Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Philosophisches zum Nachdenken
Anton B.
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#191 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Anton B. » Di 1. Sep 2015, 12:01

Münek hat geschrieben:
Anton B. hat geschrieben:
Andreas hat geschrieben:Das ist so oberpeinlich, weil es eure Unredlichkeit ans Licht bringt. Und selbst jetzt noch, nachdem euer Schwindel
... die Autoren mit ihren Theorien zu der Naherwartung des "historischen Jesus" hingegen sprechen von keinem Irrtum....

Das, lieber Anton, ist wiederum ein Irrtum.

Lesen kannst Du doch noch - oder gehörst Du zu der merkwürdigen Spezies der "Ausblender"?
Was ist denn ausgeblendet? Vielleicht habe ich die Literatur nicht sorgsam genug gelesen, aber die explizite Unterstellung eines "Irrtums" habe ich nicht wahrgenommen.

Was ich sehe, ist der "kleine Schritt" von der zugeschriebenen Naherwartung zur Feststellung eines Irrtums. Aber womöglich ist dieser "kleine Schritt" nur ein "scheinbar kleiner Schritt". Ein Schritt, der schnell Grenzen überschreiten kann, weswegen die Erforscher des "historischen Jesus" große Vorsicht walten lassen.

Ich möchte keinem die persönliche Meinung absprechen, Jesu Vorstellungen, soweit sie ihm im Rahmen des Projektes "historischer Jesus" zugeschrieben werden, als irrtumhaft zu betrachten. Was umgekehrt aber genauso gilt. Uns interessiert aber doch hier, ob sie durch die "historische-Jesus-Forschung" auch wirklich explizit als irrtumhaft vertreten werden.
Die Eiche "ist" - sie steht da - mit oder ohne Wildschweine.

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Andreas
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#192 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Andreas » Di 1. Sep 2015, 12:03

sven23 hat geschrieben:Aber nur, weil du nicht unterscheiden kannst zwischen deskriptiver Rezeptionsgeschichte und aktuellem Forschungsstand.
Der von euch lediglich behauptet wird. Bultmann ist heute auch nicht mehr das Maß aller Dinge. Als Beleg für die Aktualität des Forschungsstandes führt ihr beispielsweise Zitate von Werner Zager an, der ist Präsident des Bundes für Freies Christentum. Dieser Bund vertritt den Standpunkt der Unitarier. In der universitären Theologie liegt Zagers "Vorverständnis" weit ab vom "Konsens".

Nochmal aus dem Vorwort der beiden Autoren:
Auch hinter diesem Buch stehen "Vorverständnisse" und "Interessen". So sind wir überzeugt, daß man über den historischen Jesus einen von Sympathie bestimmten Zugang zum Judentum finden kann, daß die Auseinandersetzung mit seiner Botschaft das soziale Gewissen schärft und die Begegnung mit ihm die Frage nach Gott verändert.
Du siehst, dass in diesem Buch "wissenschaftliche Ergebnisoffenheit" von den Autoren selbst anders verstanden wird, als es von euch gerne dargestellt wird.

Lies mal was auf Seite 493 steht:
Historische Wissenschaft erzählt nicht, was geschehen ist, sondern reflektiert über Quellen, Forschungslagen, Methoden und Probleme. Und doch handelt Geschichtswissenschaft letztlich von Ereignissen, die sich erzählen lassen - auch wenn jede Erzählung verkürzt.

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Andreas
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#193 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Andreas » Di 1. Sep 2015, 12:22

sven23 hat geschrieben:Das Beschreiben kanonischer Exegese bedeutet nicht automatisch deren Befürwortung.
Wieder so eine frei erfundene Behauptung von dir. Das hast du voll drauf. Irgendein Phantasiegebilde in den Raum stellen und die anderen sollen sich dann daran abarbeiten. Mieser Stil.

