Artbildung - eine weite Grauzone

Evolution vs. Schöpfung Debatte, Alter der Erde
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Anton B.
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#11 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Anton B. » So 1. Jan 2017, 19:27

lovetrail hat geschrieben:Es ist einfach völlig abgehoben und realitätsfremd zu sagen, dass es keinerlei Wertigkeit gibt, was das Vorhandensein der Gene betrifft.
Dann könnte man auch den Begriff Höherentwicklung aufgeben. Ja, selbst der Begriff Entwicklung wäre nicht mehr richtig.
Wenn Du Dich mal informieren und nicht aus Deinem zumindest in solchen Dingen arg beschränkten Hirnschatz schöpfen würdest, dann sähest Du: Ja. Der Begriff "Höherentwicklung" wird gar nicht mehr gerne in der Biologie genutzt. Gerade der in einem anderen Thread diskutierte Gould hat das in seinen Büchern, insbesondere in dem dort behandelten "Illusion Fortschritt", auch für Leutchen wie Dich nochmal mit viel Liebe dargestellt.

Auch sei Dir Mayr's "Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt" zur Lektüre empfohlen. Bitte im Sachverzeichnis den Eintrag "Scala naturae" aufsuchen.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

Roland
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#12 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Roland » So 1. Jan 2017, 19:41

Frohes, gesundes neues Jahr allerseits!

Anton B. hat geschrieben: Der Begriff "Höherentwicklung" wird gar nicht mehr gerne in der Biologie genutzt.
Das ist lustig! Lovetrail hat nämlich vollkommen recht: Es ist realitätsfremd angesichts einer postulierten Evolution vom Einzeller bis hin zum vernunftbegabten Menschen nicht von Höherentwicklung zu sprechen. Allein: Die Fakten sprechen dagegen.

Das ist eben der Grund, warum der Begriff "gar nicht mehr gerne in der Biologie genutzt" wird…

Gruß Roland
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lovetrail
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#13 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von lovetrail » So 1. Jan 2017, 19:54

Danke Roland!

Wünsche dir auch ein gutes neues Jahr.


Ich frag mich ja, wann sie die Geschlechter abschaffen. Oder läuft das schon?

LG
Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, so wird Christus dich erleuchten!

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#14 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Roland » So 1. Jan 2017, 19:56

Klar lovetrail, das läuft alles schon! :lol:
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#15 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Pluto » So 1. Jan 2017, 19:58

lovetrail hat geschrieben:Pluto, es geht mir doch nicht darum, dass Hund und Mensch unzertrennlich sind. Es geht darum, dass eine Aufteilung in Unterassen zu einer Verarmung des genetischen Materials führt, wie sich am Hund zeigen lässt, auch wenn da der Mensch steuernd eingegriffen hat.
Das verstehe ich so, dass dies eine Folge der Domestizierung ist. Wusstest du, dass das Hirnvolumen eines Rinds 20% geringer ist als das eines Auerochsen?

Wusstest du, dass der Mensch vor 50'000 Jahren ebenfalls ein größeres Gehirn hatten als der moderne Mensch.


lovetrail hat geschrieben:
Ich sehe darin eine tiefe philosophische Wahrheit.
Nö, solche Vergleiche kommen zustande, wenn man teleologisch blind ist.
Die Teleologie ist seit Darwin mausetot. Es gibt sie nicht wirlich.
Und nun bitte ich dich, mir klar zu machen, was du im Gleichnis von Gould als philosophisch arm ist.

lovetrail hat geschrieben:Dann wird alles zu einem Zufallsgeschehen, welches sich zwischen zwei Polen bewegt. Das nenne ich eine "genetische Verarmung" des menschlichen Denkens, wie es historisch wohl in der Geschichte der Menschheit einzigartig ist :-D
Evolution hat kein Ziel; schon gar nicht die Komplexität zu steigern. Das ist eine Nebenerscheinung, die mit der Zeit einfach geschieht.
Wenn der Selektionsmechanismus der Evolution überhaupt ein Ziel besitzt, so ist es die bestmögliche Anpassung an eine sich verändernden Umwelt zu erreichen. In diesem Sinn wirkt sie wie ein Filter das alles was nicht ausreichend angepasst ist, um sich zu vermehren, mit der Zeit weniger Nachfahren erzielt, bis irgendwann die Art ausstirbt.
Das erkennt man daran, dass über 99% aller Arten, die jemals gelebt haben, ausgestorben sind.

lovetrail hat geschrieben:Sei mir nicht böse, aber du bist grad der Watschenmann. Kannst ja wenig dafür.
Ich bin dir doch nicht böse.
Wir debattieren. :mrgreen:
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#16 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Pluto » So 1. Jan 2017, 20:04

Roland hat geschrieben:Frohes, gesundes neues Jahr allerseits!
Hey Roland! Dir auch alles Gute für das neue Jahr!

