Wird die Philosophie unterschätzt?

Philosophisches zum Nachdenken
JackSparrow
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#401 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von JackSparrow » Di 5. Jan 2016, 23:54

ThomasM hat geschrieben:Der Nachweis von Behauptung 1 scheitert daran, dass All-Behauptungen nicht nachweisbar sind.
Für alle natürlichen Zahlen gilt: 2 ∙ x = x + x.

Beweis:
für x = 0: 2 ∙ 0 = 0 + 0 = 0
für x + 1: 2 ∙ 1 = 1 + 1 = 2
für x + 1: 2 ∙ 2 = 2 + 2 = 4
für x + 1: 2 ∙ 3 = 3 + 3 = 6
...
q.e.d.


Thaddäus hat geschrieben:Umgekehrt gibt es Tische, die immateriell werden können, z.B. wenn man von seinem Küchentisch träumen sollte.
Ich träume immer nur von materiellen Tischen. Was ein "immaterieller Tisch" sein könnte, übersteigt meine intellektuellen Kapazitäten.


SilverBullet hat geschrieben:Nein, Zahlen sind keine existierenden Objekte, sondern Bedeutungen, die nur von aktiven Wahrnehmungssystemen verwaltet werden können.
Hier sehen wir eine real existierende, materielle Zahl: 23

Mein Wahrnehmungssystem macht nun nichts anderes, als die materiellen Signale, welche durch diese materielle Zahl erzeugt werden, an verschiedene materielle Abteilungen weiterzuleiten und am Ende vielleicht meinen materiellen Sympathikus zu aktivieren, falls es sich durch die Zahl bedroht fühlen sollte.

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Thaddäus
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#402 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Thaddäus » Mi 6. Jan 2016, 00:49

JackSparrow hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben:Der Nachweis von Behauptung 1 scheitert daran, dass All-Behauptungen nicht nachweisbar sind.
Für alle natürlichen Zahlen gilt: 2 ∙ x = x + x.

Beweis:
für x = 0: 2 ∙ 0 = 0 + 0 = 0
für x + 1: 2 ∙ 1 = 1 + 1 = 2
für x + 1: 2 ∙ 2 = 2 + 2 = 4
für x + 1: 2 ∙ 3 = 3 + 3 = 6
...
q.e.d.
:lol: Meinst du das im Ernst?

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Umgekehrt gibt es Tische, die immateriell werden können, z.B. wenn man von seinem Küchentisch träumen sollte.
Ich träume immer nur von materiellen Tischen. Was ein "immaterieller Tisch" sein könnte, übersteigt meine intellektuellen Kapazitäten.
Oh, ich wusste nicht, dass ein ganzer Tisch in deinen Kopf passt, - wenn du von einem Tisch träumst. :lol:
Und wenn schon immaterielle Tische deine intellektuellen Kapazitäten übersteigen, dann fange ich besser nicht wieder mit den transzendenten Zahlen an. Dann explodiert dir womöglich der Kopf bei dem Versuch zu verstehen, wovon ich sprechen ... :?

JackSparrow hat geschrieben:
SilverBullet hat geschrieben:Nein, Zahlen sind keine existierenden Objekte, sondern Bedeutungen, die nur von aktiven Wahrnehmungssystemen verwaltet werden können.
Hier sehen wir eine real existierende, materielle Zahl: 23
Aber ganz gewiss siehst du hier keine Zahl. Du siehst rote Pixel auf deinem Bildschirm und nichts anderes. Schon die Idee, es könne sich bei diesen roten Pixeln auf deinem Bildschirm um eine Zahl handeln, ist ganz und gar verwegen. Zumal es sich um zwei Zahlen handelt! ;)
Wenn du diese 2 Zahlen zu 1 Zahl zusammenziehst, dann beweist das bereits, dass du etwas tust, was keine Wahrnehmung jemals leisten kann. :thumbup:

JackSparrow hat geschrieben: Mein Wahrnehmungssystem macht nun nichts anderes, als die materiellen Signale, welche durch diese materielle Zahl erzeugt werden,
Es gibt keine materiellen Zahlen, und dein Wahrnehmungssystem kann auch nicht wahrnehmen, was deiner eigenen Aussage nach nicht existiert.

JackSparrow hat geschrieben: an verschiedene materielle Abteilungen weiterzuleiten und am Ende vielleicht meinen materiellen Sympathikus zu aktivieren, falls es sich durch die Zahl bedroht fühlen sollte.
Da du nicht weißt, was Zahlen sind, kannst du auch nicht über Zahlen sinnvoll sprechen. Dein Wahrnehmungssystem, jedenfalls sagt dir gar nichts über Zahlen. (Zumal sie als Immaterielles ja auch gar nicht existieren!) ;)

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#403 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Thaddäus » Mi 6. Jan 2016, 10:16

SilverBullet hat geschrieben: Die Existenz von Text, in Form von physikalischen Gegebenheiten, liegt in Materiezusammenhängen vor, die das Licht zu einem Muster ablenken.

Die Existenz von Sprache, in Form von physikalischen Gegebenheiten, liegt in wellenförmigen Druckunterschieden vor.

Ich gehe mit 100prozentiger Wahrscheinlichkeit davon aus, dass diese Gegebenheiten unabhängig von Wahrnehmung existieren und auf Wahrnehmung einwirken
=> sie sind wirklich existent.
Du erklärst hier lediglich, dass Text optisch wahrgenommen und Sprache akustisch wahrgenommen wird. Das ist banal und niemand bestreitet es.

SilverBullet hat geschrieben: Das „Verstehen“ liegt nicht in Form von physikalischen Gegebenheiten vor.
Dennoch existiert „Verstehen“ auch nicht alternativ („immateriell“) dazu.
Und in welcher Weise existiert es dann?