Hier beschreiben Theißen/Merz nicht die kanonische Exegese. Das ist ihre eigene, selbst verantwortete Auslegung.
Jesu Predigt und sein Verhalten brachten das endzeitliche Heil, die Gottesherrschaft in den Alltag seiner Hörerinnen und Hörer hinein. Als angemessene Reaktion darauf sollten diese voller Freude das Geschenk annehmen wie einen unerwartet gefundenen Schatz oder eine Perle (Mt. 13,44-46); sollten die Gegenwart als eschatologische Heilszeit feiern, anstatt zu fasten, als sei Gott noch immer fern (Mk 2,18ff), und ein seiner Verkündigung entsprechendes Leben führen. Mit einem Wort (vgl. Mk 1,15) die heilsschaffende Ankunft der Gottesherrschaft sollte Umkehr (gr. Wort) bewirken.

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sven23
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#194 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von sven23 » Di 1. Sep 2015, 12:27

Andreas hat geschrieben:Lies mal was auf Seite 493 steht:
Historische Wissenschaft erzählt nicht, was geschehen ist, sondern reflektiert über Quellen, Forschungslagen, Methoden und Probleme. Und doch handelt Geschichtswissenschaft letztlich von Ereignissen, die sich erzählen lassen - auch wenn jede Erzählung verkürzt.
Sag ich doch, man muß Reflexion von Schlussfolgerungen trennen.
Wenn Theißen/Merz zur Schlußfolgerung kommen, daß Jesus sich in puncto Naherwartung geirrt hat, dann ist es eben so. Leugnen läßt es sich nicht, denn sie haben es für jeden nachlesbar nieder geschrieben.
Der Streitpunkt, der noch übrig bliebe, wäre, wie breit diese Ansicht innerhalb der historisch kritisch arbeitenden Theologie vertreten wird.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Andreas
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#195 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Andreas » Di 1. Sep 2015, 12:30

Und was hat das mit Mk 1,15 zu tun?

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Savonlinna
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#196 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Savonlinna » Di 1. Sep 2015, 12:56

sven23 hat geschrieben: Wenn Theißen/Merz zur Schlußfolgerung kommen, daß Jesus sich in puncto Naherwartung geirrt hat, dann ist es eben so. Leugnen läßt es sich nicht, denn sie haben es für jeden nachlesbar nieder geschrieben.
WAS genau haben sie denn geschrieen, sven?
Bitte referiere einmal den Gedankengang des ganzen Kapitels.
Beachte dazu auch das Vorwort, das Andreas zitiert hat. Das nämlich gibt die Marschrichtung vor.
Soviel Redlichkeit muss sein.

sven23 hat geschrieben:Der Streitpunkt, der noch übrig bliebe, wäre, wie breit diese Ansicht innerhalb der historisch kritisch arbeitenden Theologie vertreten wird.
Was sagt Theißen dazu, in Deinen Augen?

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#197 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Pluto » Di 1. Sep 2015, 14:04

Andreas hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Das Beschreiben kanonischer Exegese bedeutet nicht automatisch deren Befürwortung.
Wieder so eine frei erfundene Behauptung von dir. Das hast du voll drauf. Irgendein Phantasiegebilde in den Raum stellen und die anderen sollen sich dann daran abarbeiten. Mieser Stil.
Wie kann du nur so etwas sagen?
Hast du überhaupt Svens Aussage gelesen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#198 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Andreas » Di 1. Sep 2015, 14:15

Pluto hat geschrieben:Hast du überhaupt Svens Aussage gelesen?
Ja. Um diese Stelle aus dem Buch von Theißen/Merz geht es doch hier.

Das ist ihre eigene, selbst verantwortete Auslegung und keine Beschreibung irgendeiner "kanonischen Exegese" aus dem Irgendwo.
Jesu Predigt und sein Verhalten brachten das endzeitliche Heil, die Gottesherrschaft in den Alltag seiner Hörerinnen und Hörer hinein. Als angemessene Reaktion darauf sollten diese voller Freude das Geschenk annehmen wie einen unerwartet gefundenen Schatz oder eine Perle (Mt. 13,44-46); sollten die Gegenwart als eschatologische Heilszeit feiern, anstatt zu fasten, als sei Gott noch immer fern (Mk 2,18ff), und ein seiner Verkündigung entsprechendes Leben führen. Mit einem Wort (vgl. Mk 1,15) die heilsschaffende Ankunft der Gottesherrschaft sollte Umkehr (gr. Wort) bewirken.

