Hitler-Deutschland

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1Johannes4
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#31 Re: Hitler-Deutschland

Beitrag von 1Johannes4 » So 1. Okt 2017, 18:47

Hallo Helmuth,

Helmuth hat geschrieben:In der Theologie-"Theorie" mag das stimen, aber würdest du diese Prüfung bestehen?
Bei solchen hypothetischen Fragen steht meistens schon der weitere Verlauf fest: würde man dergleichen bejahen, bekommt man als Reaktion, dass man ja leicht reden hätte, da man nicht in einer solchen Situation wäre. Würde man es verneinen, würde es als Beleg der Aussage interpretiert, obwohl man genausowenig in der Situation wäre.
Angesichts dessen, dass ich die Argumentation von meinem Vater habe, der den Eid auf Hitler verweigerte, denke ich schon, dass ich nicht wie alle Anderen in den Abgrund springen würde nur weil das eben alle Anderen auch tun. Desgleichen habe ich schon mehrfach Entscheidungen in meinem Leben getroffen wie sie die meisten Mainstream-Lemminge eher nicht treffen. Trotzdem kann ich nicht wissen was mich in einer künftigen konkreten Situation bestimmen wird. Da vertraue ich weniger mir selbst als in Gott, der mich da dann entsprechend führen möge.

Helmuth hat geschrieben:War z.B. von Anfang an jedem Soldaten klar, welchem Irren er da folgt?
Jemand meinte mal, dass jeder genug gewusst habe um zu wissen, dass er nicht mehr wissen will. Jedem waren beispielsweise die Nürnberger Rassegesetze bekannt und spätestens 1938 gab es mit der Reichspogromnacht zahlreiche öffentliche Morde an Juden, die offensichtlich vom Staat gebilligt wurden. Danach war es nur noch eine Frage der Quantität, nicht mehr eine qualitative Frage dessen, ob dieses System dem Wesen nach mörderisch und grausam war. Aber natürlich kann man auch angesichts von Wochenschauen in den das deutsche Volk geklatscht hat als jüdische Wohnungen, Geschäfte und Synagogen in Brand aufgingen, immer noch behaupten, dass die Leute nichts wussten.
Wie sollte man auch auf die Idee kommen können, dass in einem brennenden Wohnhaus Mütter und Kinder gerade bei vollem Bewusstsein verbrennen könnten? Schon klar, dass man sich da erstmal umsieht was die Anderen machen und wenn diejenigen klatschen, klatscht man eben auch.

Grüße,
Daniel.
Da der hiesige Admin willkürlich meine Beiträge löscht, lohnt es sich nicht hier noch mitzulesen bzw. sich mit Kommentaren einzubringen. Wünsche Euch alles Gute.

closs
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#32 Re: Hitler-Deutschland

Beitrag von closs » So 1. Okt 2017, 19:45

1Johannes4 hat geschrieben:Jemand meinte mal, dass jeder genug gewusst habe um zu wissen, dass er nicht mehr wissen will.
Man darf meines Erachtens die damalige Zeit nicht mit heutigem Maßstab messen.

Mein Vater wurde als 18Jähriger zum Russland-Feldzug eingezogen und kam 8 Jahre später, gerade noch überlebend, zurück. - Seinen Worten und auch den Worten anderer Zeitzeugen (hier: im eher ländlichen Bereich) ist folgendes ziemlich homogen zu entnehmen:
* Es gab KEINE Informations-Quellen außer den staatlichen, die in der PRaxis genutzt wurden.
* Juden gab es auch auf dem Land, die aber sozial abgegrenzt lebten - als sie umgesiedelt wurden (das hat man wirklich geglaubt), war das emotional so, wie wenn heute Asylanten abgeholt und in ein Flugzeug gesetzt werden. - Davon, dass der Staat dann die abgekauften (das glaubte man) Juden-Häuser anders verwertet hat, fand man nicht sensationell.
* Die Zeiten waren damals härter als heute: 5 Uhr aufstehen, harte körperliche Arbeit, abends müde ins Bett fallen - am Sonntag ein Ruhetag in Kirche und Wirtschaft - es gab keine Informations-Kultur, kaum ein Radio, kein TV, ganz wenige Zeitungen. - Und was es gab, wurde vorher gefilzt.
* KZs waren bspw. meinem Vater NICHT bekannt (ich meine sogar, dass er gesagt hat, davon erstmals 1948 nach seiner Rückkehr aus Russland gehört zu haben). - Er und seine Kameraden seien einfach mit Krieg, Hunger und Kälte beschäftigt gewesen - und die wenigen Heimaturlaube wurden einfach "daheim" bei der Familie verbracht - da gab es keine KZ-Diskussionen.

