Festgefügte Begrifflichkeit?

Philosophisches zum Nachdenken
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Savonlinna
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#1 Festgefügte Begrifflichkeit?

Beitrag von Savonlinna » Mo 17. Nov 2014, 00:44

Thema abgetrennt aus: Allmacht oder Ohnmacht?


closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Aber wieso Gott personifizieren
Was wäre Gott ohne Personifizierung? Doch nur die menschliche Benennung eines Schlusssteins - oder nicht?
Verstehe die Aussage nicht.

closs hat geschrieben: Außerdem: Nach den Gesetzen der Dialektik hat die Synthese immer mindestens alles Eigenschaften der These - wenn also der Mensch Person ist, kann das, was über dem Menschen steht, nicht keine Person sein - es sei denn, es ist etwas ganz Fremdes.
Geht es Dir um ein Denkgebäude? Das interessiert mich eigentlich nicht. Gebe aber zu, dass meine Frage so klang, als würde es mir darum gehen.
Ich bin mit meinen Aussagen angewiesen auf das, was ich wahrnehme und dann versuche, in Worte zu kriegen und zu schauen, ob eine Religion - mit vielleicht anderen Worten - das ausdrückt, was ich auch meine.

Insofern ist mir "mit den Gesetzen der Dialektik" nicht gedient. Wüsste nicht, wieso alles und jedes sich dem beugen muss.
Der Mensch kann sehr wohl Person und Nicht-Person sein. Gerade das sehe ich auch als eine Kernaussage des Christentums an. Mensch und Gott zugleich. Das Einzelne und das Gesamte gleichzeitig.
Die Logik erlaubt das nicht, aber es geht hier ja nicht um Verstandesfragen. Das Jenseitige kann - rein logisch gesehen - auch nicht im Diesseits sein. Und dennoch hast Du genau das geschrieben.

closs hat geschrieben:- Das wiederum ist im Christentum nicht möglich, wenn Schöpfung aus Gott ("de Deo") kommt, also nicht ein außerhalb von Gott Gemachtes ("es nihilo") ist.
Das sind für mich alles begriffliche Fragen, wie man etwas logisch in ein System kriegt. Das ist schon lange nicht mehr meine Sache, da gebe ich keinen Pfifferling drauf.
Mir geht es nicht um das, was "im Christentum" - und dann auch nur in Bezug auf Wörter - möglich ist, sondern was überhaupt möglich ist. Und da ist vieles möglich, was von der Logik ausgeschlossen werden würde.

closs hat geschrieben:Weiterhin gäbe es keine Beziehung zwischen Mensch und Gott, wenn Gott nicht Person wäre - Gott wäre dann ein "Gottnichts", wie es Buber übersetzt. - Wenn es aber keine Beziehung gäbe, wofür wäre dann das Wort "Gott" Chiffre?
Wenn Du erlaubst, sage ich vorübergehend für Gott "X", weil "X" nicht vorbelastet ist und ich da keine festfixierte Größe annehmen muss - sie scheint für Dich irgendwie statisch zu sein, oder missverstehe ich das?
Dieses X also kann sehr viele Formen annehmen: es kann zu einem "du" gemacht werden, das schon, und dieses "du" trägt und führt. Aber X hat auch andere Formen, ganz andere Formen.
Das Formlose kann man sich vermutlich nicht vorstellen, alles, was man sich vorstellt, muss man darum vermutlich in eine Form gießen. Aber es ist auch das, was manche Theologen sogar als "Reich Gottes" bezeichnen und eben unsichtbar, aber wahrnehmbar ist.
Ich merke, dass ich jetzt begrifflich anfange zu schwimmen, darum lasse ich den Gedanken erst mal sein.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: was dann doch diese ewigen Fragen produziert: Wenn Gott alles "weiß", wieso dann und wieso das...
Das würde in Fragen führen: Was "ist" eigentlich Heil, Un-Heil, Sünde, Schuld, Leid. - Aus meiner Sicht sind diese Begriffe in heutiger Auslegung bis zur Unkenntlichkeit kontaminiert.
Das wäre dann in meinen Augen sehr viel leichter zu verstehen. Ich sehe mich auch nicht in der Pflicht, christliche Begrifflichkeiten zu rechtfertigen. Ich kann aber sehr wohl verstehen, wie Schuld entsteht, wenn ich nicht mehr statisch denke, sondern alles, was ist, in Zusammenhang, und vor allem: in Bewegung. Alles beeinflusst alles.

