NIETZSCHE

Philosophisches zum Nachdenken
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NIS
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#21 Re: NIETZSCHE

Beitrag von NIS » So 25. Okt 2015, 13:58

SAGT NIEMALS NIE, ENIE! :lol:

"Hauke zorniges Lachen!" (Seite 666, Theodor Storm, "Der Schimmelreiter")
;)
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Queequeg
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#22 Re: NIETZSCHE

Beitrag von Queequeg » So 25. Okt 2015, 13:59

Novalis hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Friedrich Nietzsche

Dem unbekannten Gott

Noch einmal, eh ich weiterziehe
und meine Blicke vorwärts sende,
heb ich vereinsamt meine Hände
zu dir empor, zu dem ich fliehe,
dem ich in tiefster Herzenstiefe
Altäre feierlich geweiht,
daß allezeit
mich deine Stimme wieder riefe.

Darauf erglüht tief eingeschrieben
das Wort: Dem unbekannten Gotte.
Sein bin ich, ob ich in der Frevler Rotte
auch bis zur Stunde bin geblieben:
Sein bin ich - und fühl die Schlingen,
die mich im Kampf darniederziehn
und, mag ich fliehn,
mich doch zu seinem Dienste zwingen.

Ich will dich kennen, Unbekannter,
du tief in meine Seele Greifender,
mein Leben wie ein Sturm Durchschweifender,
du Unfaßbarer, mir Verwandter!
Ich will dich kennen, selbst dir dienen.

Dieses Gedicht hat Nietzsche 1864 geschrieben, da war er 20 Jahre alt.


Ja, das ist richtig. Ich habe dieses Gedicht hier rein gesetzt, weil ich merke, dass Nietzsche gerne von atheistischer Seite vereinnahmt wird.

Wobei sich Nietzsche von den Christen weniger vereinnahmen lässt, auch wenn du hier, propagandistischerweise, eines seiner Gedichte aus seinen Jungmannenjahren "hineingewuchtet" hast.

Wobei gerade die christlichen Wohlstandswahrer am meisten über Nietzsche palavern, die ihn nicht gelesen haben.

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#23 Re: NIETZSCHE

Beitrag von Novas » So 25. Okt 2015, 13:59

Savonlinna hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben:
wobei, wenn ich seinen Zarathustra lese ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, das Nietzsche in einer gewissen Hinsicht doch als religiöser Mensch zu bezeichnen ist.

Allerdings in einer Form der Religiösität, die eher dem All-Mystiker zugänglich wäre, vielleicht.
... und etwas vom "werdenden" Gott weiß:
"Der Mensch ist etwas, das überwunden werden muss", schreibt Nietzsche in seinem "Also sprach Zarathustra".

Ja. Sehr auffällig ist auch die prophetische Klangfarbe seiner Worte. ;)

Novas
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#24 Re: NIETZSCHE

Beitrag von Novas » So 25. Okt 2015, 14:01

Queequeg hat geschrieben:Wobei sich Nietzsche von den Christen weniger vereinnahmen lässt, auch wenn du hier, propagandistischerweise

Ich habe hier gar nichts "propagandistisch" rein gesetzt. Er war ein genialer Denker und ich schätze ihn. Interessant finde ich auch, wie er die Katastrophen des 20. Jahrhunders äußerst feinfühlig vorausgesehen hat. Die Aussage "Gott ist tot" klingt für mich wie eine sehr weitsichtige Vorahnung von Auschwitz.
Zuletzt geändert von Novas am So 25. Okt 2015, 14:08, insgesamt 1-mal geändert.

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NIS
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#25 Re: NIETZSCHE

Beitrag von NIS » So 25. Okt 2015, 14:08

Wer ist nicht wie Gott!
AMEN


Wer will wie Gott sein? :lol:
ARMEN
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#26 Re: NIETZSCHE

Beitrag von Novas » So 25. Okt 2015, 14:48

Von Rainer Maria Rilke ist bekannt, dass er die Erwähnung des Gottesnamen nicht für nötig hielt, aber doch immer wieder in seinem Werk „umkreiste“. Er sagte: „Es bereitet mir jetzt oft eine unsägliche Genugtuung, ihn (Gott) zu schonen - von etwas ganz Bewegendem zu handeln und ihn doch nicht zu bemühen.“ oder „Sein (Gottes) Name, in allen Sprachen, hat etwas unbeschreiblich Verschweigbares.“ dahingehend nähert er sich der christlichen Mystik an, die ebenso den „verborgenen Gott“ (deus absconditus) kennt.
Man muss kein definiertes Gottesbild haben und ständig „Herr-Herr-Sagen“, um ein Gefühl für die spirituelle Dimension des Lebens zu haben. Für Rilke sind alle Dinge lebendig, sie „singen“, denn die Welt, so sie gefühlt wird und wirkliche Begegnung geschieht, ist ebenso draußen wie drinnen.
Wenn er den äußeren Raum beschreibt, wenn er von einen „Baum“ oder „Garten“ spricht, dann steht das für ihn in Beziehung zu einen innerlich gefühlten Raum, den „Weltinnenraum“. Der durch alle Wesen und Dinge reichende Raum, in dem alles lebendig verbunden ist, der alles ermöglicht und erhält. Nicht die Dinge isoliert voneinander, aber ihre zahlreichen Beziehungen und Verbindungen sind sinnreich. Aus der Perspektive der Beziehung betrachtet sind alle Dinge lebendig, sie „sprechen“. So gibt es nichts, was unwichtig ist, jede Kleinigkeit hat eine Bedeutung, weil sie eine Facette des Ganzen ist.
Mit Sicherheit hatte auch Nietzsche ein Gespür dafür. Denn das hat einfach etwas mit Bewusstsein zu tun. Wenn ich nicht nur mechanisch und unbewusst vor mich hin lebe, sondern wirklich mit Interesse und Wertschätzung das Sein in seiner Fülle betrachte, wirklich daran teilnehme, dann ist da dieses Gefühl von Beziehung.