Insofern: Selbst wenn man nachweisen könnte, dass 50% der Bevölkerung das Wort KZ schon mal gehört hatten, bleibt immer noch die Frage: Wurde das reflektiert oder ging es in einem Ohr rein und aus dem anderen wieder raus.

1Johannes4 hat geschrieben:Wie sollte man auch auf die Idee kommen können, dass in einem brennenden Wohnhaus Mütter und Kinder gerade bei vollem Bewusstsein verbrennen könnten? Schon klar, dass man sich da erstmal umsieht was die Anderen machen und wenn diejenigen klatschen, klatscht man eben auch.
Das ist Krieg. - Helmut Schmidt wurde kurz vor seinem Tod gefragt, ob er nicht an die Toten gedacht hat, wenn wieder mal eine Granate seines Trupps in ein Haus eingeschlagen hatte. - Seine Antwort war ein klares NEIN - so wie sich die Soldaten, die am Computer per Drohnen-Geschoß wieder mal eine Hochzeitsgesellschaft auseinander-sprengen, sich bei einem Volltreffer gegenseitig gratulieren - Auszeichnung winkt.

Natürlich ist das schlimm - aber es ist menschlich - auf BEIDEN Seiten - zu ALLEN Zeiten. - Ergo: Entweder wir gedenken ALLEN Soldaten oder keinen.

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sven23
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#33 Re: Hitler-Deutschland

Beitrag von sven23 » So 1. Okt 2017, 21:37

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Wir reden nicht von einzelnen Übergriffen, sondern von geplanter Vernichtung sog. "minderwertiger" Rassen, und das in millionenfacher Weise.
Das hat doch in der Regel nichts mit der normalen Wehrmacht zu tun.
Das wäre zu naiv gedacht. Zum einen waren auch Teile der Wehrmacht an Kriegsverbrechen beteiligt, zum anderen diente auch der "normale" Krieg den verbrecherischen Zielen. Eine Trennung ist praktisch nicht möglich.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ich sehe eine Gefahr der Entwicklung hin zum nationalistischen, protektionistischen Staat mit völkischem Einschlag, d. h. zu uns gehört nur der mit richtiger Hautfarbe und Religion.
Ja - das kann gut sein. An der PiS sieht man es schon. - Aber wodurch wird dies provoziert? - Meinst Du nicht auch, dass der AfD viel Wind aus den Segeln genommen werden würde, wenn man unser Gesellschaftsbild nicht so bevölkerungs-fern aufstellen würde?
Was ist eine bevölkerungsfernes Gesellschaftsbild?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#34 Re: Hitler-Deutschland

Beitrag von closs » So 1. Okt 2017, 21:57

sven23 hat geschrieben:Das wäre zu naiv gedacht.
So "naiv" ist es aber in der Realität: Kriegsverbrechen gibt es in allen Kriegen - und trotzdem sind 99% der Gefallenen in ganz "normalen" Kriegshandlungen gefallen.

sven23 hat geschrieben:zum anderen diente auch der "normale" Krieg den verbrecherischen Zielen
Klar, was denn sonst? - Was hat das mit den Soldaten zu tun?

sven23 hat geschrieben:Was ist eine bevölkerungsfernes Gesellschaftsbild?
* Leistungsträger = wer Geld hat
* Kinder = Armutsrisiko
* Wissenschaft = mehr als Alltags-Erfahrungen
* Geschlechter-Rücksichtnahme = 3. Toilette
* Homo-Ehe = Hetero-Ehe
* Egozentrik = mehr als soziales Verhalten
* etc.
Die Leute formulieren das in der Regel natürlich nicht so, aber so fühlen sie.

