Jenseits von Gut und Böse?

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#31 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von closs » Mi 1. Mär 2017, 19:27

Pluto hat geschrieben:Das ist dasselbel in grün. Was ist erlaubt, und was ist verboten? Und die absolut entscheidende Frage, WARUM?
Möglicherweise die praktische Erfahrung. - Man stellt bspw. fest, dass Töten in Friedenszeiten eher stört, aber in Kriegszeiten eher dienlich ist. - Also verbietet man es in Friedenszeiten und erlaubt es in Kriegszeiten. - Das wäre eine Antwort auf ein relativistisches Verständnis von "gut" und "böse".

Pluto
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#32 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Pluto » Mi 1. Mär 2017, 19:40

closs hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Das ist dasselbel in grün. Was ist erlaubt, und was ist verboten? Und die absolut entscheidende Frage, WARUM?
Möglicherweise die praktische Erfahrung. - Man stellt bspw. fest, dass Töten in Friedenszeiten eher stört, aber in Kriegszeiten eher dienlich ist. - Also verbietet man es in Friedenszeiten und erlaubt es in Kriegszeiten. - Das wäre eine Antwort auf ein relativistisches Verständnis von "gut" und "böse".
Du lässt auch die Begründung völlig unbeantwortet, obwohl mir gerade die Frage nach dem "warum" für einen Theologie interessierten geistigen Menschen besonders wichtig erscheint.
Also, warum ist Tötung im Kriegsfall erlaubt, und sonst nicht?

Und was ist mit Tötung im Affekt, oder in Notwehr?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

closs
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#33 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von closs » Mi 1. Mär 2017, 20:53

Pluto hat geschrieben:Also, warum ist Tötung im Kriegsfall erlaubt, und sonst nicht?
Weil es im einen Fall dem Gemeinwesen dient und im anderen Fall nicht.

Pluto hat geschrieben:Und was ist mit Tötung im Affekt, oder in Notwehr?
Das wird man aus Sicht der Gesellschafts-Ordnung danach entscheiden, was der Souverän (= Volk) kulturell für angemessen hält. - Das hat viel mit der Kulturgeschichte eines Volkes zu tun.

Man darf dabei ausgehen, dass die meisten Kulturen einen Unterschied zwischen einer Tötung im Affekt oder einem geplanten Mord sehen - es kann auch Kulturen geben, bei denen es anders ist.

Wie auch immer: All das hat mit der Frage, was neutestamentarisch "gut" und "böse" ist, wenig bis nichts zu tun.

Novas
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#34 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Novas » Mi 1. Mär 2017, 22:55

Tyrion hat geschrieben:Kurz gesagt: wer sich die höchste Moral auf die Fahnen schreibt, sollte diese zumindest ansatzweise besser leben als die, die sich diese höchste Moral nicht auf die Fahnen schreiben....

Das ist eine ganz falsche Fährte. Es geht im christlichen Glauben um Liebe, den Weg der Menschwerdung, nicht um moralische Perfektion. Selbst die liebsten und besten Menschen sind alles andere als fehlerlos. Als Jesus gut genannt wird, so ist seine Antwort, dass alleine Gott vollkommen und gut ist (Markus 10,18). Die Pharisäer und Schriftgelehrten haben sich die höchste Moral auf die Fahnen geschrieben, aber gerade diese kritisierte Jesus. Bei Jesus geht es darum, dass der Mensch sein wahres Selbst und Sein-in-Gott realisiert, nicht um moralische Perfektion.
Augustinus sagte: Liebe und tu, was Du willst. Denn aus der Liebe entspringt mühelos und spontan die richtige Moral. Das "Böse" ist umgekehrt ein Mangel an Liebe bzw. die Verweigerung der Selbsttranszendenz. Die Funktion von Religion besteht darin, dass sie den Menschen über seinen egozentrischen Tellerrand hinaus führt. Es ist eine anthropologische Tatsache, dass der Mensch ein tiefes inneres Bedürfnis nach Transzendenz in sich trägt. Um diese Transzendenz geht es primär, moralische Systeme sind eher sekundär. Trotzdem sind sie nötig, so wie eine Straßenverkehrsordnung.

Wie viele Atheisten behaupten, im alleinigen Besitz der Vernunft zu sein? Alle? Viele?

