Die Apotheose (Gottwerdung) des Menschen?

Philosophisches zum Nachdenken
Rembremerding
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#11 Re: Die Apotheose (Gottwerdung) des Menschen?

Beitrag von Rembremerding » Sa 25. Nov 2017, 20:12

Wenn man am Abgrund steht, kann ein Fort-Schritt zum fort sein führen.
Verantwortungsvoller und "guter" Fortschritt kann überblicken, damit der Fortschritt weiterführt, in die Weite führt.
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Novas
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#12 Re: Die Apotheose (Gottwerdung) des Menschen?

Beitrag von Novas » Sa 25. Nov 2017, 20:14

Rembremerding hat geschrieben:Wenn man am Abgrund steht, kann ein Fort-Schritt zum fort sein führen.
Verantwortungsvoller und "guter" Fortschritt kann überblicken, damit der Fortschritt weiterführt, in die Weite führt.

Sehr gut gesagt. Das klingt nach einem geflügelten Wort :engel:

Catholic hat geschrieben:Wirklich fortschrittlich zu sein heisst eben nicht alles,was umsetzbar ist auch auf jeden Fall umzusetze

Manche sprechen in diesem Zusammen berechtigt vom “Machbarkeitswahn”, der sich so deutlich in Merkels Satz „Wir schaffen das“ manifestiert :D Was die Religion angeht, so beobachten wir derzeit nicht das Verschwinden der Religion, wie sich das manche Brights wünschen, sondern viel mehr die machtvolle Rückkehr der Religionen ins Bewusstsein der Menschen, zeitgleich und weltweit, was ich für ein sehr interessantes Phänomen halte, weil es eine ernstzunehmende spirituelle Gegenbewegung zu einem einseitigen technokratischen Rationalismus und damit verbundenen Menschen- und Weltbild darstellt.

Materieller Fortschritt ist gut, aber die Seele ist auch wichtig. Der Mensch lebt nicht vom Brot, Handy und Computer allein.

Was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber seine Seele Schaden nimmt? (Matthäus 8:36)

Diese Frage von Jesus passt sehr gut in unsre heutige Zeit. Ich vermute, dass wir in der nahen Zukunft eine Renaissance von Religion und Spiritualität erleben werden. Der “Frontverlauf” ist dabei so, dass sich Religion heute zwischen Fundamentalismus und Fortschritt bewegt. Auf der einen Seite all jene, die den “Kampf der Kulturen” und den fundamentalistischen Glaubenskampf propagieren, auf der anderen Seite die wachsende Tendenz in Richtung eines spirituellen Pluralismus, der einzelne Mensch wird in gewisser Weise zu seinem eigenen “Religionskomponisten”. Das sind die Pioniere des interspirituellen Zeitalters, wie es von manchen genannt wird.

Ich zitiere von der Webseite eines Sufi-Ordens (islamische Mystiker, Vertreter der NaqschbandÄ«ya um genau zu sein, einer der größten und einflussreichsten Sufi-Orden der auf Baha-ud-Din Naqschband zurück geht):

“Das interspirituelle Zeitalter steht im Zusammenhang mit unserem erwachenden Sinn für eine allseitige Verbundenheit, der tief in dem Bewusstsein der Einheit, der wir alle angehören, seinen Ursprung hat. Dieses Wissen von der Einheit allen Seins, von dieser göttlichen Einheit, die uns allen gemeinsam ist, war den Mystikern und spirituell Praktizierenden seit jeher vertraut, aber jetzt beginnt es sich im kollektiven Bewusstsein der Menschheit herauszubilden. Wir bewegen uns von einer Ära der Aufspaltung in eine Ära der Einheit, zu dem Bewusstwerden der Einheit und des „Interseins", des Miteinander-Verwobenseins aller Schöpfung”

Goldensufi.org: Einheit und Spirituelle Ökologie (von Llewellyn Vaughan-Lee)

Das ist ein sehr deutlicher Hinweis auf ein neues Bewusstsein, welches die universale Einheit der Menschheit in den Blick nimmt und veraltete Denkmuster hinter sich lässt: von einer Ära der Aufspaltung zu einer Ära der Einheit. Die Kirche der Zukunft wird davon nicht unberührt bleiben. Ich glaube, dass sie eine entscheidende Schlüsselrolle spielen wird, womit sich das Wort von Jesus erfüllen wird:

Dann sagte er zu ihnen: Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung! (Mk 16,15-16; EU)

Bei mir hat die Beschäftigung mit anderen Religionen dazu geführt, dass ich mir die eigene christliche Tradition neu angeeignet habe, wie den Weg der christlichen Mystik.