Mal ganz nebenbei etwas zum Stellenwert des Medien-Gesellschaftsbilds:
In Moskau wurden neulich mal Jugendliche gefragt, warum sie mehrheitlich Putin-Anhänger seien und somit unkritisch seien. - Die Jugendlichen haben gelacht und darauf hingewiesen, dass sie sehr wohl Vernünftiges und Stuss unterscheiden könnten, sie aber diese mediale Wirklichkeit unterlaufen würden, solange sie könnten: "Wir können studieren, haben unsere Freiheit, manches könnte besser sein, aber manches ist auch gut".

Das ist das eine - das andere: Die selbe Frage habe ich gestern bei der runden Geburtstagsfeier meiner SChwiegertochter gefragt: Es kamen exakt dieselben Antworten. - Man verlacht die mediale Gesellschaft und ignoriert sie einfach (und ist insofern auch nicht aggressiv) - die Facharbeiter und Ackerer in der Arbeitswelt können da nicht lachen - diese jugendliche Souveränität des lachenden Ignorieren-Könnens haben sie nicht - sie wählen halt dann AfD.

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sven23
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#35 Re: Hitler-Deutschland

Beitrag von sven23 » So 1. Okt 2017, 22:16

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das wäre zu naiv gedacht.
So "naiv" ist es aber in der Realität: Kriegsverbrechen gibt es in allen Kriegen - und trotzdem sind 99% der Gefallenen in ganz "normalen" Kriegshandlungen gefallen.
Darum ging es gar nicht, sondern um die verbrecherische Gesamtkonzeption der nationalsozialistischen Eroberungs- und Vernichtungskriege. Die amerikanische Intervention war notwendig, um dem verbrecherischen Größenwahn ein Ende zu bereiten. Wer da nicht differenzieren will, erzeugt einen unzulässigen Mischmasch.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:zum anderen diente auch der "normale" Krieg den verbrecherischen Zielen
Klar, was denn sonst? - Was hat das mit den Soldaten zu tun?
Überleg mal, was das für eine blödsinnige Frage ist. Was haben Kriege mit Soldaten zu tun? :roll:
Auch wenn Soldaten für verbrecherische Ziele mißbraucht werden, ist der Terminus Leistung in diesem Kontext unangebracht.
Ebenso ist es unangebracht, das Holocaust-Denkmal als Schandmal zu bezeichnen. Der Anlaß für das Denkmal ist eine Schande, ja, aber nicht die Gedenkstätte. Aber so hat es AFD-Höcke ja nicht gemeint.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#36 Re: Hitler-Deutschland

Beitrag von closs » So 1. Okt 2017, 22:37

sven23 hat geschrieben:Darum ging es gar nicht, sondern um die verbrecherische Gesamtkonzeption der nationalsozialistischen Eroberungs- und Vernichtungskriege.
Darum geht es gerade NICHT - das ist nun wirklich allgemein bekannt (vermutlich sogar bei der AfD).

sven23 hat geschrieben:Was haben Kriege mit Soldaten zu tun? :roll:
Nee - Du bringst den Kontext "Ist das Soldatenleben je nach dem 'gut' oder 'böse', ob der Krieg selber demokratischen oder undemokratischen/verbrecherischen Zielen dient". - Deshalb meine Frage: Was haben die Hintergründe eines Krieges mit den Soldaten zu tun, die auf beiden Seiten dasselbe leisten müssen?

sven23 hat geschrieben:Ebenso ist es unangebracht, das Holocaust-Denkmal als Schandmal zu bezeichnen.
Das wiederum ist ein Volltreffer - hat das jemand von der AfD SOO gesagt?

sven23 hat geschrieben:Aber so hat es AFD-Höcke ja nicht gemeint.
AfD-ler wurden nachgewiesenermaßen in der Vergangenheit von den Medien entstellt zitiert und interpretiert - und damit haben die MEdien natürlich ihren Ruf als "Lügenpresse" aus Sicht der AfD bestätigt (und somit weitere Wähler zur AfD geführt!!!). - Deshalb: Wo ist das genaue Zitat Höckes im Kontext? - Alles andere ist nicht verläßlich.

