Drogentests für Hartz-IV-Empfänger?

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Pluto
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#1 Drogentests für Hartz-IV-Empfänger?

Beitrag von Pluto » Sa 27. Dez 2014, 17:54

CSU-Politiker befürwortet Tests für Arbeitslose — Im Staat Michigan (USA) wurde dies nun als einjähriger Pilot-Versuch zur Wirkichkeit.

Ist das soziale Gerechtigkeit oder Stigmatisierung der Armen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#2 Re: Drogentests für Hartz-IV-Empfänger?

Beitrag von closs » Sa 27. Dez 2014, 18:06

Pluto hat geschrieben:Ist das soziale Gerechtigkeit oder Stigmatisierung der Armen?
Letzteres. - Im Grunde ist das ganze Ding schräg - man müsste bei Hartz-Empfängern unterscheiden zwischen:
1) Volkswirtschaftlich Tätigen (= Mütter)
2) Aufstockern (da müsste man eher die Arbeitgeber zu einen Drogentest bitten)
3) Älteres Arbeitnehmer/Rentner (die der Markt eh nicht will)
4) dem/der gesunden 35jährigen, der/die sich vor der Arbeit drückt.

Bei 4) kann man ruhig anziehen - aber erst, wenn man sicher ist, dass man vorher die Gruppen 1) - 3) aussortiert hat.

Das ist wie bei Frigida: Man organisiert Wutumleitung auf schwache Minderheiten - nur dass die Organisation hier per Staat laufen soll.

Pluto
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#3 Re: Drogentests für Hartz-IV-Empfänger?

Beitrag von Pluto » Sa 27. Dez 2014, 18:14

closs hat geschrieben:Bei 4) kann man ruhig anziehen - aber erst, wenn man sicher ist, dass man vorher die Gruppen 1) - 3) aussortiert hat.
Man sollte hier allerdings "die Kirche im Dorf lassen", nicht wahr?

Deswegen spricht man in Michigan von einem einjährigen Pilot-Versuch. Dazu soll nur wer des Drogenmissbrauchs verdächtigt wird, einem solchen Test unterzogen werden. Das wird wohl kaum alleinerziehende Mütter oder sonst wie unauffällige Sozialempfänger betreffen.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#4 Re: Drogentests für Hartz-IV-Empfänger?

Beitrag von closs » Sa 27. Dez 2014, 20:27

Pluto hat geschrieben:Das wird wohl kaum alleinerziehende Mütter oder sonst wie unauffällige Sozialempfänger betreffen.
Sollte man denken - aber wenn eine formale Regel mal da ist, weiss man nie, was dann in der freien Wildbahn damit gemacht wird. - Vorschlag: Es sollte sich im nachweisbare Drogentäter handeln - also Leute, die mindestens 1 x aufgefallen sind.

Und dann kommt das nächste: Haschisch kann nicht in einen Topf mit Kokain geworfen werden, da Haschisch weniger gefährlich als eine Flasche Wein ist - wissen Ärzte. - Auch da muss man befürchten, dass irgendwelche Deppen die Gleichung machen Droge = Droge und selbst abends in der Wirtschaft 4 Bier reinknallen, weil die Droge Alkohol zufällig nicht illegal ist.

Das Problem bei solchen Aktionen ist, dass man bedenken muss, dass die Dummheit der Menschen unendlich ist. - Ansonsten hat wohl keiner was dagegen, wenn ein Drogen-Auffälliger kontrolliert wird.

Aber dann doch wieder: Warum dann eine Einschränkung auf Hartz4-Empfänger? - Denn unter strafrechtlichen Gesichtspunkten geht es schon heute. - Und weiter: Was soll eigentlich passieren, wenn der Test positiv ist? Auch dann wird sich der Staat nicht aus seiner gesetzlichen Pflicht entlassen können, für die Grundversorgung seiner Bürger aufzukommen - und das ist ja gerade Hartz4. - Das klingt alles nach Erregung von triebhaftigen Anlagen beim Bürger - durchdacht ist es nicht.