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Savonlinna
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#27 Re: NIETZSCHE

Beitrag von Savonlinna » So 25. Okt 2015, 15:08

Queequeg hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:
Queequeg hat geschrieben: Allerdings in einer Form der Religiösität, die eher dem All-Mystiker zugänglich wäre, vielleicht.
... und etwas vom "werdenden" Gott weiß:
"Der Mensch ist etwas, das überwunden werden muss", schreibt Nietzsche in seinem "Also sprach Zarathustra".

Werdenden Gott?
Hat Nietzsche nicht geschrieben. Meine Aussage bezog sich auf Deinen Satz mit dem All-Mystiker, den sollte es ergänzen.
Tschuldigung, war vielleicht missverständlich.

In die Richtung, die Nietzsche meint, geht wohl der Abschnitt mit den Drei Verwandlungen des Geistes, die er Zarathustra in den Mund legt:

Nietzsche hat geschrieben:Von den drei Verwandlungen

Drei Verwandlungen nenne ich euch des Geistes: wie der Geist zum Kamele wird, und zum
Löwen das Kamel, und zum Kinde zuletzt der Löwe.

Vieles Schwere gibt es dem Geiste, dem starken, tragsamen Geiste, dem Ehrfurcht innewohnt: nach dem Schweren und Schwersten verlangt seine Stärke.
Was ist schwer? so fragt der tragsame Geist, so kniet er nieder, dem Kamele gleich, und will gut beladen sein.
Was ist das Schwerste, ihr Helden? so fragt der tragsame Geist, daß ich es auf mich nehme und meiner Stärke froh werde.

Ist es nicht das: sich erniedrigen, um seinem Hochmut wehe zu tun? Seine Torheit leuchten lassen, um seiner Weisheit zu spotten?
Oder ist es das: von unserer Sache scheiden, wenn sie ihren Sieg feiert? Auf hohe Berge steigen, um den Versucher zu versuchen?
Oder ist es das: sich von Eicheln und Gras der Erkenntnis nähren und um der Wahrheit willen an der Seele Hunger leiden?
Oder ist es das: krank sein und die Tröster heim schicken und mit Tauben Freundschaft schließen, die niemals hören, was du willst?
Oder ist es das: in schmutziges Wasser steigen, wenn es das Wasser der Wahrheit ist, und kalte Frösche und heiße Kröten nicht von sich weisen?
Oder ist es das: die lieben, die und verachten, und dem Gespenste die Hand reichen, wenn es uns fürchten machen will?

Alles dies Schwerste nimmt der tragsame Geist auf sich: dem Kamele gleich, das beladen in die Wüste eilt, also eilt er in seine Wüste.

Aber in der einsamsten Wüste geschieht die zweite Verwandlung: zum Löwen wird hier der Geist, Freiheit will er sich erbeuten und Herr sein in seiner eignen Wüste.
Seinen letzten Herrn sucht er sich hier: feind will er ihm werden und seinem letzten Gotte, um Sieg will er mit dem großen Drachen ringen.
Welches ist der große Drache, den der Geist nicht mehr Herr und Gott heißen mag? »Du-sollst« heißt der große Drache. Aber der Geist des Löwen sagt »ich will«.

»Du-sollst« liegt ihm am Wege, goldfunkelnd, ein Schuppentier, und auf jeder Schuppe glänzt golden »Du sollst!«

Tausendjährige Werte glänzen an diesen Schuppen, und also spricht der mächtigste aller Drachen: »Aller Wert der Dinge – der glänzt an mir.«
»Aller Wert ward schon geschaffen, und aller geschaffene Wert – das bin ich. Wahrlich, es soll kein ›Ich will‹ mehr geben!« Also spricht der Drache.
Meine Brüder, wozu bedarf es des Löwen im Geiste? Was genügt nicht das lastbare Tier, das entsagt und ehrfürchtig ist?

Neue Werte schaffen – das vermag auch der Löwe noch nicht: aber Freiheit sich schaffen zu neuem Schaffen – das vermag die Macht des Löwen .

