Versagt die Evolutionstheorie?

Evolution vs. Schöpfung Debatte, Alter der Erde
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PeB
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#871 Re: Versagt die Evolutionstheorie?

Beitrag von PeB » Mi 9. Mai 2018, 10:54

Janina hat geschrieben:Der schlechte Wissenschaftsjournalist lässt gleich den ersten Teil weg und versucht direkt, mal Planck, mal Heisenberg den Becher mit Gott unter zu schieben. :roll:
Wer sollte da schon recht haben?
Vermutlich Janina :lol:

Aber im Ernst: sitzen wir hier an einer wissenschaftlichen Arbeit zum Thema oder in einer weitgehend aus Laien bestehenden munteren Diskussionsrunde. Man kann gerne über stark verkürzte und vereinfachte Darstellungen streiten, aber in allem Respekt und ohne Häme. :)
(Es war die Nachtigall und nicht die Lerche!)
Zuletzt geändert von PeB am Mi 9. Mai 2018, 13:50, insgesamt 1-mal geändert.

closs
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#872 Re: Versagt die Evolutionstheorie?

Beitrag von closs » Mi 9. Mai 2018, 12:55

PeB hat geschrieben:Die Naturwissenschaften grenzen Gott und Religion aus, weil sie einen klar umrissenen Erkenntnisauftrag haben: sie sollen das Beobachtbare beobachten, seine Wechselwirkungen, Ursachen und Wirkungen erklären. Und zwar mittels einer ebenso klar definierten Methodik. Die Naturwissenschaften sind nicht aus Überzeugung, sondern per definitionem "gott-frei", aber nicht zwangsläufig "gott-los".
Da sind wir uns absolut einig - ich bin ausdrücklich ein Anhänger des "methodischen Atheismus". - Wenn jeder auf seinem Terrain bleibt, beißen sich NAturwissenschaft und Philosophie/Theologie ganz und gar nicht - aber das wird oft nicht verstanden.

Warum wird es nicht verstanden? - Weil viele es vorziehen, Wissenschaft weltanschaulich zu überhöhen, also zu ideologisieren. Aus Poppers methodischem "Ich untersuche nur, was nicht falsifizierbar ist" wird ein ideologisches "Was nicht falsifizierbar ist, kann nicht 'sein' ". - So einfach und doch so schwer zu vermitteln.

Detlef hat geschrieben:Klar, wenn du nicht weiter weißt, fängst du an, willkürlich Regeln zu erfinden, die Andere dann einhalten sollen
Nein - die Wissenschaft ist nur ihren eigenen Regeln verpflichtet - es lebe der methodische Atheismus. - Aber Wissenschaft soll keine philosophischen Schlussfolgerungen ziehen ("Was nicht nachweisbar ist, 'ist' nicht", oä), zu denen sie nicht die methodische Kompetenz hat.

Detlef hat geschrieben:"Wissenschaft um Erkenntnisse zu erlangen, Philosophie um diese Erkenntnisse zu deuten"
Das liegt Möller goldrichtig - das gilt übrigens auch für das Verhältnis von Sach-Exegese und hermeneutischer Bibel-Interpretatuion.

Detlef hat geschrieben:"Allerdings muss du zugeben, dass es schlicht nichts Bessere gibt, um die Welt in der wir leben, zu erklären".
Das ist doch zugestanden - es ist sogar selbstverständlich:
PeB hat geschrieben:Die Naturwissenschaften ... sollen das Beobachtbare beobachten, seine Wechselwirkungen, Ursachen und Wirkungen erklären. Und zwar mittels einer ebenso klar definierten Methodik.
Und das machen die Naturwissenschaften konkurrenzlos gut.

Aber dann kommen eben noch Philosophie/Theologie:
Möller hat geschrieben:Wissenschaft um Erkenntnisse zu erlangen, Philosophie um diese Erkenntnisse zu deuten

Janina hat geschrieben:Der Philosoph guckt nicht in der Welt nach, aber der gute Philosoph liest was der Physiker veröffentlicht hat, der schlechte Philosoph fantasiert gleich drauflos, ohne dort nachzulesen.
Da bist Du ein Kind des 20./21.Jh., das in einer Zeit aufgewachsen ist, als die Philosophie bereits "Ancilla Scientiae" war. - Mit anderen Worten: Ein Philosoph sollte nicht die Naturwissenschaft nachäffen oder sie imitieren, sondern versuchen, "zu Erkenntnissen zu gelangen, indem man über die herkömmliche empirische oder praktische Erfahrung hinausgeht und sich auf das Wesen der Dinge und ihre ersten Prinzipien richtet" (wik).