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#37 Re: Hitler-Deutschland

Beitrag von sven23 » So 1. Okt 2017, 22:47

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Darum ging es gar nicht, sondern um die verbrecherische Gesamtkonzeption der nationalsozialistischen Eroberungs- und Vernichtungskriege.
Darum geht es gerade NICHT - das ist nun wirklich allgemein bekannt (vermutlich sogar bei der AfD).
Gerade, weil man um die verbrecherischen Ziele und die brutale Umsetzung weiß, ist es nicht angebracht, dies mit einem positiv besetzten Terminus wie "Leistung" zu verbinden. Für die Opfer muss das wie eine nachträgliche Verhöhnung klingen.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Was haben Kriege mit Soldaten zu tun? :roll:
Nee - Du bringst den Kontext "Ist das Soldatenleben je nach dem 'gut' oder 'böse', ob der Krieg selber demokratischen oder undemokratischen/verbrecherischen Zielen dient". - Deshalb meine Frage: Was haben die Hintergründe eines Krieges mit den Soldaten zu tun, die auf beiden Seiten dasselbe leisten müssen?
Es ist nun mal so, dass der Agressor es hinterher schwerer hat, sein Handeln zu legitimieren als der Befreier. Steht nicht schon in der Bibel: wer Wind sät, wird Sturm ernten.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Ebenso ist es unangebracht, das Holocaust-Denkmal als Schandmal zu bezeichnen.
Das wiederum ist ein Volltreffer - hat das jemand von der AfD SOO gesagt?
Das war doch wochenlang ein großes Aufregerthema, von dem sich Höcke meines Wissens nach nie distanziert oder entschuldigt hat.

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Aber so hat es AFD-Höcke ja nicht gemeint.
AfD-ler wurden nachgewiesenermaßen in der Vergangenheit von den Medien entstellt zitiert und interpretiert - und damit haben die MEdien natürlich ihren Ruf als "Lügenpresse" aus Sicht der AfD bestätigt (und somit weitere Wähler zur AfD geführt!!!). - Deshalb: Wo ist das genaue Zitat Höckes im Kontext? - Alles andere ist nicht verläßlich.
Ach, jetzt geht das wieder los. Hinterher ist man immer falsch zitiert worden, oder auf der Tastatur abgeruscht. :roll:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#38 Re: Hitler-Deutschland

Beitrag von closs » So 1. Okt 2017, 22:55

sven23 hat geschrieben: ist es nicht angebracht, dies mit einem positiv besetzten Terminus wie "Leistung" zu verbinden.
Die Grundfrage lautet, ob man gegenüber Soldaten etwas haben sollte, was man üblicherweise "ehrendes Gedenken" nennt. - Die weitere Frage ist, ob man Soldaten eines verlorenen Kriegs oder eines Krieges gegen das Völkerrecht dieses "ehrende Gedenken" verweigern kann.

sven23 hat geschrieben:Es ist nun mal so, dass der Agressor es hinterher schwerer hat, sein Handeln zu legitimieren als der Befreier.
Logisch - er sollte in einigen Fällen sogar daran scheitern, es zu legitimieren. - Aber das hat doch nichts mit den Armeen zu tun.

sven23 hat geschrieben:Das war doch wochenlang ein großes Aufregerthema, von dem sich Höcke meines Wissens nach nie distanziert oder entschuldigt hat.
WOVON GENAU hat er sich nicht distanziert?

sven23 hat geschrieben:Ach, jetzt geht das wieder los.
In heutigen Zeiten ist das leider nötiger denn je - also: Wo sind die Originaltexte? - Alles andere ist nicht verläßlich.

