Aussteiger

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Pluto
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#11 Re: Aussteiger

Beitrag von Pluto » Do 20. Feb 2014, 16:54

michaelit hat geschrieben:Würdest du sagen daß ich ein Parasit bin? Es war schon teilweise meine Schuld, aber was nun, ich kann nicht schnell und sicher genug arbeiten, habe keine Qualifikationen, muß starke Medikamente nehmen, usw. Ich möchte mich eigentlich nicht lebenslang schuldig fühlen wegen meinen Jugendsünden.
Nein. Ich denke nicht, dass du ein Parasit bist. Du bist eher ein Opfer unserer erkalteten, nach Materialismus strebenden Gesellschaft geworden -- und dann bist du auch noch krank geworden. :(

Natürlich hättest du dich selbst "am Riemen reissen" können, damals während des Studiums. Aber ich vermute, die Lustlosigkeit die dich überkam war vllt. die Folge einer unbewussten Überforderung, oder vllt. sogar eine Art Vorbote deiner Krankheit?
Der Druck an der Uni ist hart -- ich hatte seinerzeit auch oft den Wunsch alles hinzuschmeissen. Schade, denn mit deinen offensichtlichen Talenten (Abi, etc.) hättest du es vermutlich gepackt. Du scheinst dich inzwischen aber wieder zu erholen und das finde ich positiv. Ist doch toll, dass du Aussicht auf einen Teilzeit-Job hast. Vielleicht schaffst du es mit der Zeit, dich von Hartz IV zu lösen und bekommst als Hilfspfleger eine "full-time" Stelle -- auf jeden Fall wünsche ich dir von ganzem Herzen, dass du möglichst bald voll auf eigenen Füssen stehen kannst. So eine Abhängigkeit finde ich nach wie vor, kann nur eine Übergangslösung sein -- sofern man gesund ist, muss das nicht sein.
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#12 Re: Aussteiger

Beitrag von Lena » Do 20. Feb 2014, 17:56

Lieber Daniel

michaelit hat geschrieben: Ich möchte mich eigentlich nicht lebenslang schuldig fühlen wegen meinen Jugendsünden.

Gut ist es und wichtig, dass Du jetzt und heute das tust - wozu Du in der Lage bist. So wie Du sprichst und es sich anhört, tut es Dir ja leid...doch kannst Du es nicht mehr ändern. So würde ich Dir vorschlagen, Dir selbst zu vergeben, so wie Gott vergibt, wo der Mensch sein Versagen, seine Sünden bekennt.

Herzlichen Gruss von
Lena
Kannst du mir helfen, dich richtig zu verstehen?
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#13 Re: Aussteiger

Beitrag von 2Lena » Do 20. Feb 2014, 20:25

Pluto, du meintest: "Grossgrundbesitzer müsste man sein und es können (und wollen) auch nicht alle ihr eigenes Stück Land haben".

Ich lese zwischen deinen Zeilen heraus, dass du denkst man bräuchte 10 ha Land um eine Familie zu ernähren und das ginge bei uns als Lebensgrundlage nicht von der Landesfläche her. Hast du es schon mal - bei anderer Kost - mit der Fläche von fünf Autoparkplätzen probiert?

Das Problem der Landwirtschaft ist nicht die Produkterzeugung zum Essen, sondern die Kalkullation der Waren sowie die Wegwerfgesellschaft, dazu die Vervielfachung von Preis und Arbeit. ... dazu die Auswirkungen davon bei allen ...

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#14 Re: Aussteiger

Beitrag von Pluto » Do 20. Feb 2014, 21:44

2Lena hat geschrieben:Pluto, du meintest: "Grossgrundbesitzer müsste man sein".
War als Scherz gemeint. :)
2Lena hat geschrieben:Ich lese zwischen deinen Zeilen heraus, dass du denkst man bräuchte 10 ha Land um eine Familie zu ernähren und das ginge bei uns als Lebensgrundlage nicht von der Landesfläche her. Hast du es schon mal - bei anderer Kost - mit der Fläche von fünf Autoparkplätzen probiert?
Geht nicht. Man kann nicht mit einem solchen Stück Land eine 6-8 köpfige Familie ausgewogen ernähren, nicht mal vegan.

