung mit den virtuellen Teilchenpaaren: der bloße Sachverhalt, dass ein schwarzes Loch Teilchen aussendet, kann dadurch beschrieben werden, somit sind alle Anforderungen, die ein Positivist an eine rein qualitative Beschreibung stellt, erfüllt. Solche Fragen wie "Wie ist es denn nun wirklich?" kümmern einen Positivisten wie gesagt nicht.

Wenn es nun aber nicht um ein populärwissenschaftliches Buch geht, sondern um eine Fachpublikation, liegt die Sache anders. Eine Beschreibung in einer Fachpublikation muss quantitativ sein. Sie darf darüberhinaus natürlich auch noch qualitativ sein, aber sie muss zwingend eben auch quantitativ sein. Wird also in einer Fachpublikation eine Beschreibung der Hawking-Strahlung präsentiert, so müssen aus ihr Formeln hervorgehen, mit denen man z.B. die Intensität der Hawking-Strahlung als Funktion der Masse des schwarzen Loches ausrechnen kann. Und das macht die Darstellung mit den virtuellen Teilchenpaaren gänzlich unbrauchbar: dieser Darstellung fehlt das mathematische Modell, und damit die Befähigung zu quantitativen Aussagen. Wie du schon richtig bemerkt hast, gibt es keine Möglichlichkeit, die Anzahl der in einem gegebenen Raumvolumen vorhanden virtuellen Teilchenpaare auszurechnen. Und deswegen bietet diese Darstellung auch keinerlei Grundlage für quantitative Aussagen über die Intensität der Hawking-Strahlung.

Ganz anders ist es mit der Betrachtungsweise, die Hawking in seinem Artikel verwendet und die sich auch bei Markus Pössel findet (d.h. die, die ein Nicht-Positivist als die nach der QFT richtige Darstellung bezeichnen würde), die kann quantitative Aussagen machen (nicht nur über die Hawking-Strahlung, sondern auch z.B. darüber, wie stark die Kraft ist, mit der beim Casimir-Effekt die Platten zusammengedrückt werden), und ist daher, soweit es um Fachpublikationen oder um Lehrbücher geht, selbst nach Hawkingscher positivistischer Anschauung die, die vorzuziehen ist.

Nur in der populärwissenschaftlichen Literatur, in der Formeln außen vor bleiben und daher qualitative Beschreibungen ausreichen, ist laut Hawkingschem Positivismus die Darstellung mit den virtuellen Teilchenpaaren gleichwertig. Gleichwertig zu dem, was der Nicht-Positivist die korrekte Darstellung nennen würde, was für den Positivisten aber nicht mehr als eine Beschreibung, aus der quantitative Aussagen abgeleitet werden können, ist.
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Halman
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#204 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Halman » Fr 7. Okt 2016, 00:40

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Spricht er von dem dynamischen Casimir-Effekt, um den es in folgendem Link geht?
http://www.astropage.eu/index_news.php?id=299
Ja.
Es ist für mich neu, dass tatsächlich reale Photonen im dynamischen Casimir-Experiment entstehen.
Ist es ein Beweis für die Teilchen-Theorie?
Wenn dies ein Beweis wäre, müsste nicht nur Agent Scullie seine Position korrigieren, sondern auch die anderen sechs Fachleute, die von uns angeführt wurden (er nannte fünf, ich Martin Bäker). Und zu guter letzt müsste auch ich als 8. meiner Ansicht ändern.

Die QFT ist ein ausgesprochen anspruchsvolles Thema und mir fehlt schlicht das fachliche Grundwissen, um dies wirklich beurteilen zu können. Doch bis jetzt sehe ich noch keine Veranlassung meine Position aufgrund von populärwissenschaftlichen Darstellungen über den dynamischen Casimir-Effekt zu ändern. Ich glaube, dass Agent Scullie über diesen Effekt, der vor fünf Jahren experimentell von Chris Wilson, Per Delsing und seinen Kollegen (Chalmers University) mit Hilfe von SQUID bestätigt wurde, bescheid weiß.
Dies interpretiere ich so, dass durch die mit 10,3 Gigahertz schwankenen Magnetfelder, welche einen Spiegel simulieren, der sich mit 0,25 c bewegt, bestimmten Feldmoden so viel Energie zuführt, dass das EM-Vektorfeld angeregt wird. Anregungen von Quantenfeldern nennen wir Teilchen, so erscheinen in diesem Fall Mikrowellenphotonen. Ich ersetze "virtuelle Photonen" einfach durch Feldmoden.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#205 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Fr 7. Okt 2016, 01:08