SilverBullet hat geschrieben: Ich sage ja gerade, dass das Verstehen nur virtuell stattfindet, also durch einen Ablauf.
Aus den Zusammenhängen im Ablauf ergeben sich die Verstehfunktionen.
Dann existiert Verstehen also virtuell. Was ist virtuelles Existieren im Unterschied zum physikalischen Existieren?
Was sollen Verstehfunktionen sein? Wie funktionieren "Verstehfunktionen"?
Und wenn sie virtuell sind: wo im Gehirn entstehen virtuelle Funktionen und was haben sie mit den physikalischen Abläufen im Gehirn zu tun?

Du stellst zahlreiche Behauptungen über die Funktionsweise des Gehirns auf, die allesamt unbewiesen sind und erfindest neue Begriffe, ohne zu definieren, was sie bedeuten sollen. Und dann erklären sie nicht einmal, was sie erklären sollen. Denn zu behaupten, es gäbe eine virtuelle Verstehfunktion erklärt keinen Deut besser, als zu sagen, Verstehen sei eine Funktion des Geistes.

SilverBullet hat geschrieben: „Verstehen“ sehe ich als Funktionalität in den Zusammenhängen von bestimmten Berechnungsabläufen.
Ich vermute, dass man mit Datenverarbeitungs-/Schaltabläufen die speziellen Verstehfunktionen, die als „das Bewusstsein“ bezeichnet werden, stattfinden lassen kann.
Die physikalische Realisierung dieser Datenverarbeitung sehe aber selbst nicht als „das Verstehen“ an.
Das ist nichts als eine Aneinanderreihung von Vermutungen, von denen nicht klar ist, was sie überhaupt bedeuten sollen. Was bitteschön soll "Funktionalität in den Zusammenhängen von bestimmten Berechnungsabläufen" sein?
Noch kruder wird es im nächsten Satz: "... dass man mit Datenverarbeitungs-/Schaltabläufen die speziellen Verstehfunktionen, die als „das Bewusstsein“ bezeichnet werden, stattfinden lassen kann".
Ähem, nein, - offensichtlich nicht! Denn wenn Bewusstsein so einfach durch "Datenverarbeitungs-/Schaltabläufe" erzeugt werden könnte, dann verfügten alle unsere Computer schon längst über Bewusstsein. :roll:

SilverBullet hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:2. Offensichtlich existieren nicht nur physikalische Gegebenheiten.
Nein, ich erkenne da keine „Offensichtlichkeit“.
Dann solltest du erläutern können, was dein virtuelles Verstehen physikalisch IST? Was geschieht physikalisch, wenn du virtuell verstehst?

SilverBullet hat geschrieben: Ich sage ja gerade, dass das Verstehen nur virtuell stattfindet, also durch einen Ablauf.
Aus den Zusammenhängen im Ablauf ergeben sich die Verstehfunktionen.
Wieso sollte ein Ablauf Virtualität produzieren? Etwas läuft ab, und durch diesen Ablauf wird es virtuell? :?
Was soll das denn bedeuten?

SilverBullet hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Da du oben die Aussage (S1) triffst, nur die physikalischen Gegebenheiten existieren letztlich, bist du also Physikalist.
„Physikalist“ ist ein philosophischer Begriff, mit dem ich mich nicht weiter beschäftigt habe – somit kann ich nichts dazu sagen.
Du musst mir auch nichts dazu sagen, denn ich treffe lediglich eine Feststellung!
Wenn du behauptest, dass allen mentalen Fähigkeiten, wie z.B. dem Verstehen-Können, letztlich nur physikalische Gegebenheiten zugrunde liegen, dann bist du Physikalist, denn genau das ist die zentrale These des Physikalismus.

SilverBullet hat geschrieben: Da du mir aber die Behauptung einer Identitätsaussage zuordnest, kann ich darauf reagieren:
Es ist falsch.
Ich behaupte nicht, dass das Verstehen als physikalische Gegebenheit vorliegt.

=> keine Identität.
Hier sieht es nun wieder so aus, als ob du kein Physikalist sein willst ...
Bist du also Physikalist oder keiner?

SilverBullet hat geschrieben: „Geträumte Tische“ sind aus meiner Sicht ganz und gar nicht immateriell vorhanden, denn auch hierbei handelt es sich (für mich) nur um Bedeutungszusammenhänge, die ein Wahrnehmungssystem verwaltet.
Welches Wahrnehmungssystem verwaltet Bedeutungszusammenhänge? Was soll verwalten in diesem Zusammenhang bedeuten? Es kann nur etwas verwaltet werden, was da ist. Die Bedeutungen sind also da und werden dann vom Wahrnehmungssystem(???) verwaltet? Und wie entstehen die Bedeutungen, die verwaltet werden?

SilverBullet hat geschrieben: Aus meiner Sicht führt kein Weg daran vorbei, dass du vorlegst, wie du Bedeutung herstellen würdest, so dass sich eine eigenständige, wirkliche Existenz ergeben könnte.

Bisher hast du hierzu noch nichts geliefert.
Ich muss hierzu nichts liefern, denn ich stelle lediglich fest, dass Bedeutungen z.B. von sprachlichen Ausdrücken offensichtlich existieren, da wir mit ihnen tagtäglich umgehen und offenkundig kommunizieren können. Gäbe es keine Bedeutungen, könnten wir uns nicht verstehen und auch nicht missverstehen. Ich schreibe nichts dazu, wie das Verstehen von Bedeutungen hirnphysiologisch oder physikalisch funktionieren könnte. Und das aus gutem Grund ...

DU bist es, der wilde Spekulationen darüber absondert, dass Bedeutungszusammenhänge vom Wahrnehmungssystem verwaltet werden. Du kannst aber nicht angeben, was hierunter eigentlich zu verstehen sein soll?

