Die Würde des Menschen ist unantastbar

Philosophisches zum Nachdenken
Novas
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#1 Die Würde des Menschen ist unantastbar

Beitrag von Novas » Mo 27. Jun 2016, 00:09

Eine wichtige Frage: was bedeutet „die Würde des Menschen ist unantastbar“, wie es in der Charta der Menschenrechte gesagt wird? Wie begründen wir diese Würde? Was ist Würde und woher kommt sie? Ich als Christ begründe diese Würde SPIRITUELL, also mit Bezug auf Gott. Kann sie auch ohne Gott begründet werden, wenn ja wie?

Novalis hat geschrieben:
seeadler hat geschrieben:Das Universum existiert nur so lange, wie ich existiere, Dies gab es weder vor mir noch wird es das nach mir geben!

Im Hinblick auf das subjektive Universum trifft das vollkommen zu. Das ist auch eine sehr wichtige Einsicht, um den unschätzbaren Wert - und die daraus entspringende Würde - des menschlichen Lebens zu begründen. Jeder Mensch ist ein geistiges Universum für sich.

darauf antwortete der glorreiche Münek:

Münek hat geschrieben:Dieses persönliche geistige, die menschliche Würde repräsentierende Universum hat NICHTS mit dem WIRKLICHEN Universum, mit der realen WELT zu tun. Man kann sich vieles und alles einbilden. Was haben aber diese Illusionen mit der Realität zu
tun? Doch erkennbar NICHTS

Jedenfalls kommt nichts Greifbares, irgendwie Nachvollziehbares - nur esoterisch-ausweichendes Glaubensgeschwafel...


Als Christ und Humanist finde ich solche Aussagen äußerst zweifelhaft und schockierend, denn die Bejahung der Würde des Menschen bildet das Fundament der Menschenrechte:

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“– Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

Schon in der Virginia Declaration of Rights von 1776, die der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika voraus ging, wurde die Würde des Menschen mit Verweis auf den Schöpfer begründet, der jeden Menschen mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt:

„Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen wurden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt wurden, worunter Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit sind.“

Auch ich begründe die Menschenrechte primär mit dem Verweis auf die jüdisch-christliche Tradition. Welche Argumente haben Atheisten? :wave:

Der Mensch mag tun und leiden, was es auch sei, er besitzt immer und unveräußerlich die göttliche Würde.

Christian Morgenstern

„Es muß doch eine gewisse Würde mit der menschlichen Natur
innig verknüpft sein, die niemand ersticken kann.“
Denis Diderot (1713 - 1784), französischer Philosoph der Aufklärung, Schriftstelle

„Zu welcher Größe wächst der schweigsame und verborgene Josef, da er schlicht die von Gott aufgetragene Sendung erfüllte. Die wahre Würde des Menschen ermißt sich nicht am Flittergold betörender Erfolge, sondern an der inneren Ordnung und am guten Willen.“
~ Johannes XXIII.
(1881 - 1963), eigentlich Angelo Giuseppe Roncalli, Papst von 1958-1963

„Jeder Mensch, egal wer er ist oder wie heruntergekommen er sein mag, erwartet instinktiv oder im Unterbewußtsein, daß man Respekt für seine Menschenwürde aufbringt.“
Fjodor Michailowitsch Dostojewskij

„Nicht das Zeitliche, sondern das Ewige
bestimmt die Würde des Menschen.“
Jean Paul

„Seiner eigenen Würde gibt Ausdruck, wer die Würde anderer Menschen respektiert.“
Richard Freiherr von Weizsäcker

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Josi
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#2 Re: Die Würde des Menschen ist unantastbar

Beitrag von Josi » Mo 27. Jun 2016, 05:22

Novalis hat geschrieben:Auch ich begründe die Menschenrechte primär mit dem Verweis auf die jüdisch-christliche Tradition. Welche Argumente haben Atheisten?
Hallo zusammen, hallo Novalis,