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#199 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Münek » Mi 2. Sep 2015, 02:45

Andreas hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Hast du überhaupt Svens Aussage gelesen?
Ja. Um diese Stelle aus dem Buch von Theißen/Merz geht es doch hier.

Das ist ihre eigene, selbst verantwortete Auslegung und keine Beschreibung irgendeiner "kanonischen Exegese" aus dem Irgendwo.
Jesu Predigt und sein Verhalten brachten das endzeitliche Heil, die Gottesherrschaft in den Alltag seiner Hörerinnen und Hörer hinein. Als angemessene Reaktion darauf sollten diese voller Freude das Geschenk annehmen wie einen unerwartet gefundenen Schatz oder eine Perle (Mt. 13,44-46); sollten die Gegenwart als eschatologische Heilszeit feiern, anstatt zu fasten, als sei Gott noch immer fern (Mk 2,18ff), und ein seiner Verkündigung entsprechendes Leben führen. Mit einem Wort (vgl. Mk 1,15) die heilsschaffende Ankunft der Gottesherrschaft sollte Umkehr (gr. Wort) bewirken.

Ich vermag an dieser Interpretation der Predigt Jesu nichts Besonderes zu erkennen.

Viele seiner Zuhörer werden Jesu "Frohe Heilsbotschaft" in der Tat so empfunden haben, wie es Theißen/
Merz zum Ausdruck bringen. Historisch sicherlich nicht unrealistisch...

Dass die "echatologische Heilszeit" dann letztendlich doch nicht kam und die Vorfreude mancher/vieler
Zeitgenossen Jesu nicht nur verfrüht, sondern völlig umsonst war, verbuchen Theißen/Merz historisch zu
Recht unter "Jesu irrtümliche Naherwartung"...

Denn mit Exorzismen und Krankenheilungen war es ja nicht getan...Da sollte ja noch viel mehr kommen...

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Savonlinna
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#200 Re: Analytische Philosophie - Ein gefährlicher Hund?

Beitrag von Savonlinna » So 6. Sep 2015, 20:10

Anton B. hat geschrieben:
Münek hat geschrieben:


Anton B. hat geschrieben:

Das, lieber Anton, ist wiederum ein Irrtum.

Lesen kannst Du doch noch - oder gehörst Du zu der merkwürdigen Spezies der "Ausblender"?
Was ist denn ausgeblendet? Vielleicht habe ich die Literatur nicht sorgsam genug gelesen, aber die explizite Unterstellung eines "Irrtums" habe ich nicht wahrgenommen.

Was ich sehe, ist der "kleine Schritt" von der zugeschriebenen Naherwartung zur Feststellung eines Irrtums. Aber womöglich ist dieser "kleine Schritt" nur ein "scheinbar kleiner Schritt". Ein Schritt, der schnell Grenzen überschreiten kann, weswegen die Erforscher des "historischen Jesus" große Vorsicht walten lassen.

Ich möchte keinem die persönliche Meinung absprechen, Jesu Vorstellungen, soweit sie ihm im Rahmen des Projektes "historischer Jesus" zugeschrieben werden, als irrtumhaft zu betrachten. Was umgekehrt aber genauso gilt. Uns interessiert aber doch hier, ob sie durch die "historische-Jesus-Forschung" auch wirklich explizit als irrtumhaft vertreten werden.
Danke, Anton, für diese vorsichtigen Worte und insgesamt für das Plädoyer, umsichtig in beiden Lagern umherzuschauen.
Im Grunde hast Du genau die Brücke vorgelegt, die es ermöglichen könnte - ohne dass irgend jemand von seinen Lieblingsüberzeugungen lassen müsste -, produktiv miteinander zu kommunizieren.

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