Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

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Halman
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#1 Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Halman » Mi 7. Sep 2016, 21:54

Thema abgetrennt aus: Schöpfungsmodell von User kurzmal


Pluto hat geschrieben:
kurzmal hat geschrieben:"Urknall" bedeutet Energiefreisetzung, dazu ist jedoch vorher eine Ladungstrennung nötig, eine Polarität und sei es nur ein "oben und unten" wenn ein Stein auf den Boden fällt. Ohne Gegensätze wie voll und leer, oben und unten und die "Polarität" daraus dass z.B. ein Stein von seinem Ruheort "unten" aus zuerst ins andere Extrem "oben" befördert wird, gibt es keine Energie die später daraus freiwerden kann.
Warum denn nicht? Deine Sicht ist leider allzu menschlich. Davon muss man sich distanzieren, will man die moderne Quantenphysik auch nur Ansatzweise verstehen.

Von nichts kommt nichts ist nichts als ein alter alter Spruch , von dem man heute weiß dass es falsch ist.
Dies stimmt nur, wenn man annimmt, dass damit "kein wirkliches Nichts" gemeint ist, wie Du unten das Quantenvakuum umschreibst. Bezogen auf ein wirkliches Nichts im abstrakten Sinn stimmt der Spruch schon.

Pluto hat geschrieben:Ein wirkliches Nichts gibt es gar nicht. Nichts ist nicht leer, sondern nur frei von Materie, aber es wimmelt nur so von Feldern und Fluktuationen. Hier kannst du dich schlau machen: Wie kann das Universum aus dem Nichts entstehen?
Zitat:
Von nichts kommt nichts, sagt man. Aber vielleicht stimmt das gar nicht. Nach Ansicht der modernen Physik ist anscheinend möglich, was früher undenkbar war: Dinge entstehen aus dem Nirgendwo, ohne das Zutun eines Schöpfers. Sogar das Universum könnte auf diese spukhafte Weise hervorgebracht worden sein, glauben einige Wissenschaftler. Die Ursache dafür sind Quanten, winzigste energiegeladene Teilchen. Sie standen demnach am Beginn einer Erschaffung aus dem Nichts.
Dieser Artikel bedient sich eine populärwissenschaftlichen Slangs, der fachlich schlicht falsch ist. Unter dem folgenden Abschnitt wird erklärt:
Selbst das beste Vakuum ist nicht leer

Das Nichts des Lawrence Krauss hat es in sich. Denn aus Sicht der Quantenmechanik gibt es eigentlich gar keinen leeren Raum. Selbst ein perfektes Vakuum enthält laut Krauss ein „kochendes Gebräu aus virtuellen Partikeln, die erscheinen und wieder verschwinden, aber so rasch, dass wir sie gar nicht direkt sehen können“. Quanten-Fluktuationen nennen Physiker solche zufälligen Energieschwankungen im Vakuum. Sie verstehen darunter das spontane Entstehen eines Teilchens und seines Pendants, eines Antiteilchens. Normalerweise löschen sie sich kurz darauf wieder gegenseitig aus, so dass das Energieerhaltungsgesetz gewahrt bleibt. Denn es entsteht keine Energie aus dem Nichts.
Ich hoffe sehr, dass hier die Physiker so einen Unsinn nicht verzapfen. Der Physiker Martin Bäker erklärt dies in seinem Artikel über die Vakuumenergie und der Casimir-Effekt jedenfalls anders und stellt richtig:
Zitat von Martin Bäker:
Deutlich schwieriger scheint es zu sein, zu erklären, wie man sich das Vakuum nicht vorstellen kann oder sollte. Leider wimmeln Physikbücher und Internetseiten von Sätzen wie “Teilchen entstehen ständig aus dem Nichts und vergehen wieder” oder “Teilchen borgen sich Energie mit Hilfe der Unschärferelation”, die zwar nett klingen, aber leider letztlich falsch sind.

Pluto hat geschrieben:Das wurde bereits in den 40-er Jahren vom Niederländer Hendrik Casimir vorhergesagt. Diese zunächst unglaubwürdige Vorhersage wurde aber bereits 10 Jahre später im Experiment nachgewiesen (s. Caimir -Effekt). Aus dem angeblichen "Nichts" entstehen spontan Teilchen und Energie.
Nein, wie oft denn noch? Vakuumfluktuationen haben GAR NICHTS mit virtuellen Teilchen zu tun. Diese werden in inneren Grafen von Feynman-Diagrammen dargestellt und treten nur bei Wechselwirkungen von Quantenfeldern auf. Beim Casimir-Effekt geht es um die möglichen Feldkonfigurationen des EM-Feldes, welches den gesamten Raum im Universum erfüllt.
Die zufälligen Konfigurationen des EM-Feldes (hier rede ich offenkundig nicht vom Nichts) üben einen Druck auf die Metallplatten aus. Zwischen den Metallplatten sind weniger Konfigurationen möglich als außerhalb, weshalb der Innendruck kleiner ist als der Außendruck. Infolgedessen werden die Platten zusammengedrück.

