Pro und contra Unabhängigkeit für Katalonien

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Rilke
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#21 Re: Pro und contra Unabhängigkeit für Katalonien

Beitrag von Rilke » Do 29. Mär 2018, 09:32

Munro, ich habe das Gefühl, dass du das Thema emotionalisierst. Was ist denn der Grund, warum die Katalanen einen eigenen Staat bräuchten?
Welche rechtliche Grundlage steckt dahinter? Denn ein Staat ist ein Rechtsgebilde, das den darin lebenden Staatsbürgern Rechte vermitteln und diese Rechte mit einer Rechtsstaatlichkeit sichern sollte. Wie soll aber ein Rechtsstaat entstehen, wenn seine Gründung auf einer spanischen Verfassungsverletzung beruht? Das würde den ganzen Staat bereits labil entstehen lassen. Ein Schurke kann kein Recht sprechen. Würden die Katalanen aus der jetzigen Situation einen Staat gründen, so wäre dieser Staat völkerrechtlich ein Schurkenstaat, der aus einer illegalen Revolution entstanden ist.
Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir, und ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben. - Joh 10, 27-28

Munro
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#22 Re: Pro und contra Unabhängigkeit für Katalonien

Beitrag von Munro » Do 29. Mär 2018, 10:47

Rilke hat geschrieben:Munro, ich habe das Gefühl, dass du das Thema emotionalisierst.

Kann sein. Du argumentierst aber nur nach dem kalten formalistischen Gesetz.
Die spanische Regierung geht nicht nach dem Geist der Gesetze vor sondern nach dem Buchstaben.
Und auch das ist noch fraglich.
Jean Paul Getty:
Die Sanftmütigen werden die Erde besitzen, aber nicht die Schürfrechte.

Munro
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#23 Re: Pro und contra Unabhängigkeit für Katalonien

Beitrag von Munro » Do 29. Mär 2018, 10:51

Rilke hat geschrieben: Würden die Katalanen aus der jetzigen Situation einen Staat gründen, so wäre dieser Staat völkerrechtlich ein Schurkenstaat, der aus einer illegalen Revolution entstanden ist.

Jetzt muss ich doch lachen: Illegale Revolution! Ja, völlig legale Revolutionen sind selten.

Schau dir die Weltgeschichte an.

Selbst Deutschland ist im Grunde entstanden aus einem Kampf gegen die Römer.
Dann leben wir seit Beginn in einem Schurkenstaat.

Wahrscheinlich würde das sogar für die meisten existierenden Staaten gelten.

Ein Schurkenstaat ist für mich was anderes.
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Rilke
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#24 Re: Pro und contra Unabhängigkeit für Katalonien

Beitrag von Rilke » Do 29. Mär 2018, 10:59

Munro hat geschrieben: Kann sein. Du argumentierst aber nur nach dem kalten formalistischen Gesetz.
Die spanische Regierung geht nicht nach dem Geist der Gesetze vor sondern nach dem Buchstaben.
Und auch das ist noch fraglich.
Das Gesetz ist nicht kalt, das Gesetz ist gerecht. Die Katalanen haben als Teil Spaniens ihr Recht auf spanische Staatsbürgerschaft. Sie sind keine Bürger zweiter Klasse und haben nicht im Geringsten einen Nachteil durch ihre lokale Kultur und Sprache. Von einer Unterdrückung kann nicht die Rede sein.
Als Teil des spanischen Staatsbürgertums wird ihnen von ihrem Rechtsstaat jedoch nicht gewährt, sich abzuspalten - das ist verfassungsrechtlich bestimmt. Von einem Staat kann man sich nicht nur Vorteile erhoffen, man muss auch seinen Pflichten nachgehen. Der Staat sichert den Katalanen wirtschaftliche und zivile Sicherheit, eine Infrastruktur und sachgemäßen Umgang mit den erhobenen Steuern - im Gegenzug verlangt er Loyalität und Treue dem Spanischen Rechtsstaat gegenüber.
Ich argumentiere keineswegs kalt - aber wie möchte sich ein Rechtsstaat durch einen Rechtsbruch legitimieren?
Das funktioniert nicht.
Ein Argument für eine Sezession hast du noch immer nicht erbracht. Leider, ich würde gerne eines lesen.

Munro hat geschrieben: Selbst Deutschland ist im Grunde entstanden aus einem Kampf gegen die Römer.
Dann leben wir seit Beginn in einem Schurkenstaat.
Das ist verfassungsgeschichtlich absoluter Unsinn. Deutschland entstand nicht durch einen Kampf gegen die Römer. Ich möchte dich hier nicht belehren, aber gerade die Geschichte Deutschlands ist ein Exempel des verfassungskonformen Zustandekommens eines Staates, diese Entwicklung hat vom Ostfrankenreich bis zum Deutschen Reich etwa 1000 Jahre gedauert.
Die Katalanen würden von heute auf Morgen einen Staat beanspruchen, der ihnen nicht zusteht. Wie gesagt, das kannst du völkerrechtlich nicht legitimieren, geht nicht. Es wäre ein Umsturz und ein völkerrechtlich betrachtet verbrecherisches Verhalten.
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#25 Re: Pro und contra Unabhängigkeit für Katalonien

Beitrag von Munro » Do 29. Mär 2018, 11:21

Rilke hat geschrieben: Das ist verfassungsgeschichtlich absoluter Unsinn.