toll, dass Du dieses Thema im Bereich 'Philosophie' eröffnet hast, zumal sämtliche bewusst gefassten Anliegen grundsätzlich von philosophischer Natur sind, darum auch zur Annahme, dass wenn ein Gott tatsächlich existierte, auch dieser unausweichlich für eine bestimmte Philosophie einstehen muss.
Schwierig wird es allerdings, wenn man sich zur Frage der Menschenwürde auf den jüdisch konzipierten Gott zu berufen versucht - einem Gott also, der nach den jüdischen Texten des AT mehr Menschen getötet, gefoltert und sonstwie geschunden hat, als sein Gegespieler.
Denn dass auch wir Menschen neben einem angeblich existenten Gott philosophiebefähigte Lebewesen sind, haben wir - laut AT - dem Gegenspieler Gottes zu verdanken, ansonsten noch immer kein Mensch bemerken könnte, dass er bspw. nackt ist.
Letzteres eröffnete ohnehin schon immer die Frage, in wiefern Nacktheit, oder Kleiderpflicht die Würde des Menschen verletzt.

Des Weiteren gestaltet sich die Frage nach der Würde des Menschen insofern schwierig, weil seit einigen Jahrzehnten nicht nur mehr der Mensch als leidensfähiges Lebewesen im Mittelpunkt des Themas steht, daher sie als überholt aufgefasst bzw. verstanden werden sollte.

Wonach fragen wir also heutzutage in diesem Sinne tatsächlich?
Geht es dabei auch um Wahrnehmung, Empathie, Logik, individuelle sowie kollektive Intelligenz ...?

Ich selbst bediene mich überaus gerne einem recht bekannten philosophischen Denkwerkzeug, nämlich dem Ockham'schen Rasiermesser (s. Kritischer Rationalismus).
Danach gilt die Regel: Weniger ist mehr.
Plausibel auch, weil nicht einzusehen ist, warum man sich das Leben unnötig erschweren soll.
Folgen wir daher mal der Empfehlung des einstigen Philosophen und Theologen Mr. Ockham, danach man nicht mehr Bemühungen einbringen sollte, als zwinged ist, steht es auch schlecht um den Glaube an Gott, weil seine Existenz nicht nachgewiesen werden bzw. man auch die Welt ohne Gottesthesen sehr gut erklären und belegen kann.
Zwar muss nicht jeder Gottglaube zwingend unnötiges Leid verursachen, gleicht dieser Umstand aber einem hochexplosiven Pulverfass, das zu jeder Zeit hochgehen kann.
Nicht weniger, sondern sogar noch gefährlicher sind quasi-religiöse Konzepte, dessen Irrationalitäten und Gefährlichkeiten kaum bis gar nicht bemerkt und somit begriffen werden.
Und diejenigen, die darum begreifen, stehen damit meist alleine da bzw. werden gerne verspottet obendrein.
Ich selbst erlebte in einer kontroversen Auseinandersetzung, wie jemand argumentierte, dass ihm die Pflege von bspw. Fachwerkhäuser wichtiger sind, als menschliches Leid nach einem philosophischen Konzept eines amerikanischen Industriedesigners abzuschaffen.
Dieser Jemand vertritt zudem diese Haltung überaus höflich auftretend, dabei er nicht selten erwähnt, dass er Wissenschaftler sei.
Das mag im rein akademischen Sinne sicherlich so sein, aber nicht im Sinne echter Wissenschaftlichkeit.

Rundum jedenfalls meine ich als nicht 'nur', aber 'auch' Atheist, dass jeglische Form von Gewaltanwendung (Zwänge) nichts anderes, als intellektuelles versagen bedeutet, darum auch nur wenigen Ausnahmen bewusst sein kann, was der Begriff "Würde" tatsächlich bedeutet.

In folgendem Video erweisen sich mir unbekannt viele Damen und Herrn des ORF, repräsentiert vom anfänglich sprechenden Moderators, als überaus verdummbeutelte Horde, die, wenn man deren Grad an Verblödung recht bescheiden zu beklagen versucht, es genügt, wenn man annimmt, dass nur schon ein Strohhalm ungleich klüger sein muss, wird doch tatsächlich dazu aufgefordert, einer lebenswürdigen Philosophie zu misstrauen.

In diesem Sinne viel Freude mit diesem Video als auch mit den Mühen, besser über das dort Angebotene urteilen zu können.

:wave:
Wer propagiert, es sei nicht schlimm wenn Menschen - einschließlich Kinder - getötet werden, da sie bei Gott weiter leben würden, gehört selbst auf der Stelle mit der Begründung getötet: "DIES SEI AUCH DIR GEGÖNNT!!!"

