Was versteht man unter Weisheit?

Philosophisches zum Nachdenken
Novas
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#81 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Novas » Do 20. Okt 2016, 19:27

erbreich hat geschrieben:
In diesem Kontext musst du, lieber @erbreich, meine Haltung, meine Worte einreihen und beurteilen. Ich kann nicht anders, denn es ist auch meine tiefste Überzeugung. Und deshalb kann ich auch keinen Buddhisten verurteilen, verdammen etc., auch wenn viele nur-gesetzestreue Christen dazu neigen mögen, denn ich sehe in jedem Menschen Jesus Christus, der ihn in und durch Liebe geschaffen.
Das ist schön und eine gute Herangehensweise. Sie erinnert mich an die Haltung Mutter Theresas, deren Tagebücher ich kürzlich gelesen habe

Auch sehr nennenswert und wenig bekannt ist Madeleine Delbrêl. Ich empfehle Dir das Buch „Deine Augen in unseren Augen. Die Mystik der Leute von der Straße“, erschienen im Verlag neue Stadt. In ihrer Jugend war sie überzeugte Atheistin, doch durch eine tiefe Lebenskrise und der Begegnung mit jungen Christinnen und Christen hat sich alles verändert. Sie beschrieb das als einen Übergang vom Tod zum Leben. „Ich habe geglaubt, dass Gott mich gefunden hat“. Interessant ist an ihr auch, dass sie zusammen mit ihren Gefährten mitten unter den Menschen des kommunistischen Arbeitermilieus in Ivry lebte, einer Stadt in der Bannmeile von Paris.

Interessant an ihr ist, dass sie bereits vor 50 Jahren das vorweg genommen hat, was Papst Franziskus heute in seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“ zum Ausdruck bringt. Sie ist wirklich an die Ränder, die Peripherie der Gesellschaft gegangen und hat ihr Leben mit den Armen geteilt. Die radikale Konzentration des christlichen Glaubens finden wir in der untrennbaren Einheit von Gottesliebe und Nächstenliebe. Die Realität des Glaubens ist für sie etwas, dass "nur im Leben des Menschen, der wir sind, lebbar ist; des Mnschen, der von Gott geschaffen ist, der in Bewegung ist, der sich immer weiterentwickelt und der sich verändert."

Und die Realität des Glaubens ist eben auch etwas, was nur in der persönlichen Begegnung Sinn ergibt. Als bloße Theorie ist es hinfällig, doch in der Begegnung manifestiert es sich als Wahrheit. Das ist auch meine Antwort auf die Themenfrage: Wissen kann reines Kopfwissen sein, doch Weisheit ist das, was man lebt. :wave:

2Lena
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#82 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von 2Lena » Do 20. Okt 2016, 20:18

Novalis hat geschrieben:Wissen kann reines Kopfwissen sein, doch Weisheit ist das, was man lebt.
Was nicht immer so klappt wie man / frau das meint ...
Worauf dann schließlich die Erkenntnis kommt: Wissen muss her!

Pluto
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#83 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Pluto » Do 20. Okt 2016, 20:23

2Lena hat geschrieben:Worauf dann schließlich die Erkenntnis kommt: Wissen muss her!
Das stimmt!
Ohne Wissen kann es keine Weisheit geben.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Novas
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#84 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Novas » Do 20. Okt 2016, 20:28

2Lena hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Wissen kann reines Kopfwissen sein, doch Weisheit ist das, was man lebt.
Was nicht immer so klappt wie man / frau das meint ...
Worauf dann schließlich die Erkenntnis kommt: Wissen muss her!

Christsein ist tiefstes existenzielles Wissen. Das Wissen, dass ich Abbas geliebtes Kind bin und dieses Wissen verändert alles ;) welches wissen könnte wichtiger sein?

Bildung ohne Werte, so nützlich sie ist, scheint den Menschen mehr zu einem schlauen Teufel zu machen.
Clive Staples Lewis

Novas
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#85 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Novas » Do 20. Okt 2016, 20:38

Pluto hat geschrieben:
2Lena hat geschrieben:Worauf dann schließlich die Erkenntnis kommt: Wissen muss her!
Das stimmt!
Ohne Wissen kann es keine Weisheit geben.