Ja ja, ist schon recht.

Du kannst aber beruhigt sein, dass ich mich in Geschichte auskenne.
Ich habe nur eben mal einen kurzen anschaulichen Vergleich gebraucht.

Aber ich sehe, dass unsere Diskussion keinen Wert hat.

Du scheinst nur Paragraphen zu kennen, aber keine Menschen.
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#26 Re: Pro und contra Unabhängigkeit für Katalonien

Beitrag von closs » Do 29. Mär 2018, 13:29

Rilke hat geschrieben:Was ist denn der Grund, warum die Katalanen einen eigenen Staat bräuchten? Welche rechtliche Grundlage steckt dahinter?
Das sind zwei völlig verschiedene Fragen, die beantwortet werden können mit:

1) Sie haben sehr wohl Gründe, einen eigenen Staat zu haben.
2) Eine rechtliche Grundlage gibt es dafür nicht.
3) Meine persönliche Meinung: Innerhalb der EU macht es keinen Sinn, neue Staaten durch Abspaltung aus EU-Mitgliedern zu gründen.

Kulturelle Gründe gibt es nichtsdestoweniger genug:
* Katalonien war schon Teil Europas (sogar schon zur Zeit Karls des Großen), als das restliche Spanien (bis auf Nordwest-Spanien/Galicien) islamisch war.
* Katalonisch ist eine eigene Sprache.
* Man fühlt sich zu Recht oder zu Unrecht von der ("ethnisch" dominierenden, also spanischen) Regierungsmacht benachteiligt (Stichwort: "Länderfinanzausgleich").

Mit anderen Worten: Die Gemengelage ist kompliziert. - Aus meiner Sicht wäre die Lösung ein Weg, wie es Südtirol in Italien geschafft hat: Anerkennung der Zentralmacht, aber ansonsten weitgehende Autonomie.
Zuletzt geändert von closs am Do 29. Mär 2018, 14:31, insgesamt 2-mal geändert.

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#27 Re: Pro und contra Unabhängigkeit für Katalonien

Beitrag von janosch » Do 29. Mär 2018, 14:08

Abischai hat geschrieben:Ob das gut ist oder nicht, ist Ansichtssache. Aber der Herr Jesus hat gesagt, daß in der letzten Zeit die Bäume blühen werden, was eine Andeutung des Aufblühens der Nationen ist.
Nationalismus ist also, ob gut oder schlecht, je nach dem, ein korrektes Kennzeichen der Endzeit.

Wahnsinn was man alles mögliches aus der Bibel herauslesen kann... Ich lese was total anderes...zB. Globalisation :roll:

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#28 Re: Pro und contra Unabhängigkeit für Katalonien

Beitrag von Munro » Do 29. Mär 2018, 19:12

Ganz aktuell möchte ich dieses Jahr für Carles Puidgemont "Frohe Ostern!" wünschen.
Hier also nun auf katalanisch: "Bona Pasqua!"
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#29 Re: Pro und contra Unabhängigkeit für Katalonien

Beitrag von Munro » Do 29. Mär 2018, 23:01

Ein Rückblick:

Dass Puigdemont ausgerechnet in Deutschland festgenommen wurde, weckt bei vielen historische Assoziationen. 1940 hatte die Gestapo den katalanischen Präsidenten Lluis Companys an Spanien ausgeliefert.

Companys hatte am 6. Oktober 1934 die kurzlebige katalanische Republik ausgerufen, war im Bürgerkrieg nach Frankreich geflohen. Nach seiner Auslieferung wurde er von einem Schnellgericht zu Tode verurteilt und hingerichtet. "Ich hoffe, dass die Geschichte sind nicht wiederholt", sagt Marc Renau. Der Musiker hat acht Jahre in Essen gelebt. "Das ist alles so deprimierend."

http://www.zeit.de/politik/ausland/2018 ... -barcelona

Wenn Deutschland vor diesem Hintergrund nun tatsächlich den gewählten Präsidenten der Region Katalonien wie einen gemeinen Mörder an Spanien ausliefert, dass ist das echt eine Schande für Deutschland.

Will die deutsche Justiz hier leichtfertig das Erbe der Gestapo antreten?
Ich hoffe nicht!
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Munro
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#30 Re: Pro und contra Unabhängigkeit für Katalonien

Beitrag von Munro » Sa 31. Mär 2018, 20:26

Carles Puigdemont spricht:

Erstmals seit seiner Festnahme meldete er sich am Samstag persönlich zu Wort: "Damit das für alle klar ist: Ich werde nicht aufgeben. Ich werde nicht vor den unrechtmäßigen Handlungen derjenigen zurückweichen, die an den Urnen verloren haben", hieß es auf seinem Twitter-Account. Offenbar mit Blick auf die Zentralregierung in Madrid hieß es weiter, diese setze die Rechtsstaatlichkeit aufs Spiel, um die Einheit des Landes zu gewähren.

http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 00734.html

Und hier im Original:

Que tothom ho tingui clar: no claudicaré, no renunciaré, no em retiraré davant l'actuació il·legítima dels qui han perdut a les urnes ni davant de l'arbitrarietat dels qui estan disposats a pagar el preu d'abandonar l'estat de dret i la justícia per "la unitat de la pàtria".
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