Die Wege christlicher Mystik gewinnen an Anziehungskraft. Sie machen Christen und Nichtchristen neugierig und berühren etwas Wesentliches in ihnen. Eine wachsende Zahl von Menschen, die sich auf einen spirituellen Weg machen, sind auf der Suche nach einer Möglichkeit, diese Suche mit ihrem modernen Weltbild in Einklang zu bringen. Dieses Buch bietet eine Standortbestimmung wie auch einen Blick auf die möglichen Zukunftswege christlicher Mystik bzw. integraler Spiritualität, sowie auf die spirituellen Wege Asiens, die die Integrale Spiritualität mitprägen und starke Impulse im interreligiösen Dialog setzen. Mit Beiträgen von Christian Rutishauser, Marion Küstenmacher, Sebastian Painadath uvm.
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Novas
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#13 Re: Die Apotheose (Gottwerdung) des Menschen?

Beitrag von Novas » Sa 25. Nov 2017, 22:16

SamuelB hat geschrieben:Bevor man die Frage beantwortet, ob der Mensch zwischenzeitlich Gott geworden ist oder noch im Werden begriffen ist, sollte man sinnigerweise klären, was man unter 'Gott' versteht. Welche Eigenschaften muss so ein Wesen erfüllen? Da klaffen die Meinungen zweifellos weit auseinander. Mir gegenüber äußerte bspw mal einer, Gott müsse auf jeden Fall allmächtig sein, sonst würde er den nicht anerkennen. Darauf lege ich jetzt nicht so Wert...

Eine weit führende Frage. Die Mystik kennt das Tropfen-Meer-Gleichnis: der Mensch ist demnach wie ein Tropfen im Meer Gottes. Mehdi Rahzvi sagte: Wir sind in der Tat nur ein Wassertropfen, der im Meer Gottes verschwindet. das beschreibt sehr gut das Größenverhältnis :D der Mensch ist im Vergleich zum Absoluten ein reines Nichts und doch steht er zu ihm in Beziehung, wodurch das Menschsein einen unermesslichen Wert besitzt. Der Wassertropfen ist die Miniatur-Version des ganzen Meeres. Die Gottebenbildlichkeit (hebräisch צֶלֶם אֱלֹהִים, tzäläm elohim; griechisch εἰκὼν τοῦ θεοῦ, eikōn tou theou und lateinisch imago dei)

Beide sind zwar eins, aber doch nicht dasselbe. Alle großen Mystiker betonen das und wer bin ich, ihnen da zu widersprechen? Gott und Mensch sind „unvermischt und ungetrennt“ wie es im Konzil von Chalzedon (451) heißt. Liebe ist immer Einheit in Verschiedenheit. Wenn Gott Liebe ist, dann werden wir ihm immer ähnlicher, je mehr wir unser spirituelles Potential leben, aber wir sind niemals fertig damit. So können wir sagen, dass das Ziel des Menschseins zwar seine Vergöttlichung ist, wie es die orthodoxe christliche Lehre sagt, aber wir sind niemals fertig, wir gehen von Herrlichkeit zu Herrlichkeit.

Der Mensch wird nicht Gott. Er ist mit Gott eins. Er ist nicht Gott gleich, aber mit Gott eins. So wie Liebende eins sind. Im Neuen Testament lesen wir: „Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm“ (1. Joh. 4,16b) in beiden Religionen (Christentum und Islam) treffen wir auf eine Liebesmystik bis zum Ichaustausch zwischen Gott und mir. Der Sufi Ahmad Gazzali schreibt: „Der Geliebte sprach zum Liebenden: komm, werde ich“ Paulus äußert sich im Galaterbrief ganz ähnlich: „Ich lebe, doch nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,20) Der Sufi Rumi schreibt: „In Gottes Gegenwart passen keine zwei Ich. Du sagst Ich und Er sagt Ich“

~ Horst Georg Pöhlmann



Im Hinblick auf Jesus Christus können wir sagen: wahre Vergöttlichung des Menschen besteht in seiner zunehmenden Menschwerdung, die ein unendlicher Prozess ist. Unsre Aufgabe ist es nicht Übermenschen, sondern Menschen zu werden und das Schöne und Beste daran ist: es gibt keinen Endpunkt der Entwicklung.