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#404 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von JackSparrow » Mi 6. Jan 2016, 12:11

Thaddäus hat geschrieben:Meinst du das im Ernst?
All-Behauptungen über die natürlichen Zahlen werden bewiesen, indem man den Beweis für die erste Zahl erbringt und dann beweist, dass der Beweis auch für ihre Nachfolger gültig ist.

Oh, ich wusste nicht, dass ein ganzer Tisch in deinen Kopf passt, - wenn du von einem Tisch träumst.
Der muss auch im realen Leben nicht in meinem Kopf passen.

Aber ganz gewiss siehst du hier keine Zahl. Du siehst rote Pixel auf deinem Bildschirm und nichts anderes.
Wenn ich eine Ansammlung von Zellulose-Molekülen als materiellen Tisch bezeichnen kann, dann kann ich auch eine Ansammlung von roten Pixeln als materielle Zahl bezeichnen.

Wenn du diese 2 Zahlen zu 1 Zahl zusammenziehst, dann beweist das bereits, dass du etwas tust, was keine Wahrnehmung jemals leisten kann.
Beim Addieren handelt es sich um einen materiellen, physikalischen Vorgang. Würde man jemandem vorübergehend das Gehirn ausbauen oder auch nur einige Leitungen kappen, dann könnte er diesen Vorgang nicht mehr bewerkstelligen.

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#405 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von SilverBullet » Mi 6. Jan 2016, 12:46

Thaddäus hat geschrieben:Du erklärst hier lediglich, dass Text optisch wahrgenommen und Sprache akustisch wahrgenommen wird. Das ist banal und niemand bestreitet es.
Nein, ich beschreibe die materiellen Zusammenhänge, die im Anschluss auf die Sensorik eines Wahrnehmungssystems einwirken können. Folglich sind dies exakt die vorhandenen, wirklichen Existenzen.
(Die Erzeugung von Daten, deren Verarbeitung und der Umgang mit Zusammenhängen, erfolgt erst im nächsten Schritt: in der Wahrnehmung)

Thaddäus hat geschrieben:Dann existiert Verstehen also virtuell. Was ist virtuelles Existieren im Unterschied zum physikalischen Existieren?
Innerhalb von Datenverarbeitung finden Funktionen über die Zeit hinweg, auf Basis von Zusammenhängen, statt.
D.h. nur über die Aktivität, kommt es zur Funktion, wobei es aber keinen Zeitpunkt gibt, an dem man sagen könnte „jetzt existiert die Funktion“

In den materiellen Existenzen (der Schaltstruktur und der Schaltfähigkeit) ist die Funktion sozusagen „potenziell enthalten“, aber eine Funktions-Existenz ist das natürlich nicht.

Thaddäus hat geschrieben:Was sollen Verstehfunktionen sein? Wie funktionieren "Verstehfunktionen"?
Verstehfunktionen sind der zentrale Teil meiner Vermutung.

Verstehfunktionen ergeben (aus meiner Sicht) letztlich das, was man als „das Bewusstsein“ bezeichnet.
Es sollen die Funktionen sein, aus denen sich die „Überzeugung von Etwas“ ergibt, also der phänomenale Umgang mit Daten.
Sozusagen ein Reaktionsablauf, in dem der Bedeutungszusammenhang vom „Vorhandensein eines Phänomens“ abläuft bzw. verwaltet wird, ohne dass tatsächlich ein Phänomen da ist.

Eine Verstehfunktion ist dann lediglich die Reaktion „als ob ein Phänomen vorläge“ und „als ob dieses Phänomen irgendwie auf eine bestimmte Weise konkret ist“.

Denk an die „schrägen Linien“.
Eine daran beteiligte Verstehfunktion ist der Zwang von einer Schräge auszugehen, obwohl gar keine Schräge da ist und auch niemand diese Schräge in eine Bilddarstellung hineinkonstruieren könnte.
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Ich gehe davon aus, dass die Phänomene des Bewusstseins nicht wirklich existieren können, dass es aber Verstehfunktionen (in einer speziellen Datenverarbeitung) gibt, so dass es zu Reaktionen (Überzeugungen) mit den Bedeutungszusammenhängen vom „Vorhandensein dieser Phänomene“ kommt.

Thaddäus hat geschrieben:Du stellst zahlreiche Behauptungen über die Funktionsweise des Gehirns auf, die allesamt unbewiesen sind und erfindest neue Begriffe, ohne zu definieren, was sie bedeuten sollen.
Ich hoffe, dass ich meine „Behauptungen“ klar als Vermutung präsentiere.

Ich denke, meine Vermutung wird durch die Untersuchungen des aktiven Gehirns gestützt und z.B. durch die Tatsache, dass künstliche neuronale Netze beim Lernen eine Aufteilung der Bedeutungszusammenhänge durchführen, die von Informatikern nicht mehr im einzelnen nachvollzogen werden können – die Neuronen liefern (bzw. „stehen für“) Bedeutungszusammenhänge, die uns nicht klar sind – was liegt also näher, als dass das Bewusstsein über einen Ablauf aus sehr raffinierten Bedeutungszusammenhängen stattfindet?

Wie ich schon gesagt habe, ist dies auch bei der Muskelsteuerung der Fall und dort spricht niemand von der „Produktion phänomenaler Existenzen“.

Thaddäus hat geschrieben:Und dann erklären sie nicht einmal, was sie erklären sollen. Denn zu behaupten, es gäbe eine virtuelle Verstehfunktion erklärt keinen Deut besser, als zu sagen, Verstehen sei eine Funktion des Geistes.
Hier gibt es einen gewaltigen Unterschied, denn „Geist“(?) soll anscheinend ein „existierendes Produkt des Gehirns“(?), oder die „Ursache von Materie“(?) sein, wobei man von „A bis Z“ keine Anhaltspunkte dafür findet. Selbst wenn man sich darunter irgendetwas vorstellen könnte, dann bleibt die Frage offen, wie das Verstehen durch diese Existenz funktionieren sollte.