Ja, ständig wird religiösen Menschen die Vernunft abgesprochen. Nicht immer wird das offen und direkt gesagt, aber es ergibt sich aus der Argumentationsweise. Beispielsweise wenn der Gottesglaube mit dem Verweis auf das Spaghettimonster lächerlich gemacht wird. Die implizite Aussage ist: "euer Glaube ist genau so lächerlich, genau so dumm und unvernünftig, aber wir erklären nun, wie vernünftige Menschen die Welt zu betrachten haben"


Wenn dann nur kommt "weil auch Christen Menschen sind", klingt das halt etwas flach. Ich würde erwarten, dass Christen im Durchschnitt zumindest weniger Leid als Nichtchristen verursachen / verursachten.

Wenn jemand den spirituellen Weg geht, der zu einer inneren Transformation des Menschen führt, dann stimmt das auch. Im östlichen orthodoxen Christentum wird von der Vergöttlichung gesprochen. Die Bestimmung des Menschen, die Zielrichtung seiner spirituellen Evolution, ist die „Teilhabe an der göttlichen Natur“, wenn wir das mit dem christlichen Wortschatz sagen. Das bedeutet tatsächlich, dass der Mensch friedlicher und liebevoller wird.

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#35 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Tyrion » Do 2. Mär 2017, 02:36

Novalis hat geschrieben:Das ist eine ganz falsche Fährte. Es geht im christlichen Glauben um Liebe, den Weg der Menschwerdung, nicht um moralische Perfektion. Selbst die liebsten und besten Menschen sind alles andere als fehlerlos.

Denk bitte nicht digital, schwarz oder weiß. Niemand hat was von fehlerlos gesagt, auch ich nicht.

Ich drücke es dann etwas anders aus: wer ständig die Worte Liebe und Nächstenliebe in den Mund nimmt, sollte auch in irgendeiner Weise liebevoll rüberkommen.

Als Jesus gut genannt wird, so ist seine Antwort, dass alleine Gott vollkommen und gut ist (Markus 10,18).

Erneut digitale Denke. Wo hat irgendwer behauptet, Christen müssten vollkommen sein?

Die Pharisäer und Schriftgelehrten haben sich die höchste Moral auf die Fahnen geschrieben, aber gerade diese kritisierte Jesus.

Dann sind sehr viele hier Pharisäer.

Bei Jesus geht es darum, dass der Mensch sein wahres Selbst und Sein-in-Gott realisiert, nicht um moralische Perfektion.

Und erneut das Wort Perfektion... Da du sehr digital denkst, frage ich nach: Hat Christsein dann gar nichts mit Moral zu tun?

Augustinus sagte: Liebe und tu, was Du willst. Denn aus der Liebe entspringt mühelos und spontan die richtige Moral. Das "Böse" ist umgekehrt ein Mangel an Liebe bzw. die Verweigerung der Selbsttranszendenz.

Augustinus hatte vor allem im Alter ein sehr negatives Menschenbild ("massa damnata") - fast alle sind verdammt... Endlose Folter und Qual für die meisten Menschen... Davon ging er aus. Ob ich da viel seiner Liebe erkennen kann? Aber Augustinus ist ein Thema für sich.

Die Funktion von Religion besteht darin, dass sie den Menschen über seinen egozentrischen Tellerrand hinaus führt.

Diese These halte ich für sehr überheblich - das würde bedeuten, alle nicht religiösen Menschen wären zwangsläufig Egozentriker. Das bezweifle ich.

Es ist eine anthropologische Tatsache, dass der Mensch ein tiefes inneres Bedürfnis nach Transzendenz in sich trägt. Um diese Transzendenz geht es primär, moralische Systeme sind eher sekundär. Trotzdem sind sie nötig, so wie eine Straßenverkehrsordnung.

Um allgemeine Transzendenz ging es mir nicht. Dass wir einen Hang zur Mystik besitzen, ist klar. Nur was kann man daraus folgern? Folgt daraus, dass Atheisten die Sündenböcke für alles sind? Das sehe ich eben nicht so.

Wie viele Atheisten behaupten, im alleinigen Besitz der Vernunft zu sein? Alle? Viele?

Ja, ständig wird religiösen Menschen die Vernunft abgesprochen. Nicht immer wird das offen und direkt gesagt, aber es ergibt sich aus der Argumentationsweise.