Da das alles in mir aber erst wächst, was ich hier schreibe, habe ich eine große Scheu davor, es so zu formulieren, als sei es ein Glaube oder eine Überzeugung. Das ist es nämlich nicht. Es ist nur ein wachsendes Urvertrauen, und ich frage mich, wo das herkommt. Es kommt auf keinen Fall von einer "göttlichen Person", denn das ist mir viel zu konstruiert. Wir wissen ja nicht einmal, was die "Person" ist. Das ist nur ein Hilfsbegriff; ein Wort, das dazu dient, das wir in der Gesellschaft miteinander klar kommen. Damit wird aber nicht das Wesen des Menschen beschrieben.

Dass es ein Vorteil sein kann, sich Gott als Person zu denken, wenn man religionshistorisch davor es nicht getan hat und der Mensch damit auch zur Person geadelt wird, das leuchtet mir schon ein.
Mich überzeugt nur das Statische und das begrifflich Fixierte daran nicht.

closs
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#2 Re: Festgefügte Begrifflichkeit?

Beitrag von closs » Mo 17. Nov 2014, 08:54

Savonlinna hat geschrieben:Verstehe die Aussage nicht.
Der Mensch ist leicht verführt, das ihm Unbekannte am Ende seines Verständnisses als "Gott" zu bezeichnen - und das war's dann. - Und wenn's das war, hat dann wirklich Feuerbach recht, demnach "Gott" nichts anderes als eine Projektion ist - und damit sicherlich keine Person.

Savonlinna hat geschrieben:Geht es Dir um ein Denkgebäude? Das interessiert mich eigentlich nicht.
Sicher? - Wie sonst willst Du Deine geistigen Wahrnehmungen (Du sprachst von "Urvertrauen") verbindlich fassen?

Savonlinna hat geschrieben: in Worte zu kriegen und zu schauen, ob eine Religion - mit vielleicht anderen Worten - das ausdrückt, was ich auch meine
Eigentlich meinen wir dann dasselbe - der eine sagt es persönlich, der andere versucht, dasselbe strukturiert zu sagen.

Savonlinna hat geschrieben:Der Mensch kann sehr wohl Person und Nicht-Person sein.
Das klingt jetzt eher verwirrend.

Savonlinna hat geschrieben:Das Einzelne und das Gesamte gleichzeitig.
Vielleicht verstehe ich Dich - manche nennen das "Ego" und "Selbst" - gemeint als einerseits "egozentrische Vereinzelung" und andererseits die Hinwendung zur ursprünglichen Natur des Menschen als Teil des Göttlichen - falls das das trifft, was Du meinst.

Savonlinna hat geschrieben:Das Jenseitige kann - rein logisch gesehen - auch nicht im Diesseits sein. Und dennoch hast Du genau das geschrieben.
Das hat Bonhoeffer so geschrieben. - Damit meint er wohl, dass das Diesseits vom Jenseits durchdrungen ist - das halte ich für nachvollziehbar. - Wenn Du eine Melone in der Mitte durchschneidest, ist die Fläche, die Du dann siehst, umfangen von der Kugel (wenn Du den Deckel wieder drauf machst).

Savonlinna hat geschrieben:Mir geht es nicht um das, was "im Christentum" - und dann auch nur in Bezug auf Wörter - möglich ist, sondern was überhaupt möglich ist.
Im Idealfall sollte das dasselbe sein.

Savonlinna hat geschrieben:Und da ist vieles möglich, was von der Logik ausgeschlossen werden würde.
Beispiel?