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#39 Re: Hitler-Deutschland

Beitrag von sven23 » So 1. Okt 2017, 23:06

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: ist es nicht angebracht, dies mit einem positiv besetzten Terminus wie "Leistung" zu verbinden.
Die Grundfrage lautet, ob man gegenüber Soldaten etwas haben sollte, was man üblicherweise "ehrendes Gedenken" nennt. - Die weitere Frage ist, ob man Soldaten eines verlorenen Kriegs oder eines Krieges gegen das Völkerrecht dieses "ehrende Gedenken" verweigern kann.
Gedenken ist etwas anderes, wobei ein ehrendes Gedenken an eine SS-Einheit schon sehr grenzwertig ist.
Angesichts von Millionen Ermordeten, auch als sog. Kolateralschäden durch normale Truppen, sollt man nicht von Leistung sprechen, auf die man stolz sein kann. Das war vor der AFD weitgehend gesellschaftlicher Konsens.


closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das war doch wochenlang ein großes Aufregerthema, von dem sich Höcke meines Wissens nach nie distanziert oder entschuldigt hat.
WOVON GENAU hat er sich nicht distanziert?
Einfach mal zur Abwechslung selber googeln.
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#40 Re: Hitler-Deutschland

Beitrag von 1Johannes4 » So 1. Okt 2017, 23:42

Hallo closs,

closs hat geschrieben:Insofern: Selbst wenn man nachweisen könnte, dass 50% der Bevölkerung das Wort KZ schon mal gehört hatten, bleibt immer noch die Frage: Wurde das reflektiert oder ging es in einem Ohr rein und aus dem anderen wieder raus.
Immer wieder auffällig, dass sofort auf der angeblichen Unwissenheit bzgl. KZs herumgeritten wird. Hat Dein Vater von der Reichspogromnacht auch nichts gewusst? Denn davon schrieb ich, da ich es nicht für nötig halte, dass man alles Mögliche gewusst haben muss um erkennen zu können mit was für einen bösartigen System man es zu tun hat. Was jeder wusste reichte dafür! Im Übrigen sind Äußerungen wie dass man nichts gewusst hätte auch vermutlich nicht viel mehr als sogenannte Schutzbehauptungen. Dass das dann „homogen“ so ist liegt wohl daran, dass es so bequem ist sich auf Unwissenheit zu berufen und schwer das Gegenteil zu beweisen.

closs hat geschrieben:Natürlich ist das schlimm - aber es ist menschlich - auf BEIDEN Seiten - zu ALLEN Zeiten. - Ergo: Entweder wir gedenken ALLEN Soldaten oder keinen.
Im Prinzip hat man zwei Möglichkeiten: man kann jemandem zugestehen, dass es in Ordnung ist im Angesicht eines menschenverachtenden Systems nur so vor Feigheit und Unmoral zu strotzen (aber was gibt es da zu ehren?) ODER man bewertet ein Verhalten anhand von moralisch-sittlichen Wertvorstellungen bzw. als Christ anhand des Gebotes der Nächstenliebe auf dem Boden von Gottvertrauen und im Herzen an die Auferstehung zu glauben (dann interessiert man sich aber auch nicht sonderlich für Ehrungen durch die Welt).
Bei seinem stellvertretenden Schuldbekenntnis schrieb Dietrich Bonhoeffer folgendes:

Das Bekenntnis der Schuld geschieht ohne Seitenblick auf die Mitschuldigen. Es ist streng exklusiv, indem es alle Schuld auf sich nimmt. […] durch nichts anderes bezwingt uns Christus stärker als dadurch, daß er unsere Schuld bedingungslos und vollständig auf sich nahm, sich für schuldig erklärte an unserer Schuld und uns frei ausgehen ließ. Der Blick auf diese Gnade Christi befreit gänzlich vom Blick auf die Schuld der anderen […] Mit diesem Bekenntnis fällt die ganze Schuld der Welt auf die Kirche, auf die Christen, und indem sie hier nicht geleugnet, sondern bekannt wird, tut sich die Möglichkeit der Vergebung auf.
Es ist zunächst die ganz persönliche Schuld des Einzelnen, die hier als vergiftende Quelle der Gemeinschaft erkannt wird. […] Ich bin schuldig des ungeordneten Begehrens, ich bin schuldig des feigen Verstummens, wo ich hätte reden sollen, ich bin schuldig der Heuchelei und der Unwahrhaftigkeit angesichts der Gewalt, ich bin schuldig der Unbarmherzigkeit und der Verleugnung der Ärmsten meiner Brüder, ich bin schuldig der Untreue und des Abfalls von Christus. […] Diese vielen Einzelnen schließen sich ja zusammen in dem Gesamt-Ich der Kirche. In ihnen und durch sie erkennt die Kirche ihre Schuld.
Die Kirche bekennt, ihre Verkündigung von dem einen Gott, der sich in Jesus Christus für alle Zeiten offenbart hat und der keine anderen Götter neben sich leidet, nicht offen und deutlich genug ausgerichtet zu haben. […] Sie hat dadurch den Ausgestoßenen und Verachteten die schuldige Barmherzigkeit oftmals verweigert. Sie war stumm, wo sie hätte schreien müssen, weil das Blut der Unschuldigen zum Himmel schrie. […] Die Kirche bekennt, die willkürliche Anwendung brutaler Gewalt, das leibliche und seelische Leiden unzähliger Unschuldiger, Unterdrückung, Haß und Mord gesehen zu haben, ohne ihre Stimme für sie zu erheben, ohne Wege gefunden zu haben, ihnen zu Hilfe zu eilen. Sie ist schuldig geworden am Leben der schwächsten und wehrlosesten Brüder Jesu Christi. […] Die Kirche bekennt, begehrt zu haben nach Sicherheit, Ruhe, Friede, Besitz, Ehre, auf die sie keinen Anspruch hatte, und so die Begierden der Menschen nicht gezügelt, sondern gefördert zu haben. Die Kirche bekennt sich schuldig des Bruchs aller zehn Gebote, sie bekennt darin ihren Abfall von Christus. […] Durch ihr eigenes Verstummen ist die Kirche schuldig geworden an dem Verlust an verantwortlichem Handeln, an Tapferkeit des Einstehens und der Bereitschaft, für das als recht Erkannte zu leiden. Sie ist schuldig geworden an dem Abfall der Obrigkeit von Christus.
Ist das zuviel gesagt? War denn nicht die Kirche nach allen Seiten gehindert und gebunden? Stand nicht die ganze weltliche Gewalt gegen sie? Durfte denn die Kirche ihr Letztes, ihre Gottesdienste, ihr Gemeindeleben gefährden, indem sie den Kampf mit den antichristlichen Gewalten aufnahm? So spricht der Unglaube … Das freie Schuldbekenntnis ist ja nicht etwas, das man tun oder auch lassen könnte, sondern es ist der Durchbruch der Gestalt Jesu Christi in der Kirche, den die Kirche an sich geschehen läßt oder sie hört auf, Kirche Christi zu sein. […] Indem die Kirche ihre Schuld bekennt, entbindet sie die Menschen nicht von eigenem Schuldbekenntnis, sondern sie ruft sie in die Gemeinschaft des Schuldbekenntnisses hinein. Nur als von Christus gerichtete kann die abgefallene Menschheit vor Christus bestehen. Unter dieses Gericht ruft die Kirche alle, die sie erreicht.
[https://de.m.wikipedia.org/wiki/Dietrich_Bonhoeffer]
Es hat auch bei Bonhoeffer nichts mit dem Wissen um irgendwelche KZs zu tun.

Grüße,
Daniel.
Da der hiesige Admin willkürlich meine Beiträge löscht, lohnt es sich nicht hier noch mitzulesen bzw. sich mit Kommentaren einzubringen. Wünsche Euch alles Gute.

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