aus Chaos wird Ordnung? ....

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ThomasM
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#21 Re: aus Chaos wird Ordnung? ....

Beitrag von ThomasM » Sa 25. Okt 2014, 21:37

Hallo zusammen

Ich glaube, es wird Zeit wieder einmal etwas Präzision in die Begriffe zu bringen.

1.)
Der Zusammenhang von Entropie und Anzahl von möglichen Zuständen, die Pluto mit dem Begriff des Chaos verbunden hat, steht zunächst einmal für sich selbst, d.h. die Assoziation mit "Chaos" ist erst viel später gekommen.
Die Verbindung von Entropie und Anzahl der möglichen Zustände stammt von Boltzmann gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Der Entropiesatz war der wichtigste Satz der Thermodynamik und Boltzmann hatte versucht, diese mit den Methoden der statitsischen Mechanik zu beschreiben.
Er fand dann die von Pluto zitierten Formeln. Aus diesen ergibt sich sinngemäß:
Befindet sich ein System in einem "einmaligen" Zustand und gibt es andere Zustände, die in hoher Zahl vorkommen und gleichwertig sind, dann wird das System in eines dieser Zustände übergehen.
Das war der Entropiesatz und Boltzmanns Formeln haben diesen erklärt. Sie zeigen auch, dass der Entropiesatz kein "Naturgesetz" ist, sondern ein statistisches Gesetz, das unter Umständen auch durchbrochen werden kann.

Wieso nun die Assoziation mit Chaos?
Nun, ein Zustand, an dem "jedes Ding an seinem Platz ist", ist ein System mit hoher Entropie. Weil von solchen Zuständen gibt es nicht viele Möglichkeiten, wir assoziieren das mit Ordnung.
Ein Zustand, an dem "jedes Ding irgendwo ist" hat viel nierigere Entropie, von solchen Zuständen gibt es extrem viele (weil "irgendwo" ziemlich viele mögliche Orte sind). Solche Zustände assoziieren wir mit Chaos.
Die Verbindung ist also nicht zwangsläufig, sondern geschieht nur, weil wir unter Chaos solche Situationen assoziieren.

2.) Das Beispiel, das Seeadler zu Beginn gebracht hat, ist eher etwas anderes.

Hier ist der Hintergrund einmal die Zeitachse und die Tatsache, dass die Wechselwirkungen unseres Universums nichtlinear sind.
Beobachten wir ein System entlang der Zeit und legen wir nichtlineare Wechselwirkungen zugrunde, dann beobachten wir, dass der Zustand des System unvorhersehbar wird, weil das Ergebnis immer feiner vom Anfangszustand abhängt. Eine solche Entwicklung nennt man "chaotische Entwicklung".

Dieses Phänomen der nichtlinearen Dynamik ist erst einmal ein eigenes Thema und Unabhängig von dem vorherigen Thema. Eine Verbindung der beiden geschieht durch folgende Überlegung:

Man nehme ein System (z.B. ein Glas Rotwein), bei dem wir den "ordentlichen Zustand" auf genau eine Weise einnehmen können.
Der chaotische Zustand kann auf 10^23 Weisen eingenommen werden.
Jetzt lassen wir einen nichtlinearen Prozess auf das System wirken. Da wir nach einer gewissen Zeit den Endzustand nicht festlegen können, wird irgendein Zustand in einem bestimmten Bereich eingenommen. Das wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 10^23:1 ein chaotischer sein.

3.) Diese Überlegungen können mit entsprechenden Kräften außer Kraft gesetzt werden.

Wirken zum Beispiel elektromagnetische Kräfte, die einen bestimmten Zustand energetisch bevorzugen, dann wird dieser eine Zustand eingenommen. Das System wird zur Ordnung getrieben. Dann sind die Voraussetzungen der Boltzmannschen Überlegungen ausgehebelt.
Beispiel: Wasser gefriert zu Eis. Energetisch ist ein regelmäßiges Kristallgitter bevorzugt, also nimmt das system es von selber ein.
Bis die Temperatur wieder steigt...

Gruß
Thomas
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#22 Re: aus Chaos wird Ordnung? ....

Beitrag von seeadler » Mo 27. Okt 2014, 08:45

Danke, Thomas, für deine ausführliche Erklärung!

