Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

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Pluto
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#311 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Do 20. Okt 2016, 20:10

Halman hat geschrieben:Es gibt Millionen von fachlichen Puplikationen, welche der populärwissenschaftlichen Darstellung widersprechen.
Nun versuche mal, meine kühne Behauptung zu wiederlegen.
Wozu sollte ich das tun?
Unbegründete Behauptungen dürfen ebenso ohne Grund zurückgewiesen werden.

Halman hat geschrieben:Agent Scullie verlinkte wiederholt seine PDF-Datei. Hast Du sie gelesen?
Ja. Das ist eine Meinung.
Andere, namhafte Wissenschaftler, verwenden die Teilchen-Erklärung. Sind das denn alles schamlose Lügner?

Halman hat geschrieben:Doch, wie ich hier gesehen habe, ging es Agent Scullie kaum anders. Dabei merkt man ihm doch an, dass er WIRKLICH ein Fachmann ist.
Das bezweifle ich doch nicht. Nur das erklärt nicht, warum so viele Physiker nicht zögern die alternative Erklärung zu verwenden.

Halman hat geschrieben:Denkst Du, dass er sich all die Mühe macht und lügt? Das glaube ich nicht.
Das glaube ich auch nicht. Aber glaubst du, dass die vielen anderen Physiker ihr Zuhörer belügen, wenn sie die Teilchen-Erklärung verwenden?

Halman hat geschrieben:Was hat es mit dem Protonen-Radius auf sich?
https://en.wikipedia.org/wiki/Proton_radius_puzzle

Halman hat geschrieben:Deine Kritik scheint mir eine rational-kritische zu sein. Aus naturphilosphischer Sicht kannst Du natürlich die Quantenfeldtheorie anzweifeln und überlegen, ob eine alternative Erkärung die physikalische Wirklichkeit nicht besser beschreibt.
Ich zweifle die QFT nicht an. Ich stelle nur in Frage, ob es die einzig richtige Erklärung, sozusagen der "heilige Gral" der Quantenwelt ist.

Halman hat geschrieben:Doch die Darstellung mit den virtuellen Teilchenpaaren, welche Fachleute für die Öffentlichkeit verwenden, ist eine Veranschaulichung der QFT, in welcher die Felder, und damit die Zweite Quantizierung, bewusst "ausgeblendet", werden. Es geht also gar nicht um eine Alternative zur Quantenfeldtheorie, sondern um eine reduzierte Darstellung. Dieser fehlt das wesendliche Element der QFT und folglich muss diese Darstellung eine "Krücke" sein. Offenbar meinen die Fachleute, dass die Darstellung über Felder zu abstrakt für die Öffentlichkeit wäre. Die Zweite Quantizierung verbleibt so im akademischen Kosmos.
Ich kann damit leben, dass die QFT eine sehr sauberere mathematische Erklärung ist.
Aber ist sie die einzige Erklärung?
Könnte ein Teilchen bspw. durch die Schwingung eines Quantenfelds entstehen? — So wie als Einstein meinte, Materie sein erstarrte Energie.

Halman hat geschrieben:Mich haben Agent Scullies Erklärungen überzeugt, weil sie auch logisch sehr einleuchtend sind. Es ging dabei immer um die korrekte Beschreibung der QFT, also um ein physikalisches Modell. Die naturphilosophische Frage, ob dieses Modell mit der Wirklichkeit übereinstimmt, macht erst Sinn, wenn man das Modell in den Grundlagen verstanden hat.
Ich meine, noch ist es zu früh um endgültig darüber zu urteilen, ob wirklich keine Teilchen für die Beobachtungen im Casimir-Experiment oder im Lamb-Shift verantwortlich sind.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Halman
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#312 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Halman » Do 20. Okt 2016, 22:44

