Quantenmechanik Quantenphysik

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Agent Scullie
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#51 Re: Quantenmechanik Quantenphysik

Beitrag von Agent Scullie » Di 27. Jun 2017, 11:04

closs hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Wobei es allerdings eher so ist, dass die Ansicht, es finde keine Signalübertragung statt, besonders gut mit der Ansicht zusammenpasst, dass beide Teilmessungen als untrennbar miteinander verbunden angesehen werden müssen, also eher das genaue Gegenteil von dem, was du vermutet hast.
Das hieße: Etwas muss gar nicht übertragen werden, weil es Eins ist.
So kann man das sehen, ja. Wobei diejenigen Physiker, die solche Ansichten vertreten bzw. vertraten, wie David Bohm oder Fritjof Capra, z.T. auch Werner Heisenberg, diese dann weniger mit christlichen Vorstellungen in Verbindung bringen wie du:
closs hat geschrieben:Kleiner Ausflug in den spirituellen Bereich:
Ich vermute, dass das Verhältnis zwischen dem, was das Christentum "Heiliger Geist" nennt, und dem menschlichen Geist "instantanen" Charakter hat.
sondern eher mit hinduistisch-buddhistisch-taoistischen Ideen. Während das Christentum nur eine Dreieinigkeit kennt (Vater, Sohn, Heiliger Geist), ist im Hinduismus von einer All-Einheit, also einer Einheit aller Dinge, "Brahman" genannt, die Rede. In gewissem Sinne kann man das mit einer pantheistischen Vorstellung in Verbindung bringen. Entfernt mit dem hinduistischen Brahman vergleichbar ist das Tao (chinesisch für Weg) des Taoismus. Dessen beide Modulationen, das Yin und das Yang, steuern durch ihr Zusammenspiel den naturgemäßen Lauf der Dinge. Das chinesische Symbol für Yin und Yang:

Bild

bringt dadurch, dass Yin (dunkel) und Yang (hell) ineinander verschlungen sind und zudem jeder der beiden den Keim des anderen in sich trägt, die Einheit beider Elemente zum Ausdruck.

closs hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Dann ist dein Verständnis von "jenseits der Zeit" aber kein besonders gutes, von anderen nachvollziehbares.
Eigentlich wäre besser: Im hegelschen Sinne aufgehobene Zeit in die Über-Zeit - aber das verstehen noch weniger.
Ich sprach eher davon, dass die meisten mit "jenseits der Zeit" eher die Vorstellung in Verbindung bringen, es gäbe etwas, das außerhalb des Zeitgefüges stehe, auf das also unser Konzept von Zeit nicht anwendbar sei - das trifft auf das, was man sich üblicherweise unter "instantan", also augenblicklich, vorstellt, nicht zu. Eine Informationsübertragung ist instantan, wenn sie im gleichen Augenblick ankommt, in dem sie ausgesandt wird - das spielt sich völlig in unserem konventionellen Konzept der Zeit ab, ist also in keinster Weise außerhalb des Zeitgefüges.
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Agent Scullie
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#52 Re: Quantenmechanik Quantenphysik

Beitrag von Agent Scullie » Di 27. Jun 2017, 11:14

Thaddäus hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben: Als Gegenpol zum Platonismus kann man die Lehre sehen, dass die Mathematik nur vom menschlichen Geist erdacht wurde,
Aber dann ist es doch auch eine "Realität"?!
Aber nur eine "innere" Realität im menschlichen Geist. Demgegenüber betrachtet der Platonismus die mathematische Welt als tatsächlich "da draußen" existierend, unabhängig vom menschlichen Geist.