Savonlinna hat geschrieben: sie scheint für Dich irgendwie statisch zu sein, oder missverstehe ich das?
Das Wesen Gottes ist statisch im Sinne von unveränderlich. - Die Offenbarung des Göttlichen ist nie statisch. - Wenn man so will: Im Dasein ("Diesseits") ist das Göttliche ständig in Entwicklung - sei es im Dasein als Ganzes, sei es im Einzelnen.

Savonlinna hat geschrieben:alles, was man sich vorstellt, muss man darum vermutlich in eine Form gießen
Das wäre z.B. Denkgebäude.

Savonlinna hat geschrieben:Ich sehe mich auch nicht in der Pflicht, christliche Begrifflichkeiten zu rechtfertigen.
Das käme viel, viel später - das Problem heute ist, dass diese Begrifflichkeiten total kontaminiert sind, also in der Regel gar nicht verstanden werden.

Savonlinna hat geschrieben:Da das alles in mir aber erst wächst, was ich hier schreibe, habe ich eine große Scheu davor, es so zu formulieren, als sei es ein Glaube oder eine Überzeugung.
Sehr klug.

Savonlinna hat geschrieben:Es ist nur ein wachsendes Urvertrauen, und ich frage mich, wo das herkommt.
Man muss nicht alles wissen - wichtig ist, dass Du dieses Urvertrauen hat - nennen wir es einfach einmal "göttliche Exklave im Dasein".

Savonlinna hat geschrieben: Wir wissen ja nicht einmal, was die "Person" ist.
"Ich-bin"

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#3 Re: Festgefügte Begrifflichkeit?

Beitrag von Savonlinna » Mo 17. Nov 2014, 11:06

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Verstehe die Aussage nicht.
Der Mensch ist leicht verführt, das ihm Unbekannte am Ende seines Verständnisses als "Gott" zu bezeichnen - und das war's dann. - Und wenn's das war, hat dann wirklich Feuerbach recht, demnach "Gott" nichts anderes als eine Projektion ist - und damit sicherlich keine Person.
Dennoch ist auch die Deutung von Gott als Person eine "Projektion".

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Geht es Dir um ein Denkgebäude? Das interessiert mich eigentlich nicht.
Sicher? - Wie sonst willst Du Deine geistigen Wahrnehmungen (Du sprachst von "Urvertrauen") verbindlich fassen?
Ich will das überhaupt nicht "verbindlich" fassen. Fände es angemessener, darüber zu musizieren oder Ähnliches. Aber wenn Menschen sich verständigen wollen, benutzen sie oft Worte. Verbindliche, festgefügte Begrifflichkeiten sind nicht dasselbe wie Worte, von denen man weiß, dass sie nur versuchsweise benutzt werden.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: in Worte zu kriegen und zu schauen, ob eine Religion - mit vielleicht anderen Worten - das ausdrückt, was ich auch meine
Eigentlich meinen wir dann dasselbe - der eine sagt es persönlich, der andere versucht, dasselbe strukturiert zu sagen.
Ich dachte auch erst, wir meinten insgesamt dasselbe. Bin aber jetzt zur Zeit anderer Meinung. In dem Moment, wo das System hinzutritt, die festgefügte Begrifflichkeit, ist schon wieder der Verstand am Werk - den ich sehr liebe und viel benutze -, aber der mir nicht helfen kann - sondern mich davon abbringt - das zu verstehen, was abläuft.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Das Einzelne und das Gesamte gleichzeitig.
Vielleicht verstehe ich Dich - manche nennen das "Ego" und "Selbst" - gemeint als einerseits "egozentrische Vereinzelung" und andererseits die Hinwendung zur ursprünglichen Natur des Menschen als Teil des Göttlichen - falls das das trifft, was Du meinst.
Weiß nicht genau. Man kann etwas - oder alles - unter den verschiedensten Gesichtspunkten wahrnehmen. Das widerspricht sich nicht. Es kommt immer darauf, worauf man gerade seinen Fokus richtet.

