alles fliesst...

Literatur, Malerei, Bildhauerei
Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#111 Re: alles fliesst...

Beitrag von Novas » Di 4. Apr 2017, 07:14

Die Bestimmung

Göttlich ist und ewig der Geist.
Ihm entgegen, dessen wir Bild und Werkzeug sind,
Führt unser Weg; unsre innerste Sehnsucht ist:
Werden wie er, leuchten in seinem Licht!
Aber irden und sterblich sind wir geschaffen,
Träge lastet auf uns Kreaturen die Schwere.
Hold zwar und mütterlich warm umhegt uns Natur,
Säugt uns Erde, bettet uns Wiege und Grab;
Doch befriedet Natur uns nicht,
Ihren Mutterzauber durchstößt
Des unsterblichen Geistes Funke
Väterlich, macht zum Manne das Kind.
Löscht die Unschuld und wendet uns zu
Kampf und Gewissen.

So zwischen Mutter und Vater,
So zwischen Leib und Geist
Zögert der Schöpfung gebrechlichstes Kind.
Zitternde Seele Mensch, des Leidens fähig
Wie kein anderes Wesen, und fähig des Höchsten:
Gläubiger, hoffender Liebe.
Schwer ist sein Weg, Sünde und Tod seine Speise,
Oft verirrt er ins Finstre, oft wär ihm
Besser, niemals erschaffen zu sein.
Ewig aber strahlt über ihm seine Sehnsucht,
Seine Bestimmung: das Licht, der Geist.
Und wir fühlen: ihn, den Gefährdeten,
Liebt der Ewige mit besonderer Liebe.

Darum ist uns irrenden Brüdern
Liebe möglich noch in der Entzweiung,
Und nicht Richten und Haß,
Sondern geduldige Liebe,
Liebendes Dulden führt
Uns dem heiligen Ziele näher.

~ Hermann Hesse


Damit ist eigentlich alles gesagt ;)

Bild

erbreich
Beiträge: 888
Registriert: Di 24. Dez 2013, 11:28

#112 Re: alles fliesst...

Beitrag von erbreich » Di 4. Apr 2017, 09:45

Novalis hat geschrieben:Ewige Verdammnis kann es nicht geben, denn das würde bedeuten, dass Gott einen Teil von sich auf ewig verdammt, was ich für einen vollkommen ungenießbaren und absurden Gedanken halte.
Die christliche Lehre von der Allaussöhnung finde ich heilsam und in die richtige Richtung führend. Vor allem weil sie es ermöglicht, den Absolutheitsanspruch und damit auch die "Evangeilheit" zu überwinden.

In dem Wunsch nach ewigem seeligem Erleben sehe ich jedoch Selbstsucht. Buddhistisch verstanden offenbart sich die Egozentriertheit auf zwei Arten: In der Ewigkeitsansicht und in der Vernichtungsansicht (die Verdammungsansicht könnte man da auch noch anfügen). Beide Ansichten gehen stillschweigend von einem Selbst aus, das durch den Tod vernichtet (oder verdammt) werden oder ewige Existenz erlangen könnte.

Jesus fordert für seine Nachfolge die Selbstverleugnung. Wie weit geht die? Altruismus ist eine heilsame Herzenshaltung, ohne Zweifel, aber bedeutet Selbstverleugnung nicht noch mehr als das?

Wenn wir auf dem spirituellen Weg alles Begehren nach der Welt und ihren Schätzen weitgehend überwunden haben, so wird uns ein anderes Begehren immer mächtiger und offensichtlicher: Das Verlangen nach geistigem Dasein, wie auch immer wir uns dieses vorstellen. Das kann ein Verlangen sein nach himmlischen Sphären, nach engelgleichem Dasein. Es kann ein Verlangen sein nach einem himmlischen Paradies, nach dem Reich Gottes, nach dem Ewigen Leben, nach Erlöschung von allem Leben und Sterben, nach Nirvana, usw.usf. Die menschlichen Vorstellungen über das wahre Leben, sei es ein Leben hier und jetzt oder ein Leben nach dem Tod, und über die höchste Wahrheit sind unendlich vielgestaltig. Selbst die Bilder und Gleichnisse der Weltreligionen machen nur einen kleinen Teil davon aus.