Thaddäus hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Gibt es das mythologische geflügelte Pferd Pegasus? Man möchte meinen ja, denn sonst könnte ich ja nicht nach Pegaus fragen. Aber auf welche Weise existiert Pegasus, wenn es nachweislich nicht als "Ding" bzw. Tier in der Wirklichkeit existiert? Welchen ontologischen Status haben fiktionale Gegenstände?
Hier kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass es eine "Phantasiewelt" und eine "reale Welt" gibt, und dass mythische Kreaturen nur in der Phantasiewelt, aber nicht in der realen Welt existieren.
Okay, aber ist diese Phantasiewelt (der Mythologie) kein Teil der Realität?
Sie ist eine "innere", erdachte Welt, aber keine "da draußen" vorhandene, vom menschlichen Geist unabhängige Welt.

Thaddäus hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben: Als Atheist würde man dann die Ansicht vertreten, Gott existiere nur in der Phantasiewelt, aber nicht in der realen Welt, während man als Theist oder Deist der Meinung wäre, Gott wäre auch Teil der realen Welt.
Absolut richtig. Und genau deshalb ergibt sich ein Problem. Gott wird als einerseits nicht zur dinglichen Realität gerechnet (insofern man ihn nicht messen kann), andererseits aber doch, insofern er der dinglichen Welt zugerechnet wird, indem er in sie eingreifen kann. Und genau das ist der Gedankenfehler.
Ich würde das eher so sehen: der Theist ist der Meinung, Gott existiere "da draußen", also in der "dinglichen" Realität, wie du es nennst, auch wenn er nicht messbar ist (man kann ja der Meinung sein, in der dinglichen Welt würden auch nicht-messbare Dinge existieren), während der Atheist der Ansicht ist, Gott existiere in dieser dinglichen Realität nicht, und diese Ansicht dann ggf. mit dem Argument begründet, dass alle Dinge der dinglichen Welt messbar sein sollten, Gott aber nicht messbar sei. Du bringst hier also diese beiden Positionen, die des Theisten und die des Atheisten, durcheinander.
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#53 Re: Quantenmechanik Quantenphysik

Beitrag von closs » Di 27. Jun 2017, 11:18

Agent Scullie hat geschrieben:sondern eher mit hinduistisch-buddhistisch-taoistischen Ideen
Geht auch - man darf nie vergessen, dass "Geist" eine universale Größe ist, die in der Welt nur unterschiedlich durch uns chiffriert wird.

Agent Scullie hat geschrieben:Ich sprach eher davon, dass die meisten mit "jenseits der Zeit" eher die Vorstellung in Verbindung bringen, es gäbe etwas, das außerhalb des Zeitgefüges stehe, auf das also unser Konzept von Zeit nicht anwendbar sei
Das meine ich schon auch: "Gott ist ewig" im geistigen/christliche Sinne bedeutet NICHT, dass er auf einem unendlichen Zeitstrang lebt, sondern dass in ihm alles in der Zeit "gleichzeitig" (falscher Begriff) ist.

Agent Scullie hat geschrieben:Eine Informationsübertragung ist instantan, wenn sie im gleichen Augenblick ankommt, in dem sie ausgesandt wird
Das würde ich so NICHT ausdrücken - ich würde sogar "instantane Informationsübertragung" für eine missglückte Chiffrierung aus UNSEREM Zeitverständnis heraus verstehen - eigentlich ist das sogar ein Widerspruch in sich selbst: Man kann nicht etwas "übertragen" (= Aktivität in der Zeit), was ohne Zeit übertragen wird.

Besser wäre aus meiner Sicht "identisches Geschehen an unterschiedlichen Orten" (oder so ähnlich) - verstehst Du meinen Gedanken? - Ich bin ziemlich sicher, dass bei B identisch unter anderen Vorzeichen ("andere Farbe der Socke") wahrgenommen wird und keiner entscheiden kann, welche der beiden Socken Agens ist - BEIDE sind Agens.