ThomasM hat geschrieben:3.) Diese Überlegungen können mit entsprechenden Kräften außer Kraft gesetzt werden.

Wirken zum Beispiel elektromagnetische Kräfte, die einen bestimmten Zustand energetisch bevorzugen, dann wird dieser eine Zustand eingenommen. Das System wird zur Ordnung getrieben. Dann sind die Voraussetzungen der Boltzmannschen Überlegungen ausgehebelt.
Beispiel: Wasser gefriert zu Eis. Energetisch ist ein regelmäßiges Kristallgitter bevorzugt, also nimmt das system es von selber ein.
Bis die Temperatur wieder steigt...

Zunächst, du meintest vermutlich mit deinem Faktor 10^21 die Möglichkeiten in einem absolut kräftefreien [und] Vakuum?

Mir leuchtet ein, dass jenes Muster auf dieser Fotografie von irdischen Gegebenheiten abhängt. Schon die Veränderung der Gravitationsfeldstärke dürfte sicherlich bei gleichem Impuls ein ganz anderes Muster ergeben?. Ebenso die Stärke des elektromagnetischen Feldes, und die molekulare Zusammensetzung des Umfeldes etc. etc.

So ist Ordnung etwas, was aufgrund der Gegebenheiten "erzwungen", herbei geleitet werden kann. Es ergibt sich also niemals von selbst?!

Doch deine 10^21 Möglichkeiten sagen mir, dass es offenbar doch eine Grenze gibt? Wie beim Lottosechser. Ich könnte also doch theoretisch jenen Zustand prophezeien, den das Glas beim Zerspringen aufzeigen würde? Denn wenn der Weg dahin zu diesem Zustand von äußeren Kräften abhängig ist, und ich imstande bin, alle Kräfte zu berücksichtigen und zu berechnen, dann müsste das "folgende Bild" eine logische Konsequenz sein. Selbst dann, wenn es 10^21 Möglichkeiten beinhaltet?.
Alles, was ich hier schreibe, verstehe ich lediglich als Gedanken und Anregungen, Inspirationen, keine Fakten! Wenn es mit tatsächlichen abgleichbaren Fakten übereinstimmt, dann zufällig.

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#23 Re: aus Chaos wird Ordnung? ....

Beitrag von seeadler » Mo 27. Okt 2014, 08:50

Pluto hat geschrieben:seeadler hat geschrieben:
Wie ist das denn, wenn sämtliche vorhandene Materie in Energie umgewandelt wurde? Haben wir dann ein Maximum an "Entropie" erreicht?
Das Maximum an Entropie wird erst dann erreicht, wenn auch alle Energie gleichmäßig im Universum verteilt ist. Das wird aber noch (fast) ewig dauern, bis es soweit ist.

Und damit kommen wir zum Punkt den ICH auch nicht verstehe:
Wenn alles gleichmäßig verteilt ist, könnte man (als Laie) meinen, die Entropie sei null.

na ja, und wenn jener Zustand erreicht ist, zieht sich alles augenblicklich zusammen, weil die Entropie die eigentlich expansive Kraft beinhaltet, und es kommt erneut zum Urknall - bis vermutlich auf einen verlorenen Rest (Einem Ring, ähnlich oder vergleichbar mit unseren bekannten Planetenringen usw) irgendwo am vorigen Rand des Universums?.
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#24 Re: aus Chaos wird Ordnung? ....

Beitrag von ThomasM » Mo 27. Okt 2014, 11:25

seeadler hat geschrieben: Zunächst, du meintest vermutlich mit deinem Faktor 10^21 die Möglichkeiten in einem absolut kräftefreien [und] Vakuum?
Nein, das sind die Bedingungen, unter denen die Thermodynamik (als Modell) entwickelt wurde.
Thermodynamik ist die Theorie der Wärme. Diese wurde an Hand von Gasen im 19. Jahrhundert entwickelt.
Du musst dir also klar machen, was ein Gas ist.

