Wie wichtig ist Wissenschaft?

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ThomasM
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#161 Re: Wie wichtig ist Wissenschaft?

Beitrag von ThomasM » Mo 10. Nov 2014, 13:42

Nun komme mir keiner mit diesem "früher war alles besser"-Mist.

Ein Studium Generale ist inzwischen an den meisten Unis Pflicht (bei uns war es ein Kann).
Auch früher haben die meisten Studenten versucht, sich irgendwie durchzumogeln, Physik war nur ein Fach, wo das Durchmogeln ein wenig schwerer war (wegen der Mathematik). Und es gab immer die Nerds, die das Fach machten, weil es so interessant ist. Die gibt es mit Sicherheit auch heute noch.

Die Frage ist doch, was man mit Physik anfängt, wenn man fertig ist. Für die, die nur zeigen wollen, dass sie den Bachelor bestehen können, um dann in die Industtrie zu gehen, ist das ja auch in Ordnung. Das ist die Mehrheit und die braucht nicht mehr. Ich wollte zwar mehr (hab ja auch einen Doktor), bin letztlich aber auch in einem Job gelandet, wo ich die Techniken zum Lösen der Schrödingergleichung (und das ist Bachelorstoff) nicht mehr brauche.

Ich würde nicht an dieser Stelle ansetzen. Eher an der Stelle Bedeutung der Lehre (die meisten deutschen Professoren können mit Lehre kein Ansehen erringen und machen diese daher schlecht) und Möglichkeiten der selbstständigen wissenschaftlichen Arbeit nach dem Doktor (den Junior Professor hat das deutsche Professuren System auch zerstört und ad absurdum geführt).

Gruß
Thomas
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barbara
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#162 Re: Wie wichtig ist Wissenschaft?

Beitrag von barbara » Mo 10. Nov 2014, 13:45

Pluto hat geschrieben:Das "Pauken" mag bis zum Abitur ausreichen, aber spätestens an der Uni ist sebstständiges Denken Voraussetzung.

in dem Studium, das ich mal anfing, war das nicht der Fall. In Jus und Medizin ist das nicht der Fall. Dort wird fleissig weiter gepaukt.

Die Frage ist aber berechtigt: woher soll dieses selbständige Denken denn auf einmal kommen, wenn es nie geübt wurde?


Das dachte ich auch als ich als junger Student mit dem Studium anfing. (man braucht "nur" zu lernen...).
Allerdings kommt sehr schnell die Erkenntis, dass das viel zu wenig ist, und das Wichtigste was man im Studium lernen muss die Selbstständigkeit des Denkens ist.

Das war vielleicht zu deiner Zeit so, heute ist das definitiv nicht der Fall.



Kritik aus dem "warmen Polstersessel" ist immer einfach; konstruktiv mitzuwirken, hingegen, erfordert harte Arbeit.

soso. Was du nicht sagst.



gruss, barbara

Pluto
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#163 Re: Wie wichtig ist Wissenschaft?

Beitrag von Pluto » Mo 10. Nov 2014, 13:45

closs hat geschrieben:Unabhängig davon: Als neulich mal in den Nachrichten kam, dass wir jetzt 40% "Akademiker" hätten, war ich echt zutiefst beleidigt. - Bachelor = Akademiker? - Spitze Behauptung: Würde man den Begriff "Akademiker" nicht aushöhlen, hätten wir nach wie vor nicht mehr als 10%.
Ganz deiner Meinung.
Meine ehrliche Meinung: Jemand mit einer abgeschlossenen Berufslehre ist mir jederzeit lieber als ein "Bachelor"!

closs hat geschrieben:Andererseits: Es ist ja für den Arbeitsmarkt gut, wenn ein erweitertes Abitur mit Spezialisierung (= Bachelor) als Berufsabschluss anerkannt wird und man die Leute auf den Markt schütten kann - aber muss man das "Akademiker" nennen?
Ein Bachelor ist ein Theoretiker von der Schulbank. Die praktische Berufserfahrung einer Berufslehre wird hier massiv unterschätzt.

Ich dachte viel mehr an die Leute die eine echte Akademiker Laufbahn anstreben: Masters... Doktor... Assistent... Professor.
Solche Leute haben dann eine ganz andere Perspektive, und da ist eine pauschale Aburteilung als einfache Pauker viel zu oberflächlich gedacht.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#164 Re: Wie wichtig ist Wissenschaft?

