Naturwissenschaft und Religion

Philosophisches zum Nachdenken
closs
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#161 Re: Naturwissenschaft und Religion

Beitrag von closs » Di 12. Nov 2013, 15:38

Demian hat geschrieben:Mehr noch, es verhält sich genau umgekehrt: wenn es nur diesen einen bewohnten Planeten gibt, dann widerspricht das der spirituellen Perspektive.
Einverstanden - das widerspricht aber nicht dem Gedankenansatz, dass das, was wir als All wahrnehmen, eine an sich anthropozentrische Größe ist.

dagegen
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#162 Re: Naturwissenschaft und Religion

Beitrag von dagegen » Di 12. Nov 2013, 16:17

demian hat geschrieben:... wenn es nur diesen einen bewohnten Planeten gibt, dann widerspricht das der spirituellen Perspektive.

Keineswegs. Du darfst nicht verkennen, dass Gott nichts schaffen muss. Seine Majestät hängt nicht davon ab, ob es im Universum einen, mehr als einen oder gar keinen Planeten gibt, auf dem Leben herrscht. Er ist absolut, losgelöst von allem Geschaffenem.

barbara
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#163 Re: Naturwissenschaft und Religion

Beitrag von barbara » Di 12. Nov 2013, 18:11

Zeus hat geschrieben: Das wäre dann Barbaras Beispiel der Heisenbergschen Unschärferelation bei Menschen: Der Beobachtende selbst beeinflusst unweigerlich das Ergebnis :?:

ja. Wird bei Falkvinge "Heisenberg metrics" genannt.

hier rund um Seite 136 rum
http://falkvinge.net/files/2013/04/Swar ... 3Sep01.pdf

konkret geht es hier darum, wie man den Erfolg einer (politischen, oder geschäftlichen) Massnahme misst. Folge ist, die Leute, die das Mass kennen, bemühen sich, das Mass zu erfüllen... was nicht notwendigerweise dazu führt, dass das Originalziel erreicht wird.

Er nennt als Beispiel, dass Softwareentwickler beim Debuggen daran gemessen werdne, wie viele Bugs sie finden - was durchaus dazu führen kann, dass gewisse Entwickler erst mal absichtlich Bugs einbauen, mit der Folge, dass sie danach logischerweise viele Bugs finden. Was aber nicht die Software besser macht.

gruss, barbara

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Demian
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#164 Re: Naturwissenschaft und Religion

Beitrag von Demian » Di 12. Nov 2013, 19:01

dagegen hat geschrieben:Keineswegs. Du darfst nicht verkennen, dass Gott nichts schaffen muss. Seine Majestät hängt nicht davon ab, ob es im Universum einen, mehr als einen oder gar keinen Planeten gibt, auf dem Leben herrscht. Er ist absolut, losgelöst von allem Geschaffenem.

Da bin ich anderer Auffassung. Das aus einer sehr menschlichen Perspektive: ein Gott der nicht das Leben ins Zentrum rückt, beziehungweise das Leben ist, zu dem kann ich auch keine Beziehung aufbauen. Der würde mich völlig kalt lassen. Wie Albert Schweitzer sagte: ich bin Leben das leben will, inmitten von Leben, das leben will. Ohne diesen Lebensbezug keine Religion. Entweder das Universum ist beseelt, Bewusstsein, Geist. Oder aber das Leben ist eine hinfällige, heillose Anomalie.

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Demian
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#165 Re: Naturwissenschaft und Religion

Beitrag von Demian » Di 12. Nov 2013, 19:22

closs hat geschrieben:Einverstanden - das widerspricht aber nicht dem Gedankenansatz, dass das, was wir als All wahrnehmen, eine an sich anthropozentrische Größe ist.

Der Mensch projiziert immer. Da hat Feuerbach Recht. Nur begeht er den Fehler daraus kategorisch abzuleiten, dass Gott generell eine menschliche Größe ist. Eine Erfindung. Das christliche Menschenbild sagt hingegen: der Mensch ist eine göttliche Größe. "Projektion" wäre dann ein mehr oder weniger geglücktes Bewusstwerden in dieser Hinsicht.

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#166 Re: Naturwissenschaft und Religion

Beitrag von closs » Di 12. Nov 2013, 19:58

Demian hat geschrieben: Der Mensch projiziert immer.
Man nennt das "Wahrnehmung". - Die "Kunst" besteht darin, eigene Wahrnehmung in Koinzidenz zu bringen mit (hier: geistiger) Realität. Jedoch kann man nie selbst verifizieren, ob die eigene Wahrnehmung mit der Realität koinzidiert.

Und ich meine eben, dass das auch für die Naturwissenschaften zutreffen kann. Denn Naturwissenschaft verfügt zwar über objektive Wahrnehmungs (sic!)-Parameter - aber ob diese WIRKLICH mit der Realität übereinstimmen, wissen wir prinzipiell NICHT. - Insofern kann es sein, dass die Milliarden an Galaxien genauso (objektive) Illusions-Größen sind, wie ein Gottesbild eine (subjektive) Illusions-Größe sein kann. - Insofern verstehe ich, wenn es in Deut.4,19 heisst, der Mensch solle sich kein Bild von Sonne, Mond und den Sternen machen.

Bitte nicht wissenschafts-feindlich verstehen - ich finde Wissenschaften hyper-super-toll - aber sie sollten über das Bebachten und Beschreiben nicht hinausgehen - in Weltbildern haben sie streng genommen nichts zu suchen (es sei denn, es sind "innerbetriebliche").

