Die Früchte des Reduktionismus.

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#121 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von closs » So 28. Dez 2014, 10:09

sven23 hat geschrieben:Also wohnt Gott im Kabel?
Nee, aber in der Leitung, auf der Du stehst. :lol:

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Münek
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#122 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von Münek » So 28. Dez 2014, 11:16

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben: Gläubige selbst weisen ja immer darauf hin, daß man Gott nicht mit dem Verstand finden kann.
Das ist missverständlich - es müsste heißen: Gott kann man nicht mit dem reduktiven Verstand finden - ansonsten ist Glaube hoch-vernünftig (im Sinne von Kant).

Und wegen der "Hoch-Vernunft" lehnte Kant den Glauben an einen per-
sönlichen Gott ab...

:lol: :lol: :lol:

closs
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#123 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von closs » So 28. Dez 2014, 12:29

Münek hat geschrieben:Und wegen der "Hoch-Vernunft" lehnte Kant den Glauben an einen persönlichen Gott ab...
"Gott und Unsterblichkeit hatte er <Kant> zwar postuliert, glaubte aber selbst an keines von beiden" (Kühn, Manfred: Kant. Eine Biographie. Beck, München 2004. S.16f.) -

Das ist ein interessanter Satz, der immerhin Kants ungeheure Disziplin unterstreicht: Er kann zwischen theoretischer Erkenntnis und persönlicher Erkenntnis unterscheiden. - Ihn als Kronzeugen für materialistische Weltanschauungen zu benutzen, scheint ihm nicht gerecht zu werden.

Pluto
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#124 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von Pluto » So 28. Dez 2014, 12:47

closs hat geschrieben:Das ist ein interessanter Satz, der immerhin Kants ungeheure Disziplin unterstreicht: Er kann zwischen theoretischer Erkenntnis und persönlicher Erkenntnis unterscheiden. - Ihn als Kronzeugen für materialistische Weltanschauungen zu benutzen, scheint ihm nicht gerecht zu werden.
Obschon sich Kant weigerte Spinozas Schriften zu lesen, kam er zum gleichen Schluss: Kant war, wenn er es auch nicht direkt so beschrieb, Spinoza in seinem Denkmustern serh ähnlich, und glaubte an Gott als die schöpferische Kraft der Natur.

Diese pantheistische Form des Glaubens (für die ich immer mehr Sympathie entwickle) hat mit dem heutigen Materialismus ebensowenig zu tun wie mit dem persönlichen Gott Abrahams.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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sven23
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#125 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von sven23 » So 28. Dez 2014, 12:49

closs hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Also wohnt Gott im Kabel?
Nee, aber in der Leitung, auf der Du stehst. :lol:

Ein Gott unter meinen Füßen? Daß ich das noch erleben darf. :lol:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#126 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von closs » So 28. Dez 2014, 14:07

Pluto hat geschrieben:Diese pantheistische Form des Glaubens (für die ich immer mehr Sympathie entwickle) hat mit dem heutigen Materialismus ebensowenig zu tun wie mit dem persönlichen Gott Abrahams.
Schon richtig - aber: Wie wollte man letztlich eine Theologie anders nennen als "Materialismus", die Gott ausschließlich (!) als Teil der Natur/des Universums versteht. - Kennt Spinoza jetzt Transzendenz oder nicht? (ich kenne ihn zu wenig).

sven23 hat geschrieben:Ein Gott unter meinen Füßen? Daß ich das noch erleben darf.
Pass aber auf - wenn da mal Starkstrom drauf kommt, spürst Du es. :lol:

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#127 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von Pluto » So 28. Dez 2014, 14:20

closs hat geschrieben:Wie wollte man letztlich eine Theologie anders nennen als "Materialismus", die Gott ausschließlich (!) als Teil der Natur/des Universums versteht. - Kennt Spinoza jetzt Transzendenz oder nicht? (ich kenne ihn zu wenig).
Es scheint mir hier offensichtlich, dass du es falsch verstehst.
Der Pantheismus sagt nicht, Gott sei Teil der Natur, sondern Gott und Natur sind äquivalent.