Ein Gas besteht aus Atomen/Molekülen und zwar ziemlich vielen davon (1 Mol = Avogadrozahl von Molekülen). Diese sausen unter Normalbedingungen im Raum umher.
Das bedeutet, dass es für den Zustand des (makroskopischen) Systems egal ist, ob Molekül 1 links in der Ecke und Molekül 2 rechts in der Ecke und... usw. usw. ist. Wir haben es also mit einer riesigen Anzahl von gleichwertigen mikroskopischen Kombinationen zu tun, die denselben makroskopischen Zustand beschreiben.
Das wichtige ist hier das Wort "gleichwertig". Diese verschiedenen mikroskopischen Zustände sind energetisch gleichwertig.

Bei einem normalen Gas kann man oft die Wechelwirkungen zwischen den Molekülen vernachlässigen (das sogenannte ideale Gas). Das ist aber nicht mehr der Fall, wenn die Temperatur niedrig genug ist. Dann muss man sie berücksichtigen und dann tritt das Phänomen der Kristallbildung auf, bei der bestimmte Konfigurationen eben bevorzugt werden, es tritt Ordnung auf.

seeadler hat geschrieben: So ist Ordnung etwas, was aufgrund der Gegebenheiten "erzwungen", herbei geleitet werden kann. Es ergibt sich also niemals von selbst?!
Die "Gegebenheiten" sind letztlich die Kräfte und Naturkonstanten unseres Universums.
Manchmal ergeben sich zusätzliche Randbedingungen, entweder natürlich (Sonne/Planet mit viel Masse, Meteroiteneinschlag, wechselnde Sonneneinstrahlungen etc) oder durch Menschen gemacht (Formen eines Glases, Herstellen eines Gegenstandes).

Unter Berücksichtigung der Gegebenheiten, ergibt sich die Entwicklung von selbst (z.B. Gegebenheit Götze im Fußball Endspiel ergibt von selbst das Ergebnis, dass Deutschland Weltmeister wurde). Es gibt aber sehr viele Gegebenheiten, bei denen der Mensch seine Finger nicht im Spiel hatte, die sehr komplexe Ordnungssituationen hervorrufen (z.B. Evolution).

seeadler hat geschrieben: Doch deine 10^21 Möglichkeiten sagen mir, dass es offenbar doch eine Grenze gibt? Wie beim Lottosechser.
Nein. Diese Zahl kam eben nur aus der Gastheorie, wo das Mol und die Avogadrozahl den Standard bildet, so wie 1 Kilogramm.

Gruß
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#25 Re: aus Chaos wird Ordnung? ....

Beitrag von Pluto » Mo 27. Okt 2014, 21:58

seeadler hat geschrieben:Doch deine 10^21 Möglichkeiten sagen mir, dass es offenbar doch eine Grenze gibt? Wie beim Lottosechser. Ich könnte also doch theoretisch jenen Zustand prophezeien, den das Glas beim Zerspringen aufzeigen würde?
Nein.
Wichtig ist, dass man hier versteht, wie Boltzmann zu dieser Zahl kam.
Er arbeitete mit Gasen, und nahm an, dass es sich dabei um "ideale" Gase handelte. Dazu 'borgte" er die Avogadrosche Zahl (6x10^23 Moleküle in einem Gramm-Mol eines Gases).
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#26 Re: aus Chaos wird Ordnung? ....

Beitrag von seeadler » Mi 29. Okt 2014, 05:43

Gut.

Wir haben hier also den atomaren Hintergrund für den Begriff Ordnung, der wiederum etwas mit Entropie zu tun hat.

Hier wird also in meinen Augen recht kühn die Verbindung zwischen dem, was ich als Chaos und Ordnung in meiner Überschrift unter anderem auch mit Hinblick auf die Aussagen der Bibel verstehe, zu dem rein wissenschaftlich definierten Ordnungsbegriff hergestellt, womit man dann die rein persönliche und eventuell psychologische Komponente von Ordnung und Chaos erst einmal aushebelt.

Ich habe angesprochen, dass es in meinen Augen eine subjektive Betrachtungsform ist, und es sich hier oftmals auch um eine Bestandsanalyse handelt, die im groben Raster zunächst den Eindruck von Chaos erwecken kann, aber bei näherem hinschauen durchaus schon wieder wenn auch erzwungene Ordnung wiedergibt.