Wenn man das erst mal verstanden hat, ist die Qualität eines Philosophen nicht davon abhängig, ob er naturwissenschaftlich up to date ist (obwohl dies sicherlich sinnvoll ist).

JackSparrow
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#873 Re: Versagt die Evolutionstheorie?

Beitrag von JackSparrow » Mi 9. Mai 2018, 15:12

PeB hat geschrieben:Ein kompetenter Naturwissenschaftler wird die kompetenz eines Philosophen anerkennen.
Ja, auf dem Fachgebiet der Philosophie.

Ein inkompetenter Hobby-Wissenschaftler wird sich auf den Satz versteifen: wat ich nit sehe, jibbet nit.
Ein philosophisch denkender Hobby-Wissenschaftler beziehungsweise ein wissenschaftlich denkender Hobby-Philosoph wird sagen: Was ich nicht sehe, muss zwangsläufig ein Produkt meiner Fantasie sein, denn gesehen hab ichs ja schließlich bisher nicht.

Der einzige auffällige Unterschied zwischen der modernen physikalischen und der altertumssprachlichen biblischen Darstellung ist das Fehlen des Schöpfers im physikalischenBild,
Und die unter Wasser innerhalb einem luftgefüllten Hohlraums gelegene Erdenscheibe.

weil ein Gott in der Physik methodisch nicht vorgesehen ist.
Wasser als das Urlement, aus dem alle anderen Elemente hervorgingen, war in der Physik des vorsokratischen Griechenlandes (Anaximenes, Heraklit, ...) methodisch vorgesehen. Seitdem hat man es offenbar fahrlässig versäumt, den wissenschaftlichen Aussagen des Alten Testaments regelmäßig ein Update zu verpassen.

PeB
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#874 Re: Versagt die Evolutionstheorie?

Beitrag von PeB » Mi 9. Mai 2018, 16:27

JackSparrow hat geschrieben:Ein philosophisch denkender Hobby-Wissenschaftler beziehungsweise ein wissenschaftlich denkender Hobby-Philosoph wird sagen: Was ich nicht sehe, muss zwangsläufig ein Produkt meiner Fantasie sein, denn gesehen hab ichs ja schließlich bisher nicht.
So wie der menschliche Geist? Ein Produkt meiner Fantasie, weil ich ihn nicht sehe?

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Detlef
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#875 Re: Versagt die Evolutionstheorie?

Beitrag von Detlef » Mi 9. Mai 2018, 21:17

PeB hat geschrieben:
JackSparrow hat geschrieben:Ein philosophisch denkender Hobby-Wissenschaftler beziehungsweise ein wissenschaftlich denkender Hobby-Philosoph wird sagen: Was ich nicht sehe, muss zwangsläufig ein Produkt meiner Fantasie sein, denn gesehen hab ichs ja schließlich bisher nicht.
So wie der menschliche Geist? Ein Produkt meiner Fantasie, weil ich ihn nicht sehe?
Man könnte den "Geist" aber auch "Bewusstsein" nennen, die Pointe mit der fraglichen Sichtbarkeit wäre dann wohl nicht mehr vorhanden . ;)
Die Wahrheit lässt sich pachten, mit dem Glauben an des Gottes Sohn, doch die Thesen sind vergänglich, allen Gläubigen zum Hohn! (Gert Reichelt)

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#876 Re: Versagt die Evolutionstheorie?

Beitrag von closs » Mi 9. Mai 2018, 21:33

Detlef hat geschrieben:Man könnte den "Geist" aber auch "Bewusstsein" nennen
Natürlich - menschlicher Geist im spirituellen Sinne ist das, was man traditionell "Bewusstsein" nennt. - Hier haben wir wieder das Problem, dass ein neurowissenschaftlich oder psychologisch rekrutierter Bewusstseins-BEgriff semantisch anders besetzt ist.

"Menschliches Bewusstsein" ist traditionell das, was man (spätestens) seit dem Frühmittelalter "Con-Scientia" genannt hat, also das Mit-Wissen an göttlichem Wissen. - Aus "con-scientia" wurde sprachgeschichtlich gotisch "mit-wizzei" und abgeschwächt im Althochdeutschen "Ge-wisseni" - erneut abgeschwächt wurde daraus mit der Zeit "Gewissen". - (Nicht erst) Descartes kam dann mit seinem "Cogito" - also das reflektierende Selbsterkennen mit der Fähigkeit zu zweifeln. - 1000 Jahre vorher kam Augustinus beim selben Thema zu seinem berühmten Satz "Si enim fallor, sum" ("Auch wenn ich irre/zweifle, bin ich"), was im Grunde dasselbe ist wie "Cogito, e(r)go sum".