Ich habe die Frage direkt mit einer Parallelfrage verknüpft. Isoliert ergibt sich ein anderer Sinn. Das ist dir vermutlich nicht aufgefallen? :angel: :devil: :silent:

Beispielsweise wenn der Gottesglaube mit dem Verweis auf das Spaghettimonster lächerlich gemacht wird. Die implizite Aussage ist: "euer Glaube ist genau so lächerlich, genau so dumm und unvernünftig, aber wir erklären nun, wie vernünftige Menschen die Welt zu betrachten haben"

Ich sehe nicht, wo dein Glaube vernünftiger als der Glaube an das Spaghettimonster ist. Beides ist irrational. Und eigentlich geht es ja auch darum - man soll glauben, ohne zu wissen. Man soll sich in das Irrationale stürzen, es wird ja quasi verlangt. Dann kann man aber nicht beleidigt sein, wenn jemand Glaube als irrational bezeichnet. Das verstehe ich nicht.


Ich würde erwarten, dass Christen im Durchschnitt zumindest weniger Leid als Nichtchristen verursachen / verursachten.

Wenn jemand den spirituellen Weg geht, der zu einer inneren Transformation des Menschen führt, dann stimmt das auch.

Möglich, aber auch das wäre zu begründen. Ich sehe, dass meist oder zumindest sehr oft das, was der Gläubige für sich erkennt, entscheidet, was er als gut und böse, als richtig und falsch ansieht, auf andere projeziert und von diesen die gleichen Maßstäbe verlangt. Sonst würden nicht so viele Christen Homosexuelle diskriminieren (insbesondere die russich orthodoxe und die katholische Kirche, aber noch mehr evengelikale Strömungen).

Im östlichen orthodoxen Christentum wird von der Vergöttlichung gesprochen. Die Bestimmung des Menschen, die Zielrichtung seiner spirituellen Evolution, ist die „Teilhabe an der göttlichen Natur“, wenn wir das mit dem christlichen Wortschatz sagen. Das bedeutet tatsächlich, dass der Mensch friedlicher und liebevoller wird.

Ich erlebe leider eher das Gegenteil. Friedlich und liebevoll erlebe ich meist Menschen, die (zum Glück) nur latent glauben, die sich nicht zu sehr in die Bibel vertiefen, die nicht alles zu ernst nehmen und sich einfach in ihrem Gottesbild geborgen fühlen. Sobald die Beschäftigung mit der Bibel beginnt, hört oft die Freundlichkeit auf und wird durch eine Scheinfreundlichkeit ersetzt. Jedenfalls erlebe ich das oft so. Und dann kippt das Liebevolle auch schnell weg. Leider!
Ich kenne sehr liebevolle Gläubige - darunter auch Menschen, die intensiv glauben. Aber das sind dann Ausnahmen (und darunter sind keine bibeltreuen Christen - ich habe erst einen bibeltreuen Christ kennengelernt, den ich wirklich als zutiefst menschlich und nett empfand - aber selbst er kann umschalten und sehr hart werden, wenn es um Dinge geht, die gesellschaftlich erlaubt sind, aber für ihn verboten).

Nein, ich kenne wirklich nur sehr wenige Menschen, denen ich abnehme, dass sie wegen ihres christlichen Glaubens liebevoll sind - vielleicht sind sie auch von sich aus sehr nett, freundlich, liebevoll und ihr Glaube unterstützt sie da. Ich kenne aber sehr viele, die aus ihrem Glauben heraus die Moralkeule schwingen und für mich das Gegenteil ausstrahlen. Sie sind oberflächlich nett, aber wehe, die Maske fällt.

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Halman
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#36 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Halman » Do 2. Mär 2017, 14:24

Tyrion hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Das ist eine ganz falsche Fährte. Es geht im christlichen Glauben um Liebe, den Weg der Menschwerdung, nicht um moralische Perfektion. Selbst die liebsten und besten Menschen sind alles andere als fehlerlos.

Denk bitte nicht digital, schwarz oder weiß. Niemand hat was von fehlerlos gesagt, auch ich nicht.

Ich drücke es dann etwas anders aus: wer ständig die Worte Liebe und Nächstenliebe in den Mund nimmt, sollte auch in irgendeiner Weise liebevoll rüberkommen.
Ja, damit triffst Du den Nagel auf den Kopf.

Wer ist ein guter Kritiker von Christen. Ein neuer Atheist. Wer ist ein noch "schlimmerer" Kritiker für Christen? Ein Christ, der sich nicht als Christ zu benehmen weiß.
Ja, dies ärgert mich zutiefst. Man sollte doch zumindest erkennen, dass ein Christ BEMÜHT ist sich nach Jesu Vorbild auszurichten.

Wenn jemand behauptet ein Humanist zu sein, dann erwarte ich keinen Antihumanisten kennen zu lernen.