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Es gibt Millionen von fachlichen Puplikationen, welche der populärwissenschaftlichen Darstellung widersprechen.
Nun versuche mal, meine kühne Behauptung zu wiederlegen.
Wozu sollte ich das tun?
Unbegründete Behauptungen dürfen ebenso ohne Grund zurückgewiesen werden.
Danke. Damit weise ich Deine unbegründete Behauptung, es gäbe MILLIONEN von Fachleuten, welche die Darstellung mit den virtuellen Teilchenpaaren bei Vakuumfluktationen gebrauchen, zurück.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Agent Scullie verlinkte wiederholt seine PDF-Datei. Hast Du sie gelesen?
Ja. Das ist eine Meinung.
Andere, namhafte Wissenschaftler, verwenden die Teilchen-Erklärung. Sind das denn alles schamlose Lügner?
Dieses Urteil erscheint mir zu hart. Was mir in den populärwissenschaftlichen Darstellungen auffällt, ist das Fehlen der Quantenfelder, ohne welche die Zweite Quantisierung gar nicht schlüssig vermittelt werden kann. Die namenhaften Wissenschaftler versuchen also die Quantenfeldtheorie ohne Felder zu umschreiben und somit müssen ihre Darstellungen streng genommen "gelogen" sein.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Doch, wie ich hier gesehen habe, ging es Agent Scullie kaum anders. Dabei merkt man ihm doch an, dass er WIRKLICH ein Fachmann ist.
Das bezweifle ich doch nicht. Nur das erklärt nicht, warum so viele Physiker nicht zögern die alternative Erklärung zu verwenden.
Auch dafür trug Agent Scullie eine Erklärung vor und zwar mit Bezug auf dem Lamb-Shift.

Möglicherweise orientieren sich auch viele Wissenschafter einfach an Hawkings populärwissenschaftlicher Erklärung. Gut möglich, dass er als richtungsweisend gilt.

Ich werde mal in meiner hiesigen Bücherei schauen, ob ich ein Buch finde, in denen sich Fachleute zur Populärwissenschaft äußern.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Denkst Du, dass er sich all die Mühe macht und lügt? Das glaube ich nicht.
Das glaube ich auch nicht. Aber glaubst du, dass die vielen anderen Physiker ihr Zuhörer belügen, wenn sie die Teilchen-Erklärung verwenden?
Dass sie bereit sind, die Quantenfeldtheorie arg gebeugt zu umschreiben, denke ich, ja.

Daher bin ich Agent Scullie ja auch so dankbar. Endlich ein Fachmann der 1. mit Laien redet und 2. sich nicht zurückhält, es wirklich korrekt zu erklären, anstatt Laien einfach wie "Kinder" mit irgendeiner Umschreibung abzuspeißen.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Was hat es mit dem Protonen-Radius auf sich?
https://en.wikipedia.org/wiki/Proton_radius_puzzle
Du bist damit gesegnet die Weltsprache auf so einem hohen Niveau beherrschen zu können, dass Du auch wissenschaftliche Artikel verstehen kannst. In meiner Abendrealschule hatte ich Englisch nicht auf so einem hohen Niveau vermittelt bekommen, um damit studieren zu können. Ich weiß, dass ich in einem Restaurant nicht sagen sollte: "I will become a beefsteak." Dies qualifziert mich aber nicht, wissenschaftliche Artikel in Englisch, die ich teilweise nicht mal im Deutschen begreife, verstehen zu können.

Daher wiederhole ich meine Frage: Was hat es mit dem Protonen-Radius auf sich?

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Deine Kritik scheint mir eine rational-kritische zu sein. Aus naturphilosphischer Sicht kannst Du natürlich die Quantenfeldtheorie anzweifeln und überlegen, ob eine alternative Erkärung die physikalische Wirklichkeit nicht besser beschreibt.
Ich zweifle die QFT nicht an. Ich stelle nur in Frage, ob es die einzig richtige Erklärung, sozusagen der "heilige Gral" der Quantenwelt ist.
Meines Wissens ja, jedenfalls ist mir keine andere vollständige Theorie bekannt. Die Zweite Quantisierung beinhaltet die Quantenmechanik und die SRT.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Doch die Darstellung mit den virtuellen Teilchenpaaren, welche Fachleute für die Öffentlichkeit verwenden, ist eine Veranschaulichung der QFT, in welcher die Felder, und damit die Zweite Quantizierung, bewusst "ausgeblendet", werden. Es geht also gar nicht um eine Alternative zur Quantenfeldtheorie, sondern um eine reduzierte Darstellung. Dieser fehlt das wesendliche Element der QFT und folglich muss diese Darstellung eine "Krücke" sein. Offenbar meinen die Fachleute, dass die Darstellung über Felder zu abstrakt für die Öffentlichkeit wäre. Die Zweite Quantizierung verbleibt so im akademischen Kosmos.
Ich kann damit leben, dass die QFT eine sehr sauberere mathematische Erklärung ist.
Aber ist sie die einzige Erklärung?
Könnte ein Teilchen bspw. durch die Schwingung eines Quantenfelds entstehen? — So wie als Einstein meinte, Materie sein erstarrte Energie.
Wenn "die Schwingung eines Quantenfelds" ausreichend stark ist, ja. Dies ist bei Vakuumfluktuationen meines Wissens nicht der Fall. Wenn man aber einem Quantenfeld, wie dem EM-Vektorfeld beim dynamischen Casimir-Effekt, genügend Energie zuführt, dann regt diese Energie das Quantenfeld an und diese Anregungen von Quantenfeldern sind Teilchen.
Daran, dass Materie Energie ist, ändert sich in der QFT ja nichts. E=mc² gilt weiterhin, die SRT ist ja Bestandteil der QFT. Im CERN muss man sogar mit bewegten Testmassen rechnen, also mit E²=(mc²)²+(pc)². Dort werden Teilchen erzeugt, die insgesamt mehr Masse haben, als die Beiden Protonen, die mit ultrarelativistischer Geschwindigkeit kollidierten, weil die relativistische Energiezuname der Protonen ebenalls in die komplexe Wechselwirkung einfließt. Meines Wissens ist die QFT die theoretische Grundlage für der Experimental-Teilchenphysik, wie beim LHC.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Mich haben Agent Scullies Erklärungen überzeugt, weil sie auch logisch sehr einleuchtend sind. Es ging dabei immer um die korrekte Beschreibung der QFT, also um ein physikalisches Modell. Die naturphilosophische Frage, ob dieses Modell mit der Wirklichkeit übereinstimmt, macht erst Sinn, wenn man das Modell in den Grundlagen verstanden hat.
Ich meine, noch ist es zu früh um endgültig darüber zu urteilen, ob wirklich keine Teilchen für die Beobachtungen im Casimir-Experiment oder im Lamb-Shift verantwortlich sind.
Das mag sein. Aber ich urteile, dass "keine Teilchen für die Beobachtungen im Casimir-Experiment oder im Lamb-Shift" gem. der QFT verantwortlich sind. Meine Aussage ist eine theoretische. Was sollte ich auch sonst sagen?
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#313 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » Do 20. Okt 2016, 23:41