Janina hat geschrieben:Hi Scullie,
deine Beschreibung ist sicher auch richtig.
Die Vermutung, die du hier formulierst, ist sicher nicht richtig ;)

Janina hat geschrieben:Und ich denke, dass die scheinbar widersprüchliche Beschreibung das eigentliche Unbehagen mit der QT widerspiegelt: Die quantentheoretische Beschreibung ist "glatt", die Welt aber "körnig". Gegenstand der QT ist die Wellenfunktion, beobachten tun wir aber diskrete Teilchen. Ein elektromagnetisches Feld ist "glatt", virtuelle Teilchen dagegen "körnig".
Ich vermute mal, mit den diskreten meinst du vermutlich, dass man beim Doppelspaltexperiment auf dem Schirm immer scharf lokalisierte Punkte vorfindet. Das widerspricht jedoch in keinster Weise der quantentheoretischen Beschreibung: in den Fällen, in die Teilchen, die die Punkte auf dem Schirm bilden, anschließend noch weiterexistieren, wie z.B. im Fall von Elektronen, haben die anschließend eine entsprechend scharf lokalisierte Wellenfunktion. Bei Teilchen, die beim Auftreffen auf den Schirm unweigerlich durch Absorption vernichtet werden, wie z.B. Photonen, ist es komplizierter, da muss man das gesamte quantenmechanische System aus elektromagnetischem Strahlungsfeld und den absorbierenden Atomen des Schirms betrachten. Ansonsten ist, was den Messprozess angeht, natürlich noch das Messproblem zu nennen, also die Frage, wie es genau dazu kommt, dass eine Wellenfunktion, die zunächst über die ganze Messapparatur delokalisiert ist, nun plötzlich scharf lokalisiert ist. Das ist tatsächlich noch Anlass für rege Diskussionen.

Dies auf die Darstellungen des Vakuumzustandes mit fluktuierenden Feldern vs. virtuelle Teilchenpaare zu übertragen, macht aber überhaupt keinen Sinn: die Darstellung mit den virtuellen Teilchenpaaren kommt ja nicht in dem Fall zum tragen, dass man den Vakuumzustand zu beobachten versucht.

Wollte man unterstellen, die Welt sei immer körnig, also nicht nur dann, wenn man gerade eine Messung macht, sondern auch sonst immer, dann liefe das auf die Interpretation der verborgenen Parameter hinaus: dass also der "glatte" quantenmechanischen Zustand ein System nicht vollständig beschreibt, sondern es darüberhinaus "körnige" verborgene Parameter gibt. Eventuell könnten solche verborgenen Parameter beim Vakuumzustand der QFT tatsächlich auf so etwas wie Teilchenpaare führen. Allerdings haben die meisten populärwissenschaftlichen Buchautoren, wenn sie beim Vakuumzustand von virtuellen Teilchenpaaren reden, ganz sicher keine verborgenen Parameter im Sinn.

Übrigens: die echten virtuellen Teilchen, also die bei Wechselwirkungsprozessen, sind auch überhaupt nicht körnig, sondern im Gegenteil äußerst glatt, auch wenn Feynman-Diagramme anderes suggerieren. Der Austausch eines virtuellen Photons z.B. zwischen zwei Elektronen bei der Möller-Streuung ist ein hochgradig glatter Vorgang, da ist gar nichts körnig: die Elektronen (die man sich als Wellenpakete vorstellen kann) fliegen aufeinander zu, dadurch wird die elektrische Abstoßung (vermittelt durch das elektromagnetische Feld) zwischen ihnen immer stärker, dadurch wird die Annäherung gebremst, bis sie schließlich in ein Auseinanderdriften umschlägt. Dabei nimmt die Entfernung zu, so dass die elektrische Abstoßung wieder schwächer wird, sie beschleunigt das Auseinanderdriften aber noch weiterhin. Das alles wird im Feynman-Diagramm durch eine einzige innere Photonenlinie ausgedrückt, was leicht zu dem Fehlschluss führen könnte, die Möller-Streuung sei körnig.