Mein Hintergrund dieser Betrachtung zielt deshalb mehr auf ein sowohl gewolltes "Chaos" als auch einer ebenso gewollten "Ordnung" ab. Denn beides kann auch zugleich wiederum beides in sich vereinen. Natürlich kann man sich dann auf die wissenschaftliche Interpretation zurück ziehen und damit scheint zunächst einmal die Sachlage klar zu sein. Jedoch befriedigt es mich nicht wirklich, weil ich ja den Bogen in unsere allgemeine Betrachtungsweise spannen möchte. Wie also kann man die Erkenntnisse über den Begriff Entropie und dem verhalten von "Gas-Molekülen" nunmehr mit unserem beobachtbaren Alltag in Verbindung bringen? Denn das, was ich eigentlich stets versuche und immer wieder anspreche, die Verbindung zwischen rein physikalischen Prozessen und menschlichem Verhalten ist meiner Meinung nach auf jeden Fall gegeben, wird hier aber von den Wissenschaftlern als "esoterisch" abgetan und abgelehnt.

Vor längerer Zeit schon hatte ich den Versuch unternommen, hier darauf aufmerksam zu machen, dass unser Leben und allgemein unser Dasein, der gesamten belebten Natur, grundsätzlich den gleichen Gesetzen gehorcht, wie eben die von Thomas angesprochene Ordnung in idealen Gasen. Ich hatte geschrieben, der Mensch reagiert auf exakt die gleichen Einflüsse eben bedingt menschlich, wohin gegen, einfache Elemente sich eben dem reinen physikalisch chemischen Bedingungen unterstellen. Und doch wirkt die Ordnung, die die Atome in Schach hält, ebenso auf den ganzen Menschen ein und wird ihn auch zu entsprechend menschlich interpretierbaren Reaktionen bewegen.

So sprach ich auch von einem grundlegenden "fraktalen Muster", welches sich auf alles übertragen lässt, wo man Aktio und Reaktio erwarten kann, ob nun rein physikalisch oder eben auch "biologisch". Jene fraktalen Muster bestimmen nach meiner persönlichen Erkenntnis den Ablauf unseres Lebens ebenso, wie den Werdegang des Universums als Ganzes.

Ein "erzwungenes" Chaos (fallen gelassenes Glas) (ein Krieg) kann also durchaus auch zu diesem Muster gehören und notwendig sein, damit eine andere eventuell nächst höhere Stufe erreicht werden kann, oder eine "Alternative" zu dem bisherigen Weg. das heißt, wir leiten ein Chaos ein, also eine "Zerstörung", um letzten Endes etwas Neues daraus entstehen lassen zu können. (Kollaps des Universums und folgender Urknall).

Und dieser Prozess wiederholt sich so oft, bis ein "idealer Zustand" erreicht wurde, der diese fraktale Kette quasi unterbricht, einen Schnitt macht?.

Gruß
Seeadler
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#27 Re: aus Chaos wird Ordnung? ....

Beitrag von ThomasM » Mi 29. Okt 2014, 09:58

seeadler hat geschrieben: Hier wird also in meinen Augen recht kühn die Verbindung zwischen dem, was ich als Chaos und Ordnung in meiner Überschrift unter anderem auch mit Hinblick auf die Aussagen der Bibel verstehe, zu dem rein wissenschaftlich definierten Ordnungsbegriff hergestellt, womit man dann die rein persönliche und eventuell psychologische Komponente von Ordnung und Chaos erst einmal aushebelt.
Das nennst du kühn und machst selber viel kühnere Assoziationen?

seeadler hat geschrieben: Vor längerer Zeit schon hatte ich den Versuch unternommen, hier darauf aufmerksam zu machen, dass unser Leben und allgemein unser Dasein, der gesamten belebten Natur, grundsätzlich den gleichen Gesetzen gehorcht, wie eben die von Thomas angesprochene Ordnung in idealen Gasen.
Das ist kühn.
Denn du assoziierst eine (wohldefinierten) Begriff aus der Gastheorie mit einem (nicht definierten) Begriff aus unserem Leben.
Wenn ich in das Zimmer meines Sohnes gehe, dann ist "Chaos" zwar der Begriff, der mir dazu einfällt, aber worin die Verbindung zwischen dem Begriff des täglichen Lebens und der Gastheorie besteht, ist damit noch lange nicht festgesestellt.
Und erst, wenn du diese Vebindung exakt definiert hast, bist du in der Lage, festzustellen, nach welchen Gesetzen das eine oder andere funktioniert und auch erst dann bist du in der Lage, festzustellen, ob das dieselben Gesetze sind.