Die anstehende Aufgabe bedeutet das Loslassen dieses Begehrens nach jedwelcher spiritueller Dimension. Durch das bewusst und absichtlich erzeugte Begehren nach der höchsten Wahrheit (ob personal in Gott oder Christus, oder nicht-personal in Dhamma und Nirvana gekleidet) wurde die Möglichkeit geschaffen, die groben Begierden und Leidenschaften zu transformieren und zu überwinden. Nun sehen wir uns vor die Aufgabe gestellt, desgleichen das Werkzeug, das uns diese Transformation erst möglich machte, loszulassen. Wenn wir also die definitive Befreiung tatsächlich verwirklichen wollen, so müssen wir uns nun darin üben, das Verlangen nach ihr aufzugeben und zu überwinden:

Selig sind die geistlich Armen;
denn ihrer ist das Himmelreich!
(Christus; Mt 5,3)

Denn ich sage euch bei der ewigen Wahrheit,
solange ihr den Willen habt, den Willen Gottes zu erfüllen,
und solange ihr noch Begehren habt nach der Ewigkeit und nach Gott,
solange seid ihr noch gar nicht geistlich arm.
(Meister Eckhart; aus der Predigt über Mt 5,3)


Wurzeln tut auch dieses Begehren, wie alle Begehren, in unserer Selbstsucht. Deshalb stellt die Selbstsucht im Buddhismus die höchste Form der Verblendung und Unwissenheit dar. Sie ist die Grundwurzel allen Übels, allen Leidens und Elends in der Welt. Nirgendwo finde ich die (auch von Jesus geforderte) Selbstverleugnung klarer aufgezeigt als in der buddhistischen Lehre.

Rembremerding
Beiträge: 2984
Registriert: So 18. Aug 2013, 16:16

#113 Re: alles fliesst...

Beitrag von Rembremerding » Di 4. Apr 2017, 10:47

erbreich hat geschrieben: Die christliche Lehre von der Allaussöhnung finde ich heilsam und in die richtige Richtung führend. Vor allem weil sie es ermöglicht, den Absolutheitsanspruch und damit auch die "Evangeilheit" zu überwinden.

In dem Wunsch nach ewigem seeligem Erleben sehe ich jedoch Selbstsucht.
Für einen Christen ist es nicht relevant, ob der Mensch etwas heilsam findet, sondern dass Gott unser Heil will, weil er uns liebt. Der Absolutheitsanspruch geht von Gott aus, in dem er seinen Sohn sandte. Das hebt einen Christen nicht in den Stand diesen Anspruch ohne den Sohn, die inkarnierte Liebe, zu vertreten.
Das seelige Erleben ist für Christen nicht das Ziel, auch wenn viele das meinen. Es ist Gottes Ziel/Wille, dass wir Menschen mit ihm, dem Ewigen, Gemeinschaft haben. Erst die Initiative Gottes schenkt dem Christen seeliges Erleben als Gnade, hier im Lebens ebenso, wie in der ewigen Dimension Gottes. In diesem Sinn hat eher der Buddhismus die Veranlagung nur für sich seeliges Erleben zu erlangen. In der Praxis mag aber der Unterschied weniger erkennbar sein, denn der Wunsch nach "ewigen seeligen Erleben" ist im Grunde die selbstsüchtige Anwendung jener Sehnsucht, die Gott uns geschenkt, um lieben zu können und geliebt zu sein.

Buddhismus, wie Jesus Christus erkennen die Selbstsucht, den Stolz und Hochmut als Wurzelübel des Menschen. Der Buddhismus will es vom Menschen her überwinden, Jesus will es von Gott her verwandeln.

Servus :wave:
Dieser katholische User ist hier dauerhaft inaktiv

Benutzeravatar
Tyrion
Beiträge: 828
Registriert: Mo 21. Nov 2016, 00:24

#114 Re: alles fliesst...

Beitrag von Tyrion » Di 4. Apr 2017, 16:18

Novalis hat geschrieben:Damit ist eigentlich alles gesagt

Gut, dann lassen wir's halt bleiben. Dann eben keine Diskussion. Da hätte ich mir die Zeit, auf dein letztes Posting einzugehen, sparen können. Dann hast du - typsichfür zu stark an der Religion nippenden Menschen - mit deinen Aussagen immer recht und alle anderen irren. Ist dann halt so. Du bist toll, die anderen vielleicht, wenn sie gläubig sind, der Rest - auf den blickt man eben herab.

Gott existiert nicht, Jesus ist tot. Damit ist ebenfalls alles gesagt. Dann sagt man halt nix mehr, dann schweigt man. Warum du dann in einem Diskussionsforum bist, muss ich ja nicht verstehen.

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#115 Re: alles fliesst...