Tyrion hat geschrieben:
Die Pharisäer und Schriftgelehrten haben sich die höchste Moral auf die Fahnen geschrieben, aber gerade diese kritisierte Jesus.

Dann sind sehr viele hier Pharisäer.
Oh-ja.

Tyrion hat geschrieben:
Bei Jesus geht es darum, dass der Mensch sein wahres Selbst und Sein-in-Gott realisiert, nicht um moralische Perfektion.

Und erneut das Wort Perfektion... Da du sehr digital denkst, frage ich nach: Hat Christsein dann gar nichts mit Moral zu tun?
Doch, sehr viel sogar.

Tyrion hat geschrieben:
Augustinus sagte: Liebe und tu, was Du willst. Denn aus der Liebe entspringt mühelos und spontan die richtige Moral. Das "Böse" ist umgekehrt ein Mangel an Liebe bzw. die Verweigerung der Selbsttranszendenz.

Augustinus hatte vor allem im Alter ein sehr negatives Menschenbild ("massa damnata") - fast alle sind verdammt... Endlose Folter und Qual für die meisten Menschen... Davon ging er aus. Ob ich da viel seiner Liebe erkennen kann? Aber Augustinus ist ein Thema für sich.
In der Tat.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

Novas
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#37 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Novas » Do 2. Mär 2017, 16:22

Tyrion hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Das ist eine ganz falsche Fährte. Es geht im

Beispielsweise wenn der Gottesglaube mit dem Verweis auf das Spaghettimonster lächerlich gemacht wird. Die implizite Aussage ist: "euer Glaube ist genau so lächerlich, genau so dumm und unvernünftig, aber wir erklären nun, wie vernünftige Menschen die Welt zu betrachten haben"

Ich sehe nicht, wo dein Glaube vernünftiger als der Glaube an das Spaghettimonster ist. Beides ist irrational. Und eigentlich geht es ja auch darum - man soll glauben, ohne zu wissen. Man soll sich in das Irrationale stürzen, es wird ja quasi verlangt. Dann kann man aber nicht beleidigt sein, wenn jemand Glaube als irrational bezeichnet. Das verstehe ich nicht


Atheisten welche ständig auf das Spaghettimonster verweisen, so als wäre der Glaube anderer Menschen nur eine wertlose Lachnummer, obwohl er Hoffnung und Mut macht den aufrechten Gang zu wagen, gerade auch angesichts leidvoller Erfahrungen, zeigen damit nur, dass sie an einem reifen, vernünftigen und ernsthaften Gespräch auf Augenhöhe keinerlei Interesse haben. Ich persönlich finde den Glauben an eine höhere Intelligenz/Logos wesentlich vernünftiger, als den Glauben an den Zufall. Die Idee, dass der Mensch nur ein paar flüchtige Jahrzehnte auf Erden existiert, um dann dem Tod und dem Nichts entgegen zu gehen, halte ich ebenfalls für sehr unvernünftig.

Gehen wir mal davon aus, dass es so ist. Was wäre die Schlussfolgerung? Das würde bedeuten, dass der ganze Kosmos ein vollkommen sinnloser, unvernünftiger und absurder Ort ist. Dann ist das menschliche Leben eine absurde Anomalie. Das kann ich mit meinen Glauben an die Vernunft und meiner Bejahung der Sinnhaftigkeit des Lebens nicht vereinbaren, tut mir leid. Mein Herz und mein Verstand sagen mir, dass ich damit auf der richtigen Fährte bin ;)

Nein, ich kenne wirklich nur sehr wenige Menschen, denen ich abnehme, dass sie wegen ihres christlichen Glaubens liebevoll sind - vielleicht sind sie auch von sich aus sehr nett, freundlich, liebevoll und ihr Glaube unterstützt sie da. Ich kenne aber sehr viele, die aus ihrem Glauben heraus die Moralkeule schwingen und für mich das Gegenteil ausstrahlen. Sie sind oberflächlich nett, aber wehe, die Maske fällt.

Wenn jemand wirklich den spirituellen Weg geht, wirklich Jesus nachfolgt, dann erkennt man das. Was ist denn die zentrale Aussage des Christentums? Die Lehre der Inkarnation, die Menschwerdung Gottes. Die Betonung liegt auf Menschwerdung. Es geht nicht darum ein besserer Mensch zu sein; es geht darum ein Mensch zu sein und zu werden, so wie Jesus Christus Mensch geworden ist, was den ganzen Lernprozess mit allen Fehlern und Schwächen umfasst.

