Was ist Zufall?

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Flavius
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#391 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Flavius » So 30. Nov 2014, 19:26

Ist doch einfach zu definieren: "Zufall ist, wenn es kein Zufall ist"

W.B.
Dogmen - aller couleur- sind oft sehr hinderlich. (nach Feuerbach).

Pluto
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#392 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Pluto » So 30. Nov 2014, 19:55

Flavius hat geschrieben:Ist doch einfach zu definieren: "Zufall ist, wenn es kein Zufall ist".
Wie bringt uns das weiter?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Halman
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#393 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Halman » So 30. Nov 2014, 23:07

Vielleicht meint @Flavius den subjektiven Zufall, wie beim Lotto. Komplexe Systeme erscheinen uns aus Datenmangel zufällig, weil wir ihre schwach kausalen Zusammenhänge, aufgrund der Tatsache, dass in solch "chaotischen" Systemen Ursache und Wirkung nichtliniear zusammenhängen, nicht vollständig durchschauen und daher nicht sicher prognostizieren können. Unabhängig von diesem Unvermögen sind sie aufgrund der Naturgesetze physikalisch festgelegt (nicht bewusst geplant).

Der objektive Zufall der Quantenmechanik ist davon fundamental verschieden; weicher Determinsmus ist grundverschieden vom Interdeterminsmus. In der QM ist der finale Zustand eines Quantenobjektes, den es beim Kollaps der Wellenfunktion einnimmt, objektiv physikalisch unbestimmt. Hierüber lässt sich nur eine statistische Wahrscheinlichkeit anhand der Schrödigergleichung treffen. Es geht nicht um Datenmangel, sondern um physikalische Unbestimmtheit.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Pluto
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#394 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Pluto » So 30. Nov 2014, 23:22

Halman hat geschrieben:Vielleicht meint @Flavius den subjektiven Zufall, wie beim Lotto. Komplexe Systeme erscheinen uns aus Datenmangel zufällig,
Ja. so denke ich auch. Was wir als Zufall bezeichnen, ist in unserer Makrowelt nur das Unverständnis der Ursachenkette, die zu einem Ereignis führt.

Halman hat geschrieben:Der objektive Zufall der Quantenmechanik ist davon fundamental verschieden; weicher Determinsmus ist grundverschieden vom Interdeterminsmus. In der QM ist der finale Zustand eines Quantenobjektes, den es beim Kollaps der Wellenfunktion einnimmt, objektiv physikalisch unbestimmt. Hierüber lässt sich nur eine statistische Wahrscheinlichkeit anhand der Schrödigergleichung treffen. Es geht nicht um Datenmangel, sondern um physikalische Unbestimmtheit.
Die heisenbergsche Unschärferelation...

Aber darauf hast du selbst erst vor drei Tagen mit einem Zitat von Lee Smolin die Antwort gegeben:

Halman hat geschrieben:Sie schreibt nicht vor, daß nur räumlich benachbarte Raumquanten miteinander verbunden sind. Hin und wieder könnten auch extrem weit entfernte Quanten miteinander verbunden sein. Solche nichtlokalen Verbindungen – so L. Smolin –
könnten der Quantentheorie vielleicht jene Zufälligkeit austreiben, die Einstein so haßte und von der er glaubte, daß sie letztlich unserer Unkenntnis über irgendwelche noch „verborgenen Parameter“ geschuldet sei. „Die Verteilungen solcher nichtlokaler Verbindungen könnten diese verborgenen Parameter sein.“ Da sie über kosmische Distanzen reichen, könne man sie im Experiment nicht kontrollieren, wodurch uns ihre Wirkung als blanker Zufall erscheinen muß. Dann gebe es doch eine Ursache dafür, warum das Uranatom jetzt zerfällt und nicht ein paar Minuten später – nur läge sie irgendwo in den Tiefen des Alls. Gott müßte also nicht würfeln.
Sehr plausibel und nachvollziehbar, wie Smolin hier argumentiert.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Halman
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#395 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Halman » Mo 1. Dez 2014, 00:17

Pluto hat geschrieben:Sehr plausibel und nachvollziehbar, wie Smolin hier argumentiert.
Ja, allerdings auf Basis einer Möglichkeit, die sich aus der LQG ergibt, einer quantentheoretischen Betrachtung. Dies geht über die Quantenmechanik weit hinaus.
Aus der Kopenhagener Interpretation der QM folgt ein interdeterminierter Mikrokosmos. Ob dieses theoretische Modell die Realität zutreffend beschreib, wissen wir nicht. Die LQG erlaubt eine deterministische Sicht der Physik. Es bleibt aber spekulativ, denn die LQG könnte falsifiziert werden und zwar über sehr exakte Messungen der Lichtgeschwindigkeiten von Gamma-Licht und anderem Licht, sagen wir sichtbarem Licht. Gamma-Licht müsste der LQG zufolge um etwa einen Milliardstel schneller sein als die Lichtgeschwindigkeit. Dies hängt damit zusammen, dass in der LQG der Raum deskret ist, gewissermaßen aus "Raumquanten" besteht. Extrem kurzwelle EM-Strahlung kann sich in diesen deskreten Raum etwas leichter und somit geringfügig schneller ausbreiten, als andere EM-Frequenzen. Wenn aber die Messungen ergeben, dass dieser Unterschied nicht besteht, wäre damit eine hoffentlich bald überprüfbare Vorhersage der LQG unzutreffend.