Das Problem der Landwirtschaft ist nicht die Produkterzeugung zum Essen, sondern die Kalkullation der Waren sowie die Wegwerfgesellschaft, dazu die Vervielfachung von Preis und Arbeit. ... dazu die Auswirkungen davon bei allen ...
Einverstanden, aber das ist ein ganz anderes Thema, als das was wir hier bereden. ;)
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#15 Re: Aussteiger

Beitrag von Magdalena61 » Fr 21. Feb 2014, 01:58

michaelit hat geschrieben:Glaubt ihr daß der Mensch grundsätzlich arbeiten gehen muß?
Da muß man unterscheiden, finde ich.
- Arbeiten, um Geld zu verdienen, damit man den eigenen Lebensunterhalt bestreiten kann, also finanziell souverän ist und
- die in jedem Menschen vorhandenen Begabungen..."Talente" ausbilden, um sie einzusetzen-- zum einen, weil ein Leben ohne sinnvolle Arbeit langweilig ist und zum anderen, weil man damit anderen helfen bzw. ihr Leben bereichern kann.

Es gibt viele "unbezahlte Arbeiter", also Mitbürger, die sich mit ihren Fähigkeiten in ihrer Familie, in ihrer Gemeinde... in die Gesellschaft mit einbringen-- an der Höhe der Vergütung kann man den Wert einer Arbeit nicht festmachen.--
Wie seht ihr das mit dem bedingungslosen Grundeinkommen wie es manchmal in der Politik diskutiert wurde?
Wer soll das bezahlen?
Im Spiegel war kürzlich ein Artikel über einen ehemaligen Studenten der von 500 Euros lebt die er durch eine Webseite verdient, für etwa 20 Stunden Arbeit pro Monat. Er lebt in einer Community und geht seinen Interessen nach, also vor allem Kunst und Lesen und so. Wie findet ihr sowas?
Wahrscheinlich lebt er auf einem sehr bescheidenen Niveau.
So lange er jung ist, mag das angehen. Wenn er älter wird... möchte er vielleicht ein Auto und eine Familie haben. Und dann wird es schwierig, von 500 Euro zu leben, es sei denn, die Frau bringt das Geld nach Hause.

Es gibt auch Leute, die leben vom Überfluß der Gesellschaft--

Wie eine Frau 13 Jahre ohne Geld leben kann

der 27-jährige „Elf Pavlik“ und führt aus Prinzip ein Leben komplett ohne Geld – mitten in Deutschland.

---aber das funktioniert nur, WEIL andere arbeiten und von ihren Mitteln abgeben bzw. die Müllcontainer nicht verschließen.

Man fragt sich, wie diese "Aussteiger ohne Geld" sich eine Krankenversicherung leisten können. Meines Wissens gibt es in Deutschland seit einigen Jahren eine Versicherungspflicht.
LG
God bless you all for what you all have done for me.

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#16 Re: Aussteiger

Beitrag von Magdalena61 » Fr 21. Feb 2014, 02:19

michaelit hat geschrieben:Nach anderthalb Jahren wurde ich krank und bekam Schizophrenie.
Das kam nicht von heute auf morgen, hm?
Ich versuchte es immer wieder mal mit Arbeit, aber es ging nicht recht. Entweder schaffe ich nicht viel und werde entlassen, oder ich komme nicht hin wie bei dem Job als Nachtportier im Hotel als ich dann immer tagsüber nicht einschlafen konnte.
Das klingt, als hast du noch nicht die "richtige Verwendung" gefunden, also noch nicht die (berufliche) Tätigkeit, die dir entspricht, für die du dich wenigstens teilweise interessierst, sodass du dich damit identifizieren kannst... eine Arbeit, die du bewältigen kannst.
Du sagtest man müsse ohne eigenes Verschulden in Not geraten sein, und das war bei mir nicht ganz so. An der Uni hätte ich was werden können wenn ich es geschafft hätte mich zu überwinden.
Deine Unlust, das Studium entschlossen durchzuziehen kann ein Hinweis sein darauf, dass du dich den damit verbundenen Anforderungen nicht gewachsen fühltest und deshalb "abgetaucht" bist an den PC = Weltflucht, Verdrängen der Wirklichkeit,... was natürlich nichts besser machte.