Was wir wissen, ist ein Tropfen, was wir nicht wissen, ist ein Ozean. Weisheit ist, wenn Du trotzdem weißt, wie man schwimmt und das Segelboot navigiert. Außerdem empfiehlt es sich einen guten Draht nach oben zu haben und der inneren Stimme glauben zu schenken, die uns führt und leitet, das wissen alle Matrosen, Entdecker und Kapitäne.

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#86 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von 2Lena » Fr 21. Okt 2016, 08:22

Das ist ungefähr so:
Im Prinzip ist das "Schulwissen" schon ganz gut, denn es erspart jedem umständliche Erfahrungen. Es hebt für alle den Level hoch. Man kann kaum so etwas erwarten wie z. B. mit dem Wörterbuch unter dem Kopfkissen eine Sprache zu erlernen. Das klappt meistens nicht! Was hingegen zuweilen geht: Bei großem Interesse an einem Land oder einer Sprache beginnt die Seele Kontakt aufzunehmen. Die Sehnsucht lässt sie Wege finden. Es begegnen dem Menschen dann Muttersprachler. So ein wirklich Lernender träumt auch von dem Land und wundert sich sogar vielleicht, dass seine Bilder mit Filmen übereinstimmen. Kurz und gut, es gibt unterschiedlichste Arten von "Lernen". Und, schließlich ist eine Entwicklung oft genug aus der Not geboren, wo freiwillig kein Hinterntreten ging.

erbreich
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#87 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von erbreich » Fr 21. Okt 2016, 09:52

Es macht meines Erachtens wenig Sinn, in eine Diskussion abzudriften, die darauf hinausläuft, dass die Christen unter uns den Christus über alles setzen und die Buddhisten den Buddha. Dass für einen Christen Jesus eben der Christus ist und für einen Buddhisten Buddha eben der Buddha und dass für beide ihr Meister (oder Herr) der Weg zur Erlösung ist, das ist klar. Weniger klar scheint mir zu sein, wie wir Worte, Begriffe verstehen. Ich versuche hier (wieder einmal) eine Brücke zu bauen:

In der Bibel lese ich, dass das Reich Gottes nicht in Worten bestehe, sondern in Kraft (1.Kor 4,20) und dass der Buchstabe töte, der Geist aber lebendig mache (2.Kor 3,6). Wo Buchstaben und Worte nicht überstiegen werden, da finden sich weder Geist noch Kraft. Da findet sich statt Lebendiges Totes und das Reich Gottes bleibt ausser Sichtweite. Entsprechend lese ich im Palikanon (Khuddaka-Nikaya; Übers.Fryba):

Die Wesen, die nur terminologisch wahrnehmen, die ihren Standort nur in der Terminologie haben und erlebnismässig die Terminologie nicht durchdringen, gehen unter dem Joch des Todes. Mit der Terminologie zwar ausgestattet, auf dem Wahrheitspfade bedient er sich der Benennung, doch geht er nicht mehr in Benennbarkeit ein – der Weise.

Für ein Gespräch zwischen Menschen ist es unabdingbar, dass wir das Reich Gottes und Nibbana – beides Benennungen für das Zeitlose (und damit Leid- und Todlose) gegenüber dem Zeitlichen (und damit Leid- und Todunterworfene) und Gott und Christus und Buddha – Benennungen, Namengebungen für das zeitlose gegenüber dem zeitlichen Wesen – durch diese Benennungen definieren. Wenn wir aber die Benennungen zum Absolutum erheben und schliesslich die Liebe und das Mitempfinden vergessen und in diesem Namen lieblos miteinander umgehen (sprachlich, emotionell und tätlich – bis hin zu Mord und Krieg), dann gehen wir tatsächlich unter dem Joch des Todes.