Wir haben aber doch bereits eine Existenz, das Gehirn, und sollten uns also darum kümmern, wie diese Existenz, das Verstehen herstellt.

Meine Vermutung der „Verstehanimation“ ist eine relativ konkrete Rahmenvermutung, die „einfach“ durch das widerlegt werden könnte, was vorhanden ist: das aktive Gehirn.

Die Untersuchungstechniken werden immer besser und ich bin zuversichtlich, dass man immer mehr über die Aufgabe einzelner Neuronen herausfinden wird.
Daraus könnte sich dann eine Tendenz abzeichnen, ob meine Vermutung berechtigt ist oder nicht.

Thaddäus hat geschrieben:Was bitteschön soll "Funktionalität in den Zusammenhängen von bestimmten Berechnungsabläufen" sein?
„Verstehen“ ist grundsätzlich eine Funktion jeder Datenverarbeitung.
D.h. Daten werden im Sinne, also im Rahmen der Möglichkeiten des Systems, verstanden/verarbeitet.

Das „Verstehen“, das man „als Bewusstsein“ bezeichnet, arbeitet mit „Überzeugung von Etwas“, wodurch „phänomenale Inhalte“ möglich werden (innerhalb des Verstehens).
Auf dieser Basis wäre es also eine spezielle Variante eines Berechnungsablaufes sein.

Thaddäus hat geschrieben:Noch kruder wird es im nächsten Satz: "Ich vermute, dass man mit Datenverarbeitungs-/Schaltabläufen die speziellen Verstehfunktionen, die als „das Bewusstsein“ bezeichnet werden, stattfinden lassen kann".
Ähem, nein, - offensichtlich nicht! Denn wenn Bewusstsein so einfach durch "Datenverarbeitungs-/Schaltabläufe" erzeugt werden könnte, dann verfügten alle unsere Computer schon längst über Bewusstsein
Ich habe nicht von „einfach“ gesprochen.
Wie du oben nachlesen kannst, arbeiten neuronale Netze mit Bedeutungszusammenhängen, die wir nicht kennen.
Wie man dabei annehmen kann, dass dies bereits in modernen Computern realisiert sein müsste, kann ich nicht nachvollziehen – wer soll das gemacht haben?

Thaddäus hat geschrieben:Dann solltest du erläutern können, was dein virtuelles Verstehen physikalisch IST? Was geschieht physikalisch, wenn du virtuell verstehst?
„virtuelles Verstehen ist nicht“, weil es keine Existenz ist.
Die Funktionen gehen zurück auf: Elektrische Impulse, die durch eine neuronale Verschaltung laufen –> das aktive Gehirn.
(eine kleine Liste der physikalischen Gegebenheiten habe ich im letzten Beitrag angegeben)

Thaddäus hat geschrieben:Wieso sollte ein Ablauf Virtualität produzieren? Etwas läuft ab, und durch diesen Ablauf wird es virtuell?
Ein Ablauf stellt eine Funktion dar.

Damit diese Funktion stattfindet, werden in Einzelschritten, Bedeutungszusammenhänge beachtet. Diese Bedeutungszusammenhänge gelten aber nur innerhalb des Ablaufes – nur dort haben sie eine exakte Wirkung, auf den zukünftigen Ablauf.
(Ein Neuron an der Verschaltungsstelle XYZ hat also nur an dieser Stelle den jeweiligen Bedeutungsanteil. Man kann das Neuron auch herausnehmen und woanders einsetzen, dann steht es für einen anderen Zusammenhang)

Eine Wahrnehmungsfunktion besteht somit aus Einzelschritten, die im Rahmen des Ablaufes der Funktion, jeweils einen Bedeutungszusammenhang darstellen.

Der Begriff „Virtualität“ zielt darauf ab, dass Bedeutungszusammenhänge erst durch den aktiven Ablauf eine Rolle spielen, also weder die Bedeutungszusammenhänge noch die Gesamtfunktion stellen eine eigene Existenz dar.

Thaddäus hat geschrieben:Bist du also Physikalist oder keiner?
Du versuchst doch mir einen dieser lustigen Philosophie-Begriffe zuzuordnen.
Ich habe dieses Problem nicht.

Soweit ich es überschaue, gehört meine Vermutung zu keiner der bisherigen Philosophie-Ideen.

------

Antworten auf mehrere Fragen:

Thaddäus :
Welches Wahrnehmungssystem verwaltet Bedeutungszusammenhänge?
SilverBullet:
=> Alle. Wir kennen keine andere Wahrnehmungstechnik ausser Datenverarbeitung.

Thaddäus :
Was soll verwalten in diesem Zusammenhang bedeuten?
SilverBullet:
=> algorithmisches Ablaufen von Schaltzuständen

Thaddäus :
Die Bedeutungen sind also da und werden dann vom Wahrnehmungssystem(???) verwaltet?
SilverBullet:
=> Nein, Bedeutungen werden in einer Datenverarbeitung durch Bedeutungszusammenhänge erfasst, d.h. eine Bedeutung ist nur soweit ins System integriert (an hand von Schaltkonstellationen), wie sie für das System relevant ist.

Thaddäus :
Und wie entstehen die Bedeutungen, die verwaltet werden?
SilverBullet:
=> Bedeutung liegen nur als Bedeutungszusammenhänge vor, nicht als eigenständiges Produkt. (Genau dies herauszufinden, wäre deine Aufgabe gewesen – Fehlanzeige)

Zitat-Thaddäus: „Ich muss hierzu nichts liefern, denn ich stelle lediglich fest, dass Bedeutungen z.B. von sprachlichen Ausdrücken offensichtlich existieren, da wir mit ihnen tagtäglich umgehen und offenkundig kommunizieren können. Gäbe es keine Bedeutungen, könnten wir uns nicht verstehen und auch nicht missverstehen.

