Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Politik und Weltgeschehen
ThomasM
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#1 Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von ThomasM » Mo 11. Mai 2015, 10:43

Eine interessante Analyse ist in der Welt erschienen.
Diese führt die aktuellen Rassenkonflikte in den USA darauf zurück, dass es dort ein Klassenproblem gibt.
Arme und Reiche Menschen haben zunehmend nichts mehr miteinander zu tun, man kümmert sich nicht mehr umeinander und die Durchgängigkeit zwischen den Klassen kommt zum Stehen.
Die Geburt bestimmt das Leben, Aufstiegschancen gehen gegen 0.

http://www.welt.de/politik/ausland/arti ... u-tun.html

Finden wir dieselben Symptome in Deutschland?

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

closs
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#2 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von closs » Mo 11. Mai 2015, 11:02

ThomasM hat geschrieben:Finden wir dieselben Symptome in Deutschland?
Zunehmend ja, aber bei weitem noch nicht durchschlagend. - Hier wäre Deutschland/Europa gut beraten, eine Demokratie-Kultur zu pflegen, die dies nachhaltig verhindert.

Allerdings: Griechenland ist ein Beispiel, bei dem Oligarchie und Volk vergleichbar getrennt sind. Und wenn es sich durchsetzt, dass die Armen Geld zurückzahlen müssen, das die Reichen auf Auslands-Konten haben, liegt darin sozialer Sprengstoff. - Trotzdem: Deutschland hat aufgrund seines dualen Bildungssystems und seiner finanziellen Grundabsicherung (Hartz) eine gute Abfederung gegen solche Entwicklungen. - Nichtsdestoweniger ist Wachsamkeit gefragt.

Pluto
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#3 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von Pluto » Mo 11. Mai 2015, 12:25

closs hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Finden wir dieselben Symptome in Deutschland?
Zunehmend ja, aber bei weitem noch nicht durchschlagend. - Hier wäre Deutschland/Europa gut beraten, eine Demokratie-Kultur zu pflegen, die dies nachhaltig verhindert.
Aus meiner Sicht ist dies bereits bei uns spät. Der Aufstieg ist nur ganz wenigen gegönnt. Das Abitur (und somit ein Studium) ist vornehmlich den Kindern aus besser gestellten Bevölkerung vorbehalten. Es gibt seltene Ausnahmen, aber diese sind in den wenigsten Fällen auf das Schulsystem zurückzuführen.

Was zunehmend fehlt, ist eine wohlhabende Mittelschicht.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Magdalena61
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#4 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von Magdalena61 » Mo 11. Mai 2015, 13:04

Die Kluft zwischen den "Privilegierten" und "Menschen mit wirtschaftlichem/ sozialem Handycap" wird auch in Deutschland immer größer.
Das Problem wird durch die Zuwanderung von Migranten/ Asylanten verschärft werden.

Es ist notwendig und gut, wenn Menschen aus anderen Ländern hier eine Heimat finden-- mit der Integration klappt das teilweise aber überhaupt nicht. In welches "Volk" soll denn integriert werden?

Über Jahrzehnte oder Jahrhunderte gewachsene "Stammensfehden" und Rassenkonflikte, z.B. zwischen Russen und Türken... werden weitergelebt; nicht abgebaut. Dazu kommt das Gefühl der Benachteiligung, wenn die hoffnungsvoll angekommenen, ehemals motivierten Einwanderer so langsam begreifen, dass sie niemals den Standard der oberen 10 000 erreichen, sondern stets deren (schlecht bezahlte) Handlanger bleiben werden und dafür auch noch dankbar sein sowie durch Vermehrung und die Aufzucht der Brut für den Nachschub an fleißigen Arbeitern sorgen sollen.

Kasten gibt es nicht nur in Indien.
closs hat geschrieben:Deutschland hat aufgrund seines dualen Bildungssystems und seiner finanziellen Grundabsicherung (Hartz) eine gute Abfederung gegen solche Entwicklungen.
Das deutsche Bildungssystem muß man sich leisten können.
In der Klasse einer beruflichen Schule in einem benachbarten Landkreis, die zur mittleren Reife führen soll, können viele der Schüler nicht mithalten und müssen aufgeben. Die meisten von ihnen haben einen Migrantenhintergrund. :(
Sie schaffen es nicht. Und ihre Eltern können ihnen nicht helfen.