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#54 Re: Quantenmechanik Quantenphysik

Beitrag von Agent Scullie » Di 27. Jun 2017, 11:30

Thaddäus hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:Als Materialist (oder Naturalist, wie das in diesem Forum auch schonmal genannt zu werden scheint) könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass jeder Gedanke immer nur Ausdruck einer Hirnaktivität sei und man diese Hirnaktivität durchaus messen könne, z.B. mittels EEG.
Wenn man ein EEG erstellt, erfasst man offensichtlich nicht den Inhalt eines Gedankens!
Ein EEG erfasst die Aktivität eines Hirnareals. Ich erhalte eine gemessene Kurve. Ganz offensichtlich erfasse ich mit einem EEG aber nicht, dass eine spezielle Hirnaktivität z.B. den wahren Gedanken ausdrückt "2+3=5".
Als Materialist könnte man einwenden, dass die heutige EEG-Technologie einfach noch nicht weit genug fortgeschritten sie, um den Inhalt eines Gedankens erfassen zu können, es durch künftige technischen Entwicklungen aber durchaus einmal möglich werden könnte, den Inhalt eines Gedankens zu messen. Immerhin ist es heute schon möglich, aus einem EEG zu ersehen, ob jemand traurig ist.

Thaddäus hat geschrieben:Es gibt kein bildgebendes Verfahren in der Medizin, dass den Inhalt eines Gedankens erfassen könnte.
Ein Materialist könnte einwenden: heute gibt es das noch nicht, aber vieleicht wird so etwas irgendwann einmal entwickelt werden.

Thaddäus hat geschrieben:Das ist auch deshalb unmöglich, weil der Inhalt eines Gedankens nichts Messbares ist.
Der grundsätzliche Fehler ist, anzunehmen, der Inhalt eines Gedankens sei irgendetwas Quantifizierbares oder etwas, dass man als Messbares verdinglichen könnte.
Vorsicht, du versuchst gerade, deine Meinung zu dem Thema mit dieser Meinung selbst zu begründen, was ein Zirkelschluss wäre. Du bist der Ansicht, der Inhalt eines Gedankens sei nichts Messbares, und diese Ansicht erhebst du zur Prämisse, nur um dann diese Ansicht selbst daraus abzuleiten. Man kann aber eben auch der gegenteiligen Meinung sein, dass der Inhalt eines Gedankens eben doch etwas Messbares sei, auch wenn es heute dazu noch kein Messverfahren gibt.

Thaddäus hat geschrieben:Das ist auch der übliche Fehler, wenn sich die User hier über "Seele" oder Ähnliches unterhalten. Viele nehmen an, man spräche dann über eine Art feinstofflich schwebende Seelenwolke, die unabhängig vom Körper existierte. Aber das ist Unsinn. Ein Gedanke setzt stets eine elektrochemische Hirnaktivität voraus. Aber diese elektro-chemische Hirnaktivität IST offenbar nicht der Inhalt des Gedankens.
Genau das ist das Rätsel des Bewusstseins ...
Demnach bist du der Ansicht, es gebe keine Seele, die unabhängig vom Körper existieren und inbesondere den körperlichen Tod überdauern kann? Und entsprechend gibt es für dich dann auch kein Leben nach dem Tod?
Zuletzt geändert von Agent Scullie am Di 27. Jun 2017, 14:36, insgesamt 1-mal geändert.
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ThomasM
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#55 Re: Quantenmechanik Quantenphysik

Beitrag von ThomasM » Di 27. Jun 2017, 12:32

Thaddäus hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben: Nicht ganz
Es gibt die weitere Annahme, dass das, was man sieht (misst) die Realität IST.
Dies ist wiederum eine relativ schlichte und offenkundig falsche Auffassung. So beruht deine Aussage: "Es gibt die weitere Annahme, dass das, was man sieht (misst) die Realität IST" auf deinem entsprechenden Gedanken, dem du mit dieser Aussage Ausdruck verleihst. Dein Gedanke oder dein Denken dieser Aussage ist offenkundig ebenfalls Realität, sonst hättest du ihn nicht in Zeichenform zum Ausdruck bringen können. Wie und womit misst man diesen Gedanken? Und was ist die Maßeinheit?
Hier hilft die naturwissenschaftliche Methode.

