Relativismuspoker

[Pluto]

Gehört Krieg denn zur Normalität?

Historisch ja - aber der Holocaust ist historisch nicht normal.

So was nenne ich "historische Myopie".
Wenn du Krieg als "normal" bezeichnest, so gehört die Verfolgung von Minderheiten set jeher zur "Normalität" und war oft auch Grund für den Krieg.

Juden, Sinti, Roma, Kurden, Armenier...

Selbst die Verfolgung der Amalekiter und anderen Minderhetien durch die Israeliten wird in der Bibel ebenso beschrieben. Der Unterschied war nur, dass damals (zu biblischen Zeiten) die Verfolgung von Gott befohlen war.
Das war in den Kreuzzügen auch nicht anders. Ihre Banner trugen den Spruch: deus lo volt.

Der Holocaust ist einfach die letzte große Verfolgung einer Minderheit, an die wir uns erinnern.

[closs]

So was nenne ich "historische Myopie".

Gar nicht - es ist historische Weitsicht über die Zeiten.

Wenn du Krieg als "normal" bezeichnest, so gehört die Verfolgung von Minderheiten set jeher zur "Normalität" und war oft auch Grund für den Krieg.

Richtig.

Der Holocaust ist einfach die letzte große Verfolgung einer Minderheit, an die wir uns erinnern.

Der Holocaust ist insofern NICHT normal, als dass die politische Geplantheit und das Ausmaß der Umsetzung meines Wissens einzigartig in der Geschichte ist.

Wenn Du "normal" unter ethischen Gesichstspunkten verstehst, sind auch Kriege und Minderheiten-Verfolgung NICHT normal. - Deshalb noch mal meine Frage: Unter welchem Gesichtspunkt willst Du "normal" verstanden wissen?

[Pluto]

Wenn Du "normal" unter ethischen Gesichstspunkten verstehst, sind auch Kriege und Minderheiten-Verfolgung NICHT normal. - Deshalb noch mal meine Frage: Unter welchem Gesichtspunkt willst Du "normal" verstanden wissen?

Kriege und die Verfolgung von Minderheiten gehören zur Geschichte der Menschheit, u.a. auch in der Bibel.

Wie gesagt, im Unterschied zum Holocaust waren die damaligen Verfolgungen von Gott befohlen und gesegnet.

[closs]

Wie gesagt, im Unterschied zum Holocaust waren die damaligen Verfolgungen von Gott befohlen und gesegnet.

In der Darstellungs-Welt des AT: Ja.

Persönlich sehe ich im AT eine Religions-Darstellung, die Gott nicht nur als geistigen, sondern auch als weltlichen Souverän versteht (wie es ja formal im "Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation" ebenfalls war - übrigens auch in UK findet man davon noch Reste insofern, dass die Queen Oberhaupt der Anglikanischen Kirche ist). Diese Darstellung repräsentiert aus meiner Sicht eine qualitativ frühe, wenn auch extrem nachhaltige Form des Religions- und Gott-Verständnisses.

Mit anderen Worten: Gott hat aus spirituell weiter entwickelter Sicht diese Dinge NICHT befohlen und gesegnet, sondern Gott wurde im Verständnis der Zeit dazu gemacht. Eigentlich ist diese Sichtweise durch den Paradigmen-Wechsel des NT überholt - aber das NT ist ja selbst heute noch nicht vollständig in der Gegenwart angekommen. - Es ist wie beim Buch "Hiob": Da wird eine geistige Erkenntnis gestemmt, die selbst heute, 2.500 Jahre danach, mehrheitlich noch nicht kapiert ist.

[sven23]

Mit anderen Worten: Gott hat aus spirituell weiter entwickelter Sicht diese Dinge NICHT befohlen und gesegnet, sondern Gott wurde im Verständnis der Zeit dazu gemacht.

Erklär das mal den Fundis.

Eigentlich ist diese Sichtweise durch den Paradigmen-Wechsel des NT überholt - aber das NT ist ja selbst heute noch nicht vollständig in der Gegenwart angekommen.

Gibt es denn überhaupt diesen Paradigmenwechsel?
"ich bin nicht gekommen aufzuheben, sondern zu erfüllen..." Eine echte Distanzierung vom AT gibt es doch gar nicht. Die Forschung geht sogar von einer Thoraverschärfung aus.

- Es ist wie beim Buch "Hiob": Da wird eine geistige Erkenntnis gestemmt, die selbst heute, 2.500 Jahre danach, mehrheitlich noch nicht kapiert ist.

Verstanden wurde Hiob sehr wohl, aber man muss doch deshalb diesem merkwürdigen Gottesverständnis nicht folgen.

[closs]

Die Forschung geht sogar von einer Thoraverschärfung aus.

Ja - das ist auch richtig. - In Richtung Verinnerlichung.

Verstanden wurde Hiob sehr wohl

Findet man selten.

[sven23]

Die Forschung geht sogar von einer Thoraverschärfung aus.

Ja - das ist auch richtig. - In Richtung Verinnerlichung.

Verinnerlichung ist hier nicht der richtige Terminus. Verschärfung meint das, was es heißt: Eine schärfere, strengere Auslegung der Thora. Bis auf Ausnahmen: "ich aber sage euch...."

[closs]

Eine schärfere, strengere Auslegung der Thora.

Nicht "bis auf", sondern im Sinne von "ich aber sage Euch". - Wichtiger Unterschied.

[sven23]

Eine schärfere, strengere Auslegung der Thora.

Nicht "bis auf", sondern im Sinne von "ich aber sage Euch". - Wichtiger Unterschied.

"Alle jüdischen Bewegungen der damaligen Zeit hatten das Anliegen, die jüdische Identität gegenüber dem übermächtigen
Sog der fremden Kultur zu wahren. Und jüdische Identität heißt, dass man ein jüdisches Leben nach der
Thora, dem Gesetz, also nach dem Willen Gottes, führt. In Reaktion auf die Fremden entwickeln fast alle Bewegungen
damals so etwas wie Thoraverschärfung.
Dabei werden die spezifisch jüdischen Normen besonders streng erfüllt. Sie werden strenger und sorgfältiger ausgelegt.
Es ist das Besondere bei Jesus, dass wir neben der Thoraverschärfung, die wir auch bei ihm antreffen, gleichzeitig
eine Thora-Entschärfung finden. Etwas salopp gesagt, er ist in manchen Punkten liberaler und laxer als manche
seiner Zeitgenossen."
Gerd Theissen
Es gibt also beides, Thoraverschärfung und in manchen Punkten laxere Auslegung der Gesetze.

[closs]

Es gibt also beides, Thoraverschärfung und in manchen Punkten laxere Auslegung der Gesetze.

Gut möglich. - Aber das "Ich aber sage Euch" ist eine Verschärfung nach innen.

Oder nimm Röm. 2,13ff, wo "Heiden" als heilsfähig dargestellt werden, weil sie der Torah nicht bedürfen, wenn ihnen das Gesetz ins Herz geschrieben ist: Das ist eine Verschärfung im Sinne von "Denkt ja nicht, Ihr pharisäischen Wichser, dass ihr auf der richtigen Seite seid, wenn Ihr die geschriebenen Gesetze genau abarbeitet, aber innerlich nicht dabei seid. - Da kann eine nordkoreanische Bauersfrau weiter sein als Ihr, selbst wenn sie die Torah ihr Leben lang nicht nicht gesehen hat".

Diese Universalisierung ist eine Verschärfung, weil es dann keine formalen Ausreden mehr gibt - AT-mäßig gedacht undenkbar.