Was unterscheidet Messung von Wahrnehmung?

Alle Themen aus Naturwissenschaft & Technik die nicht in die Hauptthemen passen.
ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#131 Re: Was unterscheidet Messung von Wahrnehmung?

Beitrag von ThomasM » Mi 2. Mär 2016, 09:06

Pluto hat geschrieben: Neue Überlegungen, z.B. von Prof. Sean Carroll von Caltech (http://www.preposterousuniverse.com/blo ... ccelerate/), gehen dahin, dass die Expansion nur scheinbar ist.
Das sind die problematischen Seiten des Internets.
Sean Carroll scheint ein ganz normaler Physiker mit tatsächlichem "standing" zu sein.
Trotzdem sind die zitierten Gedanken nur Teil eines persönlichen Blogs, also weder ausgereift noch einem Peer Review unterzogen.

Für einen Laien ist der Unterschied zwischen "gedanklicher Freiheit" und "ernsthafter Theorie" schwer bis gar nicht erkennbar, schon gar nicht bei diesem Gebiet.
Aktuell ist das Gebiet der beschleunigten Expansion des Universums im Fluss. Klare Antworten sind noch nicht zu sehen und klare Messungen fehlen ebenfalls. Da bleibt nur abwarten und schauen, was die Zukunft bringt.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
Administrator
Beiträge: 43975
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:56
Wohnort: Deutschland

#132 Re: Was unterscheidet Messung von Wahrnehmung?

Beitrag von Pluto » Mi 2. Mär 2016, 09:13

ThomasM hat geschrieben:Aktuell ist das Gebiet der beschleunigten Expansion des Universums im Fluss. Klare Antworten sind noch nicht zu sehen und klare Messungen fehlen ebenfalls. Da bleibt nur abwarten und schauen, was die Zukunft bringt.
Genau deshalb finde ich es wichtig, wenn Experten auf dem Gebiet, wie Sean Carroll auch mal aus dem "Nähkästchen" reden und ihre noch unausgegorenen Ideen aussprechen.
Aus solchem "Brainstorming" kann am Ende eine neue, verlässliche Theorie entstehen.

Sean Carroll über das Universum

Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Benutzeravatar
seeadler
Beiträge: 4649
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:24
Kontaktdaten:

#133 Re: Was unterscheidet Messung von Wahrnehmung?

Beitrag von seeadler » Mi 2. Mär 2016, 10:21

Pluto hat geschrieben:@ seeadler

Es stellt sich immer wieder dieselbe Frage...
Zu welchen Beobachtungen passt denn eigentlich dein Modell?

Mir scheint, du hantierst fortlaufend mit denselben wenigen, dir vertrauten Formeln, befindest dich aber in einem gedanklichen Vakuum.
Das, und die notwendige Grundausbildung unterscheiden dich ganz extrem von den Ideen eines Sean Carroll. Er orientiert sich IMMER an den tatsächlichen Beobachtungen.

Du hingegen, tust das Gegenteil. Deine Ideen und Modelle scheinen sich eher in einem luftleeren Raum fernab von der Realität zu bewegen.


Pluto, dieser Thread nennt sich Unterschied zwischen Messung und Wahrnehmung; man könnte auch sagen "Unterschied zwischen scheinbarer Realität wie auch scheinbarer beobachtung und ebenso scheinbarer Messung! Denn letztendlich ist alles nur eine Interpretationsfrage. Aber genau das wollt ihr nicht "wahrhaben", also wahrnehmen.

Nach dieser Steilvorlage von dir in Richtung Scrypton werde ich hier keine Beiträge mehr schreiben.... das war´s also

...und tschüss.
Alles, was ich hier schreibe, verstehe ich lediglich als Gedanken und Anregungen, Inspirationen, keine Fakten! Wenn es mit tatsächlichen abgleichbaren Fakten übereinstimmt, dann zufällig.

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#134 Re: Was unterscheidet Messung von Wahrnehmung?

Beitrag von ThomasM » Mi 2. Mär 2016, 12:35

seeadler hat geschrieben: Pluto, dieser Thread nennt sich Unterschied zwischen Messung und Wahrnehmung; man könnte auch sagen "Unterschied zwischen scheinbarer Realität wie auch scheinbarer beobachtung und ebenso scheinbarer Messung! Denn letztendlich ist alles nur eine Interpretationsfrage. Aber genau das wollt ihr nicht "wahrhaben", also wahrnehmen.
Eine Messung kann nicht scheinbar sein, eine Messung ist eine Messung, ein objektives Stück Ergebnis.