Perfektionismus ist hingegen unmenschlich, um nicht zu sagen eine teuflische Idee, da ihm kein Mensch, noch nicht mal die größten Heiligen, gerecht werden könnten. Was sagt Jesus dazu?

Denn sie selber tun nicht, was sie von den anderen verlangen. Sie bürden den Menschen unerträgliche Lasten auf, doch sie selbst rühren keinen Finger, um diese Lasten zu tragen.

https://www.bibleserver.com/text/HFA/Matth%C3%A4us23,4
Zuletzt geändert von Novas am Do 2. Mär 2017, 18:46, insgesamt 1-mal geändert.

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#38 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Novas » Do 2. Mär 2017, 17:59

Halman hat geschrieben:
Tyrion hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Das ist eine ganz falsche Fährte. Es geht im christlichen Glauben um Liebe, den Weg der Menschwerdung, nicht um moralische Perfektion. Selbst die liebsten und besten Menschen sind alles andere als fehlerlos.

Denk bitte nicht digital, schwarz oder weiß. Niemand hat was von fehlerlos gesagt, auch ich nicht.

Ich drücke es dann etwas anders aus: wer ständig die Worte Liebe und Nächstenliebe in den Mund nimmt, sollte auch in irgendeiner Weise liebevoll rüberkommen.
Ja, damit triffst Du den Nagel auf den Kopf.

Wer ist ein guter Kritiker von Christen. Ein neuer Atheist. Wer ist ein noch "schlimmerer" Kritiker für Christen? Ein Christ, der sich nicht als Christ zu benehmen weiß.
Ja, dies ärgert mich zutiefst. Man sollte doch zumindest erkennen, dass ein Christ BEMÜHT ist sich nach Jesu Vorbild auszurichten


Tja, so sind menschliche Wesen nun mal. Andere gibt es nicht. Wir müssen mit dem Material arbeiten, was zur Verfügung steht :) wenn Menschen hartherzig und verbittert sind, dann gibt es dafür Gründe. Was wir von Jesus lernen können: mit Gnade und Barmherzigkeit auf menschliche Schwächen zu schauen. Eher vergeben und Verständnis üben, als zu verurteilen. Alles verstehen heisst alles verzeihen, vielleicht kennst Du den Spruch? Wenn das Böse ein Mangel an Liebe ist, dann könnte man auch beifügen: es ist ein Ruf nach Liebe. Wie würde diese Welt aussehen, wenn wir die wahnsinnigen, irregeleiteten Handlungen eines Terroristen, als einen verzweifelten Ruf nach Liebe verstehen würden, sodass wir eher mitfühlend und konstruktiv Antworten, anstatt mit Bomben und Feindseligkeit?

Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute! (Röm 12, 21; EU)

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#39 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Tyrion » Do 2. Mär 2017, 21:34

Novalis hat geschrieben:Ich persönlich finde den Glauben an eine höhere Intelligenz/Logos wesentlich vernünftiger, als den Glauben an den Zufall. Die Idee, dass der Mensch nur ein paar flüchtige Jahrzehnte auf Erden existiert, um dann dem Tod und dem Nichts entgegen zu gehen, halte ich ebenfalls für sehr unvernünftig.

Mit diesen Aussagen wird sicherlich jeder Mensch so umgehen, wie du es dir auch wünscht: respektvoll und auch mit Verständnis. Ja, du persönlich findest diesen Glauben vernünftiger. Das sollst und kannst du, das darfst du auch. Kein Problem.
Ich finde diesen Glauben unvernünftig. Ja und? Warum hast du damit ein Problem? Warum gehst du auf Atheisten los? Warum werden Atheisten ständig beschimpft und bekämpft? Früher wurden sie gefoltert und verbrannt. Jetzt nur beschimpft. In einem anderen Thread las ich eben erneut die Verknüpfung "gottlos" und "böse sein" am Beispiel eines Mathematikprofessors. Na toll!

Gehen wir mal davon aus, dass es so ist. Was wäre die Schlussfolgerung? Das würde bedeuten, dass der ganze Kosmos ein vollkommen sinnloser, unvernünftiger und absurder Ort ist. Dann ist das menschliche Leben eine absurde Anomalie.