Roland hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Der Begriff "Höherentwicklung" wird gar nicht mehr gerne in der Biologie genutzt.
Das ist lustig! Lovetrail hat nämlich vollkommen recht: Es ist realitätsfremd angesichts einer postulierten Evolution vom Einzeller bis hin zum vernunftbegabten Menschen nicht von Höherentwicklung zu sprechen. Allein: Die Fakten sprechen dagegen.
Nein Roland, Anton hat recht.

Höherentwicklung hin oder her... Die Selektion ist ein Prozess der automatisch abläuft. Sie wirkt wie ein Filter, sodass alles was nicht genügend gut angepasst ist, auf der Strecke bleibt.

Interessanterweise gehören du und ich, zu den erfolgreichen Exemplaren der Evolution. Unsere Ahnen lassen sich (theoretisch) bis zurück zum Anfang des Lebens zurück verfolgen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#17 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Roland » So 1. Jan 2017, 20:19

Hi Pluto!

Pluto hat geschrieben:
Roland hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben: Der Begriff "Höherentwicklung" wird gar nicht mehr gerne in der Biologie genutzt.
Das ist lustig! Lovetrail hat nämlich vollkommen recht: Es ist realitätsfremd angesichts einer postulierten Evolution vom Einzeller bis hin zum vernunftbegabten Menschen nicht von Höherentwicklung zu sprechen. Allein: Die Fakten sprechen dagegen.
Nein Roland, Anton hat recht.
Er hat ja auch recht, "Höherentwicklung" wird gar nicht mehr gerne in der Biologie genutzt, ich finde es aus den genannten Gründen nur lustig!

Pluto hat geschrieben: Höherentwicklung hin oder her... Die Selektion ist ein Prozess der automatisch abläuft. Sie wirkt wie ein Filter, sodass alles was nicht genügend gut angepasst ist, auf der Strecke bleibt.
Richtig. Selektion schafft nix, Selektion konstruiert nix, Selektion ist ein Beseitigungsprozess.
Es ist schon falsch formuliert wenn man sagt, die Selektion filtere oder lasse etwas überleben.
Da ist nämlich nichts was irgendetwas "tut" oder "zulässt", es gibt lt. ET kein handelndes Subjekt.
Sondern: Was sich nicht ausreichend vermehrt stirbt aus. Punkt.
Und diese Binsenweisheit nennt man auch Selektion.

Nur: Das ist als Erklärung für unser beider Vorhandensein bisschen dürftig, meinst du nicht auch?
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ThomasM
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#18 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von ThomasM » So 1. Jan 2017, 22:28

lovetrail hat geschrieben:Ist es nicht so, dass diese zwei auseinanderentwickelten Arten (falls es dies gibt) genetisch ärmer sind, als die Ausgangsart?
Eine Höherentwicklung scheint durch diesen Vorgang daher schwer vorstellbar.
Was ist denn "genetisch ärmer"?

Ich habe diesen thread eröffnet, weil die Frage nach Artbildung und Unterscheidung von Arten eine wissenschaftlich schwierige ist und der zitierte Artikel hier neue Einsichten erlaubt.
"Genetisch ärmer" ist ein kreationistischer Kampfbegriff, der nichts mit Wissenschaft zu tun hat.

Wenn sich zwei Populationen auseinanderentwickeln und schließlich zwei Arten bilden, dann unterscheidet sich zunächst der genetische Bestand. Wie Pluto bereits betonte, ist das reine zählen der Gene ziemlich wenig aussagekräftig. Wissenschaftlich ist es daher sinnvoll, keine Wertungen vorzunehmen, sondern einfach von Unterschieden zu sprechen.

Dein Beispiel von Hunden und Wölfen ist ein interessanter, denn es zeigt, wie Selektion wirkt. Bei Wölfen wirkt die Selektion der Natur, also des natürlichen Umfelds. Wölfe müssen sich ernähren, in den verschiedenen Witterungsbedingungen überleben usw. Ist der Mensch abwesend, dann schafft die Art das durch entsprechende körperliche Merkmale und soziale Verhaltensweisen. In Gegenwart des Menschen schafft die Art das nicht, der Wolf wird verdrängt und stirbt aus.

Bei Hunden wirkt der Mensch als selektierendes Umfeld. Er sorgt dafür, dass selbst Rassen überleben, die in der Natur nicht den Hauch einer Chance hätten. Aber das macht nichts, weil der Mensch ja für Nahrung und Fortpflanzung sorgt. Allerdings gehören Hunde immer noch derselben Art an, wie der Wolf, insofern ist das ein interessantes Beispiel einer - teils massiven (Wolf - Chihuahua) - Auseinanderentwicklung verschiedener Gruppen, die aber noch nicht zu einer Arttrennung geführt haben.
Ein Faktor ist natürlich die Zeit, denn der Mensch verändert die Selektion des Hundes ja erst seit ein paar tausend Jahren. Aber der von mir zitierte Artikel zeigt ja, dass es mehr als nur ein Faktor gibt, der zu einer Arttrennung führen kann.

lovetrail hat geschrieben: Es ist einfach völlig abgehoben und realitätsfremd zu sagen, dass es keinerlei Wertigkeit gibt, was das Vorhandensein der Gene betrifft.
Dann könnte man auch den Begriff Höherentwicklung aufgeben. Ja, selbst der Begriff Entwicklung wäre nicht mehr richtig.
Tatsächlich müssen beide Begriffe sorgfältig bedacht werden.