Fängt schon damit an, dass ich eine verriegelte Klappe in einer Wand - draußen auf der Straße - als Klappe, hinter der etwas gelagert wird oder so, wahrnehme und gleichzeitig als ästhetisches Objekt, das mich berührt. Hab sowas kürzlich fotografiert, und gerade auf dem Foto hat es etwas Undurchsichtiges, Geheimnisvolles, obwohl es ursprünglich eine ganz bestimmte Funktion hat.
Fast so, als würde so ein konkretes Objekt dann im Traum auftreten und im Traum-Modus der ursprünglichen Funktion entkleidet sein und in einem neuen Bezugssystem auftreten.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Und da ist vieles möglich, was von der Logik ausgeschlossen werden würde.
Beispiel?
Nun, gerade das, was Du als "verwirrend" bezeichnet hast. Dass man etwas gleichzeitig als Person verstehen kann - selbst wenn der Begriff "Person" auch nur ein Wort mit sechs Buchstaben ist, aber dahinter steht zumindest ein "Ich-Bewusstsein" - und auch als etwas, wo die Person im normalen Sprachgebrauch nur als Begriff wahrgenommen wird, der keine Realität hat, obwohl - bei mir - das Ich-Bewusstsein immer noch vorhanden ist. Wenn einem Begriffe zerbrechen, dann blubbert alles Mögliche hoch, das einem erst mal fremd ist. Begriffe schützen natürlich auch vor dem, was zu ihnen geführt hat, ursprünglich. Manchmal scheinen sie mir überhaupt nur erfunden worden zu sein, um sich vor dem zu schützen, was einen beunruhigen könnte.
Ibsen nennt das "Lebenslüge", die er aber irgendwann akzeptiert hat als Schutz.
Mir helfen solche Lebenslügen aber nicht, weil sie im Sterben eh zusammenbrechen.

Aber was das Ich-Bewusstsein betrifft - vielleicht kann man irgendwann zu allem "ich" sagen? Vielleicht ist mit diesem "Ich bin" - das zu zitiert hast - das gemeint?

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben: sie scheint für Dich irgendwie statisch zu sein, oder missverstehe ich das?
Das Wesen Gottes ist statisch im Sinne von unveränderlich. - Die Offenbarung des Göttlichen ist nie statisch. - Wenn man so will: Im Dasein ("Diesseits") ist das Göttliche ständig in Entwicklung - sei es im Dasein als Ganzes, sei es im Einzelnen.
Dass das "Sein" und das "Werden" auch nur verschiedene Modi der Wahrnehmung sind, ist mir irgendwann mal deutlich bewusst geworden, hab das aber inzwischen wieder verloren.
Ob Du das so gemeint hast, weiß ich nicht.

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:alles, was man sich vorstellt, muss man darum vermutlich in eine Form gießen
Das wäre z.B. Denkgebäude.
Ich meinte es aber nicht als Denkgebäude. Eine Musik kann in mir Wahrnehmungen wecken, die alles andere als Denkgebäude sind, es sind nicht einmal Bilder, auch wenn sie dem ein wenig nahe kommen.

closs
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#4 Re: Festgefügte Begrifflichkeit?

Beitrag von closs » Mo 17. Nov 2014, 14:21

Savonlinna hat geschrieben:Dennoch ist auch die Deutung von Gott als Person eine "Projektio
JEDE Wahrnehmung ist Projektion - das Entscheidende ist, ob wir damit auf Wahrheit stoßen oder nicht. - Bei entsprechenden Setzungen ist es mehr als plausibel, dass etwas ist, was man sich denkt - aber dann müssen die Setzungen richtig sein, was man wiederum nie nachweisen kann. - Erkenntnis ist im Dasein immer Stückwerk.

Savonlinna hat geschrieben:Verbindliche, festgefügte Begrifflichkeiten sind nicht dasselbe wie Worte, von denen man weiß, dass sie nur versuchsweise benutzt werden.
Schon - aber wie willst zu verbindliche Begrifflichkeiten zum Ausdruck bringen, wenn nicht durch Worte?