Halman hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Unbegründete Behauptungen dürfen ebenso ohne Grund zurückgewiesen werden.
Danke. Damit weise ich Deine unbegründete Behauptung, es gäbe MILLIONEN von Fachleuten, welche die Darstellung mit den virtuellen Teilchenpaaren bei Vakuumfluktationen gebrauchen, zurück.
Schon klar. :mrgreen:

Halman hat geschrieben:
Dies qualifiziert mich aber nicht, wissenschaftliche Artikel in Englisch, die ich teilweise nicht mal im Deutschen begreife, verstehen zu können.
Das ist natürlich ein Problem.
Da Englisch meine "Muttersprache" ist, lese ich hauptsächlich englischsprachige Fachliteratur und Forschungsergebnisse.

Halman hat geschrieben:Daher wiederhole ich meine Frage: Was hat es mit dem Protonen-Radius auf sich?
Grob zusammengefasst geht es um Folgendes...
Der offiziell anerkannte Protonen Radius ist 0.88±0.01 fm (femtometer). Die Ungenauigkeit der Messung beträgt also rund 1%.
Nun hat eine Gruppe von Forschern um Randolf Pohl * 2010 diese Messung versucht zu verbessern indem sie statt normalen, myonischen Wasserstoff verwendete. Myonen sind dank ihrer höheren Masse sehr viel näher am Proton als Elektronen (dies erlaubte es die Genauigkeit der Messung zu steigern). Der Radius des Protons wurde als 0.842±0.001 fm gemessen. Die Messung wurde danach mit myonischem Deuterium wiederholt und der kleinere Wert des Proton-Radius' bestätigt.

Das ist 4% kleiner (entspricht 7.5 Standard-Abweichungen) als die "offiziellen" Messungen. Eine (für Physiker) unglaublich große Diskrepanz!

Es wurden zahlreiche Vorschläge für die Unterschiede gemacht. U.a. wurde 2013 die Quantengravitation dafür in Betracht gezogen. Einige Forscher meinten im September 2016 (!) es sei ein Hinweis auf die Existenz eines bisher unbekannten Bosons.

Randolf Pohl selbst (der Leiter des Projekts) sagt dazu: "Es braucht keine neue Physik", und meinte, dass frühere Messungen mit einem falschen Wert für die Rydberg-Konstante durchgeführt wurden, und postuliert, dass der "offizielle" Wert falsch ist.
__________________

Auffallend in unserer QFT/Teilchen Diskussion, ist, dass die allermeisten Teilchen-Modelle aus der angloamerikanischen Forschung stammen, während in Deutschland häufiger Quantenfeld-Modelle als Erklärung herangezogen werden.
Wer recht hat, weiß ich nicht (ist mir zu hoch). Ich meine, vielleicht sind beide Erklärungsmodelle einfach andere Sichten von ein und demselben Phänomen. (Deshalb fiel mir der aktuelle Protonen-Radius Streit ein.)
__________________

Das ist natürlich alles Zündstoff für einen heftigen Streit unter Physikern. :geek:
Solche Debatten sind gut! Denn so werden am Ende Fortschritte erzielt.