Allein schon diese Erkenntnis schließt das rein materialsitische Denkmodell, in dem es keinen Gott geben darf, aus.
Im Unterschied dazu, schließt der Naturwissenschaftler Gott aber NICHT aus.
Solllte es eines Tages notwendig sein, einen göttlichen Einfluss zuzulassen, so wird er dies auch in seiner Ergebnisoffenheit einbeziehen. Bisher war aber die Annahme eines übernatürlichen Einflusses in der Naturwissenschaft nicht notwendig (vgl. Napoleon und Laplace).

Also lässt man einen solchen Einfluss aus Gründen der Einfachheit des Denkens weg.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#128 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von closs » So 28. Dez 2014, 15:35

Pluto hat geschrieben:Der Pantheismus sagt nicht, Gott sei Teil der Natur, sondern Gott und Natur sind äquivalent.
Hieße dies, dass Gott dann prinzipiell im Sinne des Kritischen Rationalismus nachweisbar wäre, wenn es ihn gäbe? - Wenn Deine Antwort JA ist, habe ich es nicht falsch verstanden - wenn Deine Antwort NEIN ist, habe ich Dich falsch verstanden.

Pluto hat geschrieben: Bisher war aber die Annahme eines übernatürlichen Einflusses in der Naturwissenschaft nicht notwendig
Das wird und MUSS vor allem auch zukünftig so sein - wenn Natur in ihren Abläufen nicht naturwissenschaftlich erklärbar ist, stimmt was nicht.

Aber was hat ein übernatürlicher Einfluss Gottes auf die Natur mit der Existenz Gottes zu tun? Wenn Gott sich in der Natur offenbart, tut er das innerhalb der Naturgesetze - welche auch immer es gibt - möglicherweise auch welche, die wir noch nicht kennen.

Pluto hat geschrieben:Also lässt man einen solchen Einfluss aus Gründen der Einfachheit des Denkens weg.
Das ist auch richtig innerhalb der Naturwissenschaft - nur: was hat das mit Gott zu tun?

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sven23
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#129 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von sven23 » So 28. Dez 2014, 16:55

closs hat geschrieben:Pass aber auf - wenn da mal Starkstrom drauf kommt, spürst Du es. :lol:

Dann trag ich isolierende Gummischuhe, kein Problem. :lol:
Die Amerikaner führen übrigens Reparaturarbeiten an Hochspannungleitungen im laufenden Betrieb durch, weil abschalten zu teuer wäre.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#130 Re: Die Früchte des Reduktionismus.

Beitrag von sven23 » So 28. Dez 2014, 17:10

closs hat geschrieben: Aber was hat ein übernatürlicher Einfluss Gottes auf die Natur mit der Existenz Gottes zu tun? Wenn Gott sich in der Natur offenbart, tut er das innerhalb der Naturgesetze - welche auch immer es gibt - möglicherweise auch welche, die wir noch nicht kennen.

Das ist natürlich ein raffinierter Kniff, Gott in den Naturgesetzen zu verstecken. Gott zeichnet sich aber, so wie ihn die Bibel vermittelt, durch seine übernatürlichen Fähigkeiten aus. Die Bibel wimmelt ja nur so davon. Nur im echten Leben ist nichts davon zu merken, warum eigenlich nicht?

Dieser Tage jährt sich die große Tsunami Katastrophe zum 10. mal, der 230.000 Menschen zum Opfer fielen. Ein muslimischer Geistlicher sagte, daß dies eine Strafe Gottes gewesen sei.
Auch im Christentum sah man lange Zeit Naturkatastrophen als Strafe Gottes für sündiges Verhalten der Menschen bis zur großen Erdbebenkatastrophe von Lissabon am 1. November 1755. Die katholische Bevölkerung befand sich an Allerheiligen in den Kirchen der Stadt und wurde dort zu Tausenden getötet.
Das rückte das Theodizee Problem erneut in den Focus und führte in Europa zu einer Glaubenskrise, die auch Auswirkungen auf die Philsophie hatte (Voltaire, Kant usw)

Kleine Randbemerkung: Ausgerechnet das Rotlichtviertel Lissabons wurde verschont und der Großinquisitor kam ums Leben.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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