Pluto hat geschrieben:Nachzulesen, z.B. hier: Die Entstehung des Universums aus dem Nichts löst das Vakuum-Rätsel
Dort steht bereits im zweiten Absatz ein scheinbar nicht ausrottbarer populistischer Slang:
Dauernd werden Elementarteilchen erzeugt und wieder vernichtet.
Diesen Unsinn darfs Du getrost vergessen. Lese lieber seriösere Quellen, wie Scienceblogs (Hier wohnen Drachen) und Artikel von Martin Bäker und die von mir verlinkten Beiträge meines Mentors, der auch zu Deinen Artikel sinngemäß sagen würde:
Zitat von Agent Scullie:
das fällt eher unter die Kategorie populärwissenschaftliche Märchen. Die Vakuumenergie hat weder etwas mit der Energie-Zeit-Unschärferelation zu tun, noch sagt die Unschärferelation aus, man könne sich für kurze Zeit Energie borgen. So etwas findet man nur in stark popularisierter Literatur. Die Vakuumenergie beruht darauf, dass die Feldstärke eines Quantenfeldes im Vakuumzustand nicht den scharfen Wert null hat (so wie ein quantenmechanischer harmonischer Oszillator im Grundzustand nicht die Position x=0 einnimmt). Mit einer Unschärfebeziehung kann man das in der Tat in Verbindung bringen, aber nicht zwischen Energie und Zeit, sondern zwischen der Feldstärke und deren zeitlicher Änderung ("kanonisch konjugierter Impuls").
HIER kannst Du auch einen Beitrag von ihm lesen, in dem er Vakuumfluktuationen mathematisch beschreibt. Darin sagt er u.a.:
Meine Vermutung, wie dieses Bild von virtuellen Teilchen bei Vakuumfluktuationen zustandekam, ist, dass beim Lamb-Shift einmal im Feynman-Diagramm ein virtuelles Photon auftritt, das das Elektron mit sich selbst austauscht, und andererseits Vakuumfluktuationen des EM-Feldes eine Rolle spielen. Man hat dann, um den Lamb-Shift abzuschätzen, einfach modellhaft angenommen, das virtuelle Photon sei die Vakuumfluktuation, und es borge sich für kurze Zeit Energie aus dem Nichts, mit dieser Abschätzung lag man dann sogar ziemlich nahe am richtigen Ergebnis. Ändert aber nichts daran, dass die Überlegung selbst falsch ist: das virtuelle Photon ist weder die Vakuumfluktuation, noch borgt sich das Photon Energie.
Als abschließende Erklärung sei Folgendes zitiert:
es gibt natürlich Feynman-Diagramme ohne äußere Linien, die aber hängen nicht direkt mit Vakuumfluktuationen zusammen. Nimm zwei Quantenfelder mit Vakuumfluktuationen, z.B. Elektronenfeld (Diracfeld) und EM-Feld. Diese beiden Felder wechselwirken miteinander, wozu auch die Vakuumfluktuationen beider Felder einen Beitrag leisten. Das bedeutet aber nicht, dass die virtuellen Teilchen mit den Fluktuationen zu identifizieren sind. Siehe meine Erläuterung zum Lamb-Shift, da ist das virtuelle Photon auch nicht die Fluktuation des EM-Feldes, auch wenn diese zum Lamb-Shift beiträgt.

Feynman-Diagramme beschreiben stets wechselwirkende Felder. Vakuumfluktuationen aber treten auch bei freien Felder ohne WW auf. Virtuelle Teilchen erhält man auch nur, wenn man WW-Prozesse mit der Störungsrechnung berechnet. In nicht-störungstheoretischen Verfahren, wie z.B. der Gitter-Eichtheorie, sieht man von virtuellen Teilchen ausgesprochen wenig. Sie sind wohl eher ein Artefakt eines mathematischen Tricks: man formuliert die Störungsrechung im Wechselwirkungsbild, dadurch haben die Feldoperatoren von wechselwirkenden Feldern die gleiche Gestalt wie die von freien Feldern im Heisenbergbild, können folglich mit Erzeuge- und Vernichte-Operatoren dargestellt werden.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#2 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Mi 7. Sep 2016, 23:32

Halman hat geschrieben:Bezogen auf ein wirkliches Nichts im abstrakten Sinn stimmt der Spruch schon.
Und wo gibt es dieses Nichts zu sehen?

Halman hat geschrieben:Dieser Artikel bedient sich eine populärwissenschaftlichen Slangs, der fachlich schlicht falsch ist.
Woher weißt du das?

Halman hat geschrieben:Dort steht bereits im zweiten Absatz ein scheinbar nicht ausrottbarer populistischer Slang:
Dauernd werden Elementarteilchen erzeugt und wieder vernichtet.
Du nennst es populistischer Slang? Andere nennen es Wissenschaft.

Halman hat geschrieben:HIER kannst Du auch einen Beitrag von ihm lesen, in dem er Vakuumfluktuationen mathematisch beschreibt. Darin sagt er u.a.:
Meine Vermutung, wie dieses Bild von virtuellen Teilchen bei Vakuumfluktuationen zustandekam, ist, dass beim Lamb-Shift einmal im Feynman-Diagramm ein virtuelles Photon auftritt, das das Elektron mit sich selbst austauscht, und andererseits Vakuumfluktuationen des EM-Feldes eine Rolle spielen. Man hat dann, um den Lamb-Shift abzuschätzen, einfach modellhaft angenommen, das virtuelle Photon sei die Vakuumfluktuation, und es borge sich für kurze Zeit Energie aus dem Nichts, mit dieser Abschätzung lag man dann sogar ziemlich nahe am richtigen Ergebnis. Ändert aber nichts daran, dass die Überlegung selbst falsch ist: das virtuelle Photon ist weder die Vakuumfluktuation, noch borgt sich das Photon Energie.
Naja...
Hier steht Martin Bäkers Vermutung gegen diejenige der Mehrheit der Fachwelt.
Wie kannst du so sicher sein, dass Bäker Recht hat? Hast du gesehen, was Bäker zu unterst schreibt?
Wie so oft, wenn es um QFT geht, schreibe ich hier über Dinge, über die ich mir selbst gerade klar zu werden versuche. Wenn ihr also irgendetwas von dem, was ihr steht, eurem Prof in der Prüfung erzählt und dann durchfallt, übernehme ich keine Haftung dafür.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#3 Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Halman » Do 8. Sep 2016, 13:57