Klar, als Philosoph muss man nichts liefern, denn wenn man „es“ denken kann, ist man ja bereits „fertig“.

Du schliesst in deiner Aussage von sprachlichen Vorgängen auf die Existenz von Bedeutung, kümmerst dich aber nicht darum, wodurch die sprachlichen Vorgänge zustande kommen.

Letztlich legen die sprachlichen Vorgänge die Existenzzusammenhänge fest, d.h. du solltest dich darum kümmern, welche Existenzen sich hinter den sprachlichen Vorgängen verbergen.

Du kannst aber offenkundig nichts zu einer Realisierung sagen, vertrittst jedoch den Anspruch exakt korrekte Ansichten und Schlussfolgerungen bzgl. der Existenzen in einer Realisierung aufzeigen zu können – ich vermute, deshalb nennt man es „Philosophie“.

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#406 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Thaddäus » Mi 6. Jan 2016, 13:12

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Meinst du das im Ernst?
All-Behauptungen über die natürlichen Zahlen werden bewiesen, indem man den Beweis für die erste Zahl erbringt und dann beweist, dass der Beweis auch für ihre Nachfolger gültig ist.
Ah! ;)
Und nun gib bitte an, was das Physikalische oder auch nur Neurologische an einem Beweis ist. Welche Windung in deinem Gehirn ist die Beweis-Windung und welcher subatomare Prozess in den Neuronen macht Rechenoperationen und Beweise? Aus welcher Materie besteht ein Beweis?

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Oh, ich wusste nicht, dass ein ganzer Tisch in deinen Kopf passt, - wenn du von einem Tisch träumst.
Der muss auch im realen Leben nicht in meinem Kopf passen.
Eben!
Wenn du dir einen Tisch vorstellst oder von ihm träumst, dann ist das offenbar nicht der materielle Tisch. Wo steckt denn nun das Bild vom Tisch in deinen Kopf. Komisch: ich habe schon viele Gehirn-Scan-Bilder gesehen, aber nirgendwo waren Bilder von Tischen oder anderen Objekten zu erkennen. :shock:

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Aber ganz gewiss siehst du hier keine Zahl. Du siehst rote Pixel auf deinem Bildschirm und nichts anderes.
Wenn ich eine Ansammlung von Zellulose-Molekülen als materiellen Tisch bezeichnen kann, dann kann ich auch eine Ansammlung von roten Pixeln als materielle Zahl bezeichnen.
Klar kannst du das, - wie alle Menschen.
Du "siehst" aber nun einmal keine "Zahlen" und auch keine "Tische". Du siehst Pixel oder Druckerschwärze und irgendwelches anderes. Um Zahlen, Holz, Tischplatten, Tischbeine usw. zu "sehen", musst du sie als solche erst einmal erkennen. Das Wahrnehmen von irgendwas reicht dazu nicht ...

JackSparrow hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben: Wenn du diese 2 Zahlen zu 1 Zahl zusammenziehst, dann beweist das bereits, dass du etwas tust, was keine Wahrnehmung jemals leisten kann.
Beim Addieren handelt es sich um einen materiellen, physikalischen Vorgang. Würde man jemandem vorübergehend das Gehirn ausbauen oder auch nur einige Leitungen kappen, dann könnte er diesen Vorgang nicht mehr bewerkstelligen.
Du hast das Problem noch gar nicht verstanden.
Niemand hier bestreitet, dass man ein Gehirn braucht, um rechnen zu können.
Wie addiert denn ein physikalischer Vorgang? :o

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#407 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Pluto » Mi 6. Jan 2016, 13:38

Thaddäus hat geschrieben: Welche Windung in deinem Gehirn ist die Beweis-Windung und welcher subatomare Prozess in den Neuronen macht Rechenoperationen und Beweise? Aus welcher Materie besteht ein Beweis?
[...]
Wenn du dir einen Tisch vorstellst oder von ihm träumst, dann ist das offenbar nicht der materielle Tisch. Wo steckt denn nun das Bild vom Tisch in deinen Kopf. Komisch: ich habe schon viele Gehirn-Scan-Bilder gesehen, aber nirgendwo waren Bilder von Tischen oder anderen Objekten zu erkennen. :shock:
Liebe Thaddäus,
Du machst hier den alten Fehler, Begriffe wie "Beweis" oder die Vorstellung eines Tisches mit realen Objekten zu verwechseln.
Zur Vorstellung eines Tisches gibt es den real existierenden Tisch.
Zum Beweis gibt es kein reales Analogon, denn der Beweis ist eine sprachliche symbolische Konvention.

Thaddäus hat geschrieben:Aber ganz gewiss siehst du hier keine Zahl. Du siehst rote Pixel auf deinem Bildschirm und nichts anderes.
Nicht einmal das...
Dein Auge erfasst vom Bildschirm abgestrahlte elektromagnetische Energie in Form von Photonen. Von dieser Energie (Photonen) dringt aber nichts in dein Gehirn (die Photonen sind nicht rot). Die Photonen werden in einem komplizierten Vorgang im Auge in elektrochemische Signale umgewandelt, gelangen dann ins Gehirn und werden dort als Farbe "rot" interpretiert.

Thaddäus hat geschrieben:Du "siehst" aber nun einmal keine "Zahlen" und auch keine "Tische". Du siehst Pixel oder Druckerschwärze und irgendwelches anderes. Um Zahlen, Holz, Tischplatten, Tischbeine usw. zu "sehen", musst du sie als solche erst einmal erkennen. Das Wahrnehmen von irgendwas reicht dazu nicht ...
Ja. Man nennt diesen Vorgang "Intentionalität". Alle Lebewesen sowie alle Objekte die einen Erbauer haben, besitzen die Eigenschaft der Intentionalität. Das trifft auf Artefakte wie Tische und Stühle zu, als auch auf Symbole wie Zahlen die oft mit Russ auf Papier gekritzelt werden.
Intentionalität bedeutet soviel wie Zweckmäßigkeit, was man aber bitte nicht mit Teleologie verwechseln sollte.