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Halman
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#5 Re: Drogentests für Hartz-IV-Empfänger?

Beitrag von Halman » Sa 27. Dez 2014, 20:34

Pluto hat geschrieben:CSU-Politiker befürwortet Tests für Arbeitslose — Im Staat Michigan (USA) wurde dies nun als einjähriger Pilot-Versuch zur Wirkichkeit.

Ist das soziale Gerechtigkeit oder Stigmatisierung der Armen?
Das hängt ganz davon ab, wie differenziert und zurückhaltend davon gebraucht gemacht wird. Der CSU-Politiker vertritt die Auffassung:
Zitat von Huffington:
„Wenn es bei einer Person konkrete Hinweise auf Drogenmissbrauch gibt oder sie in der Vergangenheit schon einmal auffällig geworden ist, ist es sicherlich im Interesse aller Beteiligten, dass ein Drogentest durchgeführt wird.”
Dies müsste natürlich genauer geregelt werden, damit daraus kein Gummi-Parapraph wird, mit dem man Arbeitslose stigmatsizieren kann. Die Aktenlage müsste so einen Test dann schon rechtfertigen.

In Einzelfällen könnte dies sinnvoll sein. Drogenprobleme sind zwar nicht typisch, doch sie liegen bei einigen sehr wohl vor - wie ich aufgrund meines Berufes aus den hiesigen Akten, die ich betreue, weiß.
Natürlich darf und werde ich keine Einzelheiten nennen.

Falls so eine Regellung durchkommt, hoffe ich, dass ihre Anwendungsrahmen entsprechen eng gefasst wird. Ein wenig skeptisch bin ich da schon. Denn aus dem Schluss vom Artikel geht hervor, dass offenbar breit angelegte Drogentest geplant seinen. Einen Freifahrtschein für staatliche Willkür, weil es diese Problematik bei einzelnen Arbeitslosen gibt, liegt sicher nicht im öffentlichen Interesse. Wer nicht differenzieren kann oder will, sollte sich aus der Gesetzesgebung raushalten und die den Job machen lassen, die es können.
Wenn es wirklich in die Richtung geht, wie es am Ende des Artikels zu entnehmen ist, dann bin ich gegen diese Stigmatisierung. Drogentest sollten wirklich eine Ausnahme sein.
Eine Möglichkeit wäre, dies über ein Gericht zu beantragen.
Die Idee, dass die "Kunden" der Jobcenter ja ablehnen könnten, unterschlägt, in welchem Abhängigkeitsverhältnis sich die "Kunden" befinden. Dann steht in der Akte sinngemäß der Vermerkt: "Der Kunde verweigert den Drogenstest", blah-blah.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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Christof
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#6 Re: Drogentests für Hartz-IV-Empfänger?

Beitrag von Christof » Sa 27. Dez 2014, 22:27

Ihr Lieben,

also ich frage mich auch ganz ehrlich was für ein Bild von den HartzIVl-ern da gemalt werden soll. So nach dem Motto "Liebe arbeitenden wer arbeiten will, findet auch was - mit den HartzIV-lern stimmt was nicht". Also schlaft ruhig weiter - keine Gefahr für Euch, ihr seid ja nicht drogenabhängig...*kopfschüttel*. Wie closs schon schrieb: die Dummheit der Leute scheint manschmal grenzenlos.

In Liebe
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#7 Re: Drogentests für Hartz-IV-Empfänger?

Beitrag von Pluto » Sa 27. Dez 2014, 22:43

closs hat geschrieben:Und dann kommt das nächste: Haschisch kann nicht in einen Topf mit Kokain geworfen werden, da Haschisch weniger gefährlich als eine Flasche Wein ist - wissen Ärzte. - Auch da muss man befürchten, dass irgendwelche Deppen die Gleichung machen Droge = Droge und selbst abends in der Wirtschaft 4 Bier reinknallen, weil die Droge Alkohol zufällig nicht illegal ist.
Der Punkt ist doch, Sozialunterstützung ist als Lebensunerhalt gedacht, und wird aus Steuern finanziert.
Wer bestimmt, wofür das Geld ausgegeben wird?