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Bezogen auf ein wirkliches Nichts im abstrakten Sinn stimmt der Spruch schon.
Und wo gibt es dieses Nichts zu sehen?
Nirgends. Es handelt sich um eine Abstraktion. Hier kommt es auf die Begriffsanalyse an, also darauf, was gemeint ist, wenn vom "Nichts" bzw. "nichts" die Rede ist.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Dieser Artikel bedient sich eine populärwissenschaftlichen Slangs, der fachlich schlicht falsch ist.
Woher weißt du das?
Von meinem Mentor.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Dort steht bereits im zweiten Absatz ein scheinbar nicht ausrottbarer populistischer Slang:
Dauernd werden Elementarteilchen erzeugt und wieder vernichtet.
Du nennst es populistischer Slang? Andere nennen es Wissenschaft.
Zu unrecht.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:HIER kannst Du auch einen Beitrag von ihm lesen, in dem er Vakuumfluktuationen mathematisch beschreibt. Darin sagt er u.a.:
Meine Vermutung, wie dieses Bild von virtuellen Teilchen bei Vakuumfluktuationen zustandekam, ist, dass beim Lamb-Shift einmal im Feynman-Diagramm ein virtuelles Photon auftritt, das das Elektron mit sich selbst austauscht, und andererseits Vakuumfluktuationen des EM-Feldes eine Rolle spielen. Man hat dann, um den Lamb-Shift abzuschätzen, einfach modellhaft angenommen, das virtuelle Photon sei die Vakuumfluktuation, und es borge sich für kurze Zeit Energie aus dem Nichts, mit dieser Abschätzung lag man dann sogar ziemlich nahe am richtigen Ergebnis. Ändert aber nichts daran, dass die Überlegung selbst falsch ist: das virtuelle Photon ist weder die Vakuumfluktuation, noch borgt sich das Photon Energie.
Naja...
Hier steht Martin Bäkers Vermutung gegen diejenige der Mehrheit der Fachwelt.
Wie kannst du so sicher sein, dass Bäker Recht hat? Hast du gesehen, was Bäker zu unterst schreibt?
Wie so oft, wenn es um QFT geht, schreibe ich hier über Dinge, über die ich mir selbst gerade klar zu werden versuche. Wenn ihr also irgendetwas von dem, was ihr steht, eurem Prof in der Prüfung erzählt und dann durchfallt, übernehme ich keine Haftung dafür.
So ist es natürlich auf der sicheren Seite. Dennoch hat er bezüglich der virtuellen Teilchen und der Vakuumfluktuation recht. Außerdem bestätigt er die Erklärungen meines Mentors. ;) Diskutiere es doch mit ihm aus, wenn Du den Mumm dazu hast. :P
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#4 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Do 8. Sep 2016, 17:03

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Dieser Artikel bedient sich eine populärwissenschaftlichen Slangs, der fachlich schlicht falsch ist.
Woher weißt du das?
Von meinem Mentor.
Und da er dein Mentor ist, hat er natürlich Recht.

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Du nennst es populistischer Slang? Andere nennen es Wissenschaft.
Zu unrecht.
Aha!?

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Hier steht Martin Bäkers Vermutung gegen diejenige der Mehrheit der Fachwelt.
Wie kannst du so sicher sein, dass Bäker Recht hat? Hast du gesehen, was Bäker zu unterst schreibt?
Wie so oft, wenn es um QFT geht, schreibe ich hier über Dinge, über die ich mir selbst gerade klar zu werden versuche. Wenn ihr also irgendetwas von dem, was ihr steht, eurem Prof in der Prüfung erzählt und dann durchfallt, übernehme ich keine Haftung dafür.
So ist es natürlich auf der sicheren Seite. Dennoch hat er bezüglich der virtuellen Teilchen und der Vakuumfluktuation recht. Außerdem bestätigt er die Erklärungen meines Mentors. ;)
Ja und? Andere (Physik Professoren wie Krauss) sehen das anders.

Halman hat geschrieben:Diskutiere es doch mit ihm aus, wenn Du den Mumm dazu hast. :P
So was Ähnliches habe ich des Öfteren getan (bisher noch nicht mit Bäker). In einem intellektuellen Diskurs "gewinnt" mal der Eine, mal der Andere. Ganz sicher (wie du es hier andeutest) in der Interpretation experimenteller Erkenntnisse, können Beide eben nicht sein.

Mich interessiert in diesem Fall viel mehr die seltsame Auffassung von kurzmal, er habe den Heiligen Gral der Schöpfung entdeckt.
Egal ob der Anfang der Zeit im Urknall, in einer anderen, uns noch verborgenen Physik liegt oder in der Schöpfung eines deistischen Gottes den Spinoza die Natur nannte, es sehr sehr unwahrscheinlich, dass der Schöpfungsgott derselbe war wie der Gott der abrahamitischen Religionen. Wo wäre da der Zusammenhang?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#5 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Halman » Do 8. Sep 2016, 17:33