Beitrag von Novas » Di 4. Apr 2017, 16:25

Rembremerding hat geschrieben:
erbreich hat geschrieben: Die christliche Lehre von der Allaussöhnung finde ich heilsam und in die richtige Richtung führend. Vor allem weil sie es ermöglicht, den Absolutheitsanspruch und damit auch die "Evangeilheit" zu überwinden.

In dem Wunsch nach ewigem seeligem Erleben sehe ich jedoch Selbstsucht.
Für einen Christen ist es nicht relevant, ob der Mensch etwas heilsam findet, sondern dass Gott unser Heil will, weil er uns liebt. Der Absolutheitsanspruch geht von Gott aus, in dem er seinen Sohn sandte. Das hebt einen Christen nicht in den Stand diesen Anspruch ohne den Sohn, die inkarnierte Liebe, zu vertreten.
Das seelige Erleben ist für Christen nicht das Ziel, auch wenn viele das meinen. Es ist Gottes Ziel/Wille, dass wir Menschen mit ihm, dem Ewigen, Gemeinschaft haben. Erst die Initiative Gottes schenkt dem Christen seeliges Erleben als Gnade, hier im Lebens ebenso, wie in der ewigen Dimension Gottes. In diesem Sinn hat eher der Buddhismus die Veranlagung nur für sich seeliges Erleben zu erlangen. In der Praxis mag aber der Unterschied weniger erkennbar sein, denn der Wunsch nach "ewigen seeligen Erleben" ist im Grunde die selbstsüchtige Anwendung jener Sehnsucht, die Gott uns geschenkt, um lieben zu können und geliebt zu sein.

Buddhismus, wie Jesus Christus erkennen die Selbstsucht, den Stolz und Hochmut als Wurzelübel des Menschen. Der Buddhismus will es vom Menschen her überwinden, Jesus will es von Gott her verwandeln.

Servus :wave:

Ich persönlich denke, dass das Christentum - in gewisser Weise - "Buddhismus + Gott" ist. Denn es gibt natürlich sehr viele Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede, wie die Lehre der Trinität, die wohl das Herzstück des christlichen Glaubens ist. Außerdem besteht die Frage, was das Ziel des menschlichen Lebens ist. Christen leben nicht einem Ende, sondern einem Ziel entgegen: dem ewigen Leben bei/mit Gott. Wir glauben, dass unsre sterbliche Seinsweise (das heißt, unser ganzes Personsein) in eine himmlische, unsterbliche Seinsweise hinein verwandelt wird (1 Korinther 15,42)

Ich denke, dass Transformation hier das passende Wort ist. Wir glauben, dass unsre Todesstunde auf Erden unsre Geburtsstunde bei Gott ist, in seiner göttlichen Daseinsweise. Buddhisten sprechen eher von einem Erlöschen, Christen eher von einer Transformation. Wie das sein wird, können wir uns nicht vorstellen, selbst in den herrlichsten Farben nicht ausmalen. Doch mit Blick auf Jesus können wir sagen, dass wir das ewige Leben Gottes mitleben werden. Ich denke, dass das Leben vor dem Tod leichter und besser ist, wenn es mit Blick auf das Leben nach dem Tod gelebt wird; und dieses "danach" ist für Christen nicht nur eine Negation des "davor", sondern seine Erfüllung.

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#116 Re: alles fliesst...

Beitrag von Novas » Di 4. Apr 2017, 16:32

Tyrion hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Damit ist eigentlich alles gesagt

Gut, dann lassen wir's halt bleiben. Dann eben keine Diskussion. Da hätte ich mir die Zeit, auf dein letztes Posting einzugehen, sparen können. Dann hast du - typsichfür zu stark an der Religion nippenden Menschen - mit deinen Aussagen immer recht und alle anderen irren. Ist dann halt so. Du bist toll, die anderen vielleicht, wenn sie gläubig sind, der Rest - auf den blickt man eben herab.

Am einer Grundsatzdebatte habe ich tatsächlich nur wenig Interesse. Es ist nun mal so, dass man irgendwann den Punkt erreicht, an dem man darüber hinaus ist, weil man die Wahrheit des eigenen Lebens schon lebt und damit im Einklang ist.



Gott existiert nicht, Jesus ist tot. Damit ist ebenfalls alles gesagt

Für Dich mag das so sein :)

Benutzeravatar
Tyrion
Beiträge: 828
Registriert: Mo 21. Nov 2016, 00:24

#117 Re: alles fliesst...

Beitrag von Tyrion » Di 4. Apr 2017, 17:04

Novalis hat geschrieben:Es ist nun mal so, dass man irgendwann den Punkt erreicht, an dem man darüber hinaus ist, weil man die Wahrheit des eigenen Lebens schon lebt und damit im Einklang ist.