Meine Gedanken sind aufgezeichnet und diese Zeichen können intersubjektiv gelesen werden. Damit kann man objektiv feststellen
- Dass die Zeichen Realität sind (gemessen durch lesen)
- Dass sie etwas zum Ausdruck bringen, das ich für meine Gedanken halte (gemessen anhand der Verständlichkeit des Textes)

Meine Gedanken sind dabei nicht gemessen, dies ist objektiv zumindest noch extrem schwierig. Es könnte z.B. sein, dass ein Algorithmus die Zeichen erzeugt hat, daher kann man den Gedanken keine objektive Realität zuordnen. Noch, das mag sich im Zuge von Gehirnmessungen irgendwann ändern.

Scullie hat schon Recht.
Die Annahme ist, dass alles, was wir naturwissenschaftlich objektiv messen können, zur Realität gezählt wird. Aber nicht alles, was zur Realität zählt, ist auch objektiv messbar.

Früher war das ziemlich unmittelbar. Ort, Geschwindigkeit, Masse usw. waren die klassischen Beschreibungsgrößen, die eine unmittelbare Abbildung in der messbaren Realität hatten.
Dabei gab es damals bereits Extrapolationen, die auch zu Schwierigkeiten geführt haben (z.B. der Massepunkt, der so nicht messbar war und schon klassisch zu unendlichen Selbstenergien geführt hat). Allerdings dachte man, dass man mit den Problemen umgehen können konnte.

Das hat sich mit der Quantenmechanik geändert. Die Beschreibungsgrößen sind nicht mehr unmittelbar messbar und damit auch nicht mehr einfach der Realität zuzuordnen. Schlimmer noch. Logisch widersprüchliche Größen sind je nach Experiment messbar und daher real. Sie können aber nicht gleichzeitig real sein, weil sie eben widersprüchlich sind.
Das ist eine starke Problematik mit dem Begriff der Realität, die bis heute ungelöst ist. Physiker tendieren allerdings dazu, das zu ignorieren.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

JackSparrow
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#56 Re: Quantenmechanik Quantenphysik

Beitrag von JackSparrow » Di 27. Jun 2017, 13:44

Thaddäus hat geschrieben:"2+3=5" ist eine inhaltliche und eine wahre Aussage. Sie ist der zeichenhafte Ausdruck meines entsprechenden Gedankens.
Der zeichenhafte Ausdruck eines körperlichen Zustandes. (in einer gewählten Sprache - man könnte den gleichen körperlichen Zustand ja auch mit Hilfe eines ausgeschriebenen Satzes in jeder beliebigen anderen Sprache ausdrücken)

Oder willst du behaupten, es sei kein Gedanke, "2+3=5" zu denken,
Ich will behaupten, dass ein körperlicher Zustand keinen metaphysischen "Inhalt" haben muss, der über den eigentlichen körperlichen Zustand irgendwie hinausgeht.

Wenn kein Bewusstsein existierte, könntest du diesen Satz nicht gedacht und geschrieben haben.
Ich schrieb nicht, dass kein Denken oder kein Schreiben existiere.

Es sei denn du legst plausibel und nachvollziehbar dar, wie du deine Aussage treffen kannst, ohne sie zu denken und ohne bei Bewusstsein zu sein.
Um einen Satz zu lesen, den Satz zu verarbeiten und mit meinen Fingern eine Antwort auf den Satz zu produzieren, benötige ich eine endliche Anzahl von Sinnesorganen, Muskeln, Nervenzellen und Neurotransmittern, die alle mit Energie versorgt werden und dann mehr oder weniger physiologisch korrekt miteinander zusammenarbeiten.