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben: Woher weißt du das?
Von meinem Mentor.
Und da er dein Mentor ist, hat er natürlich Recht.
Nun, mich überzeugen seine Argumente.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Du nennst es populistischer Slang? Andere nennen es Wissenschaft.
Zu unrecht.
Aha!?
So wurde ich nun mal belehrt - streng belehrt.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Hier steht Martin Bäkers Vermutung gegen diejenige der Mehrheit der Fachwelt.
Wie kannst du so sicher sein, dass Bäker Recht hat? Hast du gesehen, was Bäker zu unterst schreibt?
So ist es natürlich auf der sicheren Seite. Dennoch hat er bezüglich der virtuellen Teilchen und der Vakuumfluktuation recht. Außerdem bestätigt er die Erklärungen meines Mentors. ;)
Ja und? Andere (Physik Professoren wie Krauss) sehen das anders.
Da bin ich mir nicht so sicher. Will man die strenge und exakte Physik für Laien halbwegs verständlich vermitteln, muss man ungenauer werden. Mein Eindruck ist, dass sich manche Physiker für ihre populärwissenschaftlichen Bücher, Artikel und Aussagen eines "Slangs" bedienen, den sie so in der Fachwelt nicht verwenden würden. Wie mir scheint, gibt es da unterschiedliche Ansichten bezüglich dessen, was man gegenüber Laien noch für seriös hält und was nicht.
Ein Beispiel wäre die Populärwissenschaft von Hawking. Auf einen entrüsteten User antworte mein "Mentor":
Zitat von Agent Scullie:
Fairerweise muss man allerdings dazu sagen, dass Hawking in seinem zweiten Buch "Das Universum in der Nussschale" andeutet, dass diese Darstellung mit den virtuellen Teilchenpaaren nicht ganz richtig ist, für ihn als Positivisten aber dennoch akzeptabel ist, da er als Positivist nicht danach fragt, wie es denn nun wirklich ist, sondern danach, wie eine gemachte Beobachtung (oder eine angenommene Beobachtung, wie hier, dass ein schwarzes Loch Teilchen aussendet) am besten beschrieben werden kann.

PS: Es ging mir allerdings mal genauso wie dir, dass ich, was das Quantenvakuum und virtuelle Teilchen anbetrifft, meine Vorstellungen tiefgreifend umkrempeln musste.
Ich war bereit meine Vorstellungen umzukrempeln.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Diskutiere es doch mit ihm aus, wenn Du den Mumm dazu hast. :P
So was Ähnliches habe ich des Öfteren getan (bisher noch nicht mit Bäker). In einem intellektuellen Diskurs "gewinnt" mal der Eine, mal der Andere. Ganz sicher (wie du es hier andeutest) in der Interpretation experimenteller Erkenntnisse, können Beide eben nicht sein.
Das mag sein. Aber es gibt schon fachliche Darstellungen gem. physikalischer Theorien. So weiß ich, dass die Gravition in der ART nicht mit Teilchen, sondern als geometrische Funktion beschrieben wird. Dies bedeutet nicht, dass ich deswegen Gravitonen kathegorisch ablehne, dies bedeutet, dass mir bewusst ist, dass diese nicht durch die ART beschrieben werden.
So, wie ich Agent Scullie verstanden habe, treten in der QFT virtuelle Teilchen NUR bei Wechselwirkungen zwischen Quantenfeldern auf. Vakuumfluktuationen sind etwas anderes, da geht es um die Unschärfe der Felder und nicht um ihre Wechselwirkungen.

Das Problem ist, dass die Fachwelt bereits seit Dekaden in der Physik der Felder forscht, welche viel zu abstrakt erscheint, um sie Laien zu vermitteln. Deshalb greifen wohl einige Physiker auf die veraltete Physik der Teilchen zurück; vemrutlich, weil sie annehmen, dass dies anschaulicher wäre. Thirring war da ehrlicher.

Zitat aus Agent Scullie:
Zitat von Marenz:
Woanders habe ich mal irgendwie gelesen da auf atomarer Ebene unter gewissen Bedingungen Teilchen einfach auftauchen und auch genauso einfach verschwinden.
das ist eine populärwissenschaftliche Darstellung von Vakuumfluktuationen. Solche ergeben sich aus der Quantenfeldtheorie. Während in der klassischen Feldtheorie ein Feld an jedem Punkt der Raumzeit (x,t) eine eindeutige Feldstärke A(x,t) hat (die je nach Natur des Feldes ein Skalar, ein Vektor oder ein Tensor höherer Stufe ist), gibt es in der QFT eine Unschärfebeziehung zwischen der Feldstärke und deren zeitlicher Änderung, die dazu führt, dass der genaue Feldstärkewert unbestimmt ist - eine Unschärfe Delta_A(x,t) aufweist - ähnlich wie in der Quantenmechanik der Aufenthaltsort eines Teilchen unscharf ist. Dies äußert sich als Vakuumfluktuation. Messbar sind solche Fluktuationen z.B. beim Casimir-Effekt, wo in einem Zwischenraum zwischen zwei Metallplatten die Menge der zulässigen Feldkonfigurationen eingeschränkt ist, so dass nur die Fluktuationen der erlaubten Konfigurationen zur Gesamtfluktuation beitragen.