Ansonsten hat wohl keiner was dagegen, wenn ein Drogen-Auffälliger kontrolliert wird.
Ich denke das ist auch der Sinn hinter der probeweisen Einführung des neuen Gesetzes in Michigan. Es sollen nur die geprüft werden, wo tatsächliche Verdachtsmomente vorhanden sind.

Nur es läuft immer wieder auf dieselbe Frage hinaus: Wie wird das Gesetz in der Praxis ausgelegt werden?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#8 Re: Drogentests für Hartz-IV-Empfänger?

Beitrag von closs » Sa 27. Dez 2014, 22:52

Pluto hat geschrieben:Wer bestimmt, wofür das Geld ausgegeben wird?
Eigentlich der Empfänger - es würde nach mitteleuropäischer Kultur gegen die Menschenwürde verstoßen, wenn man den Unterstützungswürdigen Fress-Pakete geben würde. - Wer drogen-abhängig ist, kommt mit ein paar 100 Euro im Monat eh nicht weit.

Pluto hat geschrieben:wird aus Steuern finanziert
100 Millarden Steuerhinterziehung (diese Zahl wurde von einem Steuerfahnder im TV genannt) pro Jahr werden auch aus Steuern finanziert.

Die allermeisten Hartz-Empfänger sind echt arme Säcke - meist schuldlos in die entsprechende Situation gekommen (Kleinst-Rente, alleinerziehende Mütter, wegrationalisierte Fachkräfte, > 50 Jahre, etc.). - Wegen den paar Hartz-Missbrauchern brauchen wir keine neuen Gesetze.

Pluto hat geschrieben: Wie wird das Gesetz in der Praxis ausgelegt werden?
Eben - und da kann eben passieren, dass die BILD wieder eine Steilvorlage bekommt, weil es tatsächlich ein paar Hartzler gibt, die sogar Drogenhändler sind: "Staat unterstützt Drogenhandel!". - Aus Gründen der ethischen Hygiene sollten wir uns das ersparen.

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#9 Re: Drogentests für Hartz-IV-Empfänger?

Beitrag von Pluto » Sa 27. Dez 2014, 23:23

closs hat geschrieben:Eigentlich der Empfänger - es würde nach mitteleuropäischer Kultur gegen die Menschenwürde verstoßen, wenn man den Unterstützungswürdigen Fress-Pakete geben würde. - Wer drogen-abhängig ist, kommt mit ein paar 100 Euro im Monat eh nicht weit.
Nun, es gibt halt viele Leute die über so was nachdenken, und es nicht gut finden.

closs hat geschrieben:100 Millarden Steuerhinterziehung (diese Zahl wurde von einem Steuerfahnder im TV genannt) pro Jahr werden auch aus Steuern finanziert.
Warum tut dann Keiner was dagegen? :?

Die allermeisten Hartz-Empfänger sind echt arme Säcke
Das bestreitet doch Niemand. Aber sollte man deswegen die "Schwarzen Schafe" unter ihnen laufen lassen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#10 Re: Drogentests für Hartz-IV-Empfänger?

Beitrag von closs » So 28. Dez 2014, 00:02

Pluto hat geschrieben:Warum tut dann Keiner was dagegen?
Weil es von Mächten über der Demokratie, die in die Demokratie hineinwirken, nicht gewollt wird.

Pluto hat geschrieben: Aber sollte man deswegen die "Schwarzen Schafe" unter ihnen laufen lassen?
Prinzipiell nein. - Aber nicht, wenn Aufwand und Ergebnis in keinem Verhältnis zueinander stehen.

Natürlich kann man aus prinzipiellen Gründen eine Zero Tolerance Politk fahren - aber dann eben als Paket: Ab sofort ein Steuerrecht, das Schlupflöcher weitgehend verhindert - ab sofort mehr Steuerfahnder - und dann kann man irgendwann sagen: Ab sofort mehr Hartz4-Überprüfungen. - Wer mit den Splittern anfängt und die Balken lässt, hat Dreck am Stecken.

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