„Wir alle aber stehen mit unverhülltem Gesicht vor Gott und spiegeln seine Herrlichkeit wider. Der Herr verändert uns durch seinen Geist, damit wir ihm immer ähnlicher werden und immer mehr Anteil an seiner Herrlichkeit bekommen.“

~ 2.Korinther 3,18

An diesen Worten der heiligen Schrift können wir sehen, dass das Christentum keineswegs fortschrittsfeindlich ist, aber es will insbesondere den spirituellen inneren Fortschritt des Menschen, was für Christen bedeutet Christus ähnlich zu werden: Uns Christus ähnlich zu machen, ist das Werk Gottes und er wird dies bis zum Ende vollenden (Philipper 1,6), dadurch gelangen wir zum wahren Leben, „ein Leben in Fülle“. Der wissenschaftlich-technologische Fortschritt ist kein Ersatz für eine wirkliche, spirituelle Evolution.

Allerdings scheint Pluto davon auszugehen, dass ein “Supermensch” soetwas nicht mehr nötig hat. Doch egal wohin sich der Mensch entwickelt: er ist eine lebendige spirituelle Seele und darum gehört Spiritualität zu seinem Menschsein. Sobald ein Wesen intelligent genug ist, fragt es nach der höchsten Ursache aller Ursache, den Sinn seiner Existenz und bricht durch in eine spirituell-transzendente Dimension des Verstehens.

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#14 Re: Die Apotheose (Gottwerdung) des Menschen?

Beitrag von Novas » So 26. Nov 2017, 01:32

Pluto hat geschrieben:Das ist angesichts der bevorstehenden Veränderungen zu wenig. Wenn die Wissenschaft in der Lage ist einen Supermenschen erfolgreich zu erschaffen, was nützt dann die Vervollkommnung des Charakters?

Eine wichtige Frage, die sich sofort stellt, ist, ob die transhumanistische Bewegung einen Teil ihrer Ursprünge in einigen der dunkleren Ideologien der Vergangenheit hat? Ich will das nicht pauschal unterstellen, aber es macht Sinn: die nationalsozialistische und kommunistische Bewegung wollten einen Übermenschen oder Homo novus (lateinisch neuer Mensch) schaffen. Richard L. Rubinstein hat mal darauf hingewiesen, dass die Nazis daran glaubten die nächste Phase der menschlichen Evolution einzuleiten, sie haben sich als sehr moderne und fortschrittliche Bewegung verstanden :) die Idee vom Übermenschen als Utopie und als Verwirklichung des Dionysischen findet sich wohl zuerst bei Nietzsche:

Ich lehre euch den Übermenschen. Der Mensch ist etwas, das überwunden werden soll. […] Alle Wesen bisher schufen etwas über sich hinaus: Und ihr wollt die Ebbe dieser großen Flut sein und lieber noch zum Thiere zurückgehen, als den Menschen überwinden? […] Ich beschwöre euch, meine Brüder, bleibt der Erde treu und glaubt denen nicht, welche euch von überirdischen Hoffnungen reden! Giftmischer sind es, ob sie es wissen oder nicht.

~ Friedrich Nietzsche. Also sprach Zarathustra. Ein Buch für alle und keinen, Frankfurt a. M. (Fischer) 31977 (11967), S.14

Der Nationalsozialismus verstand sich als evolutionäre Speerspitze aller menschlichen Entwicklung. Was unterscheidet eigentlich deinen Supermenschen von der „Herrenrasse“?

Was in der Bibel steht, wäre dann hinfällig.
Ewige spirituelle Wahrheiten verändern sich nicht.

Glaubst du, wenn morgen die Erde in Schutt und Asche gelegt würde, sei es durch einen nuklearen Krieg, oder eine Umweltkatastrophe, das würde das Universum interessieren?

Das Universum wohl nicht, aber die Höchste Persönlichkeit Gottes, welche der transzendente Ursprung der materiellen Welt ist. Wie Dir sicher schon aufgefallen ist, bin ich davon überzeugt, dass die Welt der Materie nicht alles ist und es noch sehr viel mehr gibt. Ich bin also ein Transzendentalist ;)
Zuletzt geändert von Novas am So 26. Nov 2017, 02:02, insgesamt 4-mal geändert.