Dass dabei ständig Paare virtueller Teilchen und Antiteilchen entstehen und wieder verschwinden würden, findet sich wie gesagt nur in popularisierten Darstellungen (wie Hawking's kurze Geschichte der Zeit), deren Autoren offenbar glauben, dass sich der Durchschnittslaie da eher was drunter vorstellen kann als unter quantisierten Feldern. Virtuelle Teilchen tauchen in der QFT nur bei Wechselwirkungsprozessen auf.
Falls Du der Meinung bist, dass er irrt, kannst Du ihm dies ja selber im SciFi-Forum unterbreiten. ;)

Pluto hat geschrieben:Mich interessiert in diesem Fall viel mehr die seltsame Auffassung von kurzmal, er habe den Heiligen Gral der Schöpfung entdeckt.
Egal ob der Anfang der Zeit im Urknall, in einer anderen, uns noch verborgenen Physik liegt oder in der Schöpfung eines deistischen Gottes den Spinoza die Natur nannte, es sehr sehr unwahrscheinlich, dass der Schöpfungsgott derselbe war wie der Gott der abrahamitischen Religionen. Wo wäre da der Zusammenhang?
Ein deistischer Gott ist vollkommen verborgen, weil er sich nicht offenbart. Man könnte also fragen, ob es irgendeine Offenbarung eines Schöpfergottes gibt. Christen erkennen in Jesus diese Offenbarung und darin den Schöpfer.
Zum Glauben an den christlichen Gott gehört also mehr als der Glaube an einen Schöpfer. Dazu gehört der Glaube, dass sich dieser durch Christus offenbarte. Zu dieser Überzeugung kann man durchaus gelangen (Thirring z.B.).
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#6 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Do 8. Sep 2016, 18:19

Halman hat geschrieben:Das Problem ist, dass die Fachwelt bereits seit Dekaden in der Physik der Felder forscht, welche viel zu abstrakt erscheint, um sie Laien zu vermitteln. Deshalb greifen wohl einige Physiker auf die veraltete Physik der Teilchen zurück; vermutlich, weil sie annehmen, dass dies anschaulicher wäre. Thirring war da ehrlicher.
So ein großes Problem erscheint es nicht zu sein, suchen doch die Forscher am CERN ab 2017 genau solche "verborgenen" Teilchen, die durch das Standard-Modell nicht vorhergesagt werden.

...Dies äußert sich als Vakuumfluktuation. Messbar sind solche Fluktuationen z.B. beim Casimir-Effekt, wo in einem Zwischenraum zwischen zwei Metallplatten die Menge der zulässigen Feldkonfigurationen eingeschränkt ist, so dass nur die Fluktuationen der erlaubten Konfigurationen zur Gesamtfluktuation beitragen. Dass dabei ständig Paare virtueller Teilchen und Antiteilchen entstehen und wieder verschwinden würden, findet sich wie gesagt nur in popularisierten Darstellungen (wie Hawking's kurze Geschichte der Zeit), deren Autoren offenbar glauben, dass sich der Durchschnittslaie da eher was drunter vorstellen kann als unter quantisierten Feldern. Virtuelle Teilchen tauchen in der QFT nur bei Wechselwirkungsprozessen auf.
Wie Vakuumfluktautionen zustande kommen, und auch im Casimireffekt nachgewiesen werden können, ist schon klar. Warum aber dabei keine Materie (Teilchenpaare) entstehen sollen bleibt mir schleierhaft.

Halman hat geschrieben:Falls Du der Meinung bist, dass er irrt, kannst Du ihm dies ja selber im SciFi-Forum unterbreiten. ;)
Dazu sind meine Physik Kenntnisse zu gering. Ich halte mich da an philosophische und biologische Experten.

Halman hat geschrieben:Ein deistischer Gott ist vollkommen verborgen, weil er sich nicht offenbart.
Dass das nicht auf den Gott Noahs und Abrahams zutrifft finde ich sonderbar. Also doch ein anderer Gott?

Halman hat geschrieben:Man könnte also fragen, ob es irgendeine Offenbarung eines Schöpfergottes gibt. Christen erkennen in Jesus diese Offenbarung und darin den Schöpfer.
Zum Glauben an den christlichen Gott gehört also mehr als der Glaube an einen Schöpfer. Dazu gehört der Glaube, dass sich dieser durch Christus offenbarte. Zu dieser Überzeugung kann man durchaus gelangen (Thirring z.B.).
Solche Glaubensvorstellungen sind müssig, denn wir wissen heute, dass unser Planet nur ein Staubkorn am Rande einer unscheinbaren Galaxie ist.
Wie wahrscheinlich ist es, dass der Schöpfer dieses Universums, falls es ihn gibt, sich in eine Primatenart auf diesem Planeten derart verliebt hat, dass er ihm spezielle Offenbarungen zukommen lässt?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#7 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Halman » Do 8. Sep 2016, 22:29

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Das Problem ist, dass die Fachwelt bereits seit Dekaden in der Physik der Felder forscht, welche viel zu abstrakt erscheint, um sie Laien zu vermitteln. Deshalb greifen wohl einige Physiker auf die veraltete Physik der Teilchen zurück; vermutlich, weil sie annehmen, dass dies anschaulicher wäre. Thirring war da ehrlicher.
So ein großes Problem erscheint es nicht zu sein, suchen doch die Forscher am CERN ab 2017 genau solche "verborgenen" Teilchen, die durch das Standard-Modell nicht vorhergesagt werden.
Dazu müsste ich wissen, nach welchen "verborgenen" Teilchen sie dort eigentlich suchen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Forscher nach Kosmon-Quanten, Gravitonen, supersymmetrischen Partnerteilchen (Selektronen, Squarks usw.) und unbekannten Teilchen suchen, aus denen die Dunkle Materie aufgebaut sein könnte, um eben Theorien mit der Experimental-Physik zu überprüfen.