Auch diese jungen Leute machen sich Gedanken über die Welt, in welcher sie leben und über die Chancen, die sie NICHT haben. Ein Bekannter meines Sohnes, ein aufgeweckter, energischer Bursche, erläuterte mir die Philosophie seines Vaters (sinngemäß wiedergegeben): "In einer funktionierenden Wirtschaft kann es nicht nur Häuptlinge, sondern es muß auch Arbeiter geben".

Seine Zukunft wird voraussichtlich die eines Dienstleistenden sein: Ein bescheidenes Gehalt, wenig Urlaub, harte Arbeit... und die Erholungspausen werden ihm nicht bezahlt; im Gegensatz zu Konferenzlern mit akademischem Grad, die nicht nur für's Kaffetrinken bezahlt, sondern auch noch fürstlich bewirtet werden-- wobei ihre Gastgeber diese Zuwendungen steuerlich geltend machen können.

Wie viele der Schulabbrecher oder - durchfaller haben Eltern, die so klug auffangen und motivieren können?

Und warum in einer Demokratie mit dem (theoretischen) Anspruch der Gleichberechtigung und Gleichbehandlung aller Mitglieder der Bevölkerung die Häuptlinge aus den besser gestellten Schichten so überdimensional bombastische Gehälter einschieben (welche von den Untertanen durch fachlich hervorragende Leistungen sowie vollen Einsatz finanziert werden) während ein Arbeiter gerade so viel verdient, um recht oder schlecht überleben zu können... das kann ich meinen Kindern und deren Freunden immer noch nicht erklären.

Nicht jeder fährt auf geistlich- intellektuelle Ideale ab, nicht jeder ist dazu bereit, seine Erwartungen sowie sein Konsumverhalten komplett von den philosophischen Zwängen seiner Umwelt abzukoppeln und eigene Ziele zu formulieren/ gegen den Strom zu leben und sich von der Macht des Geldes, des Besitzes nicht beherrschen zu lassen. Lk. 12,15

Wenn die Ungerechtigkeit überhand nahm, hat es in der Geschichte dann öfter mal einen Aufstand; eine Revolution... einen Krieg gegeben.

Das Aggressionspotenzial nimmt zu:
Berlin/Hamburg - Ein Toter, sieben Verletzte: In Berlin und Hamburg ist es am Wochenende zu brutalen Streitereien gekommen. In der Hansestadt starb ein 22-jähriger Mann, der nach Polizeiangaben einer jungen Frau zu Hilfe kommen wollte, in der Hauptstadt wurden sieben Menschen in Bahnhöfen und im Bus verletzt.
welt.de, 10. Mai 2015
Eine Katastrophe für die Angehörigen und Freunde des jungen Mannes, der, als er helfen wurde, brutal ermordet wurde.

Was werden die Politiker und die Medien tun?

Wahrscheinlich an den Symptomen herumdoktern, wie immer, so lange sie noch etwas zu verlieren haben.

In einer entkirchlichten Gesellschaft kann man nicht gut "die Götter" für die Ungerechtigkeit in der Verteilung des Volksvermögens/ der Macht verantwortlich machen, wie das beispielsweise in Indien der Fall ist. Man wird andere "Schuldige" finden und benennen müssen. Leider eiern die Häuptlinge nur demokratisch herum und bleiben dem irritierten/ unterdrückten Volk die Antworten schuldig-- deswegen "PEGIDA" und andere.

Die USA sind da sozusagen schon einen Schritt weiter als wir. Das "Volk" schlägt "zurück"- punktweise. Aber auch nicht immer in die richtige Richtung....
LG
God bless you all for what you all have done for me.

Martinus
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#5 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von Martinus » Mo 11. Mai 2015, 13:12

Magdalena61 hat geschrieben: Was werden die Politiker und die Medien tun?


das übliche Politikersprech. Sie sind betroffen, bestürzt, besorgt und suchen schon das nächste Mikrofon
Angelas Zeugen wissen was!

closs
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#6 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von closs » Mo 11. Mai 2015, 14:13

Magdalena61 hat geschrieben:Das deutsche Bildungssystem muß man sich leisten können.
Kleine Prognose:

Mittelfristig wird die Gesellschaft erkennen, dass bei immer weniger jungen Menschen jedes Ausbildungs-Versäumnis ein volkswirtschaftlicher Schaden ist. Diese Schäden werden um so spürbarer, je mehr offensichtlich wird, dass man qualifizierte junge Leute nur begrenzt aus dem Ausland abschöpfen kann - was eh eine Sauerei ist: Arme Leute die Jungen ausbilden lassen und dann abschöpfen.