Man muss dabei wissen, die Störungsrechnung, die den Feynman-Diagrammen zugrundeliegt, hat nicht zum Ziel, die Einzelheiten von Wechselwirkungsprozessen im Detail zu beschreiben, sondern begnügt sich damit, die Übergangswahrscheinlichkeiten aus einem gegebenen Anfangszustand (z.B. zwei aufeinander zu fliegende Elektronen) in mögliche Endzustände (z.B. zwei Elektronen, die unter einem bestimmten Winkel auseinander fliegen) zu berechnen.
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#206 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Fr 7. Okt 2016, 01:15

Pluto hat geschrieben:@ Halman

So wie ich es verstehe, ist die "Kopenhagener Deutung" der Qantenphysik nicht determiniert. Der Kollaps der Wellenfunktion führt aber zu einer eindeutigen Messung, sodass sich Kollaps und Kopenhagener Deutung einander sozusagen widersprechen.
Der Kollaps der Wellenfunktion führt zu einem eindeutigen Ergebnis - z.B. zu dem Ergebnis: Teilchen ist genau an dem und dem Punkt auf den Schirm getroffen - aber dieses Ergebnis ist vor der Messung nicht vorhersehbar, und somit nicht determiniert. Wenn das Teilchen an einem Punkt auf den Schirm getroffen ist, dann weiß man, dass es dort aufgetroffen ist, vorher wusste man es aber eben nicht, und konnte es auch nicht vorhersehen. Also passen Kollaps und Kopenhagener Deutung bestens zusammen.
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#207 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » Fr 7. Okt 2016, 01:46

Janina hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:So verschwindet beim Doppelspaltexperiment das Interferenzmuster, sobald man durch die Messung die Positionen der Quantenobjekte bestimmt. Dass lässt sich dadurch erklären, dass durch die Messung die Wellenfunktion des Quantenobjektes kollabiert.
Nein. Bei einer Positionsmessung findet eine Streuung statt, dadurch wird die Phase gestört.
Die Ansicht, bei einer Positionsmessung würde die Phase der Wellenfunktion verändert werden, die Wellenfunktion aber delokalisiert bleiben, also nicht scharf auf die gemessene Position lokalisiert werden, würde bei einer Koinzidenzmessung ein anderes Ergebnis vorhersagen, als es die Quantentheorie tut.

Bei einer solchen Koinzidenzmessung stellt man vor einen der beiden Spalte im Doppelspaltexperiment einen Teilchendetektor auf, und registriert jedes Mal, wenn der Teilchendetektor ein Teilchen detektiert, wo auf dem Schirm sich ein Punkt bildet. Die Quantentheorie sagt voraus, dass wenn man so eine Messung mit vielen Teilchen durchgeführt hat, mehr Punkte auf der Seite des Schirms registriert werden, die hinter dem Spalt mit dem Teilchendetektor liegt. Deine Ansicht hingegen würde eine gleiche Zahl registrierter Punkte auf beiden Seiten vorhersagen.

Begründung: nach der Quantentheorie ist nach der Detektion im Teilchendetektor nur noch der Teil der Wellenfunktion vorhanden, der an dem Spalt lokalisiert ist, an dem der Teilchendetektor steht. Das Teilchen tritt also mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit durch diesen Spalt. Nach deiner Ansicht hingegen wären beide Anteil der Wellenfunktion, der an diesem Spalt lokalisiert und der am anderen Spalt lokalisierte, noch vorhanden, nur halt phasenverschoben.

Janina hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Bei der Messung (z. B. auf dem Detektorschirm) kollabiert nach der Kopenhagener Deutung diese Wellenfunktion
Nochmal: Die Kopenhagener Deutung lautet:
W(x) = |psi(x)|²
Nein, so lautet nicht die Kopenhagener Deutung, sondern die Quantentheorie. Dass das Betragsquadrat der Wellenfunktion auf die Aufenthaltswahrscheinlichkeitsdichte angibt, gilt für die Quantentheorie allgemein, nicht für eine spezifische Deutung. Worin sich die einzelnen Deutungen unterscheiden, ist die Ansicht darüber, wie es genau dazu kommt, dass bei einer Positionsmessung das Teilchen an der gemessenen Position angetroffen wird. Im Prinzip gibt es da vier unterschiedliche Deutungen:

1. Es lässt sich nicht näher begründen, dass das so ist, die Beziehung W(x) = |psi(x)|² ist alles, was es zu wissen gibt -> Minimale statistische Deutung