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sven23
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#3 Re: Die Würde des Menschen ist unantastbar

Beitrag von sven23 » Mo 27. Jun 2016, 08:13

Novalis hat geschrieben:Eine wichtige Frage: was bedeutet „die Würde des Menschen ist unantastbar“, wie es in der Charta der Menschenrechte gesagt wird?
Auch in Artikel 1 der BRD ist die Menschenwürde festgeschrieben, sicher auch den Erfahrungen der Nazizeit geschuldet.
Traurig ist, dass sich gerade die Amerikaner von dieser Doktrin verabschieden, wenn sie Folter als ein legitimes Mittel ansehen.


Novalis hat geschrieben: Kann sie auch ohne Gott begründet werden, wenn ja wie?
Wieso soll ein Mensch ohne Gottbezug keine Würde haben? Die Vorstellung ist ja geradezu absurd.


Novalis hat geschrieben: darauf antwortete der glorreiche Münek:

Münek hat geschrieben:Dieses persönliche geistige, die menschliche Würde repräsentierende Universum hat NICHTS mit dem WIRKLICHEN Universum, mit der realen WELT zu tun. Man kann sich vieles und alles einbilden. Was haben aber diese Illusionen mit der Realität zu
tun? Doch erkennbar NICHTS

Jedenfalls kommt nichts Greifbares, irgendwie Nachvollziehbares - nur esoterisch-ausweichendes Glaubensgeschwafel...

Als Christ und Humanist finde ich solche Aussagen äußerst zweifelhaft und schockierend, denn die Bejahung der Würde des Menschen bildet das Fundament der Menschenrechte:
Moment, wo hat Münek die Würde des Menschen in Abrede gestellt? Baust du hier nicht einen Strohmann?
Die Verwirrung kommt doch daher, dass Begrifflichkeiten nicht sauber defniert werden. Seeadler meint mit Universum sein eigenes Koppkino, Münek meint doch sicher mit Universum das Weltall im astronomischen Sinn, also die Welt als Gesamtheit.


Novalis hat geschrieben: Auch ich begründe die Menschenrechte primär mit dem Verweis auf die jüdisch-christliche Tradition. Welche Argumente haben Atheisten? :wave:
Ist es nicht zynisch, 2000 Jahre christlichen Antijudaismus und Antsemitismus als gemeinsame Tradition zu bezeichnen?

Wie der deutsch-französische Soziologe und Politikwissenschaftler Alfred Grosser sagte, kommt ihm das Kotzen, wenn von christlich-jüdischer Tradition gefaselt wird.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

Novas
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#4 Re: Die Würde des Menschen ist unantastbar

Beitrag von Novas » Mo 27. Jun 2016, 20:38

sven23 hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Kann sie auch ohne Gott begründet werden, wenn ja wie?
Wieso soll ein Mensch ohne Gottbezug keine Würde haben? Die Vorstellung ist ja geradezu absurd

Wer lesen kann ist klar im Vorteil. Lese noch mal, was ich geschrieben habe: alle Menschen sind von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt, das ist die christliche Sichtweise. Das gilt auch für Sven, egal was Du glaubst oder nicht glaubst. Ich fragte mich eben, wie Atheisten die universellen Menschenrechte begründen, angeregt durch den Beitrag von Münek, der das scheinbar für „esoterisch-ausweichendes Glaubensgeschwafel“ hält. Klingt so jemand, der den Humanismus verteidigt? :| Ich habe extra Denis Diderot, diesen wichtigen Philosophen der Aufklärung, zitiert, der das ebenfalls verteidigte: „Es muß doch eine gewisse Würde mit der menschlichen Natur innig verknüpft sein, die niemand ersticken kann.“ Zwischen einem Ideal der Aufklärung, die das noch lebt und verteidigt, weil sie allgemein am Wohl, dem geistigen, materiellen und moralischen Fortschritt des Menschen interessiert ist, und einem Atheismus, der das nur noch für Glaubensgeschwafel hält, liegt jedenfalls ein wirklich himmelweiter Unterschied.