Pluto hat geschrieben:
...Dies äußert sich als Vakuumfluktuation. Messbar sind solche Fluktuationen z.B. beim Casimir-Effekt, wo in einem Zwischenraum zwischen zwei Metallplatten die Menge der zulässigen Feldkonfigurationen eingeschränkt ist, so dass nur die Fluktuationen der erlaubten Konfigurationen zur Gesamtfluktuation beitragen. Dass dabei ständig Paare virtueller Teilchen und Antiteilchen entstehen und wieder verschwinden würden, findet sich wie gesagt nur in popularisierten Darstellungen (wie Hawking's kurze Geschichte der Zeit), deren Autoren offenbar glauben, dass sich der Durchschnittslaie da eher was drunter vorstellen kann als unter quantisierten Feldern. Virtuelle Teilchen tauchen in der QFT nur bei Wechselwirkungsprozessen auf.
Wie Vakuumfluktautionen zustande kommen, und auch im Casimireffekt nachgewiesen werden können, ist schon klar. Warum aber dabei keine Materie (Teilchenpaare) entstehen sollen bleibt mir schleierhaft.
Nun, dies hängt damit zusammen, dass Teilchen in der QFT als Anregungen von Quantenfeldern beschrieben werden. Photonen sind Anregungen den EM-Vektorfeldes, andere Teilchen Anregungen skalarer Quantenfelder. Bei Elektronen handelt es z.B. um Anregungen des Dirac-Feldes.
Bei Vakuumfluktuationen werden keine Quantenfelder angeregt. Dazu müssten sie wechselwirken. Daher treten dort keine Teilchenpaare auf.
Es sind die Feldkonfigurationen des EM-Feldes, welche unterschiedliche Drücke auf die Metallplatten beim Casimir-Effekt ausüben
(d_außen < d_innen).

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Falls Du der Meinung bist, dass er irrt, kannst Du ihm dies ja selber im SciFi-Forum unterbreiten. ;)
Dazu sind meine Physik Kenntnisse zu gering. Ich halte mich da an philosophische und biologische Experten.
Halte Dich besser an physikalische Experten, wie
Martin Bäker:
Wenn ihr populäre Darstellungen zur Elementarteilchenphysik oder ähnlichem lest,lesen die sich allerdings meist ganz anders: Da ist das Vakuumt voller Fluktuationen, bei denen sich ständig “virtuelle Teilchen” aus dem Nichts bilden, die die Energieerhaltung für einen Moment verletzen, weil die Unschärferelation dies erlaubt. (Das liest man leider sogar in echten Lehrbüchern zur Quantenphysik oder bei Wikipedia.)

Tja, leider sind solche Erklärungen zwar hübsch und intuitiv, aber sie haben auch einen deutlichen Nachteil: Sie sind allenfalls als anschauliche Bildchen zu verstehen, aber letztlich sind sie mehr oder weniger falsch. Aber um zu erklären, was es damit auf sich hat, werde ich wohl mal wieder einen zweiten Teil bemühen müssen.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Ein deistischer Gott ist vollkommen verborgen, weil er sich nicht offenbart.
Dass das nicht auf den Gott Noahs und Abrahams zutrifft finde ich sonderbar. Also doch ein anderer Gott?
Ja, weil ein deistischer Gott lediglich am Anfang die Welt erschafft und sich dann vollständig aus ihr heraushält. Wenn wir der Einfachheithalber die Urknalltheorie für diesen Diskussionszweig akzeptieren, würde dies bedeuten, dass dieser "Gott" lediglich den Urknall erzeugt und sonst nichts.

Der Gott Noahs und Abrahams offenbarte sich ja den biblischen Narrationen zufolge diesen Männern (wenngleich es sich bei erstere um eine Ätiologie handelt).
Aus christlicher Sicht offenbarte sich Gott in und durch seinem Sohn, Jesus Christus, mehr als in sonst irgend einem Menschen. Diese Glaubensvorstellung ist völlig verschieden vom Deismus.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Man könnte also fragen, ob es irgendeine Offenbarung eines Schöpfergottes gibt. Christen erkennen in Jesus diese Offenbarung und darin den Schöpfer.
Zum Glauben an den christlichen Gott gehört also mehr als der Glaube an einen Schöpfer. Dazu gehört der Glaube, dass sich dieser durch Christus offenbarte. Zu dieser Überzeugung kann man durchaus gelangen (Thirring z.B.).
Solche Glaubensvorstellungen sind müssig, denn wir wissen heute, dass unser Planet nur ein Staubkorn am Rande einer unscheinbaren Galaxie ist.
Wie wahrscheinlich ist es, dass der Schöpfer dieses Universums, falls es ihn gibt, sich in eine Primatenart auf diesem Planeten derart verliebt hat, dass er ihm spezielle Offenbarungen zukommen lässt?
Aus menschlicher Perspektive mag man meinen, dass so ein großer Gott uns Menschen in so einem gewaltigen Universum einfach vergessen sollte, mag es doch da "Draußen" noch Abertausende von Spezies geben, die weiter entwickelt sind als wir. Dies ist eine hartherzige, menschliche Denkweise, die Gott nicht zutraut, auch das Kleine zu beachten, so als wäre die Menschheit zu klein für IHN.
Jesaja antwortet darauf mit folgenden prophetischen Worten:
Zitat aus Jes 55:7-9:
7 Der Gottlose verlasse seinen Weg und der Mann der Bosheit seine Gedanken! Und er kehre um zu dem HERRN, so wird er sich über ihn erbarmen, und zu unserem Gott, denn er ist reich an Vergebung! 8 Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR. 9 Denn so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.
Gottes Gedanken sind insbesondere insofern höher, als dass er barmherziger denkt als wir Menschen (s. grammatischer Bezug im Bibeltext, den habe ich Dir farblich hervorgehoben). Für Gott ist nichts zu groß und nichts zu klein, um von ihm nicht erfasst zu werden.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Wohnort: Deutschland