seeadler hat geschrieben: Ich hatte geschrieben, der Mensch reagiert auf exakt die gleichen Einflüsse eben bedingt menschlich, wohin gegen, einfache Elemente sich eben dem reinen physikalisch chemischen Bedingungen unterstellen. Und doch wirkt die Ordnung, die die Atome in Schach hält, ebenso auf den ganzen Menschen ein und wird ihn auch zu entsprechend menschlich interpretierbaren Reaktionen bewegen.

So sprach ich auch von einem grundlegenden "fraktalen Muster", welches sich auf alles übertragen lässt, wo man Aktio und Reaktio erwarten kann, ob nun rein physikalisch oder eben auch "biologisch". Jene fraktalen Muster bestimmen nach meiner persönlichen Erkenntnis den Ablauf unseres Lebens ebenso, wie den Werdegang des Universums als Ganzes.
Auch das ist kühn.
Der Mensch hat ein Gehirn, das seine Reaktionen und sein Verhalten bestimmt. Ein Atom/Molekül hat kein feststellbares Gehirn.
Zwar ist es korrekt, dass der Mensch in vielen Situationen "automatisiert" bzw. "schematisch" reagiert, aber wenn du dir solche Experimente anschaust, dann hat der Mensch immer auch die Macht, sich gegen sein automatisiertes Verhalten zu entscheiden (Atem anhalten, instinktive Reaktionen abblocken, im Supermarkt links herum gehen usw.).
Es ist nicht bekannt, dass ein Atom/Molekül diese Freiheit besäße.
Der Begriff "fraktales Muster" hört sich zwar sehr toll an, aber zu behaupten, dass Moleküle und Menschen nach denselben nichtlinearen Gleichungen gesteuert werden, ist mit Sicherheit falsch.

seeadler hat geschrieben: Ein "erzwungenes" Chaos (fallen gelassenes Glas) (ein Krieg) kann also durchaus auch zu diesem Muster gehören und notwendig sein, damit eine andere eventuell nächst höhere Stufe erreicht werden kann, oder eine "Alternative" zu dem bisherigen Weg. das heißt, wir leiten ein Chaos ein, also eine "Zerstörung", um letzten Endes etwas Neues daraus entstehen lassen zu können. (Kollaps des Universums und folgender Urknall).

Und dieser Prozess wiederholt sich so oft, bis ein "idealer Zustand" erreicht wurde, der diese fraktale Kette quasi unterbricht, einen Schnitt macht?.
Hier machst du den kühnsten Sprung überhaupt.
Du verbindest Beobachtungen des täglichen Lebens, springst in eine Idee von einer Serie von Universen und ziehst eine Verbindung zur Eschatologie. "Nette Assoziation" ist alles, was man dazu sagen kann. Aber es gibt keinerlei Anhaltspunkt, solche Verbindungen mit irgendetwas zu untermauern. Damit wäre es Stoff für einen Roman und dann vermutlich ganz unterhaltsam. Aber mehr ist nicht drin.

Gruß
Thomas
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#28 Re: aus Chaos wird Ordnung? ....

Beitrag von seeadler » Mi 29. Okt 2014, 14:58

hallo Thomas,

zunächst noch einmal, ich danke dir für deine klaren sachlichen Worte, die auch einen gewissen Respekt mir gegenüber beinhalten und nicht einfach "drauf los paldovern" und mir dabei eine Breitseite verpassen, wie ich es hier auch schon mal erlebe.