Das gleiche könnte heutzutage ein Computer machen. Der braucht dafür ebensowenig ein "Bewusstsein", einen "Inhalt" von Gedanken oder eine "Seele" wie ein biologisches Lebewesen.

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#57 Re: Quantenmechanik Quantenphysik

Beitrag von Thaddäus » Di 27. Jun 2017, 23:47

Agent Scullie hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Wenn man ein EEG erstellt, erfasst man offensichtlich nicht den Inhalt eines Gedankens!
Ein EEG erfasst die Aktivität eines Hirnareals. Ich erhalte eine gemessene Kurve. Ganz offensichtlich erfasse ich mit einem EEG aber nicht, dass eine spezielle Hirnaktivität z.B. den wahren Gedanken ausdrückt "2+3=5".
Als Materialist könnte man einwenden, dass die heutige EEG-Technologie einfach noch nicht weit genug fortgeschritten sie, um den Inhalt eines Gedankens erfassen zu können, es durch künftige technischen Entwicklungen aber durchaus einmal möglich werden könnte, den Inhalt eines Gedankens zu messen. Immerhin ist es heute schon möglich, aus einem EEG zu ersehen, ob jemand traurig ist.
Man kann sogar messen, in welchem Hirnareal die Operation "2+3=5" gerechnet wird. Aber das löst nicht das grundsätzliche Problem.
In einer zukünftigen Neurologie kann man vielleicht so gar viel genauer feststellen: "Wenn "2+3=5" gerechnet wird, feuern die Neuronen xy im Stirnlappen in Intervallen der Werte soundso ...". Ganz offensichtlich kann zwischen diesem neuologischen Ausdruck, der irgendwann vielleicht sogar noch genauer durch einen rein physikalischen Ausdruck ersetzt werden kann, und dem Ausdruck "2+3=5" kein Gleichheitszeichen gesetzt werden, denn sie repräsentieren einen je unterschiedlichen Sinn (genau so, wie der Ausdruck "Morgenstern" nicht einfach durch den Ausdruck "Abendstern" ohne Bedeutungsverlust ersetzt werden kann, obwohl beide Ausdrücke auf denselben 2. Planeten unseres Sonnensystems rekurrieren, nämlich die Venus). Kann man kein Gleichheitszeichen zwischen beiden Ausdrücken setzen bedeutet dies, dass die beiden Ausdrücke eben nicht identisch sind.

Und das bedeutet letztlich, dass der Materialist falsch liegt, wenn er annimmt, ein Gedanke und sein sprachlicher Ausdruck könnten durch einen rein physikalischen Ausdruck ersetzt werden, weil beide Ausdrücke eben nicht identisch sind. Genau das muss ein Materialist aber annehmen.

Wenn ein Arzt fragt: "Wie stark ist ihr Schmerz auf einer Skala von 1 bis 10?" Dann kann es sein, dass Patient A angibt, sein Schmerz entspräche einer 6, während Patient B, bei dem exakt dieselben C-Nervenfasern (die für Schmerzen zuständig sind) in exakt derselben Stärke aktiv sind, angibt, sein Schmerz entspräche einer 4 oder einer 7. Für das Messen der Empfindung von Schmerzen existiert keine objektiv geeichte Schmerzskala. Die interessiert den Arzt auch gar nicht. Vielmehr kommt es auf das subjektive Schmerzempfinden und damit auf den je erlebten phänomenalen Bewusstseinsinhalt des Patienten an. Deshalb werden (starke) Schmerzmittel auch individuell dosiert, je nach individuellem Schmerzempfinden, auch wenn bei zwei Patienten derselbe schmerzneurologische Befund vorliegt. Manchmal hilft sogar ein Schmerzplacebo ... was von einer materialistischen Warte völlig unerklärlich ist.