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#15 Re: Die Apotheose (Gottwerdung) des Menschen?

Beitrag von Christian41285 » So 26. Nov 2017, 01:41

Wissenschaft und Religion sind vereinbar denn sie Coexistieren nebeneinander und irgendwie ,, MUSS,, das doch

miteinander verbunden sein..

LG Christian

Novas
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#16 Re: Die Apotheose (Gottwerdung) des Menschen?

Beitrag von Novas » So 26. Nov 2017, 02:20

Pluto hat geschrieben:
Novalis hat geschrieben:Ist es nicht absurd, wenn man einerseits vom “Supermenschen” träumt, aber andererseits solche Unmenschlichkeit zu beobachten ist? Bevor man versucht den Supermenschen zu erschaffen, sollten wir erst mal ganz und gar Mensch werden; und bevor man von Weltraumkolonisierung träumt, sollte man erst mal die Vereinigung der Menschheit und Frieden auf Erden herbeiführen. Wenn wir das geschafft haben, können wir den nächsten Schritt wagen.
Warum sollte die Vorstellung eines Supermenschen (ein geglücktes Frankenstein-Experiment) absurd sein? Ethikkommissionen rund um die Welt befassen sich mit dieser sehr realen Bedrohung der Menschheit. Bisher konnten sie nur mit Verboten antworten, aber ist das der richtige Weg?

Selbst wenn es einen solchen Supermenschen geben sollte: Gott, der Ursprung von allem, aller Universen und aller Lebewesen, das höchste bewusste Wesen, ist und bleibt ihm übergeordnet :P

Psalm 92. Aber du, HERR, bist der Höchste und bleibst ewiglich. 

Absurd daran ist, dass Transhumanisten von der Abschaffung der Menschheit träumen, was sie selbst und ihre eigenen Nachkommen beinhaltet. Das sind wirklich große Humanisten. Ich denke, dass es eine reale Gefahr für die Menschheit geben könnte, wenn eine langlebige und zunehmend nicht-empathische Cyborg-Elite die Macht übernehmen würde. Insbesondere wenn diese Cyborg-Elite feststellen sollte, dass sie den Rest der Menschheit nicht mehr gebrauchen kann und sie ihnen den Platz stehlen. Diese Zukunftsvision geht also in eine sehr fragwürdige Richtung.

Das sage ich als Science-Fiction Fan. An positiven und menschenfreundlichen Zukunftsvisionen bin ich sehr interessiert, aber findest Du das wirklich positiv und menschenfreundlich? Christopher Coenen, Politologe beim “Karlsruher Institut für Technologie” hat auf die Problematik hingewiesen:

“Hinsichtlich der weltanschaulichen Fragen, ist es im Grunde genommen eine Abwertung des Lebens. Es ist im Grunde die Annahme, dass wir gottgleich etwas Neues schaffen, was dem überlegen ist, was eigentlich nicht mehr lebendig ist. Es wird uns da höchstwahrscheinlich etwas sehr Fremdes gegenübertreten. ”

~ Transhumanismus - Mensch 2.0 - Quarks & Co



Google versucht schon sehr angestrengt Maschinen mit menschenähnlicher Intelligenz zu erschaffen. Ray Kurzweil sagte, dass die Menschen im Jahr 2030 hybride, mit der Cloud verbundene Gehirne haben werden. Es gibt eine transhumanistische Bewegung, deren Anhänger davon träumen sich in Cyborgs zu verwandeln, um dadurch den Tod zu überlisten, “Götter” zu werden, übermenschliche Fähigkeiten zu erlangen und ewig zu leben. Der Transhumanismus ist somit eine säkulare Heilslehre und Erlösungsphilosophie, ein säkularer Religionsersatz (Ersatzreligion), auch wenn die Anhänger lieber von einer Immortalitäts-Technosophie oder dem Neuen Humanismus sprechen, weil sie das nicht zugeben wollen.

Das Menschenbild des Transhumanismus (TH) stützt sich auf eine naturwissenschaftlich geprägte und auf Vernunft gegründete Definition von Homo sapiens2 mit dem ausdrücklichen Anliegen, den anatomischen Status Quo mit Hilfe von Wissenschaft und Technik verbessern zu wollen. Religiöse und esoterische Einflüsse lehnt der TH ab. Der Transhumanismus ist also keine neue Heilslehre oder Erlösungsphilosophie, sondern eine junge, säkulare Immortalitäts-Technosophie. Ihr visionärer Ideenfluss wird aus naturwissenschaftlichen Quellen und deren technischen Anwendungen gespeist.