Obwohl immer wieder im Laufe der Geschichte die Würde des Menschen angegriffen und nicht geachtet wurde, gibt es diese Idee in den Menschen, sie hat allen Stürmen der Zeiten getrotzt und überdauert. Woher kommt diese Idee? Nach christlicher Auffassung ist diese Idee, als göttliches Gesetz „in die Herzen der Menschen geschrieben“ (Röm 2,14f) und selbst wenn sie dieses Gesetz missachten, das heilig, gerecht und gut ist und zum Leben führt ( Röm 7,12), ist es immer noch, wenngleich verdunkelt, in ihnen. In seiner „Kritik der praktischen Vernunft“ (Kapitel 24) schrieb Immanuel Kant die bekannten Worte: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir.“ da haben wir eigentlich beides zusammen: der bestirnte Himmel über mir und seine Gesetze wird durch die Naturwissenschaft erforscht und verstanden und das moralische Gesetz in mir durch die Religion.

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Janina
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#5 Re: Die Würde des Menschen ist unantastbar

Beitrag von Janina » Di 28. Jun 2016, 09:45

Novalis hat geschrieben:Auch ich begründe die Menschenrechte primär mit dem Verweis auf die jüdisch-christliche Tradition. Welche Argumente haben Atheisten?
Vielleicht die gleichen, wie die Herkunft der jüdisch-christlichen Tradition. Wir haben die Nächstenliebe so definiert, dass sie sich aus der Selbstliebe und anschließendem Rollentausch ergibt. Mk 12, 31 - Jesus verweist dabei nicht auf das Jenseits.
Dieser "rekursive Hedonismus" findet sich in allen Grundlagen menschlicher Ethik. Goldene Regel - Was du nicht willst was man dir tu... etc. Kant hat es kategorischen Imperativ genannt. Und der Buddhismus basiert auf der lebhaften Vorstellung dieser Rekursion. Durch die Idee der Wiedergeburt wird die Empathie, das Hineinversetzen in seine Mitgeschöpfe, real greifbar.

Novas
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#6 Re: Die Würde des Menschen ist unantastbar

Beitrag von Novas » Di 28. Jun 2016, 17:47

Janina hat geschrieben:Und der Buddhismus basiert auf der lebhaften Vorstellung dieser Rekursion. Durch die Idee der Wiedergeburt wird die Empathie, das Hineinversetzen in seine Mitgeschöpfe, real greifbar.


Dazu ein Beitrag


Wie aber versteht der Buddhismus die Würde des Menschen?

Der Wert des Lebens und seine Unantastbarkeit bilden das Herz der buddhistischen Philosophie. In einem seiner Briefe erklärt Nichiren Daishonin, dass ein einziger Tag im Leben wertvoller sei als alle Schätze des Universums. Der Wert des Menschen wird daraus abgeleitet, dass jedes individuelle Leben eine Manifestation der universellen Lebenskraft ist.

Der aus Bengalen stammende Dichter Rabindranath Tagore fand dafür folgende Worte: „Der gleiche Lebensstrom, der durch die Welt fließt, fließt Tag und Nacht in meinen Adern und tanzt im gleichen Rhythmus. Es ist das gleiche Leben, das vor Freude durch den Staub der Erde schießt und unzählige Grashalme hervorbringt und in wilde Blumenwiesen ausbricht. Das Leben durchpulst alle Zeitalter und tanzt genau in diesem Augenblick in meinen Blut.“

In Anbetracht dessen, dass im Universum mit hoher Wahrscheinlichkeit unermesslich viele Lebensformen existieren, ist ein Leben als Mensch vergleichsweise selten. Daraus lässt sich – auch buddhistisch gesehen – schließen, welche besondere Bedeutung seine Existenz hat. Nichiren bezieht sich auf das Nirvana-Sutra, wenn er sagt: „Es ist selten, als Mensch geboren zu sein. Die Zahl derer, die als Mensch geboren werden konnten, ist so klein wie die Menge Erde, die auf einem Fingernagel Platz hat.“

