Die Seele eines Tintenfisches

Evolution vs. Schöpfung Debatte, Alter der Erde
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Pluto
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#101 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Pluto » Mo 12. Dez 2016, 19:37

Novalis hat geschrieben:„Jedes Phänomen, das uns bewusst wird, ist stets eine Manifestation des Geistes."
(Buddha Shakyamuni: Surangama Sutra, ca. 500 v. Chr.)


Meiner Ansicht nach gab es nie eine Welt ohne Bewusstsein.
Jede Realitätsprüfung erfolgt stets durch das Bewusstsein.
Bewusstsein entstand als integraler Teil des Lebens auf Erden.
Manifestation des Geistes...! — Nur im Menschen wurde es auf solche sinnlosen Höhen getrieben, der dann solche Käse (wie oben) verbreitet. Es ist eine reine Behauptung, dass es vor dem komplexen Leben so was wie Bewusstsein gab.

Novalis hat geschrieben: Wir haben keinerlei Evidenz dafür, dass es eine Welt außerhalb davon gibt.
Wir haben keinerlei Evidenz, für ein vom Leben unabhängiges Bewusstsein.

Wann hast du das letzte Mal in den Nachthimmel geschaut? Alles was wir um unsere Erde herum erkennen, ist tote Materie.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#102 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von closs » Mo 12. Dez 2016, 20:11

Novalis hat geschrieben: Jede Realitätsprüfung erfolgt stets durch das Bewusstsein. Wir haben keinerlei Evidenz dafür, dass es eine Welt außerhalb davon gibt.
Das ist richtig und entspricht dem, was Descartes "radikalen Skeptizismus" genannt hat. Seine Schlussfolgerung war: Ich weiß, dass ich nichts über das hinaus weiß, was mein Bewusstsein/meine Wahrnehmung darüber sagt, kann es also nicht überprüfen. - Aber: Ich GLAUBE, dass es eine Schöpfung gibt, die auch unabhängig von meiner Wahrnehmung ist.
Novalis hat geschrieben:„Jedes Phänomen, das uns bewusst wird, ist stets eine Manifestation des Geistes."(Buddha Shakyamuni: Surangama Sutra, ca. 500 v. Chr.)
Das ist im Grunde dasselbe, was Heidegger meint mit: "Realität/Sein" ist nur durch die Thematisierung des Seienden (also uns) erlebbar. - Aber auch das beantwortet die Frage nicht, ob es das Universum vor einer Milliarden Jahren gab oder ob es nur eine kosmisch-historische Wahrnehmung-Größe ist.

Wie denkst Du darüber? Bisher sprichst Du nur von Eigenschaften der Wahrnehmung.

Novas
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#103 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Novas » Mo 12. Dez 2016, 20:12

Pluto hat geschrieben:Nur im Menschen wurde es auf solche sinnlosen Höhen getrieben, der dann solche Käse (wie oben) verbreitet. Es ist eine reine Behauptung, dass es vor dem komplexen Leben so was wie Bewusstsein gab. Wir haben keinerlei Evidenz, für ein vom Leben unabhängiges Bewusstsein. Wann hast du das letzte Mal in den Nachthimmel geschaut? Alles was wir um unsere Erde herum erkennen, ist tote Materie

Wenn der Urgrund allen Seins Bewusstsein ist, was ich bejahe (die christliche Theologie hat es in genialer Einfachheit gesagt: „Am Anfang war das Wort“), dann ist die Grundlage der gesamten materiellen Welt eine immaterielle Lebendigkeit. „Tote Materie“ gibt es in meiner Weltanschauung nicht. Die antiken Naturphilosophen, die sich das Wort „Materie“ ausgedacht haben, sahen das wohl genau so, denn „materia“ bedeutet übersetzt „Mutterstoff“. Dazu diese lesenswerten Worte von Michael Blume:


In der antiken Naturphilosophie wird so der Begriff der Materie, lateinisch wörtlich = Mutterstoff geprägt. Auch die Bezeichnung Physik geht auf griechisch physis = Natur, Erzeugung, Geburt zurück – wie auch die Natur auf lateinisch Natura = Geburt – von wegen "tote Materie"! Ganz ähnlich leitet sich übrigens auch der absolute (und oft vergöttlichte) Urgrund indischer Naturphilosophien her – Brahman wird aus der Sanskrit-Wurzel brh, wachsen, sich weiten, abgeleitet. Erst mit indischen und griechischen Atomismen (von a-tomos = das Unzerschneidbare) treten Perspektiven stärker hervor, die nicht die Leben stiftende ("kreative") Dynamik, sondern die Suche nach unveränderlichen Eigenschaften – die Reduktion – in den Denkmittelpunkt stellt. Mit dem Aufblühen der modernen Wissenschaften werden atomistisch-reduktionistische Modelle zeitweilig so stark, dass wir heute unter "Materialismus" noch eher die Ablehnung von Spiritualität (Transzendenzerfahrungen) und Religiosität (Glauben an überempirische Akteure) verstehen. Erst die aktuellen Forschungen und Überlegungen zu Quanten und Emergenzen knüpfen wieder an die früheren, lebendig-dynamisch-transzendierenden Modelle an. Dabei hatte Lukrez (genauer: Titus Lucretius Carus) sein Grundlagenwerk des Materialismus "De rerum natura – Die Natur der Dinge" noch völlig selbstverständlich mit einem Lob der Ur- und Müttergöttin eröffnet:

Mutter der Aeneaden, o Wonne der Menschen und Götter,
Holde Venus! die unter den gleitenden Lichtern des Himmels
Du das beschiffete Meer und die Früchte gebärende Erde
Froh mit Leben erfüllst; denn alle lebendigen Wesen
Werden erzeuget durch Dich und schauen die Strahlen der Sonne.

http://scilogs.spektrum.de/natur-des-gl ... urstoffes/

Demnach bist Du, Pluto, eigentlich noch nicht mal ein Materialist, sondern einfach ein Nihilist. Ein echter „Materialist“ müsste – dem eigentlichen Wortsinne entsprechend – davon ausgehen, dass Materie lebendig ist. Denn aus der Materie, dem Mutterstoff, kommt offenbar Leben in die Welt ;) gegen einen biozentrischen Materialismus im Sinne von Titus Lucretius Carus, der noch dazu fähig war die Muttergöttin zu loben, habe ich nicht das geringste. Leider ist heute mit Materialismus etwas ganz anderes gemeint......

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#104 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Pluto » Mo 12. Dez 2016, 22:19

Novalis hat geschrieben:Die antiken Naturphilosophen...
Da musstest du aber tief in die Trickkiste der Geschichte greifen und hast auf dem schmutzigen Boden eine vermeintliche Bestätigung für deine These gefunden.
Leider leben wir nicht mehr in der Antike, sondern 3000 Jahre später, im 21. Jahrhundert

Demnach bist Du, Pluto, eigentlich noch nicht mal ein Materialist, sondern einfach ein Nihilist.
Darf ich das als Kompliment annehmen? :roll:
Ich liebe das Leben, Novalis, aber ich glaube nicht an die Unsterblichkeit der Seele.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#105 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Novas » Mo 12. Dez 2016, 22:28

Pluto hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Die antiken Naturphilosophen...
Da musstest du aber tief in die Trickkiste der Geschichte greifen und hast auf dem schmutzigen Boden eine vermeintliche Bestätigung für deine These gefunden.
Leider leben wir nicht mehr in der Antike, sondern 3000 Jahre später, im 21. Jahrhunder


Da aus der Materie, dem Mutterstoff, auch heute noch Leben in die Welt kommt, ist es immer noch wahr. Außerdem behauptest Du selbst ständig, dass das Gehirn Bewusstsein produziert. Wenn Du wenigstens dazu sagen würdest, dass Materie lebendiger, gebährender Stoff ist (was ja auch beobachtbar ist) dann könnte ich diese Idee nachvollziehen. Kombiniert mit deiner Aussage, dass Materie tot sei, kann ich das jedoch nicht nachvollziehen. Denn wie soll tote Materie Leben und Bewusstsein hervor bringen? Nur Leben bringt Leben hervor.

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#106 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Pluto » Mo 12. Dez 2016, 23:17

Novalis hat geschrieben:Nur Leben bringt Leben hervor.
Bist du sicher?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#107 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Novas » Di 13. Dez 2016, 00:00

:silent:
Pluto hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Nur Leben bringt Leben hervor.
Bist du sicher?
Ja, denn das ist das Gesetz der Biogenese. Omne vivum ex vivo (Latein: „Alles Lebendige [kommt] aus Lebendigem.“)

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#108 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Pluto » Di 13. Dez 2016, 09:53

Novalis hat geschrieben:Ja, denn das ist das Gesetz der Biogenese. Omne vivum ex vivo (Latein: „Alles Lebendige [kommt] aus Lebendigem.“)
Louis Pasteur.
Pasteur steigt mitten drin ein. Er ging davon aus, dass Leben schon existierte.
Aber wir wissen, dass die Erde mal ein roter Feuerball aus geschmolzenem Gestein war. Irgendwann entstand Leben, und entwickelte sich weiter zu dem was wir heute kennen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#109 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von Novas » Di 13. Dez 2016, 15:11