Darum, es sollte keine Kritik sein, wenn ich von "kühn" spreche. Aber ich habe allgemein den Eindruck, als würde die Wissenschaft sehr gerne diktieren wollen, wie man etwas zu sehen und zu handhaben hat und alle Welt sollte sich diesem Stil dann auch fügen, selbst dann, wenn es eventuell sogar die Wissenschaft ist, die die Menschheit immer wieder in fatale und für sie richtungsweisende Situationen bringt, jedoch unbeeindruckt von den Konsequenzen ihres Denkens und Handelns, weil : Es hat ja alles so seine nachprüfbare verifizierbare oder eben falsifizierbare, - weil von einem unabhängigen von menschlichen Regungen ausgeschlossenen Gremium festgelegt - Richtigkeit, und somit ist kein Mensch verantwortlich für das, was da passiert, sondern lediglich die Sache an sich.... weil eventuell dann doch entweder falsch interpretiert oder irgendwo gab es dann etwas Unvorhergesehenes.... siehe letztes Beispiel Transport von notwendigen Gütern für die ISS, wo soeben mal so nebenbei die Rakete unmittelbar nach dem Start explodierte. .....

Thomas, weil du deinen Sohn da kurz anschaulich mit ins Spiel bringst : Ich habe / hatte drei Söhne und zwei Töchter. Einer meiner Söhne hatte einen IQ, der weit über den Durchschnittswert lag. Er hatte auch nie Probleme, die Dinge sehr schnell zu erfassen und zu durchschauen und ihre Zusammenhänge dementsprechend zu erkennen und zu benennen, auch wenn er oftmals nicht wusste, wie man etwas wissenschaftlich exakt ausdrückt. Sein primäres Problem : Er absolvierte irgendwelche Klausuren, Arbeiten, was auch immer eigentlich mehr oder weniger nebenbei und war nie wirklich gefordert, bzw keiner der ihn betreuenden Dozenten, auch nicht im Gymnasium, konnte ihm wirklich irgendwie das Wasser reichen, er wusste einfach tatsächlich alles "besser". Das führte dazu, dass er vom Unterricht fern blieb, höchstens mal zu den Arbeiten kam, die er dann mit "Links" innerhalb einer halben Stunde erledigte und von Dannen zog.

jener Sohn fing sehr früh an, "Gras" zu rauchen und sich somit durch diverse "Rauschmittel" in dieser Richtung auch irgendwie selbst zu bremsen, weil er höchst unglücklich mit sich und seinem Dasein war. was er nicht sein musste, da er Eltern hatte, die sich auf gut deutsch den "Arsch" für ihn aufrieben. Meine damalige Frau war jedoch mit ihm überfordert, wie so viele andere Menschen auch. Also lag es an mir, zu dem er auch den einzigst wahren ernsthaften Kontakt hielt, und weil er mich - so meinte ich - auch entsprechend respektierte, sowohl die Wogen in der Schule als auch der Gesellschaft um meinen Sohn herum immer wieder zu glätten. Ich wusste zwar, dass er mich "intelligenzmäßig" respektierte, trotzdem wusste ich nie, ob er nicht auch mit mir hin und wieder Katz und Maus spielte... auch wenn ihm dieses Spiel niemals wirklich gefiel und er eigentlich lediglich "seine Ruhe haben wollte".

na ja, aus Gras wurden härtere Drogen bis hin zu Heroin. Irgendwann kam es dabei schon mit sehr frühen Jahren zur Beschaffungskriminalität usw.... Die Ämter, mit denen ich in dieser Zeit händeringend nach einer Lösung suchte, ihnen waren durch die Gesetze, durch die Politik die Hände gebunden. irgendwelche Wissenschaftler hatten festgelegt, dass der Mensch so oder so seinen freien Willen hat und deshalb in keiner Situation seines Lebens darin eingeschränkt werden darf, auch nicht ein drogenkonsumierendes Kind. Darum, mein damaliges Bemühen, meinen Sohn in einer psychischen Einrichtung zumindest für eine Zeit vor sich selbst zu schützen, Damit das Chaos in ihm nicht noch größer werden möge, und das sogar mit Zustimmung meines Sohnes, der klar zu mir sagte : "Vater, wenn du mich einsperrst, dann finde ich dies ok und respektiere es, doch wenn sie mich fragen, ob ich eingesperrt werden möchte, werde ich dies ablehnen!".... und ja, es kam, wie es kommen musste, Sie konnten ihn nicht gegen seinen Willen einsperren, weil das Gesetz, von "Wissenschaftlern" verifiziert und als gut geheißen, dies verbietete, trotz meiner Autorität als Erziehungsberechtigter (ich musste mir seitens der Polizei und des Jugendamtes ohnehin sagen lassen, dass ich zur Erziehung meines Sohnes nicht fähig wäre)......