Magst du uns mitteilen, welche Richtung du gewählt hattest an der Uni?
Jetzt stehe ich davor im Sommer wieder in eine eigene kleine Wohnung zu ziehen
Und dich selbst versorgen, einkaufen, kochen und so?
und werde von Sozialhilfe (entspricht Hartz IV Regelsatz) leben, und wenn es geht noch einen kleinen leichten Nebenjob als Hilfspfleger (nochmal 120 Euros pro Monat). Würdest du sagen daß ich ein Parasit bin?
Nein.
Hast du denn schon eine Stelle als Pflegehelfer?

Möchtest du das denn?
Oder würdest du lieber etwas anderes machen und man hat dir diesen Job halt angeboten?

Ich könnte mir vorstellen, dass eine solche Tätigkeit dir zusagt, wenn der Job rein von der Organisation her (Arbeitszeiten) nicht zu stressig ist... du hast es mit Menschen zu tun... die Hilfe brauchen.
Pflegehelfer werden allerdings nicht gut bezahlt, und da wäre das Hartz IV dann mehr oder weniger als "Grundsicherung" zu sehen.
Es war schon teilweise meine Schuld, aber was nun, ich kann nicht schnell und sicher genug arbeiten, habe keine Qualifikationen, muß starke Medikamente nehmen, usw. Ich möchte mich eigentlich nicht lebenslang schuldig fühlen wegen meinen Jugendsünden.
Du, lass es langsam angehen. :)
Wenn du einige Jahre lang keinen regelmäßigen Tagesrhythmus hattest, mußt du dich erst wieder daran gewöhnen.

Gott weiß, was du kannst und was du brauchst. Fragst du Gott und bittest Ihn, die Führung zu übernehmen?
So, wie ich Gott kenne, sorgt Er dafür, dass du alles Mögliche lernen kannst, ob du dafür jetzt einen "Schein" bekommst, also ein "Diplom", ein Abschlußzeugnis oder nicht. Eine bestandene Prüfung sagt nicht so arg viel aus über die Qualifikation eines Arbeiters.

Und dann.... verwendet Gott, was du kannst. So macht Er es seit einigen Jahrzehnten mit mir. Das sind ganz unterschiedliche Gebiete und Gelegenheiten, wo ich meine Sammlung an Know How einsetzen kann.

Wenn jemand lange genug in einer Sparte tätig ist, dann ist er in diesem Fach vielleicht sogar besser als die "Gelernten", und das Einzige, was ihm fehlt, ist sozusagen die staatliche Anerkennung seiner Fähigkeiten, seines Wissens.

Also.... fange einfach an... :) --
LG
God bless you all for what you all have done for me.

Samantha

#17 Re: Aussteiger

Beitrag von Samantha » Fr 21. Feb 2014, 11:41

Pluto hat geschrieben: Wer aber sein ganzes Leben lang ohne zu arbeiten, bewusst auf Kosten der Gesellschaft lebt, der benimmt wie ein Parasit. Deshalb bin ich gegen ein staatlich garantiertes Grundeinkommen, denn am Ende müssen dann andere, arbeitswillige Menschen, dafür aufkommen, dass Aussteiger unterstützt werden. Das finde ich ungerecht.
Es gibt Aussteiger, die parasitär leben, aber ich habe einige kennen gelernt und mich auch eine Weile mit dem Thema befasst. Bist Du der Meinung, dass Menschen, die nicht arbeiten wollen, nicht leben dürfen? Denn wer kein Geld bekommt, wird nun mal verhungern oder muss betteln, aber das wäre ja auch Schmarotzertum.


Magdalena61 hat geschrieben: ---aber das funktioniert nur, WEIL andere arbeiten und von ihren Mitteln abgeben bzw. die Müllcontainer nicht verschließen.

Man fragt sich, wie diese "Aussteiger ohne Geld" sich eine Krankenversicherung leisten können. Meines Wissens gibt es in Deutschland seit einigen Jahren eine Versicherungspflicht.
LG
Eine Krankenversicherung haben sie in der Regel nicht - man ist aber verpflichtet, seine Beiträge nachzuzahlen. Das bedeutet bei einem Ausstieg aus dem Ausstieg eine Menge Schulden.
Raphael Fellmer ist ein intelligenter junger Mann, und das, was er durchzieht, ist weder etwas für Ältere, Kranke oder Menschen ohne besondere Qualifikationen. Er lebt ja nicht nur vom Müll, sondern tauscht auch oder macht sich nützlich. Inzwischen wird sich seine Situation so weit verbessert haben aufgrund seines Bekanntheitsgrades, dass er wohl kaum noch containern muss.
Heidemarie Schwermer hat auf viel verzichtet und tauschte Dienstleistungen gegen Wohnen und/oder Ernährung. Sie ist bei weitem nicht parasitär. Die beiden wollen beweisen, dass es in dieser Gesellschaft auch ohne Geld möglich ist zu leben und das Geld uns in eine Abhängigkeit treibt, weil wir glauben, so viel mehr zu brauchen, als wir nutzen können.