#8 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Do 8. Sep 2016, 23:04

Halman hat geschrieben:Dazu müsste ich wissen, nach welchen "verborgenen" Teilchen sie dort eigentlich suchen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Forscher nach Kosmon-Quanten, Gravitonen, supersymmetrischen Partnerteilchen (Selektronen, Squarks usw.) und unbekannten Teilchen suchen, aus denen die Dunkle Materie aufgebaut sein könnte, um eben Theorien mit der Experimental-Physik zu überprüfen.
Genau das ist das Ziel.
http://www.nbcnews.com/science/science- ... cs-n306446

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Dass das nicht auf den Gott Noahs und Abrahams zutrifft finde ich sonderbar. Also doch ein anderer Gott?
Ja, weil ein deistischer Gott lediglich am Anfang die Welt erschafft und sich dann vollständig aus ihr heraushält. Wenn wir der Einfachheithalber die Urknalltheorie für diesen Diskussionszweig akzeptieren, würde dies bedeuten, dass dieser "Gott" lediglich den Urknall erzeugt und sonst nichts.
Warum nicht?
Natürlich führt uns eine solche Theorie weg vom Monotheismus der abrahamitischen Religionen, hin zum Polytheismus: Einen Schöpfer UND einen barmherzigen Gott der mit der Menschheit ein Liebesverhältnis eingegangen ist?

Halman hat geschrieben:Der Gott Noahs und Abrahams offenbarte sich ja den biblischen Narrationen zufolge diesen Männern (wenngleich es sich bei erstere um eine Ätiologie handelt).
Aus christlicher Sicht offenbarte sich Gott in und durch seinem Sohn, Jesus Christus, mehr als in sonst irgend einem Menschen. Diese Glaubensvorstellung ist völlig verschieden vom Deismus.
Genau das meine ich. Kann das derselbe Gott sein?

Halman hat geschrieben:Aus menschlicher Perspektive mag man meinen, dass so ein großer Gott uns Menschen in so einem gewaltigen Universum einfach vergessen sollte, mag es doch da "Draußen" noch Abertausende von Spezies geben, die weiter entwickelt sind als wir. Dies ist eine hartherzige, menschliche Denkweise, die Gott nicht zutraut, auch das Kleine zu beachten, so als wäre die Menschheit zu klein für IHN.
Hartherzig?
Wenn das das einzige Argument ist, ist das ein Armutszeugnis für das Christentum.

Halman hat geschrieben:Gottes Gedanken sind insbesondere insofern höher, als dass er barmherziger denkt als wir Menschen (s. grammatischer Bezug im Bibeltext, den habe ich Dir farblich hervorgehoben). Für Gott ist nichts zu groß und nichts zu klein, um von ihm nicht erfasst zu werden.
Das steht im Widerspruch zum immer kleiner werdenden Raum, den wir mit der Forschung diesem Gott zugestehen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Halman
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#9 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Halman » Fr 9. Sep 2016, 14:01

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Dazu müsste ich wissen, nach welchen "verborgenen" Teilchen sie dort eigentlich suchen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Forscher nach Kosmon-Quanten, Gravitonen, supersymmetrischen Partnerteilchen (Selektronen, Squarks usw.) und unbekannten Teilchen suchen, aus denen die Dunkle Materie aufgebaut sein könnte, um eben Theorien mit der Experimental-Physik zu überprüfen.
Genau das ist das Ziel.
http://www.nbcnews.com/science/science- ... cs-n306446
Vielen Dank.

Da mich unsere wissenschaftliche Debatte beschäftigt hat und ich es insbesondere vom wissenschaftlichen Standpunkt für redlich halte, seine Quellen und seine Meinung immer wieder auf den Prüfstand zu stellen, habe ich ein wenig gesucht. Die Mehrheit der Quellen gibt Dir recht. Es widersprechen Dir "Agent Scullie", Martin Bäker und ich. :oops:
In der meiner Meinung nach wichtigsten Quelle, welcher mir widerspricht, wird erklärt:
Vakuumfluktuationen Virtuelle Teilchen spielen nicht nur bei Wechselwirkungen eine Rolle. Auch das Vakuum (der Zustand mit E = 0) ist der Unschärferelation unterworfen, d.h. je enger ein Zeitbereich eingegrenzt ist, desto größer ist die Energie, die für entsprechend kurzlebige virtuelle Teilchen zur Verfügung steht. Salopp gesagt: Je genauer man hinsicht, desto weniger sicher kann man sich sein, dass das Vakuum tatsächlich leer ist.
[...]
Man kann sich (sehr grob) vorstellen, dass sich das Vakuum beispielsweise mithilfe der Unschärferelation Energie „borgt“, mit dieser Energie ein Elektron-Positron-Paar erzeugt und diese „Energieschuld“ mit Annihilation dieses Paares wieder „zurückzahlt“. Das Vakuum ist dementsprechend erfüllt mit virtuellen Teilchen in Form Teilchen-Antiteilchen-Paaren. Nur in extremen Ausnahmefällen passiert es, dass solch ein virtuelles Teilchen tatsächlich real wird — etwa beim Anlegen von extrem starken elektrischen Feldern und am Rande eines Schwarzesn Lochs. Im letzterem Fall bilden die ehemals virtuellen Teilchen die Hawking-Strahlung.
Doch auch wenn die Teilchen der Vakuumfluktuationen virtuell bleiben, können sie dennoch messbare Auswirkungen haben. Wichtige Beispiele sind die spontane Emission sowie der der Casimir-Effekt und der Lamb-Shift.
Das obige Zitat ist dem Buch "Schlüsselkonzepte zur Physik" entnommen. Über dieses Buch heißt es:
Das Buch eignet sich sowohl für Studierende der Physik ab etwa dem dritten Semester und auch für Leser mit allgemeinem naturwissenschaftlich-mathematischem Hintergrund und besonderem Interesse an der Physik.
Zitatquelle: http://www.springer.com/de/book/9783827423849
Ich besitze also die "Frechheit" einem Fachbuch zu widersprechen. Doch beim genauen Lesen fällt mir schon auf, dass die Darstellung als "sehr grob" bezeichnet wird und bestimmte Begriffe schammig in Anführungszeichen gesetzt wurden.
Dieses habe ich im SciFi-Forum ebenfalls verlinkt und warte mal ab, wie man darauf reagiert.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Dass das nicht auf den Gott Noahs und Abrahams zutrifft finde ich sonderbar. Also doch ein anderer Gott?
Ja, weil ein deistischer Gott lediglich am Anfang die Welt erschafft und sich dann vollständig aus ihr heraushält. Wenn wir der Einfachheithalber die Urknalltheorie für diesen Diskussionszweig akzeptieren, würde dies bedeuten, dass dieser "Gott" lediglich den Urknall erzeugt und sonst nichts.
Warum nicht?
Natürlich führt uns eine solche Theorie weg vom Monotheismus der abrahamitischen Religionen, hin zum Polytheismus: Einen Schöpfer UND einen barmherzigen Gott der mit der Menschheit ein Liebesverhältnis eingegangen ist?
Die Logik Deiner Argumentation erschließt sich mir nicht. Warum sollte eine solche Theorie vom Monotheismus der abrahamitischen Religionen wegführen und dann auch noch zum Polytheismus hinführen?
Warum sollte Gott die Menschheit nicht lieben können? Was spricht denn dafür, Gott die Liebe zu seinen Geschöpfen abzusprechen?