* Auszug aus Wikipedia:
Randolf Pohl studierte an der TU München Physik und erhielt dort 1997 sein Diplom. Anschließend ging er an die ETH Zürich, wo er seine Dissertation vorbereitete und 2001 zum Thema Discovery of the long-lived 2S state in muonic hydrogen promovierte. Es folgte bis 2005 ein Postdoc-Aufenthalt am Paul Scherrer Institut in Villigen. Danach war er am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching in der Abteilung Laserspektroskopie von Theodor W. Hänsch tätig. Seit 2011 leitet er selbst eine Forschungsgruppe, die sich mit exotischen Atomen befasst, insbesondere mit der Präzisionsmessung der Lamb-Verschiebung in myonischem Wasserstoff.
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#314 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » So 23. Okt 2016, 13:14

Sorry, war ein paar Tage nicht dazu gekommen, hier zu antworten.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Zum einen ist gar nicht gesagt, dass das Universum zu Beginn in einem Vakuumzustand gewesen ist.
Ein Vakuumzustand mit Fluktationen, vielleicht?
Ein Vakuumzustand ist immer ein Vakuumzustand mit Fluktuationen. Wenn also das Universum zu Beginn nicht in einem Vakuumzustand war, war es auch nicht in einem Vakuumzustand mit Fluktuationen.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Sorry, Aber in dem du die Teilche-Erklärung ständig als populärwissenschaftliche Darstellung versuchst abzutun, wird deine Behauptung nicht wahrer
Stimmt, wahrer als wahr gibt es nicht.
DIE Wahrheit gibt es für uns nicht. Oder kannst du deine behauptete Wahrheit nachweisen?
Ja, dass die populärwissenschaftliche Darstellung mit den virtuellen Teilchen im Vakuumzustand nur eine populärwissenschaftliche Darstellung ist, die mit dem, was die QFT tatsächlich aussagt, nichts zu tun hat, das kann ich nachweisen, dazu reicht ein Blick in ein ordentliches QFT-Lehrbuch.

Pluto hat geschrieben:Das Teilchen-Modell ist ein von vielen Fachleuten verwendete Erklärung.
Präziser: in der populärwissenschaftlichen Literatur verwendete Erklärung.

Pluto hat geschrieben:Ich finde es eine Anmaßung eine solche Erklärung als "populärwissenschaftlich"
Eine Erklärung, die sich nur in der populärwissenschaflichen Literatur findet, ist offenkundig eine populärwissenschaftliche Erklärung. Darauf hinzuweisen, dass sie das ist, hat nichts anmaßendes.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass Physiker, wenn sie populärwissenschaftliche Bücher schreiben, dem Leser Sachen auftischen, die bestenfalls als populärwissenschaftliche Darstellung durchgehen. Das betrifft nicht nur den Vakuumzustand der QFT, sondern auch ganz andere Sachen, sie z.B. Hawkings Darstellung der QM in "Eine kurze Geschichte der Zeit".
Du stellst es so hin, als würde Hawking seine Leser belügen. Es gibt Millionen von Wissenschaftlern die dasselbe tun, in dem sie Vakuumfluktuationen mit einem Teilchen-Modell beschreiben. Diese Leute können nicht alle lügen. Das kann ich nicht glauben, denn das wäre unredlich und deshalb auf Dauer unhaltbar.
Es ist ja auch auf Dauer haltbar, Schülern in Schul-Chemiebüchern die Lüge zu erzählen, das Sauerstoff-Moleküle (O2) könne adäquat durch das Valenzstrichformelnmodell beschrieben werden, obwohl das sogar im Widerspruch zum Experiment steht: nach dem Valenzstrichformelnmodell sind im O2-Molekül alle Elektronen gepaart, demnach sollte Sauerstoff diamagnetisch sein, er ist aber paramagnetisch. Das lässt sich sehr gut im Molekülorbitalmodell verstehen, nach dem in O2-Moleküle zwei Elektronen ungepaart sind, die dann für den Paramagnetismus sorgen. Da das Molekülorbitalmodell aber für Schüler viel zu hoch wäre (wir haben das erst an der Uni durchgenommen), speist man die halt mit dem Valenzstrichformelnmodell ab.