Thaddäus hat geschrieben:Wie addiert denn ein physikalischer Vorgang? :o
Gar nicht!
Addition ist reine Symbolik — und in der Verwendung von Symbolik ist der Mensch Weltmeister.
Rudimentär lässt sich das in der Tierwelt ebenfalls beobachten. Z.B. können Löwinnen zählen: Sie wissen ganz genau wie viele Junge sie haben (erkennt man an ihrer Panik wenn eins fehlt).
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#408 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von Thaddäus » Mi 6. Jan 2016, 14:48

Pluto hat geschrieben: Liebe Thaddäus,
Du machst hier den alten Fehler, Begriffe wie "Beweis" oder die Vorstellung eines Tisches mit realen Objekten zu verwechseln.
Diesen Fehler mache nicht ich, den machen gerade SilverBullet und JackSparrow. Sie machen den Fehler, das Erkennen oder Vorstellen eines Tisches, einer Zahl oder gar des Beweisens und des Addierens mit material-physikalischen Ereignissen gleichzusetzen. Neuronale Vorgänge im Gehirn sind zwar die Voraussetzung für Erkennen, Rechnen und Beweisen. Erkennen, Rechnen und Beweisen sind aber selbst nicht material-physikalisch.

Pluto hat geschrieben: Zur Vorstellung eines Tisches gibt es den real existierenden Tisch.
Zum Beweis gibt es kein reales Analogon, denn der Beweis ist eine sprachliche symbolische Konvention.
Ein Beweis ist keine Konvention, denn es steht nicht frei beliebig zu definieren, was ein Beweis ist. Ein Beweis muss korrekt sein und das Erkennen seiner Korrektheit ist keine Frage konventioneller Übereinkunft. Das 4+3=7 sind ist ebenfalls keine Frage von Übereinkunft. Wenn dies jemand bestreitet, dann kann man ihn schlicht nicht mehr helfen. ;)

Sprache und Mathematik arbeiten selbstverständlich symbolisch, wie auch Sinn und Verstehen nur auf einer symbolischen Ebene überhaupt nur "Sinn" ergeben. Es ist aber völlig klar, dass symbolische Operationen keine physikalischen oder neurologischen Operationen sind in dem Sinne, dass sie mit diesen identisch wären. Wenn sie aber nicht identisch sind, dann sind die Sprachen von Physik und Neurologie nicht geeignet, symbolische Operationen und Symbolik zu beschreiben, da sie sie gar nicht beschreiben können.
Hält man sie aber für identisch, dann vertritt man eine Identitätstheorie, die daran scheitert, dass mentale Zustände und Vorgänge multiphysikalisch realisiert sein können (in jedem Hirn etwas anders, aber nie völlig identisch). Wenn aber unterschiedliche physikalische Zustände im oder des Gehirns denselben mentalen Zustand oder Prozess erzeugen können (z.B. das Addieren etc.), dann wird dieser mentale Zustand bzw. mentale Prozess nicht durch physikalische Zustände und Prozesse erklärt, weil die eben nicht eindeutig sind.

Pluto hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Aber ganz gewiss siehst du hier keine Zahl. Du siehst rote Pixel auf deinem Bildschirm und nichts anderes.
Nicht einmal das...
Dein Auge erfasst vom Bildschirm abgestrahlte elektromagnetische Energie in Form von Photonen. Von dieser Energie (Photonen) dringt aber nichts in dein Gehirn (die Photonen sind nicht rot). Die Photonen werden in einem komplizierten Vorgang im Auge in elektrochemische Signale umgewandelt, gelangen dann ins Gehirn und werden dort als Farbe "rot" interpretiert.
So ist es!

Pluto hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Du "siehst" aber nun einmal keine "Zahlen" und auch keine "Tische". Du siehst Pixel oder Druckerschwärze und irgendwelches anderes. Um Zahlen, Holz, Tischplatten, Tischbeine usw. zu "sehen", musst du sie als solche erst einmal erkennen. Das Wahrnehmen von irgendwas reicht dazu nicht ...
Ja. Man nennt diesen Vorgang "Intentionalität". Alle Lebewesen sowie alle Objekte die einen Erbauer haben, besitzen die Eigenschaft der Intentionalität. Das trifft auf Artefakte wie Tische und Stühle zu, als auch auf Symbole wie Zahlen die oft mit Russ auf Papier gekritzelt werden.
Intentionalität bedeutet soviel wie Zweckmäßigkeit, was man aber bitte nicht mit Teleologie verwechseln sollte.
Intentionalität ist ein genau definierter philosophischer Fachbegriff aus der Phänomenologie, den du hier im Sinne von "Intention" bzw. "Absicht", "Motiv" verwendest. Du solltest deshalb besser von "Absicht" oder "Motiv" oder "Intention" sprechen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Personen können aus Motiven handeln und Absichten verfolgen, - z.B. wenn sie einen Stuhl bauen mit der Absicht, dass man sich darauf setzen kann.
Das meine ich aber nicht.
Wenn man eine Zahl erkennt oder einen Tisch, dann erkennt man noch lange nicht die Absicht(en) und Motive dessen, dessen der den Tisch gebaut hat oder die Zahl irgendwo hingeschrieben.
Und natürlich ist es falsch, z.B. eine Teleologie der Natur und der Evolution z.B. anzunehmen. Manche natürlichen Vorgänge sehen lediglich so aus, als ob ein Zweck mit ihnen verfolgt wird und eine Absicht dahinter steht. Das ist aber nicht der Fall.
[Intentionalität bedeutet als Fachbegriff übrigens das mentale Gerichtetsein auf ... . Das heißt, ich richte meine Aufmerksamkeit auf einen bestimmten Bewusstseinsinhalt.]

