closs hat geschrieben:Da ich den Thread-Titel unter umgangssprachlichen (also auch umgangs-kulturellen) Gesichtspunkten verstanden habe, ist es kein Widerspruch, denn im Sinne der vorherrschenden geistigen (Un-)Kultur strebe ich Glück tatsächlich NICHT an.
Was genau meinst du damit?
Meiner Meinung nach kostet das hohe Niveau der Zivilisation, in der wir leben und deren Vorteile wir genießen, ja, für selbstverständlich halten, einen (viel zu) hohen Preis.
Das Individuum wird, kaum dass es "Mama" und "Papa" sagen kann, in ein Korsett aus Pflichten, Zwängen/ erwünschten Verhaltensmustern gesteckt, damit es, ausreichend trainiert, im Erwachsenenalter dann als ein gut funktionierendes Teilchen der Gesellschaft dazu beitragen kann, das Niveau da zu halten, wo es ist.
Aber nicht jeder kommt damit klar.
Wer's
gut packt, sich anzupassen, seinen Vorteil zu erkennen7 wahrzunehmen, die Nachteile zu kompensieren und die Bedürfnisse/Ansprüche der Gesellschaft zu bedienen... (und nicht zuletzt auch über die nötigen Ellenbogen verfügt, um sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen), der kann Karriere machen und sein Leben weitgehend selbst bestimmen.
Wer's nicht so gut drauf hat, wer sozusagen "falsch verplant" und ständig
gegen den Strich gebürstet wird, der macht Karriere als "Versager". --
An den Musikstudenten kann man den Wandel der Gesellschaft/ der Anforderungen, die an den Einzelnen gestellt werden, verfolgen. Früher, so las ich einmal, gingen die Musikstudenten aus dem Studium mit einem Können raus, das sie heute haben müssen, um überhaupt reinzukommen.
Die Anforderungen werden immer höher, und die Schüler, Azubis, Studenten und Sportler werden auf Höchstleistungen gedrillt. Die Gesellschaft ist der Moloch, der seine Kinder verschlingt.
Nur die Stärksten können da mithalten. Sie ziehen die Mittelmäßigen mit, geben ihnen Arbeit und Brot. Die Versager bleiben irgendwo auf der Strecke, unter der Brücke, im Milieu,weggesperrt in Strafvollzugsanstalten und psychiatrischen Kliniken. Oder, sie vegetieren vor sich hin, als lebenslängliche Hartz IV-Empfänger ohne jede Chance, die in ihnen liegenden Talente zu entwickeln und auszuleben; sprich:
ihren Begabungen/ Neigungen entsprechend zu leben.
Wir haben uns als Gesellschaft sehr weit entfernt von den Kindern, die einmal im Paradies spielten und sich keine Sorgen machen mußten über Wirtschaftskrisen und atomare Bedrohung.
*ein Plädoyer gegen die gleichschaltende UNMENSCHLICHKEIT ist*
In vielen christlichen Gemeinden sieht's übrigens nicht besser aus. Es gibt einen Standard: "Gut" und "Böse" werden (konfessionsabhängig) definiert. Wer in das Wunsch- Bild reinpasst, der wird hofiert und genießt die allgemeine Anerkennung (mit Ausnahme seiner Neider), das tut seinem Selbstbewußtsein außerordentlich gut. Er besetzt einen der gehobenen Plätze in der Gruppenhierarchie, was ihm eine gewisse Genugtuung verschafft.
Die unübersichtliche große Welt wird auf einen überschaubaren Ausschnitt reduziert, den er mit Elan verwaltet. In seiner Provinz gehört er zu den Häuptlingen, und deshalb ist er "glücklicher" als andere.
"Glücklich(er)" ist, wer in Harmonie mit seinen Begabungen, mit der Schöpfung-- und mit Gott leben
kann.
LG