Agent Scullie hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Es gibt kein bildgebendes Verfahren in der Medizin, dass den Inhalt eines Gedankens erfassen könnte.
Ein Materialist könnte einwenden: heute gibt es das noch nicht, aber vieleicht wird so etwas irgendwann einmal entwickelt werden.
Der Materialist begeht einen grundsätzlichen Kategorienfehler, insofern er annimmt, ein Gedanke oder der Sinn eines sprachlichen Ausdrucks (oder "der Geist" oder die Vernunft etc.) seien dinglich fixierbare Objekte der gegenständlichen Welt. Das ist ungefähr so, als hielte man Höflichkeit oder den "Geist des Grundgesetzes" oder den "Mannschaftsgeist" einer Fußballmannschaft für gegenständliche Objekte, welche man durch geeignete Messinstrumente finden und messen könnte. Das ist natürlich Unsinn. Ein Großteil der Verwirrung um diese eigentlich recht schlichten Sachverhalte besteht darin, dass manche Leute (gerne Naturwissenschaftler und Neurophysiologen, aber eben auch Materialisten) Begriffe wie "Geist", "Seele", "Schmerz", "Psyche", "Vernunft", "Denken", "Gedanke", "Bewusstsein" usw. samt ihrer Sinn und Bedeutungsebenen zuerst zu einer Art gegenständlicher bzw. messbarer Objekte erheben, dann danach suchen, so etwas natürlich nirgendwo finden - und dann erklären, es könne sie nicht geben, da man sie ja nicht als verort- und messbare Objekte gefunden hat. Das führt dann zu so absurden und skurrilen Behauptungen wie, es gäbe kein Bewusstsein, keinen Schmerz und keine Gedanken.

Das ist ungefähr so absurd und abenteuerlich, wie mittelalterliche Diskussionen darum, wie viele Engel auf einer Nadelspitze Platz finden können. Da stellt man sich die Engel natürlich auch wie gegenständliche Objekte vor.

Bewusstsein, Schmerzen, Denken usw.usw. gibt es nicht ohne Gehirn, dass ist ganz klar. Und sie sind natürlich auch nichts feinstofflich Herumschwebendes. Das ist ja gerade die fehlerhaft verdinglichende Vorstellung. Aber ganz offensichtlich produziert unser Gehirn phänomenale Bewusstseinsinhalte und Ausdrücke oder Sätze haben Sinn und der Mensch produziert Kultur, und es gibt in der realen Welt eine Geistesgeschichte menschlicher Ideen. Kreative Ideen und kluge Gedanken schaffen Erfindungen, schaffen Kultur, erfinden Geistes- und Naturwissenschaften, Liebesgedichte und Computerspiele, Quantenphysik und Skeptizismus und die Fernsehfernbedienung oder die Atombombe.

Warum teilen wir das Licht in Spektren genau jener Wellenbereiche ein, die in der Optik eine Rolle spielen? Nur, weil wir Farben sehen. Der phänomenale Bewusstseinsinhalt, die Qualia, sind zuerst da. Dann erst fangen wir an, unsere Empfindungen auch physikalisch einzuordnen. Zuerst sehen wir Farben, dann teilen wir das Licht in entsprechende Spektren ein. Eine intelligente Spezies, die gar keine Augen hat oder keine Farben sieht, hätte eine völlig andere physikalische Optik bzw. gar keine!


Agent Scullie hat geschrieben:Du bist der Ansicht, der Inhalt eines Gedankens sei nichts Messbares, und diese Ansicht erhebst du zur Prämisse, nur um dann diese Ansicht selbst daraus abzuleiten. Man kann aber eben auch der gegenteiligen Meinung sein, dass der Inhalt eines Gedankens eben doch etwas Messbares sei, auch wenn es heute dazu noch kein Messverfahren gibt.
Es ist grundsätzlich nicht möglich, einen Gedanken wie "2+3=5" zu messen, denn was sollte da gemessen werden können? Noch viel weniger ist es möglich, aus dem Feuern von Neuronen ableiten zu können, dass "2+3=5" ein KORREKTE Addition ist und die Ausdrücke "3+2"=5 oder "1+4=5" äquivalente Ausdrücke sind, die ebenfalls korrekte Additionen darstellen.