Savonlinna hat geschrieben: ist schon wieder der Verstand am Werk - den ich sehr liebe und viel benutze -, aber der mir nicht helfen kann - sondern mich davon abbringt - das zu verstehen, was abläuft.
Verstand darf dem wahren Empfinden nicht im Weg sein - darüber könnten wir uns einig sein. - Ob Du es glaubst oder nicht: Wenn ich mit Menschen zu tun habe, die Wahrheit ausstrahlen, schalte ich die analysierende Sprache aus - sie ist dann nicht mehr nötig. - Aber das gibt es selten - denn oft genug sind Gefühls-Befindlichkeiten unwahr. - Mal so, mal so.

Savonlinna hat geschrieben:Man kann etwas - oder alles - unter den verschiedensten Gesichtspunkten wahrnehmen.
Ja. - Nach welchen Gesichtspunkten wählst Du aus? Oder wählt sich das selber aus?

Savonlinna hat geschrieben:Wenn einem Begriffe zerbrechen, dann blubbert alles Mögliche hoch, das einem erst mal fremd ist.
Gut nachvollziehbar. - Aus meiner Sicht wichtig ist, dass all das keine Ich-Veranstaltung wird, sondern der "Wahrheit" dienen soll. - Kannst Du etwas mit dem Begriff "Wahrheit" anfangen?

Savonlinna hat geschrieben:Dass das "Sein" und das "Werden" auch nur verschiedene Modi der Wahrnehmung sind, ist mir irgendwann mal deutlich bewusst geworden
Ich würde "Wahrnehmung" mehr auf das "Werden" beziehen - möglicherweise ist (unser) "Werden" eine Entwicklung zum Sein hin.

Savonlinna hat geschrieben:Eine Musik kann in mir Wahrnehmungen wecken, die alles andere als Denkgebäude sind, es sind nicht einmal Bilder, auch wenn sie dem ein wenig nahe kommen.
Heftige Zustimmung. ;)

Salome23
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#5 Re: Festgefügte Begrifflichkeit?

Beitrag von Salome23 » Mo 17. Nov 2014, 14:24

@closs
das Entscheidende ist, ob wir damit auf Wahrheit stoßen oder nicht.
Was ist "Wahrheit"?

Wenn ich mit Menschen zu tun habe, die Wahrheit ausstrahlen
:?:

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#6 Re: Festgefügte Begrifflichkeit?

Beitrag von Pluto » Mo 17. Nov 2014, 14:45

Salome23 hat geschrieben:@closs
das Entscheidende ist, ob wir damit auf Wahrheit stoßen oder nicht.
Was ist "Wahrheit"?
"Wahrheit ist Übereinstimmung des Denkens mit dem Gegenstand." [Immanuel Kant]

"Die Definition von Wahrheit hängt mit dem Wahrheitskriterium zusammen." - [William James]

Wenn man die Rahmenbedingungen nicht genau beschreiben kann, ist Wahrheit ein nach belieben definierbarer Begriff.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#7 Re: Festgefügte Begrifflichkeit?

Beitrag von Savonlinna » Mo 17. Nov 2014, 15:22

closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Man kann etwas - oder alles - unter den verschiedensten Gesichtspunkten wahrnehmen.
Ja. - Nach welchen Gesichtspunkten wählst Du aus? Oder wählt sich das selber aus?
Es kommt beides vor. Wenn irgend ein Schock eintritt, dann werde ich schlagartig in eine andere Wahrnehmungsdimension katapultiert. Oder es kann unvermittelt auf der Straße passieren, dass sich alles "entwirklicht" und man plötzlich alles ganz anders wahrnimmt.