Was macht unser Leben als Mensch so einzigartig? Es ist die Freiheit, zu entscheiden, wie wir leben wollen und ob wir uns für das Gute einsetzen oder zerstörerischen Kräften freien Lauf lassen. Buddhistisch gesehen wurzelt die Menschenwürde letztlich in dem Gedanken, es sei im Grunde jedem möglich, seine Persönlichkeit zu vervollkommnen. Mit anderen Worten können wir uns immer wieder für eine neue und sinnvolle Lebensgestaltung, für Wachstum und Entwicklung entscheiden. Und jeder einzelne, der seine negativen Impulse nicht auslebt und seinen positiven Regungen folgt, verbessert seine eigenen Lebensbedingungen und die seiner Umgebung. Hier wird der hohe Wert des Menschenlebens deutlich und daraus speist sich auch die buddhistische Sicht der Menschenwürde. In allem Leben ist die Buddhanatur, dieser vollkommen glückliche Lebenszustand, bereits angelegt. Die Vorstellung, dass die Menschen über ein solches Potenzial verfügen, wird im Mahayana-Buddhismus besonders stark betont. Dabei besitzt jeder Einzelne auch individuelle Fähigkeiten und Prägungen, die seinem Lebenslauf oder Karma entsprechen.

Wenn ein Kind zur Welt kommt, sind diese individuellen Eigenschaften schon angelegt. Seine menschliche Würde besteht von Anfang an in einer speziellen Lebensaufgabe, die es in Zukunft erfüllen wird. Die meisten Menschen entdecken diese Berufung erst im Laufe ihres Lebens. Eltern haben in diesem Zusammenhang eine äußerst wichtige Funktion für ihre Kinder: sie sollten nicht nur die normalen kindlichen Entwicklungsschritte unterstützen, sondern auch dem einzigartigen Potenzial Raum geben, damit es sich entfalten kann. So könnte ein emotional ausgeglichenes Kind seine charakterlichen Eigenschaften zum Beispiel an einer weiterführenden Schule als Streitschlichter einsetzen. Oder es wird Klassensprecher und kümmert sich um die Belange der Klassengemeinschaft. Vielleicht reift in dieser Zeit sogar der Wunsch heran, Psychologie oder Jura zu studieren. Später wird es sich für hilfsbedürftige Menschen einsetzen. Die Realität sieht aber häufig so aus, dass die Eltern maßgeblich den Alltag der Kinder bestimmen und deren großen Lebensplan und berufliche Zukunft im Geiste schon entworfen haben. Somit findet das Kind unter Umständen nicht oder nur nach langen Umwegen zu seiner eigentlichen Lebensaufgabe.

Wie schon gesagt hat jeder von uns eine Aufgabe, die nur er allein erfüllen kann. Denn jeder hat eine einzigartige Sicht der Dinge und kann deshalb einen ganz speziellen Beitrag leisten. Dazu sagt Daisaku Ikeda: „Im Universum ist nichts ohne Sinn. Die Tatsache unserer Existenz bedeutet: Unser Leben hat einen Sinn.“Ein allgemeines Bewusstsein für die Würde aller Menschen ist ganz sicher die solideste Basis für die Menschenrechte und bringt sogleich den dringenden Wunsch hervor, diese Rechte zu beschützen.



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Entnommen: Der Schlüssel zum Glück. Prinzipien der buddhistischen Philosophie auf der Grundlage der Lehre Nichiren Daishonins, ISBN: 783937615127


Was im Grunde dem entspricht, was ich oben gesagt: habe: Jeder Mensch ist ein geistiges Universum für sich bzw. jedes individuelle Leben wird als Manifestation der universellen Lebenskraft verstanden (christlich: wir sind Kinder Gottes). Das ist allerdings auch eine SPIRITUELLE Begründung der Menschenwürde, die der christlichen Begründung sehr ähnlich ist.

Auch weil es eine metaphysische Perspektive des Lebens über das vergängliche zeitliche Dasein hinaus gibt. In der Welt wurde und wird die Würde sehr häufig angetastet und mit Füßen getreten. Wirklich unantastbar ist sie nur, wenn das menschliche Leben in einem höheren Zusammenhang gesehen wird.