Ähnlich beim Benzolmolekül: da wird dann erzählt, das Molekül "klappe" ständig zwischen den beiden mesomeren Grenzformeln "hin und her". Dass zur Beschreibung der korrekten Konfiguration des Benzolmoleküls das Valenzstrichformelnmodell unzureichend ist, darauf wird in Schulchemiebüchern meist nicht eingegangen.

Du siehst: es gibt so einige Lügen, die sich durchaus auf Dauer halten, sogar in deinem eigenen Fachbereich, der Chemie.

Um noch einmal auf die populärwissenschaftliche Darstellung mit den virtuellen Teilchen im Vakuumzustand zurückzukommen: neben den bereits genannten Gründen gibt es eventuell noch einen weiteren Grund, warum ein Physiker diese Darstellung verwendet, auch wenn er sich mit der QFT beschäftigt hat. Der Vakuumzustand oder generell die Zustände freier Felder sind in der QFT ein Grundlagenthema. Es könnte durchaus sein, dass sich ein Physiker, wenn er sich mit der QFT befasst, vornehmlich auf fortschrittliche Themen, wie Streuprozesse in hohen Ordnungen der Störungsrechnung, konzentriert, und sich mit den Grundlagen gar nicht besonders gründlich auseinandersetzt. Es wäre dann durchaus möglich, dass er sich mit den Eigenschaften des Vakuumzustandes oder auch den Eigenschaften von Zuständen der freien Felder mit Teilchenzahl > 0 nicht allzu gut auskennt. Er weiß dann vielleicht, dass bei dem und dem Streuprozess die und die Teilchen beteiligt sind, hat aber nicht viel Ahnung davon, wie man sich in der QFT eigentlich ein Teilchen vorzustellen hat.
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#315 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » So 23. Okt 2016, 13:33

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Wenn eine geschätzte Vorhersage mit der Beobachtung übereinstimmt, ist das eine viel schlechtere Bestätigung für die zugrundeliegende Theorie als bei einer berechneten Vorhersage. Denn bei einer geschätzten Vorhersage weiß man nie, wie gut die Schätzung ist.
Allein daraus, dass eine geschätzte Vorhersage für ein Messergebnis gut mit dem tatsächlich experimentell gewonnen Messergebnis übereinstimmt, kann man nicht entnehmen, dass die Schätzung gut war, denn es könnte ebensogut sein, dass die zugrundeliegende Theorie, wenn man sich die Mühe macht, die Vorhersage nicht nur zu schätzen, sondern auch zu berechnen, auf eine Vorhersage führt, die mit dem Messergebnis sehr schlecht übereinstimmt.
Das hängt davon ab, was vorhergesagt wird.
Als Charles Darwin 1862 die Blüte der Orchidee Angraecum sesquipedale aus Madagaskar mit ihren dünnen, bis zu 28 cm langen Kelchen sah, sagte er voraus, dass es ein Insekt geben müsse, das diese Blüte bestäubt. Diese Vorhersage (Prädiktion) Darwins, der den Falter nie sah, bestätigte sich im Jahre 1903, als der besagte Schwärmer mit seinem bis zu 25 cm langen Rüssel entdeckt wurde. Deshalb nannte man ihn praedicta, also „den Vorhergesagten“.
[Quelle: Wikipedia]
Diese Vorhersage war rein qualitativer Natur. Dennoch ist sie ein "Meilenstein" in der Bestätigung der Evolutionstheorie.
Wie ich schon sagte: in der Biologie sind die Anforderungen vielleicht etwas anders, aber in der Physik sind stets quantitative Vorhersagen sehr wichtig. Dass also z.B. beim Casimir-Effekt nicht nur vorhergesagt wird, dass sich die beiden Platten anziehen, sondern dass auch vorhergesagt wir, wie stark die anziehende Kraft ist.

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Das ist hier aber eigentlich unerheblich, denn die populärwissenschaftliche Darstellung mit den virtuellen Teilchen im Vakuumzustand erlaubt nicht einmal grobe Schätzungen. Sie sagt aus, dass der Vakuumzustand eine von null verschiedene Energiedichte haben sollte, kann aber keinerlei Schätzung dafür anbieten, wie groß die Energiedichte nun ungefähr sein sollte. "Inrgendwas größer als null" ist nunmal auch als Schätzung viel zu ungenau.
Es ist mir klar, dass eine Quantfizierung besser ist als eine qualitative Aussage. Aber deshalb alles andere als populärwissenschaftlich (=minderwertig) abzutun, wirkt dogmatisch und ist meines Erachtens falsch.
Du sagst ja selbst: ein Modell, das quantitative Aussagen machen kann, ist besser als eines, das nur qualitative Aussagen macht. Wenn man also ein Modell mit quantitativen Aussagen hat, dann ist es eindeutig einem Modell mit nur qualitativen Aussagen vorzuziehen. Es kann natürlich auch mal der Fall eintreten, dass man kein Modell mit quantitativen Aussagen zur Verfügung hat, dann ist ggf. auch ein Modell mit nur qualitativen Aussagen akzeptabel. Dieser Fall trifft hier aber nicht zu.