Eine Zahl oder einen Tisch kann man als Zahl oder Tisch nur dann erkennen, wenn man über den Begriff "Zahl" und den Begriff "Tisch" bereits verfügt und weiß, welche Einzelelemente unter die Klasse dieser Begriffe fallen.
Und das muss uns erst in unserer Lebenswelt beigebracht werden. Es ist denkbar, dass es Alienwesen gibt, die einfach keinen Hintern haben. Diese Alienwesen erkennen vermutlich keine Stühle, weil sie gar nicht wissen, was man damit anfangen könnte. Wir müssten ihnen erst zeigen, warum Stühle bei unserer Physiognomie sinnvoll sind und was man mit ihnen macht.


Ein Fehler, den SilverBullet und JackSparrow machen und ich denke, auch du, ist, dass ihr von einem Primat der Physik und der physikalischen Beschreibung ausgeht. Tatsächlich gibt es aber nur den unhintergehbaren Primat der Lebenswelt, in der wir jede Art von Symbolik und symbolischer Verarbeitung von Information erst lernen müssen. Zur Lebenswelt gehört aber auch das Machen bestimmter Empfindungen (Qualia) und Erfahrungen. Auch für die Physik und die physikalische Erklärung gilt der Primat der Lebenswelt, denn was Physik ist und wie sie betrieben wird, muss uns erst beigebracht werden, wozu es z.B. der natürlichen Sprache bedarf. Man bringt einem Schüler Physik nicht dadurch bei, dass man ihn kommentarlos Formeln an den Kopf wirft usw.

Ein Beispiel:
Farben werden physikalisch bestimmt als reflektiertes Licht unterschiedlicher Wellenlängen.
Warum unterteilen wir Licht aber überhaupt in Wellenbereiche?
Wir tun es, weil wir immer schon unterschiedliche Farben sehen! Nur, wenn man Farbeindrücke hat, kommt man überhaupt auf die Idee, Lichtwellen so zu unterteilen, dass bestimmten Wellenbereichen bestimmte Farben korrespondieren. Und dass sie korrespondieren, erkennen wir daran, dass unsere Farbeindrücke wechseln, wenn Lichtwellenbereiche in andere übergehen. Wesen, die keine Farbeindrücke haben, kommen auch nicht auf die Idee, das Spektrum des Lichtes so zu unterteilen, wie wir das tun. Warum sollten sie?

Das aber bedeutet: es ist nicht erst die Physik und dann kommen erst das Leben und die Sinneseindrücke. Es ist genau umgekehrt. Nur, weil wir Farbeindrücke haben, haben wir genau die physikalische Optik, die wir haben. Nur, weil wir immer schon Farben sehen können, unterteilen wir die Wellenlängen des Lichtes, so wie wir das tun.


Pluto hat geschrieben:
Thaddäus hat geschrieben:Wie addiert denn ein physikalischer Vorgang? :o
Gar nicht!
Addition ist reine Symbolik — und in der Verwendung von Symbolik ist der Mensch Weltmeister.
Rudimentär lässt sich das in der Tierwelt ebenfalls beobachten. Z.B. können Löwinnen zählen: Sie wissen ganz genau wie viele Junge sie haben (erkennt man an ihrer Panik wenn eins fehlt).
Dann ist Symbolik aber eben keine Physik und keine Neurologie, auch wenn Physik und Neurologie notwendige Bedingungen für symbolische Akte sind.
Und natürlich sind symbolische Akte auch keine feinstofflichen Geisterwesen.

Die einzige Frage, die hier wichtig ist, ist die, ob mentale Zustände und Prozesse sich in Physik und Materie erschöpfen oder eben nicht.

JackSparrow
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#409 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von JackSparrow » Mi 6. Jan 2016, 17:28

Thaddäus hat geschrieben:Wenn du dir einen Tisch vorstellst oder von ihm träumst, dann ist das offenbar nicht der materielle Tisch.
Einen immateriellen Tisch kann ich mir nicht vorstellen. Jede Form von Tisch, die ich kenne, ist materiell.

Wo steckt denn nun das Bild vom Tisch in deinen Kopf.
In meinem Kopf sind weder Bilder noch Tische. Weder materielle noch immaterielle, oder welche Sorten von Tisch es sonst noch geben mag. Alle mir bekannten Sorten von Tisch befinden sich außerhalb meines Kopfes.

Du "siehst" aber nun einmal keine "Zahlen" und auch keine "Tische". Du siehst Pixel oder Druckerschwärze und irgendwelches anderes.
Mein Gehirn bezeichnet solche Sachen als Zahlen und als Tische. Aber das ist nur eine Frage der Verdrahtung. Wer will, kann es auch als Hängebrücken oder Telefonhörer bezeichnen. Aufgrund diverser Lautverschiebungen, Bedeutungswandlungen und des Einflusses nicht-indogermanischer Ursprachen haben nicht mal in Europa alle Leute für die gleiche Sache den gleichen Namen.

Das Wahrnehmen von irgendwas reicht dazu nicht ...
Natürlich nicht. Neben einem komplett ausgerüsteten Gehirn benötigt man auch noch einen Zeigefinger und/oder einen Kehlkopf, damit man anderen Leuten mitteilen kann, mit Hilfe welcher Vokabeln man das Gesehene im Einzelnen zu bezeichnen gedenkt.

Wie addiert denn ein physikalischer Vorgang?
Ich kenn mich mit Mikrochips nicht so gut aus. Muss aber was mit Bits und zweistelligen logischen Verknüpfungen zu tun haben.

SilverBullet
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#410 Re: Wird die Philosophie unterschätzt?