Ich habe mir angewöhnt, immer auf Basis von Theorien zu argumentieren, von denen ich ausgehe. Ein Beispiel: Die Aussage, gem. der ART begann unser Universum in einer Urknall-Singularität, ist somit keine Feststellung von Realtität, sondern eine mathematische Aussage (basierend auf Hawkings Berechnungen, die ich fachlich nicht nachvollziehen kann aber auch nicht brauche, ich glaube diesem Genie da einfach). Ob sie mMn die Realität zutreffend beschreib, ist eine andere sehr spannende Frage.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#396 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von ThomasM » Mo 1. Dez 2014, 12:40

Halman hat geschrieben:Vielleicht meint @Flavius den subjektiven Zufall, wie beim Lotto.
Nein, Flavius meint, dass Gott hinter allem steckt, also nichts Zufall ist und nicht-gläubige Heiden das dann Zufall nennen.
Ich habe nicht den Eindruck, dass Flavius sehr tief in den naturwissenschaftlichen und mathematischen Begrifflichkeiten zuhause ist. Ich habe noch nicht einmal den Eindruck, als hätte er auch nur etwas von dem, was in dem thread hier bereits erklärt wurde, bemerkt oder akzeptiert. Er will lediglich durch Provokation missionieren.

Gruß
Thomas
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#397 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von ThomasM » Mo 1. Dez 2014, 12:47

Halman hat geschrieben: ... wie beim Lotto. Komplexe Systeme erscheinen uns aus Datenmangel zufällig, weil wir ihre schwach kausalen Zusammenhänge, aufgrund der Tatsache, dass in solch "chaotischen" Systemen Ursache und Wirkung nichtliniear zusammenhängen, nicht vollständig durchschauen und daher nicht sicher prognostizieren können. Unabhängig von diesem Unvermögen sind sie aufgrund der Naturgesetze physikalisch festgelegt (nicht bewusst geplant).
Kannst du beweisen, dass Lotto tatsächlich subjektiv zufällig, also eigentlich physikalisch festgelegt ist?

Ich bin der Meinung, dass du das nicht beweisen kannst, denn dann müsstest du zeigen, dass du die Lottozahlen vorhersagen kannst, wenn die Genauigkeit des Anfangszustands größer als meinetwegen 10^(-6) ist. Denn bei kleineren Dimensionen kommst du in den atomaren Bereich und dann bestimmt der objektive Zufall das Ergebnis.

Ein nettes Beispiel sah ich mal auf YouTube. Dort hatte ein Physiker sich das Würfeln mit einem Würfel vorgenommen. Er baute eine Maschine, die für einen gegebenen (echten) Würfel an Hand der Neigung und der Höhe des Abwurfs das Würfelergebnis vorhersagen konnte. In der Demonstration klappte das auch recht gut, allerdings hatte er bei 5 Würfen auch mal einen Fehler dazwischen. Also so ganz genau war das nicht.

Gruß
Thomas
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#398 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von ThomasM » Mo 1. Dez 2014, 12:50

Pluto hat geschrieben: Sehr plausibel und nachvollziehbar, wie Smolin hier argumentiert.
Nur, dass er dazu kein Modell vorlegen konnte.
Er argumentiert nach dem Motto, "es wäre ja möglich" und nicht-Lokalität ist tatsächlich der Weg, die Bellschen Ungleichungen zu unterlaufen, aber die Scherzfrage lautet: Wie sieht diese nicht-lokale Wechselwirkung aus?"

Gruß
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Janina
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#399 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Janina » Mo 1. Dez 2014, 13:04

ThomasM hat geschrieben:Nein, Flavius meint, dass Gott hinter allem steckt, also nichts Zufall ist und nicht-gläubige Heiden das dann Zufall nennen.
Da fällt mir was interessantes auf:
Der Zufall ist ja mathematisch erfassbar. Thema Stochastik. Also zwar nicht individuell determiniert, aber im Ensemble folgt er dann doch strengen Gesetzmäßigkeiten. Je mehr Einzelfälle, desto präziser. So kann man z.B. nie sagen, welche Zahl gewürfelt wird, aber bei abermillionen von Würfen ist eine Abweichung des Sechser-Anteils von 1/6 schon ein präziser Hinweis auf einen gezinkten Würfel. Welche Rolle soll Gott als Zufalls-"Lenker" da spielen?

ThomasM
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#400 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von ThomasM » Mo 1. Dez 2014, 13:35

Janina hat geschrieben: Da fällt mir was interessantes auf:
Der Zufall ist ja mathematisch erfassbar. Thema Stochastik. Also zwar nicht individuell determiniert, aber im Ensemble folgt er dann doch strengen Gesetzmäßigkeiten. Je mehr Einzelfälle, desto präziser. So kann man z.B. nie sagen, welche Zahl gewürfelt wird, aber bei abermillionen von Würfen ist eine Abweichung des Sechser-Anteils von 1/6 schon ein präziser Hinweis auf einen gezinkten Würfel. Welche Rolle soll Gott als Zufalls-"Lenker" da spielen?
Das interpretiere ich als das, was in der Bibel mit "Gott ist ein Gott der Ordnung" beschrieben wird.
Gott hat die Ordnung in unserem Universum geschaffen, also die Wahrscheinlichkeitsgesetze, die wir schön feststellen können - auch im Bereich der QM.
Das Universum hält sich daran und Gott garantiert, dass es so ist.
Ich denke, im allgemeinen hat Gott kein Interesse an einem bestimmten Auskommen (bzw. wir können keines erkennen). Außer vielleicht in speziellen Situationen. Und da fällt es dann bei der Statistik nicht auf.

Gruß
Thomas
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