Wenn wir den Islam betrachten, dann können wir mit diesen Worten aus dem Divan von Rumi veranschaulichen, was Würde bedeutet:


"Ich will ein Gleichnis prägen über diese brennende Liebe: Du bist ein Feuer, leuchtend in meinem Verborgenen"

Mit anderen Worten: durch das Dasein des Menschen offenbart sich Gott. Er ist das Feuer des Lebens, leuchtend in unsrem Inneren. Im Koran ist die letzte Sure (114) den Menschen gewidmet. Gott, der "Herr der Welten", wird näher bestimmt als "Herr der Menschen". Aller Menschen ;) (was auch einer der Gründe ist, weshalb die unmenschliche Theologie der Islamisten abwegig ist)

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Janina
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#7 Re: Die Würde des Menschen ist unantastbar

Beitrag von Janina » Mi 29. Jun 2016, 09:35

Nichiren hat geschrieben:Es ist selten, als Mensch geboren zu sein. Die Zahl derer, die als Mensch geboren werden konnten, ist so klein wie die Menge Erde, die auf einem Fingernagel Platz hat.
Intuitiv verwechseln wir Wert häufig mit Seltenheit. Ok, Angebot und Nachfrage regeln den Preis, aber dieser Preis und der Wert müssen nicht dasselbe sein. Wir messen dem Menschen einen Wert zu, weil wir alle von Gott geliebt werden. Die Erklärung der Menschenrechte, die dem Menschen eine Würde zuspricht, entstammt nicht einer Religion, sondern der schlechten Erfahrung der Weltkriege, und kommt letztlich doch zum gleichen Ergebnis. (Dieses ist für mich ja immer ein gutes Zeichen, auf dem richtigen Weg zu sein.)
Würde ist nicht einfach der Konjunktiv von Werden, sondern das Recht auf Respekt.

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#8 Re: Die Würde des Menschen ist unantastbar

Beitrag von Novas » Mi 29. Jun 2016, 13:23

Janina hat geschrieben: Die Erklärung der Menschenrechte, die dem Menschen eine Würde zuspricht, entstammt nicht einer Religion, sondern der schlechten Erfahrung der Weltkriege, und kommt letztlich doch zum gleichen Ergebnis

Ich denke, dass die Würde des Menschen eine spirituelle Begründung benötigt. Denn im weltlichen Geschehen wurde und wird die "unantastbare" Würde sehr häufig angetastet. Ist es nicht gerade die Religion, die trotz der dagegen sprechenden Fakten eine solche Würde begründen kann, weil sie eine überzeitlich Perspektive einbezieht?

Aus dem Gespräch des WDR mit Eugen Drewermann "Gott lebt in den Beziehungen der Menschen" wird das sehr gut gesagt:

"Wenn jemand in diesem Glauben lebt, dass unser Leben, unsere Würde, unsere Person, unsere Wahrheit einzig bei Gott steht (...), dann wird dieser Glaube niemals tot zu kriegen sein." Darin gleichten wir Menschen Jesus, da unsere Person ebenfalls "ganz und gar in der Ewigkeit Gottes steht".

Ostern bedeute, "zu glauben, gegen alle Widerstände." Ob das Grab leer sei oder voll, sei nicht die Frage der Botschaft, sagt Drewermann. "Das Leben ist die Botschaft, und nicht zu suchen auf den Friedhöfen."

http://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen ... n-100.html
Zuletzt geändert von Novas am Mi 29. Jun 2016, 13:47, insgesamt 1-mal geändert.

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Janina
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#9 Re: Die Würde des Menschen ist unantastbar

Beitrag von Janina » Mi 29. Jun 2016, 13:47

Novalis hat geschrieben:Ich denke, dass die Würde des Menschen eine spirituelle Begründung benötigt. Denn im weltlichen Geschehen wurde und wird die "unantastbare" Würde sehr häufig angetastet.
Wurde, wird - ja. Soll aber nicht. Ist bei religiösem Geschehen ja auch nicht anders.
Rein mathematisch-logisch gedacht: Wenn die Menschenwürde spirituell begründet wird oder werden kann, bedeutet das nicht, dass es nicht auch weltlich geht.
Wenn es sowohl spirituell als auch weltlich geht, spricht das für das Ergebnis.

Novas
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#10 Re: Die Würde des Menschen ist unantastbar

Beitrag von Novas » Mi 29. Jun 2016, 14:02

Janina hat geschrieben:Rein mathematisch-logisch gedacht: Wenn die Menschenwürde spirituell begründet wird oder werden kann, bedeutet das nicht, dass es nicht auch weltlich geht

Also meine mathematisch-logische Denkweise scheitert an Auschwitz und ähnlichen Ereignissen.
Zuletzt geändert von Novas am Mi 29. Jun 2016, 15:09, insgesamt 1-mal geändert.

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