Die Frage ist, wie man das Ergebnis einer Messung interpretiert. Das hängt an der Theorie dahinter. Diese definiert dann die Wahrnehmung und kann unterschiedlich sein.
Hat man eine Theorie, dann muss man sagen, wie eine Messung im Rahmen dieser Theorie zu verstehen ist. Das ist Plutos Punkt und innerhalb der Wissenschaft ein wesentlicher Punkt.

Wenn es also in dieser Weise Wahrnehmung vielfach unterschiedlich sein kann, so ist sie im Rahmen der Wissenschaft nicht beliebig. Es ist nicht "alles" eine Interpretationsfrage. Es sind logische und faktische Grenzen der Wahrnehmung gesetzt.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Benutzeravatar
seeadler
Beiträge: 4649
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:24
Kontaktdaten:

#135 Re: Was unterscheidet Messung von Wahrnehmung?

Beitrag von seeadler » Mi 2. Mär 2016, 13:25

ThomasM hat geschrieben:Eine Messung kann nicht scheinbar sein, eine Messung ist eine Messung, ein objektives Stück Ergebnis.

Was versteht man unter objektiv, und was ist im Gegensatz dazu subjektiv. Eine Messung basiert auf die Kenntnis von Vergleichwerten. Das heißt, hier muss schon mal ein Ergebnis vorliegen, mit dem das zu messende Objekt verglichen werden kann. Egal, was ich da jetzt nun eigentlich messe.

Hier erfolgt also schon mal eine Vorabwahl der Auswahlkriterien, wie es zu interpretieren ist oder nach welchen Kriterien ich eigentlich messen möchte.

Unter einer scheinbaren Messung verstehe ich eine nicht objektive wertneutrale Messung, sondern lediglich das Ermitteln eines vergleichbaren Indiz, also eines eigentlich schon bekannten zuvor bestimmten Aspektes.

Ich habe damals vor 25 Jahren zu Dr. Reinhard Breuer gesagt, dass sich die Massen nicht anziehen, es also keine wirkliche Gravitation gäbe, sondern lediglich einen Gravitationseffekt. Er antwortete mir, dass dies Unsinn sei, man könne dies ja jederzeit messen und nachweisen. Daraufhin antwortete ich ihm, dass wir hier lediglich das messen, was wir beobachten können. Dies heißt aber nicht, dass wir die Gravitation messen, also nachweisen. Was wir messen ist ein beobachtbarer Prozess. Dieses dann mit einem Namen zu belegen, zu sagen, was genau wir da eigentlich messen ist wiederum lediglich interpretation. Somit für mich eine "scheinbare Messung" eines genannten zugeordneten Sachverhaltes!

ThomasM hat geschrieben:Es sind logische und faktische Grenzen der Wahrnehmung gesetzt.

eben. Und wenn ich nun Hilfsmittel ersinne und baue, um meine Wahrnehmung zu vertiefen zu erweitern, damit ich dadurch erweitert messen kann, so weiß ich im Grunde genommen schon vorher, was ich da eigentlich sehen und erfassen will und habe es durch den Bau des Hilfsmittels bereits zugeordnet. Auch dies ist nicht objektiv sondern subjektiv.
Alles, was ich hier schreibe, verstehe ich lediglich als Gedanken und Anregungen, Inspirationen, keine Fakten! Wenn es mit tatsächlichen abgleichbaren Fakten übereinstimmt, dann zufällig.

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#136 Re: Was unterscheidet Messung von Wahrnehmung?

Beitrag von ThomasM » Mi 2. Mär 2016, 16:14

seeadler hat geschrieben: Unter einer scheinbaren Messung verstehe ich eine nicht objektive wertneutrale Messung, sondern lediglich das Ermitteln eines vergleichbaren Indiz, also eines eigentlich schon bekannten zuvor bestimmten Aspektes.