nun ja,,,, wie viel hätte ich damals gegeben für ein Chaos in seinem Zimmer, welches man wieder in Ordnung bringen konnte, oder wo ich ihn hätte einfach sagen können "räum bitte dein Zimmer auf", auch dann wenn ich dies zigmal hätte wiederholen müssen. Doch das Chaos in seinem Herzen, und dann in seinem Verstand, bzw die Erkenntnis, dass jener kleine Junge seine Intelligenz dazu verwendete, irgendwie an Drogen heran zu kommen... dagegen war auch ich auf Dauer machtlos, weil die Wissenschaft festgelegt hatte, ab wann ein Mensch eigenverantwortlich einzustufen sei, und somit selbst die Autorität der Eltern nicht mehr zählte.

Thomas, kurz vor dem Tod meines Sohnes, am 14.April 2008 (er wurde 20 jahre alt) durch eine Überdosis Heroin, holte ich meinen Sohn von dem beschaulichen Heidelberg, wo er von niemanden gebändigt werden konnte zu mir nach Berlin, in die Nähe von Berlin, damit er dort von seinen Drogen los kam. Er war soweit, meinem Ruf zu folgen, und sich freiwillig einem Drogenentzug zu unterziehen in einer Einrichtung, mit der ich zuvor wochenlang diskutiert hatte.... Er kam da zwar an, doch schon am nächsten Tag verließ er diese Einrichtung wieder und fuhr nach Berlin um sich dort in eine Einrichtung zu begeben, die eine bessere Herberge war, und wo er nach "Herzenslust" die Einrichtung jederzeit auch verlassen konnte.

Das weitere kann man sich denken.... Berlin, die Hochburg der Freiheit, bietet für jedermann genügend Entfaltungsspielraum, auch dann, wenn man nicht versteht, mit Freiheit umzugehen.....

Am 15.April, um 10 Uhr morgens erfuhr ich von einem Polizisten davon, dass das Chaos im Herzen meines Sohnes ein Ende gefunden hatte. Er hatte das Chaos zwangsweise durch gepanschtes Heroin beendet.

Soviel zu dem Roman, von dem du sprachst, der in meinem Leben Wirklichkeit wurde. Ich weiß nicht, ob du es schaffst, hier die Verbindung zu dem Thema herzustellen, um dem es mir hier geht?. Es entstand nach diesem und dem folgenden Tod meiner Exfrau auch Chaos in meinem Herzen. Und trotzdem verlangt das Leben von mir, dass ich meinen anderen Kindern weiterhin ein guter Vater und Opa bin. Eine Lösung jenes Problems in mir fand ich durch die Erkenntnis, dass alles irgendwo Sinn macht, dass alles einer Matrix entspringt, und somit auch Chaos und Ordnung seinen festen Platz in unserem Leben hat.

Gruß
Seeadler

(und sorry für diese doch persönliche Ausführung)
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#29 Re: aus Chaos wird Ordnung? ....

Beitrag von Pluto » Mi 29. Okt 2014, 15:23

ThomasM hat geschrieben:Wenn ich in das Zimmer meines Sohnes gehe, dann ist "Chaos" zwar der Begriff, der mir dazu einfällt...
Das ist übrigens eine ausgezeichnete Analogie für die Funktionsweise der Entropie und das Leben.

Wie jede Mutter weiß, kostet es unheimlich viel Arbeit, um das Zimmer wieder in seinen Urzustand wieder zu bringen. Ganz ähnlich funktioniert Lebe. Es ist ein ständiger Kampf die Entropie niedrig, bzw. die Ordnung im Körper zu erhalten, und dazu braucht jedes Lebewesen Energie und Aufbaustoffe, welch es aus seiner Umwelt bezieht.

Eine Frage bleibt allerdings unbeantwortet: Woher nehmen Eltern immer wieder die Energie, das Zimmer ihrer Kleinen in Ordnung zu bringen. ;)

ThomasM hat geschrieben:
seeadler hat geschrieben:Und dieser Prozess wiederholt sich so oft, bis ein "idealer Zustand" erreicht wurde, der diese fraktale Kette quasi unterbricht, einen Schnitt macht?.
Hier machst du den kühnsten Sprung überhaupt.
Darin kann ich dir nur zustimmen! :thumbup:
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#30 Re: aus Chaos wird Ordnung? ....