closs
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#18 Re: Aussteiger

Beitrag von closs » Fr 21. Feb 2014, 11:53

Samantha hat geschrieben:Es gibt Aussteiger, die parasitär leben
Die meisten Parasiten unserer Gesellschaft sind es deshalb, weil sie vom Geld anderer leben - das trifft auf viele Menschen oberer Vermögensklassen zu. - Man sollte es auch so rum sehen.

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#19 Re: Aussteiger

Beitrag von michaelit » Fr 21. Feb 2014, 15:47

Hallo Magdalena,

Als ich noch jung war dachte ich immer ich mache mal was Geistiges in meinem Leben, an der Uni, als Journalist oder als Schriftsteller. Dann machte ich Zivildienst und hatte eine Freundin und Geld wurde wichtig, also habe ich gedacht ehe ich jahrelang studiere mache ich eine Ausbildung zum Krankenpfleger und fange an zu arbeiten. Da ging ich nach Dresden ans Herzzentrum. Dort lief es auch ganz gut doch meine Freundin verließ mich und damit brach ein ganzes Stück meiner Lust an normaler Arbeit wieder weg, und ich brach die Ausbildung ab und schrieb mich an der Uni ein. Doch dann kam ich eben auf diese komischen Ideen, daß ich mich aufgebe und allein bleibe und mich irgendwann umbringe und das war's dann. Gläubig war ich damals noch nicht und hatte auch keine Freunde mehr und mit meinen Eltern verstand ich mich nicht und verstellte mich vor ihnen und sagte ihnen nicht die Wahrheit über alles. Nach zwei Jahren kam dann der Zusammenbruch mit akuter Schizophrenie. Ich kam erst noch ein Jahr zurecht und exmatrikulierte mich, ging arbeiten, unter anderem als Sicherheitsdienst oder als Nachtportier in einem Hotel, doch dann kam die Schizophrenie ganz stark wieder, ich hatte einen Selbstmordversuch und bekam dann starke Medikamente die mich völlig lahmlegten. Mein Arzt sagte immer, es kann sein daß ich geheilt werde, aber es kann auch sein daß ich arbeitsunfähig bleibe, je nachdem wie sich meine Schizophrenie entwickelt. Ich kann zwar schriftlich gut denken und auch diskutieren und so, aber ich habe manchmal massive Denkstörungen im Alltag, etwa will ich zu Gott beten und habe dann keinen Glauben, oder ich will mich zu etwas entschließen und es geht einfach nicht, oder ich habe so Gedankeneinschübe und sehe Messer in den Händen der Leute oder habe auch Halluzinationen von bösen Geistern und so. Zur Zeit läuft es ganz gut und da ich nicht so gern in diesem Wohnheim hier bin will ich mir eine Wohnung suchen.

Auch daß ich mal wieder eine Freundin haben kann, das geht ja alles in einem Wohnheim nur sehr schlecht. Vollzeitarbeit kriege ich nicht hin, aber ein Nebenjob mit so 20-30 Stunden pro Monat sollte auch für mich noch zu schaffen sein. Vom Geld her brauche ich nicht viel da ich keinen Luxus brauche wie Autos und so, und man kann sich auch oft mit billigen Dingen behelfen. Ich habe meinen Computer ganz gern und habe auch eine große Sammlung an Musik und Spielen und Filmen die ich mir über die Jahre so zugelegt habe. Ich gehe auch in die Bibliothek und lese manchmal viel.

Es ist psychisch nicht so einfach aber ehrlich gesagt will ich mir auch keinen Arbeitsstreß zumuten da es ja dann noch schlimmer werden könnte mit der Schizophrenie die bei Streß ja wieder massiv hochkommen könnte. Da fühle ich mich eben manchmal als Aussteiger und würde gern das Arbeitsmuß in der Gesellschaft ein wenig relativieren. Solange ich nicht viel brauche und mit der Sozialhilfe hinkomme geht es doch, oder? Es ist ja nicht so daß ich mehr Geld haben will. Es sollen die Leute die viel arbeiten ruhig viel verdienen, damit es einen Ausgleich gibt. Ich sehe meine viele Freizeit auch irgendwo als Reichtum an. Nur möchte ich eben selbständig bleiben und nicht auf das Heim hier angewiesen sein. Das Heim ist ja auch für den Staat viel teurer als wenn ich allein leben würde mit Sozialhilfe. Der Platz hier kostet 1.800 Euros, wenn ich allein wohne koste ich den Staat nur rund 700 Euros.