Ich habe damals vor 25 Jahren zu Dr. Reinhard Breuer gesagt, dass sich die Massen nicht anziehen, es also keine wirkliche Gravitation gäbe, sondern lediglich einen Gravitationseffekt. Er antwortete mir, dass dies Unsinn sei, man könne dies ja jederzeit messen und nachweisen. Daraufhin antwortete ich ihm, dass wir hier lediglich das messen, was wir beobachten können.
Im Prinzip wollte ich das sagen, was du beschreibst.
Die Messung besagt: Massen bewegen sich aufeinander zu. Das ist objektiv so und auch wertneutral festzustellen, nicht nur seitdem Newton ein Apfel auf den Kopf gefallen ist. Meinetwegen kann man das den "Gravitationseffekt" nennen, aber hier benutzt du das Wort Gravitation in einer bestimmten Weise.
Man kann auch sagen: Ich beobachte, wie Gravitation wirkt. In diesem Fall benutzt du das Wort eben als Beschreibung dessen, was man beaobachtet. Ich denke, deine Diskussion mit Herrn Breuer ist eine um Worte. Der Fakt "Anziehung" bleibt.

Die Frage ist, was diese Wirkung verursacht. Und hier sind - je nach Theorie - eben verschiedene Dinge möglich. Egal ob Kraft, Krümmung oder Austauschteilchen, der Fakt muss erklärt werden.

seeadler hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Es sind logische und faktische Grenzen der Wahrnehmung gesetzt.
eben. Und wenn ich nun Hilfsmittel ersinne und baue, um meine Wahrnehmung zu vertiefen zu erweitern, damit ich dadurch erweitert messen kann, so weiß ich im Grunde genommen schon vorher, was ich da eigentlich sehen und erfassen will und habe es durch den Bau des Hilfsmittels bereits zugeordnet. Auch dies ist nicht objektiv sondern subjektiv.
Wenn du dir etwas denkst, dann ist das subjektiv, weil eben eine Theorie.
Aber - egal welches Hilfsmittel du nimmst - die Messung ist das Wichtige.

Wenn du zwei verschiedene subjektive Wahrnehmungen hast (zwei Theorien), dann werden sie sich in irgendetwas unterscheiden (sonst ist der Unterschied nicht mehr naturwissenschaftlich).
Beispiel:
So wissen wir, dass eine Newtonsche Kraft nicht auf Licht wirkt (Licht hat keine Masse)
Eine Einsteinsche Krümmung aber schon (Einstein hat Energie-Masse Äquivalenz)

Was machen wir also? Wir machen eine Messung, ob Licht durch Masse abgelenkt wird.
Wir stellen fest: ja
Also wissen wir, dass Einstein die bessere Wahrnehmung hatte.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Benutzeravatar
seeadler
Beiträge: 4649
Registriert: Mo 15. Apr 2013, 23:24
Kontaktdaten:

#137 Re: Was unterscheidet Messung von Wahrnehmung?

Beitrag von seeadler » Do 3. Mär 2016, 09:51

ThomasM hat geschrieben: Wenn du zwei verschiedene subjektive Wahrnehmungen hast (zwei Theorien), dann werden sie sich in irgendetwas unterscheiden (sonst ist der Unterschied nicht mehr naturwissenschaftlich).

Ich würde dies mal gerne auf das Thema Expansion des Universums fokussieren.

Wenn zwei Systeme im Raum sich frei bewegen können, und es überhaupt keine anderen "Vergleichssysteme" gibt, und diese beiden "Systeme" entfernen sich voneinander, so kann ich zwar irgendwie durch Vergleiche innerhalb meines Inertialsystems eine Aussage darüber machen, wie schnell sich jene beiden Systeme voneinander entfernen - stets immer im Verhältnis zu den von mir festgelegten Parametern - und so kann ich sicherlich dann auch bestimmen, ob hier eine Beschleunigte Entfernung voneinander vorliegt... : aber ich kann nicht sagen, ob jenes oder das andere System oder sich gar beide Systeme voneinander entfernen. Ebenso kann ich auch nicht behaupten, dass sich nur das eine beschleunigt bewegt, oder gar beide, genauso wenig wie ich herausfinden kann, ohne mindestens einen dritten Bezugspunkt, ob sie sich gar mit unterschiedlicher Beschleunigung voneinander entfernen.

Und .... ich kann auch nicht sagen, dass sich die beiden Systeme selbst bewegen, oder sich lediglich der Raum zwischen ihnen vergrößert, und dies mit den genannten Eigenschaften.

Und.... ebenso wenig weiß ich, ob nicht die beiden Systeme selbst kontrahieren, somit auch meines, in dem ich mich befinde, bzw, wovon ich ein fester Bestandteil bin!

Wie also bekomme ich hier aussagekräftige eindeutige unzweifelhafte Messergebnisse?

Und selbst dann, wenn ich dritte, vierte, fünfte und wieviel auch immer weitere Bezugssysteme heranziehe, so kann ich auch hier keine wirklich zweifellose Aussage definieren - sondern stets eine rein "bezügliche", und darum auch subjektive Aussage.

