#11 Re: Hallo, hier ist Mirjam
Verfasst: Fr 27. Apr 2018, 21:09
Mirjam hat geschrieben:Nicht ganz! Neben der Deutung des Namens Mariam als hebräische Wurzel (die genaue Wortbedeutung ist ja eh mehrdeutig und umstritten) gibt es auch noch die These, dass Mariam genau wie der Name Moses eigentlich ägyptisch ist und sich von "Mrj(.t)-Amun" - "die von Amun geliebte" ableitet.Genau aufgrund dieser weiteren Deutungsmöglichkeit habe ich den Nick gewählt Außerdem bedeutet "Amun" wörtlich "der Verborgene", und ein Nicknameist ja nichts weiter als ein verbergen der realen Identität
Sehr interessant Mirjam ist einer meiner Lieblingsnamen für Frauen. Wenn ich eine Tochter hätte, so wäre er in der engeren Auswahl. Da ich einen richtigen Namensfetisch habe, hast Du schon dadurch Sympathie bei mir gewonnen. Ich denke bei dem Namen übrigens auch an ein Gedicht von Paul Celan, den ich sehr verehre. Dieser große jüdische Dichter hat die deutsche Sprache nach dem Holocaust neu erfunden und gewissermaßen reanimiert, nachdem sie so sehr geschändet wurde. Faszinierend finde ich (schon wieder eine lustige Synchronizität im Zusammenhang mit Dir) dass das Gedicht Ägypten heißt.
Ägypten
Du sollst zum Aug der Fremden sagen: Sei das Wasser.
Du sollst, die du im Wasser weißt, im Aug der Fremden suchen.
Du sollst sie rufen aus dem Wasser: Ruth! Noemi! Mirjam!
Du sollst sie schmücken, wenn du bei der Fremden liegst.
Du sollst sie schmücken mit dem Wolkenhaar der Fremden.
Du sollst zu Ruth und Mirjam und Noemi sagen:
Seht, ich schlaf bei ihr!
Du sollst die Fremde neben dir am schönsten schmücken.
Du sollst sie schmücken mit dem Schmerz um Ruth, um Mirjam und Noemi.
Du sollst zur Fremden sagen:
Sieh, ich schlief bei diesen!"
Dieses Gedicht hat Celan Ingeborg Bachmann gewidmet, die beide eine Liebesbeziehung miteinander hatten (Ingeborg Bachmann / Paul Celan: Herzzeit. Der Briefwechsel. Suhrkamp Verlag) als ich Celan zum ersten mal las, hat das meine Idee von Sprache revolutioniert. Empfehlenswert sind seine gesammelten Gedichte (kommentierte Gesamtausgabe) ebenfalls bei Suhrkamp erschienen.
Mirjam hat geschrieben:Naja, ursprünglich wollte ich nur im November noch mal ein bisschen Sonne abbekommen und habe meinen Vater überredet, mich mit nach Ägypten zu nehmen. Ein paar Jahre später hatte ich ein halbes Ägyptologiestudium und meinen Glauben gefundenMagdalena61 hat geschrieben:wie bist du darauf gekommen?Ich gehöre zu den Neuheiden, also zu denen, die eine alte Religion im Kontext der modernen Welt neu leben.
liebe Grüße
Mirjam
Die göttliche Vorherbestimmung hat ihre Mittel und Wege, um die Menschen zu kötern ohne das Gesetz des freien Willens zu missachten Nun würde mich interessieren: wie kann Dich dein Vater einfach mal „mit nach Ägypten nehmen“. Ist er Archäologe oder soetwas?
Mirjam hat geschrieben:Novalis hat geschrieben:Die theologischen und philosophischen Schriften der Ägypter sind immerhin älter als die Bibel und relativ umfangreich erhalten.
Welche würdest Du denn empfehlen?
Nur kurz von mir, weil ich gerade noch auf Arbeit bin und nur kurz Pause habe:
Meine persönliche Empfehlung wäre diese.
Religiöse Schriften:
1. Beginne mit einigen Schöpfungsmythen (wir haben diverse)
Heliopolitanischer Mythos = Atum-Kosmogonie
Achtheit von Hermopolis
Saitischer Mythos = Neith-Kosmogonie
2. Dann ein Mythos, der von der "Urzeit" der Welt erzählt, die "Geschichte von der Vernichtung der Menschheit". Es ist so ein wenig der Sintflut-Topos, es geht um eine göttliche Strafaktion. Allerdings besteht die Flut, die darin vorkommt aus Bier und rettet die Menschen, statt sie zu vernichten... das merkst du dann
Der Mythos findet sich im sog. "Buch von der Himmelskuh"
3. Als nächsten solltest du eine Hymnus lesen. Am besten den "Kairener Amunshymnus", dazu vielleicht noch eine der "Sonnenlitaneien" des Echnaton
4. Wenn du nach den Hymnen den Eindruck gewonnen hast, die ägypter seien doch im Grund Monotheisten, dann bietet dir der "Streit zwischen Horus und Seth" das polytheistische Gegenprogramm. Aber bitte keine der gekürzten, nacherzählten Fassungen, die lassen meist die nicht jugendfreien Episoden aus, und das ist sehr schade.
5. Als Sekundärliteratur zum Thema Religion des Alten ägypten empfehle ich Erik Hornung, "Der Eine und die Vielen". Es bietet eine umfassende und fachlich fundierte Erläuterung altägyptischer Gottesvorstellungen und Konzepte. Wenn du nur ein enziges Buch zum Thema liest, dann sollte es dieses sein.
so, muss wieder an die Arbeit!
liebe Grüße
Mirjam
Sehr interessant. Nachdem Du mich darauf hingewiesen hast, werde ich mich wohl durch deine Person damit beschäftigen müssen. Kennst Du ein paar lesenswerte Webseiten, die darüber informieren? Gerade überlege ich mir Erik Hornung, „Der Eine und die Vielen“ zu bestellen, denn ich habe ohnehin noch einen Gutschein für Amazon. Allerdings habe ich eine gigantische Leseliste und bin sehr misstrauisch, wenn mir Bücher empfohlen werden, aber wenn Du es empfiehlst, wird es wertvoll sein. Man soll die Stimmen ja wägen und nicht zählen und deiner Stimme vertraue ich. Sie hat ein schillernd goldene Klangfarbe, Symbol des Sonnengottes Ra.