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#167 Re: Naturwissenschaft und Religion

Beitrag von Demian » Di 12. Nov 2013, 20:21

closs hat geschrieben: Bitte nicht wissenschafts-feindlich verstehen - ich finde Wissenschaften hyper-super-toll - aber sie sollten über das Bebachten und Beschreiben nicht hinausgehen - in Weltbildern haben sie streng genommen nichts zu suchen (es sei denn, es sind "innerbetriebliche").

Die Wissenschaft war schon immer mit Weltbildern verwoben. Der Sozialdarwinismus und Futurismus waren die ideologische Fundierung des Faschismus. Außerdem wäre die faschistische Gleichschaltung und das umfassende Überwachungssystem ohne die moderne Medientechnik nicht möglich gewesen. Heute besitzt die Menschheit ein Arsenal von Massenvernichtungswaffen und anderen Herrschafts- und Machtmitteln, die das private und öffentliche Leben unmittelbar bedrohen. Man kann also wissenschaftliche Arbeit und ethisch-weltanschauliche Positionen nicht voneinander trennen. Das war schon immer so. Eine Wende hat aber insofern stattgefunden, als von einem "ganzheitlichen" Denken heute der Fortbestand der Menschheit abhängt.

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#168 Re: Naturwissenschaft und Religion

Beitrag von closs » Di 12. Nov 2013, 21:20

Demian hat geschrieben:Man kann also wissenschaftliche Arbeit und ethisch-weltanschauliche Positionen nicht voneinander trennen.
De facto NEIN - insofern Zustimmung. - Jedoch sollte man beides systematisch trennen - und immer wieder darauf hinweisen, dass Wissenschaft eigentlich "nur" beobachten, beschreiben, etc. soll.

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#169 Re: Naturwissenschaft und Religion

Beitrag von 2Lena » Mi 13. Nov 2013, 06:56

closs hat geschrieben:De facto NEIN - insofern Zustimmung. - Jedoch sollte man beides systematisch trennen - und immer wieder darauf hinweisen, dass Wissenschaft eigentlich "nur" beobachten, beschreiben, etc. soll.

Es gibt auch wissenschaftliche Abhandlungen über den "Glauben" siehe Kain und Abel, Perspektiveschritte siehe Gesetz Abraham, Entwicklungsmöglichkeiten - Gesetz Mose.

Sinus und Kosinus beobachtest du ja auch nicht, sondern berechnest in einem Projekt neue Größen.

dagegen
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#170 Re: Naturwissenschaft und Religion

Beitrag von dagegen » Mi 13. Nov 2013, 10:16

demian hat geschrieben:Da bin ich anderer Auffassung. Das aus einer sehr menschlichen Perspektive: ein Gott der nicht das Leben ins Zentrum rückt, beziehungweise das Leben ist, zu dem kann ich auch keine Beziehung aufbauen. Der würde mich völlig kalt lassen.

Ha! Jetzt sind wir im Kern der christlichen Religion. Also: eine Beziehung, die direkt erwidert wird, kann der Mensch nur mit Dingen aufbauen, die von dieser Welt sind. Da Gott von der Welt verschieden gedacht wird (und gedacht werden muss; denn sonst würde es ein Götze :devil: sein) gilt: mit Gott kann man keine Beziehung aufbauen, jedenfalls keine, die er erwidern könnte. Denn er hat in dem, was verschieden von ihm ist, keinen Bezugspunkt. Genau deswegen stellt Luther die Frage: "wie bekomme ich einen gnädigen Gott?", also einen Gott, den ich ansprechen kann. Es ist ja gar nicht selbstverständlich, dass der Mensch einen Anspruch gegen Gott hat oder?

So. Und hier kommt nun Jesus Christus und der Heilige Geist ins Spiel :engel: ... Gott hat keinen Bezugspunkt zu dem, was von ihm verschieden ist, sondern nur in dem, worin er sich gleicht, nämlich im "Sohn". Diesen Sohn liebt Gott und diese Liebe nennen wir den "Heiligen Geist". Und diesen Sohn hat er im Menschen Jesus gesandt. Durch Jesus Christus haben wir Anteil an der Liebe Gottes durch den Heiligen Geist. Alles klar? :?

Aus den obigen Überlegungen sollten drei Dinge klar geworden sein:

1. Daß Gott im Christentum relational gedacht wird: Nur im trinitarischen Gottesbild kann Gemeinschaft mit Gott ausgesagt werden. Sonst bleibt Gott entweder ausserhalb von uns oder wir haben es mit der berüchtigten "Zahnfee" zu tun.
2. woran der Mensch wirklich heilsbringend sein Herz hängen kann (von credere, (sein) Herz geben). Wäre Gott etwas Weltliches (d.h. nicht von der Welt verschieden), wäre er ein Götze. Daher heisst es im NT: "wir sind für die Welt gestorben."
3. daß Gott von der Welt verschieden gedacht wird, ermöglicht es, daß wir uns zu ihm bekennen und an ihn glauben können. Wäre Gott ein wirkmächtiges Stück Welt, wäre er womöglich sogar die Welt, dann könnte man sich nicht gegen ihn entscheiden. Glaube wäre determiniert, Unglaube ebenfalls.
Zuletzt geändert von dagegen am Mi 13. Nov 2013, 12:35, insgesamt 1-mal geändert.

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