Ich halte es also für sehr gewagt, zu behaupten, man wisse heute ganz genau, dass das Universum expandiert, und dafür gab es bereits einen Nobelpreis....

ich frage mich, ob hier wirklich alle in Frage kommenden "Kritikpunkte", die unser guter Pluto hin und wieder bei mir und Scrypton zu Genüge bei mir zu finden glaubt, andererseits aber weniger kritisch mit Aussagen umgeht, die eigentlich noch sehr jung sind, meiner Meinung nach, als dass man hier schon von manifestierten autonomen objektiven Aussagen sprechen kann. Ich denke, Einstein hatte da klar bewiesen mit Blick auf Newton, dass man da grundsätzlich vorsichtig sein sollte.
Alles, was ich hier schreibe, verstehe ich lediglich als Gedanken und Anregungen, Inspirationen, keine Fakten! Wenn es mit tatsächlichen abgleichbaren Fakten übereinstimmt, dann zufällig.

ThomasM
Beiträge: 5866
Registriert: Mo 20. Mai 2013, 19:43

#138 Re: Was unterscheidet Messung von Wahrnehmung?

Beitrag von ThomasM » Do 3. Mär 2016, 12:43

seeadler hat geschrieben: aber ich kann nicht sagen, ob jenes oder das andere System oder sich gar beide Systeme voneinander entfernen. Ebenso kann ich auch nicht behaupten, dass sich nur das eine beschleunigt bewegt, oder gar beide,
Genau das ist die Grundaussage der Relativitätstheorie.
In Bezug auf Geschwindigkeiten ist das die spezielle Relativitätstheorie (Die Geschwindigkeit hängt ab von dem Bezugssystem, das ich wähle) und in Bezug auf Beschleunigungen ist das die allgemeine Relativitätstheorie.

seeadler hat geschrieben: Und .... ich kann auch nicht sagen, dass sich die beiden Systeme selbst bewegen, oder sich lediglich der Raum zwischen ihnen vergrößert, und dies mit den genannten Eigenschaften.
Doch im Prinzip kann ich das sagen.
Lassen wir mal die Beschleunigung weg und konzentrieren uns auf den Fall, dass nur eine Geschwindigkeit zwischen zwei Systemen (sagen wir unserer Sonne und einer Galaxie) vorliegt.
Angenommen, ich bin in der Lage, die Entfernung zwischen den beiden Systemen mit einem Maßstab (z.B. dem wohlbekannten Zollstock) zu messen. Das mache ich zu einem Zeitpunkt t1 und einem Zeitpunkt t2. Ich stelle fest, dass ich zum Zeitpunkt t1 die Entfernung x1 messe und zum Zeitpunkt t2 die Entfernung x2.

Nun ist es ganz einfach.
Sind x1 und x2 verschieden, dann haben sich die beiden Systeme selbst bewegt. Das sollte dich nicht überraschen, denn das ist die Definition von Geschwindigkeit als Entfernungsänderung pro Zeitänderung.

Sind x1 und x2 gleich, dann haben sie sich nicht selbst bewegt. Wieso kann das denn vorkommen?
Nun, wenn sich der Raum zwischen den beiden Systemen vergrößert, dann vergrößert sich der Maßstab, mit dem ich Entfernung messe, in demselben Maß. Also werde ich keinen Unterschied in der Entfernung messen. Wenn sich der Raum ausdehnt, ändern sich die Entfernungen nicht.

Um den letzten Punkt klar zu machen, mache folgendes Experiment:
Blase einen Luftballon etwas auf und markiere zwei Punkte. Dann mache zwischen den beiden als Maßstab Striche, z.B. sind die Punkte drei Striche voneinander entfernt.
Jetzt blase den Luftballon weiter auf. Danach prüfe, wieviele Striche die beiden Punkte voneinander entfernt sind. Es sind immer noch drei! Mein Maßstab hat sich mit ausgedehnt.
Dass ein stärker aufgeblasener Luftballon "größer" ist, kann ich nur feststellen, wenn ich einen Maßstab nehme, der außerhalb des Luftballons existiert. Aber das ist das Problem mit dem Universum. Ich habe nichts, was außerhalb des Universums existiert.