Beitrag von closs » Mo 10. Nov 2014, 14:44

Pluto hat geschrieben:Ich dachte viel mehr an die Leute die eine echte Akademiker Laufbahn anstreben: Masters... Doktor... Assistent... Professor.
Mit der Unterscheidung von Bachelors und echten Akademikers ist da schon viel gewonnen. - Aber Du siehst: Die Massen-Akademisierung schadet dem Ruf der echten Akademiker.

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#165 Re: Wie wichtig ist Wissenschaft?

Beitrag von closs » Mo 10. Nov 2014, 14:55

ThomasM hat geschrieben:Nun komme mir keiner mit diesem "früher war alles besser"-Mist.
Aber es gab weniger Mist, weil es weniger Studenten gab. - Natürlich gab es damals (in meinen Fächern) schon Leute die Deutsch und Geschichte studiert haben, weil man deutsch konnte und schon die Oma Geschichten erzählt hatte. ;) - Die Nicht-Verschulung vor 30 Jahren hatte ebenfalls auch Nachteile - ich erinnere mich an Grundseminare im Fach "Mittelalterliche Literatur", in denen es ständig um Marx und Kafka und die Sexualität der Frau im Städtewesen des Mittelalters ging :lol: - ohne dass man mal Basis-Arbeit geleistet hätte, was Nibelungenlied und Parzival eigentlich sind - von Deklinationen und Konjunktionen der Sprache ganz abgesehen.

Insofern war damals auch nicht alles Gold, was glänzte. - Trotzdem ist die Niveau-Drückerei heute schon beängstigend. - Als ich vor einem Jahr mal in meiner alten Fakultät (Englische Literatur) war, habe ich lange mit einigen Bachelor-Kandidaten gesprochen - den Fakultäts-Professor für englische Literatur kenne man nicht (auch nicht per Namen) - ja, und für Shakespeare seien vor der Prüfung 3 Doppelstunden angesetzt. - Man habe eh keine Zeit zum Lesen, weil man soviele Prüfungen habe. - Es war entsetzlich.

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#166 Re: Wie wichtig ist Wissenschaft?

Beitrag von Pluto » Mo 10. Nov 2014, 16:19

closs hat geschrieben:Aber Du siehst: Die Massen-Akademisierung schadet dem Ruf der echten Akademiker.
NUR wenn man eine solche Undifferenziertheit zulässt
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#167 Re: Wie wichtig ist Wissenschaft?

Beitrag von closs » Mo 10. Nov 2014, 17:44

Pluto hat geschrieben:NUR wenn man eine solche Undifferenziertheit zulässt
Genau das ist doch in der Medien-Öffentlichkeit der Fall. - Der Akademiker, der Muslim, der Ossie, der Zigeuner, der Asylant. - Allenfalls sagt man dann: Nicht alle Akademiker, Moslems, Ossies, Zigeuner, Asylanten sind so - als wäre das Gute eine Ausnahme.

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#168 Re: Wie wichtig ist Wissenschaft?

Beitrag von Pluto » Mo 10. Nov 2014, 19:06

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:NUR wenn man eine solche Undifferenziertheit zulässt
Genau das ist doch in der Medien-Öffentlichkeit der Fall.
Ist denn das Image was durch die Medien kolportiert wird, authentisch oder relevant?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#169 Re: Wie wichtig ist Wissenschaft?

Beitrag von closs » Mo 10. Nov 2014, 20:09

Pluto hat geschrieben:Ist denn das Image was durch die Medien kolportiert wird, authentisch oder relevant?
In der allgemeinen Wahrnehmung schon - wir sind nicht umsonst eine Medien-Gesellschaft. - Dass es unter Insidern irrelevant ist, hat eher esoterischen (von griechisch ἐσωτερικός esōterikós ‚innerlich‘, ‚dem inneren Bereich zugehörig‘) Charakter, spielt also keine Rolle nach außen. - Wahrheit ist immer esoterisch (im Sinne der ursprünglichen Wortbedeutung) - also nie Massenware.

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#170 Re: Wie wichtig ist Wissenschaft?

Beitrag von Pluto » Mo 10. Nov 2014, 21:13

closs hat geschrieben:Dass es unter Insidern irrelevant ist, hat eher esoterischen (von griechisch ἐσωτερικός esōterikós ‚innerlich‘, ‚dem inneren Bereich zugehörig‘) Charakter, spielt also keine Rolle nach außen.
Danke! Das ist auch meine Meinung.
Genau aus diesem Grund finde ich es auch falsch zu behaupten, Akademiker seien Leute die bloß große Mengen Stoff ins Kurzzeitgedäcthnis "stopfen".
Das ist zu platt gedacht — kolportierte mediale Meinungsmache und Polemik.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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