2. Bei der Positionsmessung kollabiert die zuvor delokalisierte Wellenfunktion zu einer Wellenfunktion, die scharf an der gemessenen Position lokalisiert ist -> Kopenhagener Deutung

3. Das Teilchen war vorher schon an der gemessenen Position lokalisiert, jedoch wurde das durch die Wellenfunktion nicht erfasst, weil diese das Teilchen nur unvollständig beschreibt, neben der Wellenfunktion gibt es zusätzliche Parameter, die allerdings vor der Messung subjektiv unbekannt waren -> Verborgene-Parameter-Deutung

4. Das Teilchen war vor der Messung delokalisiert und ist es auch nach der Messung noch, jedoch spaltet sich der Beobachter, sobald er die Positionsmessung durchführt, in ganz viele Beobachter auf, von denen jeder eine andere Teilchenposition registriert, bedingt dadurch, dass die Messung den quantenmechanischen Zustand des Beobachters mit der Wellenfunktion des Teilchen verschränkt -> Vieleweltendeutung

Janina hat geschrieben:Nochmal: Eine Wahrscheinlichkeit ist eine statistische Aussage. Es ist schwachsinnig, eine statistische Aussage auf Einzelfälle anzuwenden.
Dann ist es wahrscheinlich auch schwachsinnig zu bemerken, dass du wahrscheinlich der Minimalen statistischen Deutung anhängst ;)
Ach nee, geht ja auch nicht, denn das wäre ja auch wieder eine Anwendung einer Wahrscheinlichkeitsaussage auf einen Einzelfall. :roll:

Soll ich dir was verraten? Ich habe mir schon lange abgewöhnt, mir darüber Gedanken zu machen, welcher Deutung ich anhängen soll. Ich habe sie schon alle durch, und keine hat mich je wirklich zufrieden gestellt.
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#208 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Fr 7. Okt 2016, 09:45

Agent Scullie hat geschrieben:Der Kollaps der Wellenfunktion führt zu einem eindeutigen Ergebnis - z.B. zu dem Ergebnis: Teilchen ist genau an dem und dem Punkt auf den Schirm getroffen - aber dieses Ergebnis ist vor der Messung nicht vorhersehbar, und somit nicht determiniert. Wenn das Teilchen an einem Punkt auf den Schirm getroffen ist, dann weiß man, dass es dort aufgetroffen ist, vorher wusste man es aber eben nicht, und konnte es auch nicht vorhersehen.
Das sehe ich genauso.
Deswegen ist die Quantenmechanik nur statistisch erfassbar. Einzelfälle sind irrelevant.
Es ist so wie mit der Ziehung von Kugeln aus einer Büchse.
Nimm an es sind 10 Kugeln in einer Büchse; 9 Weiße und eine Rote. Was ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich eine Weiße Kugel ziehe? — Antwort 90%.
Welche weiße Kugel ich dabei erwische, ist eine ganz andere Frage.

Agent Scullie hat geschrieben:Also passen Kollaps und Kopenhagener Deutung bestens zusammen.
Das ist mMn Ansichtssache.
Die Kopenhagener Deutung ist derart von philosophischen Fragen durchwoben, dass es schwierig ist genau zu definieren, was sie ist. Der Kollaps der führt ja nicht zur Zerstörung der Wellengleichung, sondern nur zu einer Veränderung der Gleichung.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#209 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Scrypt » Fr 7. Okt 2016, 10:22

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Also passen Kollaps und Kopenhagener Deutung bestens zusammen.
Das ist mMn Ansichtssache.
Tja.. Kompetenz und so...
Weniger qualifizierte können andere Ansichten haben; sie sind aber schlicht auch kaum relevant.

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#210 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Fr 7. Okt 2016, 12:19

Scrypt hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Also passen Kollaps und Kopenhagener Deutung bestens zusammen.
Das ist mMn Ansichtssache.
Tja.. Kompetenz und so...
Weniger qualifizierte können andere Ansichten haben; sie sind aber schlicht auch kaum relevant.
Das Thema ist wohl zu hoch für dich?
Auf solche sinnleeren Kommentare können wir verzichten.

Bist du nicht in Afrika aufgwachsen? Dann kennst du bestimmt den Spruch:
Wo Elefanten tanzen, sollten Mäuse nicht gehen.

Am Besten du verhältst dich mäuschenstill, wenn Agent Scullie schreibt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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