Der letzte Punkt mag dich verblüffen, denn in den populären Darstellungen wird so getan, als würde sich die Entfernung zwischen den Systemen auf Grund der Ausdehnung des Universums vergrößern. Das stimmt aber nicht.
Das Problem liegt daran, dass ich die Entfernung zwischen der Sonne und einer weit entfernten Galaxie gar nicht direkt messen kann. Ich habe gar keinen Zollstock.
Das, was ich messe ist die Rotverschiebung des Lichts. Und da gibt es zwei Sorten:
- Rotverschiebung aufgrund der sich selbst bewegenden Systeme (Dopplereffekt)
- Rotverschiebung aufgrund der Ausdehnung des Raumes (kosmologische Rotverschiebung)

Hier liegt der Knackpunkt. Die Ausdehnung des Raumes erzeugt eine Rotverschiebung des Lichts, obwohl sich die Entfernung gar nicht ändert.
Wenn ich nun eine Rotverschiebung messe, dann ist die sehr schwierige Frage, welcher Anteil an der Rotverschiebung ist kosmologisch und welcher Anteil ist Dopplereffekt? Das lässt sich anhand einer einzelnen Messung NICHT beantworten.

Die Antwort kommt durch Vergleich. Messe ich eine ganze Menge von Galaxien, dann werden sich deren Bewegung alle unterscheiden, die Ausdehnung des Raumes ist aber für alle dieselbe. Solche Vergleiche hat man gemacht und dadurch den Anteil extrahieren können, der kosmologischen Ursprungs ist. Das ist eine recht mühsame und langwierige Arbeit

seeadler hat geschrieben: Ich halte es also für sehr gewagt, zu behaupten, man wisse heute ganz genau, dass das Universum expandiert, und dafür gab es bereits einen Nobelpreis....
Ich hoffe, ich habe dir klargemacht, dass Physiker nicht dumm sind und sehr kritisch. Die Ausdehnung - und sogar die beschleunigte Ausdehnung - ist das beste Modell, was aktuell existiert, was die Messergebnisse reproduziert. Und das ist nicht nur eine einzelne Messung, sondern eine Sammlung von tausenden von Messungen.

Und ich hoffe, ich habe dir klargemacht, dass die Vergabe von Nobelpreisen ernst zu nehmen ist.
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#139 Re: Was unterscheidet Messung von Wahrnehmung?

Beitrag von Halman » Do 3. Mär 2016, 15:41

seeadler hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben: Wenn du zwei verschiedene subjektive Wahrnehmungen hast (zwei Theorien), dann werden sie sich in irgendetwas unterscheiden (sonst ist der Unterschied nicht mehr naturwissenschaftlich).

Ich würde dies mal gerne auf das Thema Expansion des Universums fokussieren.

Wenn zwei Systeme im Raum sich frei bewegen können, und es überhaupt keine anderen "Vergleichssysteme" gibt, und diese beiden "Systeme" entfernen sich voneinander, so kann ich zwar irgendwie durch Vergleiche innerhalb meines Inertialsystems eine Aussage darüber machen, wie schnell sich jene beiden Systeme voneinander entfernen - stets immer im Verhältnis zu den von mir festgelegten Parametern - und so kann ich sicherlich dann auch bestimmen, ob hier eine Beschleunigte Entfernung voneinander vorliegt... : aber ich kann nicht sagen, ob jenes oder das andere System oder sich gar beide Systeme voneinander entfernen. Ebenso kann ich auch nicht behaupten, dass sich nur das eine beschleunigt bewegt, oder gar beide, genauso wenig wie ich herausfinden kann, ohne mindestens einen dritten Bezugspunkt, ob sie sich gar mit unterschiedlicher Beschleunigung voneinander entfernen.
Thomas hat Deine Fragen natürlich viel besser beantwortet, als ich es könnte, aber ich möchte dennoch meinen "Senf" dazugeben - weil mit Senf schmeckt die "Wurst" einfach besser. ;) :lol:
Okay, ernsthaft: Deine scharfsinnigen Überlegungen stimmen, wie Thomas bereits zutreffend bemerkt hat, mit der Logik der SRT überein, in der festgestellt wird, dass Bewegungen nur relativ zu anderen Objekten (Bezugssystemen) definiert werden kann. Absolute Bewegungen zu einem starren Raum bzw. dem im Raum als ruhend angenommenden Äther als ausgezeichnetest Bezugssytem, wie noch in der Zeit vor der einstein'schen Physik, können nicht definiert werden. Die Vorstellung eines ausgezeichneten Bezugssytemes wurde aufgegeben.