Agent Scullie hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Das ist auch der übliche Fehler, wenn sich die User hier über "Seele" oder Ähnliches unterhalten. Viele nehmen an, man spräche dann über eine Art feinstofflich schwebende Seelenwolke, die unabhängig vom Körper existierte. Aber das ist Unsinn. Ein Gedanke setzt stets eine elektrochemische Hirnaktivität voraus. Aber diese elektro-chemische Hirnaktivität IST offenbar nicht der Inhalt des Gedankens.
Genau das ist das Rätsel des Bewusstseins ...
Demnach bist du der Ansicht, es gebe keine Seele, die unabhängig vom Körper existieren und inbesondere den körperlichen Tod überdauern kann? Und entsprechend gibt es für dich dann auch kein Leben nach dem Tod?
Das ist ein anderes Problem, aber ja, ich glaube in der Tat nicht, dass es eine vom Körper unabhängige Seele gibt, die ohne Körper weiter existieren könnte. Und wenn es so etwas gäbe, wie eine körperliche Wiederauferstehung (denn das ist christlicher Glaube), dann kann es sich 1. nicht mehr um dieselbe Person handeln und 2. ist diese Person niemals gestorben.

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#58 Re: Quantenmechanik Quantenphysik

Beitrag von Thaddäus » Mi 28. Jun 2017, 00:16

ThomasM hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Scullie hat schon Recht.
Die Annahme ist, dass alles, was wir naturwissenschaftlich objektiv messen können, zur Realität gezählt wird. Aber nicht alles, was zur Realität zählt, ist auch objektiv messbar.
Genau so ist es.
Es besteht aber die aktuelle Tendenz, nur die dingliche Gegenstandswelt, die Klötzchenwelt der Legosteine als Realität anzusehen oder diese Realität zumindest zu favorisieren und zu priorisieren, während man Geist, Vernunft, Mythos, Logos etc. als irgendwie minderwertige Realitäten ansieht oder sie gar kontrafaktisch und absurderweise leugnet. Tatsachlich schaffen aber die in die Welt gebrachten Gedanken und Ideen die Realitäten dieser Welt. Also z.B. die Erfindung der Demokratie, des kritischen Rationalismus oder der historisch-kritischen Methode in der Philologie und des Handys.

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#59 Re: Quantenmechanik Quantenphysik

Beitrag von Thaddäus » Mi 28. Jun 2017, 00:30

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:"2+3=5" ist eine inhaltliche und eine wahre Aussage. Sie ist der zeichenhafte Ausdruck meines entsprechenden Gedankens.
Der zeichenhafte Ausdruck eines körperlichen Zustandes.
Der zeichenhafte Ausdruck eines körperlichen Zustandes ist, wenn ich mich erbreche, weil ich zuviel Alkohol getrunken habe. Aber ganz gewiss ist "2+3=5" nicht der zeichenhafte Ausdruck eines körperlichen Zustandes, - auch nicht meiner Hirnaktivität. Er ist ein Ausdruck meines phänomenalen Bewussteins. Für die Korrektheit der gedachten oder schriftlich fixierten Addition 2+3=5 gibt es keinen äquivalenten physikalischen Ausdruck.

JackSparrow hat geschrieben:Ich will behaupten, dass ein körperlicher Zustand keinen metaphysischen "Inhalt" haben muss, der über den eigentlichen körperlichen Zustand irgendwie hinausgeht.
Nein, metaphysisch ist das überhaupt nicht.
Aber der Gedanke/Ausdruck "2+3=5" hat einen Sinn und er stellt eine korrekte Addition dar. Das ist nichts Metaphysisches. Es ist ein phänomenaler Bewusstseinsinhalt, den es ohne Gehirn nicht gäbe.