Nein, natürlich auf keinen Fall religiös :D die Transhumanisten sollten wenigstens so ehrlich sein und es zugeben, dass sie nach einem säkularen Weg der Erlösung des Menschen suchen. Gerhard Schurz ist da deutlich klarer und spricht offen von einer säkularen Religion, welche die spirituellen Weltanschauungen der großen Weltreligionen ersetzen sollen:

Nach Gerhard Schurz´ Erkenntnis, dessen Aufsatz, „Das Janusgesicht der Religion“, denselben Grundgedanken verfolgt, besteht ein wesentlicher Vorteil der Religion darin, dass diese, indem sie den Menschen positive Illusionen und einen Lebenssinn gibt, einen die Psyche des Menschen stärkenden „Placeboeffekt“ ausübe. Aufgrund der negativen Auswirkungen von Religion gilt es für Schurz dennoch, diese zu überwinden - wobei „säkularisierte Religionen“ den damit verbundenen Verlust des Placeboeffektes wieder ausgleichen könnten. Die Antwort darauf, worauf „säkularisierte Religionen“ sich konkret begründen bzw. woran sich ihre Anhänger orientieren könnten, lässt Schurz allerdings leider offen.
„Der neue Humanismus“ – Menschenbild

Schurz hat es zwar nicht ausgesprochen, aber ich übernehme gerne die Aufgabe und denke seinen Gedankengang zu Ende: der Transhumanismus ist diese „säkularisierte Religion“, eine echte technosophische Mystik von und für Materialisten, sehr gut kompatibel mit dem atheistischen Katechismus. Für mich ist das allerdings relativ überflüssig und zu wenig, da ich bereits davon ausgehe, dass ich eine ewige spirituelle Seele bin. :thumbup: Die “Unerlöstheit des Menschen”, seine Erlösungsbedürftigkeit, gibt es aus spiritueller Sicht nur aufgrund der Verstrickungen der Seele in die materielle Welt. Der Transhumanismus erstrebt eher noch eine zusätzliche Verstrickung und ist darum eine Scheinerlösung. Wahre Erlösung erlangen wir durch die Erkenntnis unsres wahren Selbst, der spirituellen Seele und Gott, das absolute Wesen und unsre ursprüngliche Beziehung zu Ihm. In dem ich erkenne, dass ich eine

“ewige spirituelle Seele bin, die nie geboren wird und nie stirbt” (Bhagavad-gita 2.20)

Ewig ist die Seele, weil sie ein Teil von Gott ist und wenn er ewig ist, dann müssen seine Teile ebenso ewig sein. Ist dieses Bewusstsein nicht Erlösung genug?

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#17 Re: Die Apotheose (Gottwerdung) des Menschen?

Beitrag von SamuelB » So 26. Nov 2017, 15:37

@Novalis Mich wundert, dass die Christen hier deine Ausführungen unwidersprochen stehen lassen. :shock: Letztlich ist es nicht mehr mein Problem. Wie blind muss man sein?! Es ist nicht zu fassen. :lol: :clap: :lol:
Habt ihr dazu gar nichts zu sagen!? Aber deine Antwort ging ja auch an... mich! 8-)
Warum hast du dich neulich noch über mich lustig gemacht? Nein, ich will mich nicht streiten, es interessiert mich. Ich bin ja krankhaft neugierig und habe das Gebiss eines Terriers.

Vorletzte Woche auf der Arbeit: Ich gehe in den Druckerraum und finde einen Kollegen im Dunkeln. Sobald ich eintrete, reagiert der Bewegungsmelder. Das Licht schaltet sich ein. Dazu sei erwähnt: Der Kollege ist Christ.
Für die Atheisten: Jaaa, alles nur Zufall und bedeutet nichts.

Jedenfalls ist der Weg, den du zur Erreichung der Vergöttlichung beschreibst, ein ganz anderer als der, den die Christen vertreten. Und zwar ein sowas von grundlegend anderer! Das Ziel mag schlussendlich dasselbe sein - auch das fällt scheinbar keinem Christen hier auf. Ohne Gottes Hilfe - Vergebung der Sünden durch Beanspruchung von Jesu' Opfer - meinen die Christen, können sie die 'cold great distance' zu Gott nicht überwinden. Und sogar dann sündigen sie ja weiter. Auch darum könnte ein Mensch nie Gott werden - nach deren Meinung. Gott ist ja heilig.
Den biblischen Gott erkenne ich anhand der Schrift jedoch nicht als allmächtig.