Wäre dem so, würdest du dich anders verhalten. Daher vermute ich puren Selbstbetrug. Ich würde es dir aber wünschen - dann würdest du viel entspannter und selbstsicherer sein. Aber was weiß ich schon, ich Ungläubiger? Und nein, an einer Grundsatzdiskussion mit dir habe ich auch kein Interesse.

Für Dich mag das so sein :)

Ja, und das ist gut so.

Novas
Beiträge: 7986
Registriert: Mi 20. Jun 2018, 21:23

#118 Re: alles fliesst...

Beitrag von Novas » Di 4. Apr 2017, 17:12

Tyrion hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Es ist nun mal so, dass man irgendwann den Punkt erreicht, an dem man darüber hinaus ist, weil man die Wahrheit des eigenen Lebens schon lebt und damit im Einklang ist.

Wäre dem so, würdest du dich anders verhalten. Daher vermute ich puren Selbstbetrug. Ich würde es dir aber wünschen - dann würdest du viel entspannter und selbstsicherer sein. Aber was weiß ich schon, ich Ungläubiger? Und nein, an einer Grundsatzdiskussion mit dir habe ich auch kein Interesse.

Für Dich mag das so sein :)

Ja, und das ist gut so.


Ok, dann wäre das geklärt ;)

erbreich
Beiträge: 888
Registriert: Di 24. Dez 2013, 11:28

#119 Re: alles fliesst...

Beitrag von erbreich » Di 4. Apr 2017, 20:03

Novalis hat geschrieben:Ich denke, dass das Leben vor dem Tod leichter und besser ist, wenn es mit Blick auf das Leben nach dem Tod gelebt wird; und dieses "danach" ist für Christen nicht nur eine Negation des "davor", sondern seine Erfüllung.
Ich würde so formulieren: Seit ich das Leben mit Blick auf das Todlose lebe, erlebe ich es als sinnvoll und sinnstiftend; und dieses Todlose ist nicht eine Negation des Lebens, sondern seine Erfüllung. :D

Benutzeravatar
Tyrion
Beiträge: 828
Registriert: Mo 21. Nov 2016, 00:24

#120 Re: alles fliesst...

Beitrag von Tyrion » Mi 5. Apr 2017, 00:20

erbreich hat geschrieben:Ich würde so formulieren: Seit ich das Leben mit Blick auf das Todlose lebe, erlebe ich es als sinnvoll und sinnstiftend;

Interessant, dass du es so herum siehst/fühlst/erlebst. Ich verstehe nur nicht, warum man überall einen Sinn sehen / suchen muss.

Welchen Sinn ergibt es, wenn 20 Menschen einem Ball hinterherlaufen, zwei Menschen verhindern wollen, dass dieser in ein Tor geschossen wird? Trotzdem schauen sich über eine Milliarde Menschen Fußball an. Welchen Sinn ergibt dieser Sport?

Oder Musik: welchen Sinn ergibt es, Töne aneinanderzureihen? Trotzdem lausche ich gerne interessanten Harmonien und Tonfolgen.

Welchen Sinn ergibt Kunst? Trotzdem kann ich auch moderne, abstrakte Kunst aufnehmen, wahrnehmen und mich daran erfreuen.

Welchen Sinn ergibt das Leben? Auch ohne diesen kann ich das Leben genießen, erleben, wahrnehmen und mich daran erfreuen.

Durch die Aussicht auf einen endgültigen Tod lebe ich ja noch viel intensiver. Ich kann mich nicht damit trösten, dass das nächste Leben besser wird oder es werden könnte. Nein, das jetzige Leben ist es (so auch das der anderen - es ist dadurch doch viel kostbarer, weil einzigartig).

und dieses Todlose ist nicht eine Negation des Lebens, sondern seine Erfüllung. :D

Ist etwas einzigartig und zudem von nur kurzer Dauer, ist es doch viel wertvoller als wenn es immer erneute Wiederholungen oder Anläufe geben würde. Und wäre es (wie Christen hoffen) nur das Vorspiel für ein ewiges Leben, dann ist es ja bis auf die Möglichkeit, sich für letzteres zu qualifiziere, völlig bedeutungslos. Das wiederum erklärt, warum manche ihr Leben extrem einschränken, sich aufgeben, sich als wertlos, sündig (usw.) ansehen.

Ich kann das mit der Erfüllung nicht nachvollziehen, finde deinen Standpunkt aber interessant. Zumal ihm die Aggressivität der meisten Religionen fehlt (auch das Christentum kann sehr aggressiv sein).

Antworten