Pluto hat geschrieben:So weit ich es verstehe ist ein freundschaftlicher Streit entstanden, weil man sich über den Radius eines Protons (Wasserstoffatoms) nicht einigen kann: https://www.mpg.de/6970033/proton_radius.
Sehr viel besser ist das auch nicht als >0.
Oh doch, das ist es! Immerhin ist bei beiden Ergebnissen für den Protononradius die Größenordnung die gleiche, nämlich 1 Femtometer. Mehr noch, die beiden Ergebnisse stimmen darin überein, dass der Radius bei 0,8x Femtometer liegt.
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#316 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » So 23. Okt 2016, 13:36

Agent Scullie hat geschrieben:Sorry, war ein paar Tage nicht dazu gekommen, hier zu antworten.
Schön dass du wieder da bist! :wave:

Agent Scullie hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Ich finde es eine Anmaßung eine solche Erklärung als "populärwissenschaftlich"
Eine Erklärung, die sich nur in der populärwissenschaflichen Literatur findet, ist offenkundig eine populärwissenschaftliche Erklärung. Darauf hinzuweisen, dass sie das ist, hat nichts anmaßendes.
Naja, es ist deine Meinung.
Ich wehre mich aber gegen den Ausdruck "populärwissenschaflich" und halte es für eine herabwürdigende Aussage über das Teilchen-Modell.
Wenn so viele Fachleute das Teilchen-Modell verwenden, dann meine ich, es ist eine gleichwertige Alternative (Kein Rauch ohne Feuer).

Agent Scullie hat geschrieben:Es ist ja auch auf Dauer haltbar, Schülern in Schul-Chemiebüchern die Lüge zu erzählen, das Sauerstoff-Moleküle (O2) könne adäquat durch das Valenzstrichformelnmodell beschrieben werden, obwohl das sogar im Widerspruch zum Experiment steht: nach dem Valenzstrichformelnmodell sind im O2-Molekül alle Elektronen gepaart, demnach sollte Sauerstoff diamagnetisch sein, er ist aber paramagnetisch. Das lässt sich sehr gut im Molekülorbitalmodell verstehen, nach dem in O2-Moleküle zwei Elektronen ungepaart sind, die dann für den Paramagnetismus sorgen. Da das Molekülorbitalmodell aber für Schüler viel zu hoch wäre (wir haben das erst an der Uni durchgenommen), speist man die halt mit dem Valenzstrichformelnmodell ab.

Ähnlich beim Benzolmolekül: da wird dann erzählt, das Molekül "klappe" ständig zwischen den beiden mesomeren Grenzformeln "hin und her". Dass zur Beschreibung der korrekten Konfiguration des Benzolmoleküls das Valenzstrichformelnmodell unzureichend ist, darauf wird in Schulchemiebüchern meist nicht eingegangen.

Du siehst: es gibt so einige Lügen, die sich durchaus auf Dauer halten, sogar in deinem eigenen Fachbereich, der Chemie.
Das mag im Gymnasium so sein. Aber an den Hochschulen wird schon lange nicht mehr mit Valenzstrich-Modellen gearbeitet -- zumindest war das schon zu meiner Zeit so, und das ist schon ziemlich lange her. :D

Da wird den Studierenden "reiner Wein" eingeschenkt, bzw man erklärt ihnen, warum das Valenzstrich-Modell untauglich ist. Genauso erwarte ich es auch von Physikern, wenn sie in einem illustren Kreis wie den Mitgliedern der Royal Society einen Vortrag halten, dass sie sich dazu, bekennen, es handle sich "nur" um eine vereinfachte Darstellung. (Wir mussten Benzol als Kreis in einem Hexagon zeichnen, mit 6 Strichen für den Wasserstoff.)

Das ist aber NICHT der Fall. Die Professoren die ich kenne, sagen nicht, dass es sich um eine vereinfachte Darstellung handelt. Und ich glaube nicht, dass sie lügen.
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#317 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » So 23. Okt 2016, 13:39

Pluto hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Es ist mir klar, dass eine Quantfizierung besser ist als eine qualitative Aussage.
Aber ist das eine Basis dafür, alternative verfügbaren Erklärungen, die immerhin von Millionen Physikern weltweit verwendet werden, als pseudowissenschaftlich abzutun?
Ja, denn diese Physiker verwenden diese "Eklärung" immer nur in populärwissenschaftlichen Quellen.