Welche Früchte hast du denn gegessen? Sag' es mir nicht. Ich brech' zusammen! :lol: :clap: :mrgreen:
Ach, ja: Die Freiheit zu widersprechen, würde ich mir nicht nehmen lassen.
Für mich ist klar, dass der Weg zur Vergöttlichung nur über die Erkenntnis führen kann. Denn wenn man glauben muss, hat man einen anderen 'Gott' über sich.

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https://www.azooptics.com/Article.aspx?ArticleID=723

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#18 Re: Die Apotheose (Gottwerdung) des Menschen?

Beitrag von Novas » So 26. Nov 2017, 16:31

SamuelB hat geschrieben:Jedenfalls ist der Weg, den du zur Erreichung der Vergöttlichung beschreibst, ein ganz anderer als der, den die Christen vertreten. Und zwar ein sowas von grundlegend anderer! Das Ziel mag schlussendlich dasselbe sein

Das könnte daran liegen, weil viele Christen die Lehre Christi nicht wirklich verstanden haben und seinem Weg nicht wirklich folgen. Schmal ist der Pfad, der zum Leben führt, und wenige finden ihn.
Zuletzt geändert von Novas am So 26. Nov 2017, 16:32, insgesamt 1-mal geändert.


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#20 Re: Die Apotheose (Gottwerdung) des Menschen?

Beitrag von Novas » So 26. Nov 2017, 16:40

SamuelB hat geschrieben:Für mich ist klar, dass der Weg zur Vergöttlichung nur über die Erkenntnis führen kann.

Das sehe ich durchaus ähnlich und mein Meister auch:

Bild

Daran kann man auch leicht erkennen ob jemand Christus wirklich verstanden hat oder nicht. Wenn jemand ein vollkommen humorloses, freudloses und unerlöstes Leben lebt ohne wirkliche innere Freiheit, dann kannst Du dir sicher sein, dass er noch nicht zur Erkenntnis der Wahrheit gekommen ist. An anderen Stellen hat Jesus zwar positiv vom Glauben gesprochen ...

Jesus aber kehrte sich um, erblickte sie und sagte: sei getrost, meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen, und die Frau ward geheilt von der Stunde an.. (Matthäus 9:22)

aber bei Johannes geht es um die Erkenntnis. Glaube und Erkenntnis schließen sich nicht aus, Samuel. Tatsächlich braucht es zuerst den Sprung in den Glauben, wenn man den spirituellen Weg beginnt, denn niemand beginnt und hat sofort Erkenntnis. Du beginnst mit dem Glauben, damit die Erkenntnis wachsen und reifen kann. Die Buddhisten sprechen von 'Åšraddhā (Sanskrit श्रद्धा) das bedeutet so viel wie gläubiges Vertrauen in die höhere Macht, die uns führt in unsrem Leben. Das ist eine sehr wichtige Eigenschaft :thumbup: blinder Glaube ist schlecht, ein mentales Gefängnis, aber Glaube im Sinne eines grundlegenden Vertrauens ist absolut notwendig, um erfolgreich zu sein. Selbst wenn Du keinen spirituellen Weg gehst, ein reiner Materialist bist und nur im weltlichen Leben erfolgreich sein willst, sagen wir als junger Unternehmer im Silicon Valley, dann brauchst Du gläubiges Vertrauen.

Ohne Gottes Hilfe - Vergebung der Sünden durch Beanspruchung von Jesu' Opfer - meinen die Christen, können sie die 'cold great distance' zu Gott nicht überwinden. Und sogar dann sündigen sie ja weiter. Auch darum könnte ein Mensch nie Gott werden - nach deren Meinung. Gott ist ja heilig.

Das Problem ist hier: hinter diesen theologischen Aussagen stehen Lehren, die gar nicht mehr verstanden werden. Zum Beispiel der Begriff Sünde. In der griechischen Sprache wird von Hamartia gesprochen (griechisch ἁμαρτία) das bedeutet übersetzt so viel wie Zielverfehlung. Wenn Du am tieferen Sinn deiner Existenz vorbei lebst, dann sündigst Du. So ist es gemeint.

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