Ich bin aber mal in der Psychiatrie ausgerastet weil ich mich bedroht fühlte und wollte das Fenster einwerfen mit einem Stuhl, und habe später auch den Feuerwehrnotruf gedrückt. Seitdem habe ich einen Betreuer mit Aufenthaltsbestimmungsrecht und da komme ich nur schwer aus dem Heim hier raus. Es ist auch wahrlich nicht immer so schön hier, etwa hatte ich vor kurzem eine sehr schmerzhafte Gürtelrose und mußte im Bett bleiben, und trotzdem bestanden die Betreuer darauf daß ich meinen Küchendienst mache und so. Und da es ein christliches Heim ist reden manche Betreuer auch eben sehr religiös, also daß mein atheistischer Vater der 2010 gestorben ist und den ich sehr liebte, nun nicht bei Gott sein wird und so. Das Zeug macht mich oft alle und ich treibe mich tagsüber in der Stadt herum oder gehe viel alleine in die Natur. Ich habe zwar wieder ein paar Freunde aber die Schizophrenie macht da vieles schwer wegen den Denkstörungen, ich kriege einfach nicht soviel mit an Gefühlen und bin ein bißchen wie inwändig erfroren wegen den ganzen inneren Problemen. Manchmal will ich sogar gar nicht mehr gläubig sein und lieber Atheist sein weil im Glauben immer so der Dienst betont wird und weil ohne Glaubensgefühl ja gar nichts geht mit Gott und da man dann ja auch gleich Gerichtsprobleme kriegt und um sein Leben fürchten muß.

Manchmal wenn ich an manches aus der modernen und liberalen christlichen Theologie glauben kann, dann geht es mir auch gut und ich fühle mich dann sogar sehr wohl bei Gott. Aber durch die Krankheit und ein paar andere schlimme Erfahrungen die ich machte, habe ich nicht so diesen unbedingten täglich erfahrbaren Glauben in mir. Weißt du, ich bin der DDR groß geworden und war sehr eingespannt in diese Gesellschaft und mit der heutigen Welt kann ich oft nicht soviel anfangen, bin eher so der Einzelgänger geworden. Meine (christliche) Mutter hält zu mir, auch meine sonstige Familie, aber ich bin nicht mehr so vertraut mit allem, auch nicht mit Arbeit und so, und es drohen immer wieder kleine Rückschläge. Außer schriftlich kann ich auch nicht so gut kommunizieren weil ich dann eben nichts spüre (habe auch Aspergeranteile). Es ist schon blöd, als ich jung war hatte ich soviel Pläne, wollte unbedingt was mit Kunst oder Literatur machen (habe auch Geschichte, Literatur und Philosophie studiert). Jetzt habe ich außer meinen Gedichten gar nichts von diesen Träumen realisiert.

Rembremerding
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#20 Re: Aussteiger

Beitrag von Rembremerding » Fr 21. Feb 2014, 16:58

Hallo @michaelit
Danke für dein Vertrauen und deine Offenheit. Lass uns weiter hier plaudern, eine Lösung für deine Gefühle, deine Krankheit habe ich leider nicht, nur ein bisschen meiner Zeit kann ich anbieten. Ich will dir nur eines sagen: Gott liebt dich und es gab keinen Moment in deinem Leben, wo er dich nicht liebte. Er will dich genau so wie du bist, denn an diesem Platz will er mit dir in dieser Welt wirken. Ein Leben besteht nicht aus verpassten Gelegenheiten, sondern aus der Achtsamkeit für das Jetzt. Beobachte zusammen mit Gott deine Talente und traue dich sie mit ihm zu fördern.

Ich habe keine Angst vor dem Gericht, obwohl wir gerichtet werden. Ich freue mich darauf, denn der Richter wird mein Herr sein und ich darf endlich bei ihm sein. :Herz:

:wave: Servus
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