Wenn ich aber am Schreibtisch sitze und an einem Theaterstück schreibe - wo ich darauf angewiesen bin, "Impulse" zu bekommen -, dann kann man mit der Zeit den Hebel selber herumlegen, oder besser: man weiß, wie man sich in den Zustand bringen kann, wo sich der Hebel umlegt. Es ist eine Art meditativer Zustand.


closs hat geschrieben:
Savonlinna hat geschrieben:Wenn einem Begriffe zerbrechen, dann blubbert alles Mögliche hoch, das einem erst mal fremd ist.
Gut nachvollziehbar. - Aus meiner Sicht wichtig ist, dass all das keine Ich-Veranstaltung wird, sondern der "Wahrheit" dienen soll. - Kannst Du etwas mit dem Begriff "Wahrheit" anfangen?
Vielleicht. Aber ich benutze lieber den Begriff "Richtigkeit". Wäre das auch okay?

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#8 Re: Festgefügte Begrifflichkeit?

Beitrag von closs » Mo 17. Nov 2014, 15:56

Savonlinna hat geschrieben:Aber ich benutze lieber den Begriff "Richtigkeit". Wäre das auch okay?
Im biblischen Sinne ja: Da ist das "Aufrechte", "Gerade" (natürlich im Verhältnis zu Gott) ein Synonym für Wahrheit. - Du scheinst mir jemand zu sein vom Typ: „Ein guter Mensch in seinem dunklen Drange ist sich des rechten Weges wohl bewußt.“ Johann Wolfgang von Goethe (Werk: Faust, Der Tragödie erster Teil) :)

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#9 Re: Allmacht oder Ohnmacht?

Beitrag von Pluto » Mo 17. Nov 2014, 16:00

Richtigkeit oder Wahrheit? :?:

Vielleicht entgehen mir irgendwelche Feinheiten, aber für mich sind diese beiden Begriffe Synonyme.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#10 Re: Festgefügte Begrifflichkeit?

Beitrag von Savonlinna » Mo 17. Nov 2014, 23:24

Pluto hat geschrieben:Wenn man die Rahmenbedingungen nicht genau beschreiben kann, ist Wahrheit ein nach belieben definierbarer Begriff.
Zum Teil sehe ich das auch so. Aber im Kontext der letzten posts war mir schon in etwa klar, was closs mit "Wahrheit" meinte.

Pluto hat geschrieben:Richtigkeit oder Wahrheit? :?:

Vielleicht entgehen mir irgendwelche Feinheiten, aber für mich sind diese beiden Begriffe Synonyme.
So ganz - im Kontext der letzten posts - eventuell nicht. Sie drücken unterschiedliche Akzentuierungen aus, nach meinem Ohr.

closs sprach von "wahren Empfindungen" oder "unwahren Gefühls-Befindlichkeiten".
Verstehen tu ich das, glaube ich, aber dennoch würde ich dieses Wort "wahr" wahrscheinlich nicht benutzen; vielleicht, weil ich mit dem Gegensatz "wahr"-"nicht-wahr" nicht mehr einverstanden bin.

Bei "Richtigkeit" ist es mehr auf einen Moment bezogen. Bei einer sehr wichtigen Entscheidung - die Folgen für andere hat - und der Kopf keine Lösung findet, gebe ich ihn auf, lass mich von meiner Physis führen, beobachte einfach, welche Schritte - physischer Natur - ich mache.

Nietzsche lässt seinen Zarathustra sagen - sinngemäß -, dass alle Weisheit im Leib liegt.
Aber es ist dann schon auch das Ziel, immer "richtiger und richtiger" zu werden.
Aber diese Richtigkeit ist keine objektive Wahrheit.
Goethe sagt: "Mensch, werde wesentlich!" Und das bedeutet dann schon: "Als Mensch wahr sein" - "ohne Falsch sein".

Nietzsche reagierte hochallergisch gegen alles "Falsche" am Menschen. Merkwürdig ist, dass er gerade die Christen der Falschheit bezichtigte, der Doppelzüngigkeit, der verlogenen Gefühle. Aber Jesus - Jesus war für ihn ohne Falsch gewesen. Das hat er, glaube ich, nur ein einziges Mal geschrieben (und erläutert).

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