closs hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben: Jede Realitätsprüfung erfolgt stets durch das Bewusstsein. Wir haben keinerlei Evidenz dafür, dass es eine Welt außerhalb davon gibt.
Das ist richtig und entspricht dem, was Descartes "radikalen Skeptizismus" genannt hat. Seine Schlussfolgerung war: Ich weiß, dass ich nichts über das hinaus weiß, was mein Bewusstsein/meine Wahrnehmung darüber sagt, kann es also nicht überprüfen. - Aber: Ich GLAUBE, dass es eine Schöpfung gibt, die auch unabhängig von meiner Wahrnehmung ist.
Novalis hat geschrieben:„Jedes Phänomen, das uns bewusst wird, ist stets eine Manifestation des Geistes."(Buddha Shakyamuni: Surangama Sutra, ca. 500 v. Chr.)
Das ist im Grunde dasselbe, was Heidegger meint mit: "Realität/Sein" ist nur durch die Thematisierung des Seienden (also uns) erlebbar. - Aber auch das beantwortet die Frage nicht, ob es das Universum vor einer Milliarden Jahren gab oder ob es nur eine kosmisch-historische Wahrnehmung-Größe ist.

Wie denkst Du darüber? Bisher sprichst Du nur von Eigenschaften der Wahrnehmung.

Ich bin schon der Ansicht, dass es eine Schöpfung unabhängig von der menschlichen Wahrnehmung gibt, aber nicht unabhängig von BEWUSSTSEIN/GEIST. Das menschliche Bewusstsein hat Anteil an einem umfassenderen (allgegenwärtigen) BEWUSSTSEIN (wie es schon das Wort conscientia -Mit-Wissen - andeutet. Woran haben wir eigentlich ein Mit-Wissen wäre hier die passende Frage?) der Satz des Buddha aus dem Surangama Sutra ist eine Einladung zur Geistes- und Selbsterforschung, wie sie auch in der christlichen Kontemplation betrieben wurde und wird.

"Die Seele fühlt, wie alle Dinge Gott sind", so sagte es Johannes vom Kreuz. Das ist etwas, was die Seele "fühlen" oder besser gesagt realisieren kann, denn Johannes meinte keine "Gefühlsduselei" :) mit "Fühlen der Seele" meint er eigentlich ein klares und ruhevolles "Erkennen", welches möglich ist, wenn der Mensch nicht nur an der mentalen Oberfläche verbleibt. Einem wahren Mystiker geht es nicht darum die Wirklichkeit zu mystifizieren, sondern sie zu erkennen, wie sie ist - als eine Erscheinungsform Gottes, was alle Tintenfische dieser Welt beinhaltet, um beim Thema zu bleiben. Ich bin ein Freund der Tintenfische (die ich niemals als seelenlose Kreaturen bezeichnen würde), auch wenn ich Delphine bevorzugen würde :D

नमः शिवाय
namaḥ Śivāya
namah Shivaya
»Ehre dem Shiva«

Bild

Für Johannes vom Kreuz "west" Gott in ausnahmslos allen Dingen und Wesen, weshalb er auch in allem verehrt wird. Hier stimmen die westliche und östliche Mystik überein. Wenn der Urgrund der Materie lebendig ist, dann muss auch die Materie irgendwie lebendig sein.

closs
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#110 Re: Die Seele eines Tintenfisches

Beitrag von closs » Di 13. Dez 2016, 17:10

Novalis hat geschrieben:Ich bin schon der Ansicht, dass es eine Schöpfung unabhängig von der menschlichen Wahrnehmung gibt, aber nicht unabhängig von BEWUSSTSEIN/GEIST.
Wobei "Bewusstsein/Geist" offensichtlich nicht menschlicher Natur sein muss - sonst gäbe es ja kein Universums vor Gott.

Novalis hat geschrieben:Für Johannes vom Kreuz "west" Gott in ausnahmslos allen Dingen und Wesen
Das glaube ich sehr wohl genauso. - Nur sollte man klarstellen, dass "Geist" mehrerlei bedeuten kann:
1) Geist Gottes
2) Geist in den Dingen (auch in einem Stein steckt Geist - auch ein Stein ist beseelt - wobei mir immer noch nicht klar ist, wo die Grenze zwischen Geist und Seele ist bzw. wie die semantische Abgrenzung sein soll)
3) Geist des Menschen

Der Unterschied zwischen 2) und 3) besteht darin, dass 2) auf das passive Gegebensein hinweist, OHNE dass damit "Bewusstsein" dessen verbunden ist, der "be-geistet" ist. - Während 3) auf die tranzendente, aktive Wahrnehmungs-Fähigkeit hinweist und ein bewusstes Ich-Bewusstsein hat.

In diesem Sinne halte ich es nach wie vor für wahrscheinlich, dass ein Hund zwar "be-geistet" ist, aber nicht aktiv geistig und ich-bewusst ist. - Wenn ein Hund also trauert, IST es genauso Trauer wie beim Menschen - aber mit dem Unterschied, dass ein Hund nicht bewusst fühlen kann: "Ich bin ein Hund und ich trauere".

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