Pluto hat geschrieben:Selbst wenn alles mathemtisch stimmig zusammenhängt brauchen wir Beobachtungen um sie zu bestätigen.
Für die QFT gibt es zahlreiche Bestätigungen durch Beobachtungen. Man könnte zwar argumentieren, dass diese Beobachtungen auch durch eine Alternativtheorie beschreibbar sein könnten, aber bislang gibt es so eine Alternativtheorie nicht.

Pluto hat geschrieben:Doch wenn selbst die Beobachtungen auseinander liegen
Tun sie im Fall der QFT aber nicht.
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#318 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » So 23. Okt 2016, 13:50

Pluto hat geschrieben:Ich kann damit leben, dass die QFT eine sehr sauberere mathematische Erklärung ist.
Aber ist sie die einzige Erklärung?
Bislang gibt es zumindest keine Alternativtheorie.

Pluto hat geschrieben:Könnte ein Teilchen bspw. durch die Schwingung eines Quantenfelds entstehen? — So wie als Einstein meinte, Materie sein erstarrte Energie.
Wenn das einschließt, dass ein Teilchen durch Erhöhung der Schwingungsamplitude eines Quantenfeldes entstehen kann, dann sagt die QFT, dass ein Teilchen so entstehen kann, ja.

Pluto hat geschrieben:
Halman hat geschrieben:Mich haben Agent Scullies Erklärungen überzeugt, weil sie auch logisch sehr einleuchtend sind. Es ging dabei immer um die korrekte Beschreibung der QFT, also um ein physikalisches Modell. Die naturphilosophische Frage, ob dieses Modell mit der Wirklichkeit übereinstimmt, macht erst Sinn, wenn man das Modell in den Grundlagen verstanden hat.
Ich meine, noch ist es zu früh um endgültig darüber zu urteilen, ob wirklich keine Teilchen für die Beobachtungen im Casimir-Experiment oder im Lamb-Shift verantwortlich sind.
Man könnte argumentieren, dass es noch zu früh sei, endgültig darüber zu entscheiden, ob es zur QFT nicht doch eine Alternativtheorie geben könne. Bislang gibt es so eine aber nicht, und deswegen ist es am naheliegendsten, nach der QFT zu gehen. Vor allem: Physiker, die in populärwissenschaftlichen Quellen von virtuellen Teilchen im Vakuumzustand schwatzen, haben überhaupt nicht im Sinn, eine Alternativtheorie zur QFT zu vertreten, die stellen das einfach als Aussage der QFT hin.

Da du ja so oft mit der Evolutionstheorie argumentierst: da könnte man auch behaupten, es sei noch zu früh, endgültig darüber zu entscheiden, ob es zu der eine Alternativtheorie geben könne. Trotzdem gehen Biologen i.d.R. von der Evolutionstheorie aus. Kein Biologe kommt auf die Idee, Laien Sachen zu erzählen, die eine eventuell irgendwann mal existierende Alternativtheorie zur Evolutionstheorie vielleicht aussagen könnte.
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#319 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Agent Scullie » So 23. Okt 2016, 13:59

Pluto hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Es ist ja auch auf Dauer haltbar, Schülern in Schul-Chemiebüchern die Lüge zu erzählen, das Sauerstoff-Moleküle (O2) könne adäquat durch das Valenzstrichformelnmodell beschrieben werden, obwohl das sogar im Widerspruch zum Experiment steht: nach dem Valenzstrichformelnmodell sind im O2-Molekül alle Elektronen gepaart, demnach sollte Sauerstoff diamagnetisch sein, er ist aber paramagnetisch. Das lässt sich sehr gut im Molekülorbitalmodell verstehen, nach dem in O2-Moleküle zwei Elektronen ungepaart sind, die dann für den Paramagnetismus sorgen. Da das Molekülorbitalmodell aber für Schüler viel zu hoch wäre (wir haben das erst an der Uni durchgenommen), speist man die halt mit dem Valenzstrichformelnmodell ab.

Ähnlich beim Benzolmolekül: da wird dann erzählt, das Molekül "klappe" ständig zwischen den beiden mesomeren Grenzformeln "hin und her". Dass zur Beschreibung der korrekten Konfiguration des Benzolmoleküls das Valenzstrichformelnmodell unzureichend ist, darauf wird in Schulchemiebüchern meist nicht eingegangen.