seeadler hat geschrieben:Und .... ich kann auch nicht sagen, dass sich die beiden Systeme selbst bewegen, oder sich lediglich der Raum zwischen ihnen vergrößert, und dies mit den genannten Eigenschaften.
Natürlich wäre auch eine Expansion des Raumes denkbar. Die Relativitätstheorie erlaubt eine solche Beschreibung, da die Raumzeit in ihr dynamisch beschrieben wird. Aus dieser Dynamik folgt auch die Möglichkeit, dass Krümmungen der Raumzeit zur Kontraktion oder Expansion des Raumes führen können.

seeadler hat geschrieben:Und.... ebenso wenig weiß ich, ob nicht die beiden Systeme selbst kontrahieren, somit auch meines, in dem ich mich befinde, bzw, wovon ich ein fester Bestandteil bin!
Du meinst so ähnlich wie in dem Spielfilm "Die phantastische Reise", in der die Protagonisten auf mikrosmopische Größe verkeinert wurden und ihnen daher der menschliche Körper des Patienten viel größer erschien, oder wie im Spielfilm "Die unglaubliche Geschichte des Mister C.", in welcher er immer kleiner wurde? Aus seiner Perpektive "wuchs" die Welt.
Nun, dies sind natürlich denkbare Szenarien, allerdings halte ich mich an Ockhams Prinzip: Ich verzichte auf zusätzliche Annahmen, wenn sie keinen besseren Erklärungsgehalt haben, insbesondere wenn ein gutes Modell wie die ART vorliegt, welches die Welt im Makrokosmos ohne solche Zusatzannahmen plausibel beschreiben kann.

seeadler hat geschrieben:Ich halte es also für sehr gewagt, zu behaupten, man wisse heute ganz genau, dass das Universum expandiert, und dafür gab es bereits einen Nobelpreis....
Ganz genau weißt man es wohl nicht, aber das Modell eines expandierendem Universums erscheint mir doch sehr überzeugend. Die ART enthält die Möglichkeit, die Krümmung der Raumzeit so zu beschreiben, dass ein expandierendes Universum herauskommt.
In vielen Experimenten wurden Vorhersagen der ART bestätigt, welches für die Qualität des einstein'cshen Modelles spricht. Darum scheint das Vertrauen in der ART gerechtfertigt zu sein.
Die zunehmende Rotverschiebung ferner Galaxien lässt sich plausibel über die kosmologische Rotverschiebung erklären. Als Kritik kann man natürlich auf die »Arpschen Objekte« verweisen. Wie diese zu bewerten sind, entzieht sich leider meiner Kenntnis, hier hoffe ich, dass uns Thomas weiterhilft.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Benutzeravatar
Halman
Beiträge: 4016
Registriert: Di 25. Feb 2014, 20:51

#140 Re: Was unterscheidet Messung von Wahrnehmung?

Beitrag von Halman » Do 3. Mär 2016, 15:46

ThomasM hat geschrieben:Hier liegt der Knackpunkt. Die Ausdehnung des Raumes erzeugt eine Rotverschiebung des Lichts, obwohl sich die Entfernung gar nicht ändert.
Wenn ich nun eine Rotverschiebung messe, dann ist die sehr schwierige Frage, welcher Anteil an der Rotverschiebung ist kosmologisch und welcher Anteil ist Dopplereffekt? Das lässt sich anhand einer einzelnen Messung NICHT beantworten.

Die Antwort kommt durch Vergleich. Messe ich eine ganze Menge von Galaxien, dann werden sich deren Bewegung alle unterscheiden, die Ausdehnung des Raumes ist aber für alle dieselbe. Solche Vergleiche hat man gemacht und dadurch den Anteil extrahieren können, der kosmologischen Ursprungs ist. Das ist eine recht mühsame und langwierige Arbeit
Dies habe ich aber anders gelernt. John A. Wheeler verwandte in seinem Buch Gravitation und Raumzeit als Veranschaulichung einen Luftballon, auf dem Münzen geklebt sind: Wird der Luftballon aufgeblasen, so nehmen die Abstände zwischen den Münzen zu, doch die Münzen selbst bleiben unverändert. Analog nehmen die Abstände zwischen den Clustern zu, doch innerhalb der Cluster dominiert die Gravitation. Atome bis hin zu Galaxienhaufen expandieren nicht, die Expansion wird erst bei Superhaufen sichtbar.
Durch die Expansion des Raumes ändern sich nach meiner Kenntnis auch die Enternungen zu anderen Clustern.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Antworten