In 1. Mose 2,20 wird beschrieben, dass der Mensch beginnt Namen zu geben (und das hält bis heute an). Es ist der Mensch, der den Wesen und Dingen seines Erlebensraumes Namen gibt. Und so ist es klar, dass Menschen verschiedener Regionen und Kulturen eben auch auf verschiedene Namen (und Symbole) gekommen sind und weiterhin kommen. Im Palikanon (Abhidhammattha-Sangaha §210-211) lese ich folgendes:

Das aber, was im Sinne des ‚Bekanntmachenden’ als Begriff gilt, das wird erklärt durch solche Bezeichnungen wie Name, Namengebung usw. Der Begriff, der, aufgrund des Wortgeräusches im Hörbewusstseinsprozess entstanden, das Objekt des unmittelbar darauf aufsteigenden Geistbewusstseins bildet, durch das die Bedeutung desselben erkannt wird, dieser Begriff muss betrachtet werden als durch Übereinkunft der Menschen festgelegt.

Wir erleben und benennen (erkennen) unser Erleben. Das Erleben und die Benennung (Erkenntnis) sind aber – obwohl untrennbar, denn ohne Erleben gibt es kein Erkennen und ohne Erkennen kein (bewusstes) Erleben – zwei verschiedene Dinge. Der Buddhismus unterscheidet dies als nama-rupa, als Name (Erkennen) und Form (des Erlebens).

Es liegt an uns, ob und inwieweit wir willens und fähig sind, übereinzukommen in der Namengebung und in der Verwendung der Begriffe. Es mag wohl ein Absolutes geben, die Namen mit denen wir es benennen dürfen aber diesem nicht gleichgesetzt werden, sie sind und bleiben relativ. Und so ergeht es auch diesem Post hier: Es wird LeserInnen geben, die mit den Äusserungen übereinstimmen und andere, die dies nicht tun.

Das wahre Leben liegt in der Kraft des Geistes, nicht im Buchstaben und nicht im Wort.

Gruss, erbreich

Hemul
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#88 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Hemul » Fr 21. Okt 2016, 10:30

Erbreich hat geschrieben:Das wahre Leben liegt in der Kraft des Geistes, nicht im Buchstaben und nicht im Wort.
......sondern an der Tat. Das wahre Leben offenbart über kurz oder lang wessen Geistes Kind eine Person oder Glaubensgemeinschaft wirklich ist. Gem. Jesu Worte in der Bergpredigt in Matthäus 7:16-20 sagt er über das Erkennungszeichen eines Christen folgendes:
16 An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Sammelt man auch Trauben von Dornen, oder Feigen von Disteln? 17 So bringt jeder gute Baum gute Früchte, der schlechte Baum aber bringt schlechte Früchte. 18 Ein guter Baum kann keine schlechten Früchte bringen, und ein schlechter Baum kann keine guten Früchte bringen. 19 Jeder Baum, der keine gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. 20 Darum werdet ihr sie an ihren Früchten erkennen.

Gibt es im Buddhismus auch Erkennungszeichen die ein echter Buddhisten ausmachen? :roll:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

Pluto
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#89 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Pluto » Fr 21. Okt 2016, 12:26

Hemul hat geschrieben:
Sammelt man auch Trauben von Dornen, oder Feigen von Disteln?
Das nicht... aber Brennnesseln machen einen herrlichen Tee. :D

17 So bringt jeder gute Baum gute Früchte, der schlechte Baum aber bringt schlechte Früchte.
Einspruch!
Es gibt keine schlechten Früchte, sondern nur solche die für den Menschen ungenießbar sind.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

Hemul
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#90 Re: Was versteht man unter Weisheit?

Beitrag von Hemul » Fr 21. Okt 2016, 13:58

17 So bringt jeder gute Baum gute Früchte, der schlechte Baum aber bringt schlechte Früchte.
Pluto hat geschrieben: Einspruch!
Es gibt keine schlechten Früchte, sondern nur solche die für den Menschen ungenießbar sind.
Und was möchtest du damit beweisen? :roll: Hier Jesu Aussage in einer anderen Übersetzung:
17 So bringt jeder gute Baum gute Früchte, aber der faule Baum bringt schlechte Früchte. 18 Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen, noch kann ein fauler Baum gute Früchte bringen.
Faule Bäume bringen schlechte faule für den Menschen ungenießbare Früchte hervor. Klein mickrig und faulig. Möchtest du da etwa hineinbeißen? :roll:
denn die Waffen, mit denen wir kämpfen, sind nicht fleischlicher Art, sondern starke Gotteswaffen zur Zerstörung von Bollwerken: wir zerstören mit ihnen klug ausgedachte Anschläge (2.Korinther 10:4)

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