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Der Gott Noahs und Abrahams offenbarte sich ja den biblischen Narrationen zufolge diesen Männern (wenngleich es sich bei erstere um eine Ätiologie handelt).
Aus christlicher Sicht offenbarte sich Gott in und durch seinem Sohn, Jesus Christus, mehr als in sonst irgend einem Menschen. Diese Glaubensvorstellung ist völlig verschieden vom Deismus.
Genau das meine ich. Kann das derselbe Gott sein?
Der Christ ist kein Deist. Damit beantwortet sich die Frage doch von selbst.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Aus menschlicher Perspektive mag man meinen, dass so ein großer Gott uns Menschen in so einem gewaltigen Universum einfach vergessen sollte, mag es doch da "Draußen" noch Abertausende von Spezies geben, die weiter entwickelt sind als wir. Dies ist eine hartherzige, menschliche Denkweise, die Gott nicht zutraut, auch das Kleine zu beachten, so als wäre die Menschheit zu klein für IHN.
Hartherzig?
Wenn das das einzige Argument ist, ist das ein Armutszeugnis für das Christentum.
Nun vermag ich Dir gar nicht mehr zu folgen. Die menschliche Auffassung, der Schöpfer des gewaltigen Universums würde sich nicht für Menschen interessieren, traut Gott nicht zu, sich für Lebewesen auf Planten zu interessieren. Dies ist eine menschliche Engstrinigkeit, aber kein logisch zwingender Schluss. Wieso erkennst Du das nicht?

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Gottes Gedanken sind insbesondere insofern höher, als dass er barmherziger denkt als wir Menschen (s. grammatischer Bezug im Bibeltext, den habe ich Dir farblich hervorgehoben). Für Gott ist nichts zu groß und nichts zu klein, um von ihm nicht erfasst zu werden.
Das steht im Widerspruch zum immer kleiner werdenden Raum, den wir mit der Forschung diesem Gott zugestehen.
Das ist eine unbegründete Behauptung.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

ThomasM
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#10 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von ThomasM » Fr 9. Sep 2016, 15:22

Halman hat geschrieben: Ich besitze also die "Frechheit" einem Fachbuch zu widersprechen. Doch beim genauen Lesen fällt mir schon auf, dass die Darstellung als "sehr grob" bezeichnet wird und bestimmte Begriffe schammig in Anführungszeichen gesetzt wurden.
Dieses habe ich im SciFi-Forum ebenfalls verlinkt und warte mal ab, wie man darauf reagiert.
Das Problem, mit dem du kämpfst, ist allerdings kein naturwissenschaftliches. Denn ich denke
- Beide Seiten stimmen darüber überein, dass die Formeln der QFT gute Ergebnisse liefern
- Beide Seiten stimmen überein, wie man die Ergebnisse der Formeln mit den Messungen vergleichen kann
- Beide Seiten stimmen darüber überein, dass Berechnung und Messung für die QFT in guter Übereinstimmung sind.

Solange man rechnet und misst, gibt es keinen Dissenz. Das ist Naturwissenschaft.

Dissenz gibt es zu dem Denkmodell, das mit dem Rechenmodell verknüpft ist. Wenn ich das hier richtig verstanden habe, ist das die Frage: Sind virtuelle Teilchen Realität?
Eine Antwort darauf zu geben ist Ansichtssache und streng genommen nicht Teil der Naturwissenschaft.

Tatsächlich gibt es diese Art des Dissenzes schon immer. Z.B. war der "Massepunkt" ein wichtiges Konzept in der klassischen, Newtonschen Mechanik. Fragt man sich "Ist ein Massepunkt Realität", dann muss man sagen "Keine Ahnung, wir können keinen messen und wir haben auch Probleme mit dem Ding".
Die Probleme kommen daher, dass die Selbstenergie eines Massepunktes auch in der Klassik unendlich ist.
Analog muss man sagen "virtuelle Teilchen kann man für sich nicht messen und Probleme hat man mit den Dingern auch".

Aber wie bei den Massepunkten kann man damit leben.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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