Genau so sehe ich es, nebenbei bemerkt. Natürlich sind wir unwichtig, eine pure Anomalie. Das bringt Bodenhaftung. Auch mit Gott wäre der ganze Kosmos sinnlos. Warum gab es vor der Schöpfung keinen Kosmos? Warum gibt es Gott? Woher stammt Gott? Welchen Sinn ergibt Gott? Die Frageebene verschiebt sich, die Sinngebung nicht. Nur mit Gott hat man eine Ebene, bei der man aufhört zuhinterfragen. Ich frage, warum. Nein, Gott an sich ergibt auch keinen Sinn.

Und nun? Muss ich auf den Scheiterhaufen? Ich denke mal nein. Mir tut es nicht weh, wenn du in Gott Sinn findest. Mir tut es nur dann weh, wenn du darauf begründet anderen Menschen schadest. Und das ist es, was ich schräg finde, nicht den Glauben an sich. Und eigentlich sollten Christen kein Leid erzeugen (aber man kan begründen, warum auch sie es systemimmanent tun, aber dafür bräuchte man eine sehr gute Diskussionskultur - das geht besser in realen Gesprächen und Diskussionen).

Das kann ich mit meinen Glauben an die Vernunft und meiner Bejahung der Sinnhaftigkeit des Lebens nicht vereinbaren, tut mir leid.

Das muss dir nicht leid tun. Ist völlig o.k.

Mein Herz und mein Verstand sagen mir, dass ich damit auf der richtigen Fährte bin ;)

Schön. Mein Verstand und auch mein "Herz" sagen mir etwas anderes. Hat was mit Meinungsfreiheit zu tun. ;)

Es geht nicht darum ein besserer Mensch zu sein;

Damit stehst du vermutlich recht allein. Aber gut, so verstehe ich deine Ausfälle und weiß, dass du nicht das Gute suchst, sondern es dir egal ist, wie du dich verhältst - man kann auch böse sein, wenn man Christ ist (deiner Meinung nach), man muss nicht umkehren und sich ändern, wenn man böse ist und böses tut, man muss sein Verhalen nicht anpassen und kann Nächstenliebe auch ausblenden. Habe ich das jetzt richtig verstanden? Das wäre aber eine seltsame Interpretation des Christentums.

es geht darum ein Mensch zu sein und zu werden, so wie Jesus Christus Mensch geworden ist, was den ganzen Lernprozess mit allen Fehlern und Schwächen umfasst.

Mensch bin ich schon, das muss ich nicht werden. Und warum Lernprozess, wenn es nicht darum geht, zu lernen und sich zu ändern?

Perfektionismus ist hingegen unmenschlich, um nicht zu sagen eine teuflische Idee, da ihm kein Mensch, noch nicht mal die größten Heiligen, gerecht werden könnten.

Du hast damit angefangen, nicht ich. Seltsam, dass du das, was du selbst anbringst jetzt ablehnst.

Was sagt Jesus dazu?

Oh, nichts, der ist leider tot (lange schon).

Denn sie selber tun nicht, was sie von den anderen verlangen. Sie bürden den Menschen unerträgliche Lasten auf, doch sie selbst rühren keinen Finger, um diese Lasten zu tragen.

Ach, du meinst, was Jesus der Sage nach irgendwann mal gesagt haben soll (in der x-ten Übersetzung und Deutung nebst stille-Post-Effelt bei der mündlichen Überlieferung)

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#40 Re: Jenseits von Gut und Böse?

Beitrag von Tyrion » Do 2. Mär 2017, 21:37

Halman hat geschrieben: Wer ist ein guter Kritiker von Christen. Ein neuer Atheist. Wer ist ein noch "schlimmerer" Kritiker für Christen? Ein Christ, der sich nicht als Christ zu benehmen weiß.
Ja, dies ärgert mich zutiefst. Man sollte doch zumindest erkennen, dass ein Christ BEMÜHT ist sich nach Jesu Vorbild auszurichten.

Da verstehe ich dich vollkommen. Wäre ich noch Christ, würde ich mich auch über manche, die hier sehr schräges Zeugs schreiben, wohl sehr ärgern.

Wenn jemand behauptet ein Humanist zu sein, dann erwarte ich keinen Antihumanisten kennen zu lernen.

Ich ebenso, denn sonst macht er sich lächerlich. Da kann man auch nicht sagen, dass mansein Verhalten nicht ändern soll, wenn man Humanist wird (es sei denn, es war schon sehr humanistisch ausgelegt). Dasist ebenso absurd, wie zu sagen, dass man, wenn man Christ wird, sein Verhalten nicht ändert, da es egal ist, ob man gut oder böse ist.

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