Du siehst: es gibt so einige Lügen, die sich durchaus auf Dauer halten, sogar in deinem eigenen Fachbereich, der Chemie.
Das mag im Gymnasium so sein. Aber an den Hochschulen wird schon lange nicht mehr mit Valenzstrich-Modellen gearbeitet
Schau an, und an den Hochschulen wurde NOCH NIE mit den virtuellen Teilchen im Vakuumzustand gearbeitet. Wenn an einer Uni in einer Physik-Vorlesung das Quantenvakuum angesprochen wird, dann wird das immer so erklärt, wie ich es beschrieben habe: Behandlung einer Feldmode als harmonischer Oszillator, dadurch Zustände mit unterschiedlichen Anregungsgrad, incl. eines Grundzustandes (Vakuumzustandes). Virtuelle Teilchen im Vakuumzustand wirst du in einer universitären Vorlesung nicht finden.

Pluto hat geschrieben:Da wird den Studierenden "reiner Wein" eingeschenkt
Genau: den Studierenden. Und den Gymnasiasten somit nicht, den werden Lügen erzählt. Ähnlich ist es in der Physik mit dem Vakuumzustand: den Studierenden wird reiner Wein eingeschenkt, d.h. die korrekte Darstellung des Vakuumzustand nach der QFT präsentiert, Laien dagegen werden Lügen mit virtuellen Teilchen aufgetischt.

Pluto hat geschrieben:bzw man erklärt ihnen, warum das Valenzstrich-Modell untauglich ist. Genauso erwarte ich es auch von Physikern, wenn sie in einem illustren Kreis wie den Mitgliedern der Royal Society einen Vortrag halten, dass sie sich dazu, bekennen, es handle sich "nur" um eine vereinfachte Darstellung.
Die werden dann halt offenbar deiner Erwartung nicht gerecht. Werden Gymnasiallehrer ja auch nicht, wenn sie ihren Schülern verschweigen, dass Valenzstrichformeln eine vereinfachte Darstellung sind.
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#320 Re: Quantenmechanische Gedanken zum Urknall

Beitrag von Pluto » So 23. Okt 2016, 17:54

Agent Scullie hat geschrieben:Die werden dann halt offenbar deiner Erwartung nicht gerecht. Werden Gymnasiallehrer ja auch nicht, wenn sie ihren Schülern verschweigen, dass Valenzstrichformeln eine vereinfachte Darstellung sind.
So langsam beginne ich zu verstehen worauf du hinaus willst. Es ist letztlich eine philosophische Frage (in der Physik).

Du willst auf die Frage hinaus, "Was ist Wirklichkeit?" — Da gibt es eine sehr schöne Analogie zwischen dem alten und dem neuen Weltbild:

Wir halten heute das heliozentrische Modell für richtig. Warum eigentlich?
Nicht weil es die Welt besser erklärt als das geozentrische Modell bei dem man Epizentren nach Belieben hinzufügen kann bis die Planetenbahnen stimmen (Man kann also die Beobachtungen mit dem geozentrischen Modell genauso gut erklären). Der Punkt ist, das heliozentrische Modell führt einfacher und schneller zum Ziel (Wenn der gute alte Ockham mit seinem Sparsamkeitsprinzip nicht wäre...).

Sind also virtuelle Teilchen real? Ist es da nicht besser zu fragen, "Wie wirklich sind virtuelle Teilchen?".
Virtuelle Teilchen sind nicht real, aber u.U. außerordentlich nützlich. Sie haben in der QFT einen sehr viel wichtigeren Erklärungswert als das geozentrische Modell in unserem Weltbild.
Aber sind virtuelle Teilchen so wichtig, als das man sie nicht entbehren könnte? Wir wissen heute, dass es nicht-perturbative Effekte in der QFT gibt, bei denen virtuelle Teilchen nur eine sehr nebensächliche Rolle spielen. Dagegen muss man halten, dass Konzepte wie die S-Matrix nicht reduzierbar sind, so dass die QFT nicht entbehrlich ist und somit die Quantenwelt besser beschreibt als das Teilchen-Modell.
Auch wenn man Quantenfelder nicht beobachten kann, sind sie unentbehrlich für die Theorie, also sind wir damit näher an der Wahrheit! — Darum geht es am Ende, oder?

Schließlich kann man eine Superposition genauso wenig beobachten wie ein Quantenfeld, aber wir halten die Superposition dennoch für eine reale Erklärung für die QM.

Wie so oft, ist es also eine eine Frage, wie kann man die Quantenwelt besser beschreiben?
Insofern... Ein Punkt für dich! :thumbup:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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