Freiheit sich schaffen und ein heiliges Nein auch vor der Pflicht: dazu, meine Brüder, bedarf es des Löwen .
Recht sich nehmen zu neuen Werten – das ist das furchtbarste Nehmen für einen tragsamen und ehrfürchtigen Geist. Wahrlich, ein Rauben ist es ihm und eines raubenden Tieres Sache.

Als sein Heiligstes liebte er einst das »Du-sollst«: nun muß er Wahn und Willkür auch noch im Heiligsten finden, daß er sich Freiheit raube von seiner Liebe: des Löwen bedarf es zu diesem Raube.

Aber sagt, meine Brüder, was vermag noch das Kind, das auch der Löwen nicht vermochte? Was muß der raubende Löwen auch noch zum Kinde werden?

Unschuld ist das Kind und Vergessen, ein Neubeginnen, ein Spiel, ein aus sich rollendes Rad, eine erste Bewegung, ein heiliges Ja-sagen.
Ja, zum spiele des Schaffens, meine Brüder, bedarf es eines heiligen Ja-sagens: seinen Willen will nun der Geist, seine Welt gewinnt sich den Weltverlorene.
Drei Verwandlungen nannte ich euch des Geistes: wie der Geist zum Kamele ward, und zum Löwen das Kamel, und der Löwen zuletzt zum Kinde.

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#28 Re: NIETZSCHE

Beitrag von NIS » So 25. Okt 2015, 15:11

Gott ist das Wort, der Sonne!

ENI ist die Abkürzung für ewige Energie!

In Milliarden von Jahren findet in diesem Solarsystem ein Supernova statt!

Wollen wir wetten?
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#29 Re: NIETZSCHE

Beitrag von Novas » So 25. Okt 2015, 15:28

Savonlinna hat geschrieben:Unschuld ist das Kind und Vergessen, ein Neubeginnen, ein Spiel, ein aus sich rollendes Rad, eine erste Bewegung, ein heiliges Ja-sagen.
Ja, zum spiele des Schaffens, meine Brüder, bedarf es eines heiligen Ja-sagens: seinen Willen will nun der Geist, seine Welt gewinnt sich den Weltverlorene.
Drei Verwandlungen nannte ich euch des Geistes: wie der Geist zum Kamele ward, und zum Löwen das Kamel, und der Löwen zuletzt zum Kinde.

Sehr schön gesagt und danke für dein Einstellen dieser Worte. Interessant finde ich hier: das „Kind“ korrespondiert mit dem Bild des „göttlichen Kindes“.

Das göttliche Kind verkörpert Ganzheit und es verkörpert Weisheit. Es kündet von neuen , zukünftigen Lösungen, die bisher noch nicht gedacht werden konnten. Es kündet von zukünftigen Wandlungen der Persönlichkeit. Es bringt ein neues, ungeahntes Wissen, um das was es braucht, damit das Leben sich entfalten kann. Die Symbolgestalt des göttlichen Kindes trägt das Wissen um die Entwicklungs- und Wachstumsbedingungen und alle zukünftigen Möglichkeiten in sich. Nach C.G. JUNG hat dieses Symbol den Zweck , „den Zusammenhang mit der ursprünglichen Bedingung des Lebens wiederherzustellen bzw. nicht abreißen zu lassen. Es ist ein Symbol, das die verlorene Ganzheit des Lebens im Bewusstsein wieder herstellen will und wieder herstellen kann : Das göttliche Kind ist die Neu-Geburt aus dem wahren Selbst, aus dem „Eigentlichen“. Ulla Pfluger-Heist, Zeitschrift für Psychosynthese 2008 Nr.19

und das erinnert natürlich auch an das Christkind. ;) Angelus Silesius sagte „Wär´ Christus tausendmal zu Bethlehem geboren, doch nicht in dir: du bliebst noch ewiglich verloren.

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Savonlinna
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#30 Re: NIETZSCHE

Beitrag von Savonlinna » So 25. Okt 2015, 15:43

Novalis hat geschrieben: und das erinnert natürlich auch an das Christkind. ;)
Die Neo-Atheisten werden es vielleicht kaum glauben:
Aber mit meinen eigenen - naturalistischen - Ohren habe ich vor ein paar Jahren in einem Weihnachtskonzert im Hamburger Michel eine kurze Zwischenpredigt eines der Hauptpastoren gehört:

der erläuterte das Bild - ds literarische Bild - der schwangeren Maria als ein Bild, das uns Hoffnung geben könne, dass auch wir "mit Gott schwanger gehen" könnten.

Im Übrigen hat auch der jüdische Atheist und Marxist Ernst Bloch in der Bibel jede Menge mythische Aussagen herausgefiltert, die er für existentiell wichtig hält und in die gleiche Richtung gehen, die Du mit Deinem Zitat andeutest: dasw wir auf Zukunft und Veränderung ausgerichtet sind und dafür viele Hinweise finden.

Ich werde dazu demnächst einen Thread aufmachen und Zitate bringen, aber nicht aus Wiki. :)

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