JackSparrow hat geschrieben: Um einen Satz zu lesen, den Satz zu verarbeiten und mit meinen Fingern eine Antwort auf den Satz zu produzieren, benötige ich eine endliche Anzahl von Sinnesorganen, Muskeln, Nervenzellen und Neurotransmittern, die alle mit Energie versorgt werden und dann mehr oder weniger physiologisch korrekt miteinander zusammenarbeiten.
Vor allem musst du aber erst einmal verstehen, was der Satz bedeutet. Sonst können deine Sinnesorgane, Muskeln, Nervenzellen und Neurotransmitter keine adäquate Antwort formulieren. ;)

JackSparrow hat geschrieben: Das gleiche könnte heutzutage ein Computer machen. Der braucht dafür ebensowenig ein "Bewusstsein", einen "Inhalt" von Gedanken oder eine "Seele" wie ein biologisches Lebewesen.
Computer denken nicht, sondern simulieren Denken mit dem geliehenden Denken und der geliehenen Intelligenz der Programmierer. Glaubst du denn im Ernst, dass Schachcomputer Schach spielen? Sie simulieren das Schach spielen lediglich. Dass (bisherige) Computer kein Schach spielen ist schon daran ersichtlich, dass sie nicht gewinnen wollen und es ihnen gleichgültig ist, ob sie verlieren.

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#60 Re: Quantenmechanik Quantenphysik

Beitrag von Halman » Mi 28. Jun 2017, 01:13

Thaddäus hat geschrieben:
Agent Scullie hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Wenn man ein EEG erstellt, erfasst man offensichtlich nicht den Inhalt eines Gedankens!
Ein EEG erfasst die Aktivität eines Hirnareals. Ich erhalte eine gemessene Kurve. Ganz offensichtlich erfasse ich mit einem EEG aber nicht, dass eine spezielle Hirnaktivität z.B. den wahren Gedanken ausdrückt "2+3=5".
Als Materialist könnte man einwenden, dass die heutige EEG-Technologie einfach noch nicht weit genug fortgeschritten sie, um den Inhalt eines Gedankens erfassen zu können, es durch künftige technischen Entwicklungen aber durchaus einmal möglich werden könnte, den Inhalt eines Gedankens zu messen. Immerhin ist es heute schon möglich, aus einem EEG zu ersehen, ob jemand traurig ist.
Man kann sogar messen, in welchem Hirnareal die Operation "2+3=5" gerechnet wird. Aber das löst nicht das grundsätzliche Problem.
In einer zukünftigen Neurologie kann man vielleicht so gar viel genauer feststellen: "Wenn "2+3=5" gerechnet wird, feuern die Neuronen xy im Stirnlappen in Intervallen der Werte soundso ...". Ganz offensichtlich kann zwischen diesem neuologischen Ausdruck, der irgendwann vielleicht sogar noch genauer durch einen rein physikalischen Ausdruck ersetzt werden kann, und dem Ausdruck "2+3=5" kein Gleichheitszeichen gesetzt werden, denn sie repräsentieren einen je unterschiedlichen Sinn (genau so, wie der Ausdruck "Morgenstern" nicht einfach durch den Ausdruck "Abendstern" ohne Bedeutungsverlust ersetzt werden kann, obwohl beide Ausdrücke auf denselben 2. Planeten unseres Sonnensystems rekurrieren, nämlich die Venus). Kann man kein Gleichheitszeichen zwischen beiden Ausdrücken setzen bedeutet dies, dass die beiden Ausdrücke eben nicht identisch sind.
Ist das nicht die bekannte Kripke-Semantik? Vielleicht schreibe ich dazu was in meinem Philosophie-Thread, allerdings gestaltet sich dies für mich schwieriger, als ich dachte. Ich neige dazu, den alethischen Möglichkeitsbegriff mit dem epistemologischen Möglichkeitsbegriff zu verwechseln. :oops:
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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