Beitrag von SilverBullet » Do 7. Jan 2016, 11:00

Thaddäus hat geschrieben:an JackSparrow:
Und nun gib bitte an, was das Physikalische oder auch nur Neurologische an einem Beweis ist. Welche Windung in deinem Gehirn ist die Beweis-Windung und welcher subatomare Prozess in den Neuronen macht Rechenoperationen und Beweise? Aus welcher Materie besteht ein Beweis?
Aus was ist deiner Meinung nach ein Beweis?

Zitat-Thaddäus:“Ein Beweis ist keine Konvention, denn es steht nicht frei beliebig zu definieren, was ein Beweis ist. Ein Beweis muss korrekt sein und das Erkennen seiner Korrektheit ist keine Frage konventioneller Übereinkunft.

Du sagst auch hier nicht, aus was ein Beweis besteht.
Du sagst lediglich, dass er „korrekt“ sein muss. Aus was ist also ein „Beweis“ und aus was ist „Korrektheit“?

Anstatt es zu sagen, drehst du wieder in Richtung „Identitätstheorie“ ab.

Bleiben wir bei der Frage: Aus was ist ein Beweis?

Nun, Beweise kommen ausschliesslich im Bereich der Wahrnehmung vor.
Nur eine Wahrnehmung, die eine Möglichkeit hat „falsch zu liegen“, setzt Beweise ein, um sich abzusichern.
D.h. in der Wahrnehmung führt ein Beweis zu anderen Reaktionen, als es ohne Beweis der Fall wäre.
=> Der Beweis steht somit innerhalb der Wahrnehmung in einem Bedeutungszusammenhang.
=> Der Beweis hat Auswirkung für die Reaktion in Bezug auf ein konkretes Thema

Dies ist aber erst der Fall, wenn der Beweis verstanden wird, oder wenn der Beweis auf eine Art vorliegt, dass er ohne Verstehen akzeptiert wird (was z.B. bei der Vermittlung durch eine Vertrauensperson sein könnte).

Ein Beweis der ohne Verstehen akzeptiert wird, kann selbst keinen wirklichen Inhalt haben (nicht innerhalb des jeweiligen Wahrnehmungssystems). Der Beweis besteht dann lediglich aus den Bedeutungszusammenhängen „sichere, vertrauensvolle Quelle“ und „bestätigte Absicherung“.

Wenn ein Beweis verstanden wird, dann muss hierzu ein Ablauf von Einzelbedeutungszusammenhängen durchlaufen werden. Das können wiederum Bedeutungszusammenhänge von Beweisen oder nicht angezweifelte Zusammenhänge sein. Insgesamt ist ein Beweis immer nur so genau, wie im Wahrnehmungssystem das Vorhandensein von Zweifel vorgestellt wird (es passiert oft genug, dass Beweise mit Voraussetzungen arbeiten, die später erst angezweifelt werden).

Aus meiner Sicht zeigt sich, dass ein Beweis, vollständig über die Bedeutungszusammenhänge festgelegt werden kann, aus denen er hervorgeht und aus anderen, auf die er Auswirkungen hat.

Darüber hinaus werden dem Begriff „Beweis“ auch allgemeine Bedeutungszusammenhänge zugeordnet „Absicherung der eigenen Position“, „Argument in einer Diskussion“, „solides Fundament für ein Thema“ usw.
D.h. allein das „Vorhandensein“ eines Beweises ist mit Bedeutungszusammenhängen verbunden.

Es können beliebig viele Bedeutungszusammenhänge eine Rolle spielen.
Diese Menge an Bedeutungszusammenhängen ist aber von Wahrnehmungssystem zu Wahrnehmungssystem unterschiedlich.

„Aus was ein Beweis ist“ reduziert sich damit auf die Frage:
aus was ist ein Bedeutungszusammenhang?

Innerhalb einer Datenverarbeitung (der einzigen Wahrnehmungstechnik, die wir kennen), werden Bedeutungszusammenhänge über Reaktionsentscheidungen hergestellt.
Ein Bedeutungszusammenhang liegt quasi nur vor, wenn er beachtet wird, wenn also darauf reagiert wird. Ohne Reaktion, gibt es keine Auswirkung, also letztlich auch keinen Zusammenhang und keine Bedeutung.

Ich sage:
Bedeutungszusammenhänge kommen innerhalb einer Reaktion, als Richtugsentscheidungen, vor.
Ein Beweis besteht vollständig aus Reaktion und den Folgen dieser Reaktion.

Für „Korrektheit“ gilt dasselbe: es ist letztlich eine Reaktion.

FAZIT:
=> Ein Beweis wird nicht aus einer Substanz hergestellt, aber er ist genauso wenig, ohne Substanz „herstellbar“.
=> Ein Beweis wird innerhalb der Aktivität eines Reaktionssystems „hergestellt“ -> virtuell.
=> Ein konkreter Beweis ist ein bestimmter Reaktionsablauf.

Das Gehirn ist ein Reaktionssystem mit gigantischen Möglichkeiten – das passt…

Meiner Meinung nach hat dies mit „Identitätstheorie“ nichts zu tun, denn (für mich) verfügt Materie über keine „Eigenschaft des Verstehens/Bewusstseins“.
Aber:
über materielle Reaktionen kann „Verstehen/Bewusstsein“ stattfinden.

Wichtig dabei ist, dass es im Verstehen/Bewusstsein zu keinerlei Existenzen kommt.
Materielle Schaltabläufe können Bedeutungszusammenhänge stattfinden lassen, aber sie können keine Existenzen erschaffen.
Beispiel:
Farben gibt es nicht - es findet nur die Reaktion statt, als ob Farben vorhanden wären.
Die einzelnen Bedeutungszusammenhänge, die hierzu notwendig sind, sind (für mich) das grosse Rätsel...

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