Beitrag von ThomasM » Do 30. Okt 2014, 09:55

seeadler hat geschrieben: Soviel zu dem Roman, von dem du sprachst, der in meinem Leben Wirklichkeit wurde. Ich weiß nicht, ob du es schaffst, hier die Verbindung zu dem Thema herzustellen, um dem es mir hier geht?. Es entstand nach diesem und dem folgenden Tod meiner Exfrau auch Chaos in meinem Herzen. Und trotzdem verlangt das Leben von mir, dass ich meinen anderen Kindern weiterhin ein guter Vater und Opa bin. Eine Lösung jenes Problems in mir fand ich durch die Erkenntnis, dass alles irgendwo Sinn macht, dass alles einer Matrix entspringt, und somit auch Chaos und Ordnung seinen festen Platz in unserem Leben hat.

Gruß
Seeadler

(und sorry für diese doch persönliche Ausführung)
Hallo Seeadler

Danke für deine persönlichen Ausführungen, ich kann deine Erlebnisse durchaus nachempfinden, denn auch die Schulzeit meines Sohnes verlief nicht ohne Probleme. Er hat ADS entwickelt und wäre auf einer Sonderschule gelandet, wenn wir als Eltern es nicht geschafft hätten, mit unserer privaten Versicherung schnell einen guten Psychologen aufzutreiben. Unser Sohn ist zwar nicht hochbegabt, aber durchaus überdurchschnittlich intelligent und macht heute einen Master in Germanistik. Wären wir Eltern nicht Akademiker und wohlhabend gewesen...

Auch deine Bemühungen, Sinn in diesem Leid und Durcheinander zu finden, kann ich verstehen. Jedoch war mein persönlicher Weg genau die andere Richtung. Ich kam aus der Physik, Physik hat mit absolut begeistert, die Möglichkeiten, die Erklärungskraft, die Objektivität, all das hat mich in meinem Studium mitgerissen und vollauf erfüllt. Aber wenn man das Fach über mehrere Jahre macht, wenn es langsam in einen Beruf übergeht, da bleibt es nicht aus, dass Schatten in dem hellen Licht auffallen.

In der Physik (allgemein in der Naturwissenschaft) kommt das Individuum nicht vor. Man hantiert mit Energie, mit Kräften, mit Atomen, mit Modellen und Gesetzen. Man stellt Experimente auf und Ergebnisse fest, die objektiv sind, d.h. unabhängig von der Person. Rasse, Religion, Hautfarbe usw. spielt keine Rolle, das Experiment und die Ergebnisse gelten unabhängig von Gesellschaft oder Soziologie. Genau diese Objektivität ist die Stärke der Naturwissenschaft.

Und ihre größte Schwäche.

Wo bleibe ich? Wo bleibt das, was ich erlebe und mir zustößt? Wo bleibt die Frage nach dem Sinn? Was nutzt es mir, wenn ich berechnen kann, dass mir mit der Wahrscheinlichkeit von 0,001% das und das zustößt, wenn ich nicht beantworten kann, warum es gerade mir zustößt?

Genau diese Fragen waren es, die mich letztlich zum Christ werden ließen. Ich habe mich dabei bemüht, das, was ich in den Naturwissenschaften gefunden hatte, zu behalten. Aber ich musste meinen Horizont erweitern, ich musste über die Naturwissenschaft hinaus gehen, ich musste die Beschränkungen der Naturwissenschaft aufgeben.
Aber Naturwissenschaft bleibt immer noch Naturwissenschaft. Wenn ich darüber hinaus gehe, verlasse ich sie. Ich muss andere Methoden nutzen, andere Zugänge öffnen, seien es theologisch/geistige, so wie das closs tut, seien es die Mittel der Kunst und Literatur.

Und in den Methoden kannst du sie unterscheiden. Die Methoden definieren Naturwissenschaft und du darfst die verschiedenen Ebenen nicht durcheinander werfen. Daher sind deine Assoziationen ok für einen erweiterten Zugang zur Wirklichkeit (eventuell "nur" deiner Wirklichkeit), aber sie sind eben keine Naturwissenschaft.

Gruß
Thomas
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