Heute definiert man "Bewusstsein" (wie üblich) von der Materie her - also ganz anders. - Traditionell ist "Bewusstsein" in der europäischen Kultur- und Philosophie-Geschichte umgekehrt, nämlich geistig begründet.

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#877 Re: Versagt die Evolutionstheorie?

Beitrag von PeB » Mi 9. Mai 2018, 22:01

Detlef hat geschrieben:Man könnte den "Geist" aber auch "Bewusstsein" nennen, die Pointe mit der fraglichen Sichtbarkeit wäre dann wohl nicht mehr vorhanden . ;)
Ach, du kannst dein Bewusstsein sehen? :)

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#878 Re: Versagt die Evolutionstheorie?

Beitrag von JackSparrow » Do 10. Mai 2018, 09:46

PeB hat geschrieben:So wie der menschliche Geist? Ein Produkt meiner Fantasie, weil ich ihn nicht sehe?
Ja.

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sven23
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#879 Re: Versagt die Evolutionstheorie?

Beitrag von sven23 » Do 10. Mai 2018, 09:53

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wenn sich die ganze Welt als Illusion erweisen sollte, (weil uns z. B. ein mißgünstiger Schöpfer etwas vorkaukelt), könnte auch unser Denken von außen gesteuert, bzw. virtuell erzeugt sein.
Richtig - aber das ändert doch nichts am "Meine Res corgitans IST sicher - im Gegensatz zu den Res extensae".
Nein, das ist doch der Denkfehler. Wenn die Res extensae uns als reine Illusion vorgegaukelt werden kann, dann kann auch die Res cogitans eine fremdgesteuerte Illusion sein. Closs könnte eine Ansammlung von Hirnzellen im Reagenzglas sein oder eine Computer generierte Illusion.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Mit Glaubensideologie kommt man zu anderen Ergebnissen als mit wissenschaflicher Methodik.
Das sowieso - aber hier geht es um etwas anderes, nämlich die jeweiligen hermeneutischen Vorannahmen.
Eben, und die Vorannahmen müssen wissenschaftlichen Kriterien genügen. Glaubensbekenntnisse sind da ein KO-Kriterium.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wie Münek dir schon 100 mal erklärt hat, ist die historisch-kritische Methode gem. päpstlicher Bibelkommission die Standardauslegung, wie bei anderen antiken Texten auch.
Das ändert nichts daran, dass Du nicht zu begreifen scheinst, was damit gemeint ist -
Nach deiner laienhaften Definition würde praktisch die komplette neutestamentliche Forschung, die historisch-kritisch arbeitet, dagegen verstoßen. Wem willst du dieses Märchen verkaufen? :roll:

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Es würde überhaupt keinen Sinn machen, die fundierten Ergebnisse mit Glaubensbekenntnissen zu konterkarieren.
Darum geht es nicht - es geht darum apriorifreie Sachergebnisse hermeneutische zu interpretieren.
Doch, genau darum geht es.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das ist closssches Laientheater.
Es gibt bestimmt Leute, die es Dir weit besser erklären können - aber zieh doch erst mal nach, indem Du kapierst, was Ratzinger 1993 und 2006 gemeint hat - zur ERinnerung: Beide Aussagen korellieren widerspruchsfrei.
Ratzinger ist am Spagat zwichen Wissenschaft und Glaubensdogmatik ins Stolpern geraten. Diesen Fehler wird er nicht mehr korrigieren können.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

ThomasM
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#880 Re: Versagt die Evolutionstheorie?

Beitrag von ThomasM » Do 10. Mai 2018, 11:07

sven23 hat geschrieben: Closs könnte eine Ansammlung von Hirnzellen im Reagenzglas sein oder eine Computer generierte Illusion.
Stimmt, es könnte.
Aber ist es auch sinnvoll, das anzunehmen?

Die Frage, so weit ist ja bekannt, ist unlösbar, weil die Annahme, was Realität ist, ein Axiom ist, also eine nicht-herleitbare Voraussetzung.
Bei Axiomen kommt es lediglich auf Widerspruchsfreiheit an, Beweisbarkeit ist unmöglich (Beweise beruhen auf Axiomen) und Beobachtungen können in allen möglichen Axiomensystemen eingeordnet werden, geben also auch keine eindeutige Auskunft.

Insofern ist die eigentliche Frage nicht die, welches Axiomensystem "das richtige" ist (alle sind sie gleich richtig), sondern mit welchen Begründungen man selbst dem einen oder anderen Axiomaensystem anhängt.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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