"Höherentwicklung" ist ein problematischer Begriff, weil die Frage besteht "Höher" nach welchem Maßstab?
Ganz von der Hand zu weisen ist der Begriff nicht, denn es bieten sich schon mögliche Maßstäbe an, wie z.B. Komplexität oder Intelligenz.
Aber es zeigt sich, dass diese naheliegenden Maßstäbe schwierig zu handhaben sind. Denn Komplexität z.B. ist sehr schwer zu definieren.
Wann ist etwas komplexer? Rein gefühlmäßig würde man einen Mehrzeller für komplexer halten als einen Einzeller und ein Säugetier komplexer als meintewegen Algen. Aber kann man das auch mit Fakten füllen?
Es ist mir nicht bekannt, ob es eine klare Definition gibt. Ich vermute, es gibt keine
Und ohne Definition kann es kein biologischer Begriff sein. Das ist etwas, was die Biologen auch erst in den letzten jahrzehnten lernen mussten.

Noch ein Wort zur Beziehung von Evolution und Höherentwicklung (falls man das definieren kann). Man kann beobachten, dass die biologische Vielfalt im Verlauf der Zeit zunimmt.
Aber selbst, wenn man "Höherentwicklung" definieren kann, ist es klar, dass Evolution nicht automatisch darauf hinausläuft. Viele Arten sind einfach geblieben. Es gibt auch heute noch unzählige Einzeller und sogar viele Beispiele, in denen Komplexität (vermutlich) verringert wurde.
Als Beispiel würde ich hier Viren nennen, die sich die Gene für einen Fortpflanzungsapparat gespart haben, da sie diesen ja von ihren Wirten klauen. Ob Viren aber weniger "komplex" sind als Einzeller, ist fraglich - eine Defintion fehlt ja.

Und schließlich der Begriff der Entwicklung.
Wichtig ist, dass man diesen begriff in der Biologie nur rückwirkend benutzen kann.
Man kann also z.B. sagen "Über diese und jene Arten und Veränderungen hat sich der Mensch aus dem gemeinsamen Vorfahren von Affe und Mensch entwickelt"
Das kann man sagen, weil man entsprechende Funde hat und durch Analysen die Verwandtschaft feststellen kann.

Eine Aussage wie "da und da hin wird sich die Art entwickeln", das kann man nicht, dazu gibt es weder die Methoden noch die Werkzeuge, dies aus den heutigen Fakten abzuleiten. Es gibt auch ganz allgemeine Gründe, dass man selbst eine Wahrscheinlichkeitesaussage für eine "mögliche Entwicklung" in der Zukunft nur selten machen kann.
Entwicklung ist also in der Biologie ein alleine auf die Vergangenheit gerichteter Begriff.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

ThomasM
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#19 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von ThomasM » So 1. Jan 2017, 22:30

Roland hat geschrieben: Richtig. Selektion schafft nix, Selektion konstruiert nix
Ich bitte, die allgemeinen Fragen - die ja schon hundertfach durchgekaut wurden - in dem Parallelthread zu wiederholen, wenn ihr sie unbedingt schon wieder wiederholen müsst.
Hier will ich mich eigentlich auf die Mechanismen zur Artbildung konzentrieren.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
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#20 Re: Artbildung - eine weite Grauzone

Beitrag von Pluto » Mo 2. Jan 2017, 09:31

Roland hat geschrieben:Hi Pluto!
Richtig. Selektion schafft nix, Selektion konstruiert nix, Selektion ist ein Beseitigungsprozess.
So ist es, Roland. Durch den Selektionsprozess haben diejenigen Individuen einer Population welche weniger gut an die Umwelt angepasst sind, weniger gut Chancen, sich fortzupflanzen.

Roland hat geschrieben:Sondern: Was sich nicht ausreichend vermehrt stirbt aus. Punkt.
Und diese Binsenweisheit nennt man auch Selektion.
Das ist dasselbe in grün. Selektion ist keine Person, sondern ein natürlicher Prozess.
Du bringst da offenbar die Dinge durcheinander, denn die "Selektion" hat weder einen Willen noch ein Ziel.

Roland hat geschrieben:Das ist als Erklärung für unser beider Vorhandensein bisschen dürftig, meinst du nicht auch?
Nein. Warum meinst du das?

Meinst du nicht, dass wir jetzt ziemlich OT sind?
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