Das war der Versuch, ein optimistisches Bild zu zeichnen - ob es nur ein Pfeifen im Wald ist, wird sich herausstellen.

Pluto
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#7 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von Pluto » Mo 11. Mai 2015, 14:38

closs hat geschrieben:
Magdalena61 hat geschrieben:Das deutsche Bildungssystem muß man sich leisten können.
Kleine Prognose:

Mittelfristig wird die Gesellschaft erkennen, dass bei immer weniger jungen Menschen jedes Ausbildungs-Versäumnis ein volkswirtschaftlicher Schaden ist. Diese Schäden werden um so spürbarer, je mehr offensichtlich wird, dass man qualifizierte junge Leute nur begrenzt aus dem Ausland abschöpfen kann - was eh eine Sauerei ist: Arme Leute die Jungen ausbilden lassen und dann abschöpfen.
Die Völker in Fernost haben erkannt, wie wichtig Bildung ist. Dort wird geschuftet, und es wird keine Gelegenheit ausgelassen, den Kindern wo möglich Nachhilfe zukommen zu lassen.

Es ist eine Frage der Mentalität. Die Untätigkeit in Europa ist aus meiner Sicht eine Folge des Erfolgs, vor allem in den letzten 200 Jahren.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#8 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von closs » Mo 11. Mai 2015, 16:02

Pluto hat geschrieben:vor allem in den letzten 200 Jahren.
So weit würde ich nicht zurückgehen - ich kann mich erinnern, wie es in den 1960ern eine echte Aufbruchs-Stimmung gab - da galt es als "cool", bei den Gebildeten dazuzugehören.

Aus meiner Sicht hat es die heutige junge Generation sehr, sehr schwer. - Denn zu unseren Zeiten ging es nur aufwärts - der Krieg war vorbei, es gab wieder mehr zu essen, dann war sogar ein Italien-Urlaub für viele drin, etc. - Man konnte sich über jede Stufe des Aufstiegs freuen - es ging einem besser als der Eltern-Generation.

Heute wachsen die jungen Menschen damit auf, dass es "normal" ist, wenn man ein Mobile oder einen Laptop oderoder hat. - Auch verwahrt man sich dagegen, im Winter mit Holz zu heizen oder in einem Zimmer mit Apfelkisten als Möbel zu leben - also braucht man Geld. - Unsere Generation hatte es leichter: Bei uns galt es als cool, nicht mehr als 2 Jeans und ein Paar Latschen zu haben - Hauptsache, man konnte in einer fernen Stadt studieren und in den Semesterferien ins Ausland trampen. - Mode-Diktate? Null. - Gesellschaftliche Zwänge? Null. - Verschultes Pseudo-BA-Studium? Null.

Heute ist der Gesellschafts-Druck (eigentlich ist es ja kein Leistungs-Druck) für die jungen Menschen weitaus höher als früher - und dafür verdient die Generation meiner Kinder mein ehrliches Mitgefühl - sie tun mir eigentlich leid. - Wie will man da eine positive Bildungs-Atmosphäre schaffen?

Pluto
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#9 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von Pluto » Mo 11. Mai 2015, 18:45

closs hat geschrieben:Wie will man da eine positive Bildungs-Atmosphäre schaffen?
Im Fernost schaffen es die Menschen, vielleicht Dank einer ganz anderen Mentalität.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#10 Re: Soziale Konflikte weil man nichts mehr miteinander zu tun hat

Beitrag von closs » Mo 11. Mai 2015, 22:42

Pluto hat geschrieben:Im Fernost schaffen es die Menschen, vielleicht Dank einer ganz anderen Mentalität.
Aber nicht unbedingt deswegen, weil "der" Chinese so gepolt ist, sondern weil man dort in der selben Aufstiegsphase ist wie wir vor 50 Jahren. - Das kann auch bei uns wieder mal kommen.

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