Schwieriger Nachhilfeschüler

Malika
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#1 Schwieriger Nachhilfeschüler

Beitrag von Malika » Sa 30. Nov 2013, 11:58

Zunächst habe ich gezögert, das hier zu schreiben, aber ich könnte Gebete wirklich gebrauchen, denn ich komme inzwischen sehr an meine Grenzen.
Ich gebe Nachhilfeunterricht und Anfang des Jahres meldete sich ein Schüler der kurz vor dem Abitur stand mit Englisch als Leistungskurs und eigentlich immer unter 5 Notenpunkten. Viel Zeit hatten wir nicht, aber die Eltern waren da noch recht entspannt und meinten, er soll es versuchen, wenn es dieses Jahr nicht klappt, macht er das Abi halt im nächsten Jahr. Die Oberstufenschüler halte ich vor allem zum Schreiben an, das ist wichtiger als Grammatikübungen (die sie oft sogar relativ gut können) und Text schreiben muss man eben üben, anders lernt man das nicht. In den Klausuren müssen sie einige hundert Wörter schreiben und dementsprechend gebe ich ihnen auch als Hausaufgabe Textaufgaben. Sie müssen einen Text schreiben, den ich korrigiere, dannmüssen sie eine zweite, verbesserte Fassung schreiben, manchmal noch eine dritte. Eine Schülerin brachte ich so auch im Frühling durch das Abi, die brachte eigentlich fast immer zwei Texte mit, jede Wocheund sie verbesserte sich schnell. Der andere Schüler schrieb leider kaum Texte. Er hatte immer Ausreden, immer gab es irgendwelche Klausuren in anderen Fächern.

Der "Supergau" kam dann im März: die letzte Klausur war schlecht ausgefallen und so musste er eine extra Prüfung machen, die entscheiden sollte, ob er überhaupt zum Abitur zugelassen würde. Er hatte einen Text bekommen, den er gar nicht verstand und den ich ihm erklären musste und beim schriftlichen Teil, den er zuhause machen musste, half ich ihm so viel, dass es mir wirklich schon wie Betrug vorkam. Er wurde zugelassen und wie sich herausstellte, würde er das Abitur an seiner Schule im nächsten Jahr nicht machen können, da seine Fächerkombination nicht wieder angeboten wurde. Die Mutter war empört darüber, ich hatte das Gefühl, dass sie von mir erwartete, dass ich es wieder hinbiegen würde.

Er hatte seine Prüfungen im April, danach hörte ich lange nichts. Erst im vergangenen August meldete er sich wieder. Er hatte es nicht geschafft und wollte zu Beginn des neuen Schuljahres wieder Nachhilfe. Ich war da schon skeptisch, denn die Prüfungen waren im April und spätestens im Mai musste er erfahren haben, dass er es nicht geschafft hatte. Aber er meldete sich erst im August wieder, so ging schon wertvolle Zeit verloren. Ein Grammatik Heft zum Durcharbeiten, dass seine Eltern auf meinen Rat hin gekauft hatten, blieb bis letzte Woche fast unberührt, bis auf zwei kurze Aufgaben. Das Texte schreiben klappt nicht gut. Viele Texte, die er schreibt, sind zu kurz, nicht durchdacht, eher um mich als Lehrerin zufriedenzustellen, nach dem Motto: Ich habe ja was gemacht. Bis letzten Mittwoch sollte er die zweite Fassung eines Textes schicken, was er schickte, war der Text mit meinen Korrekturen, sonst hatte er nichts verändert.

Ich verbringe Stunden zuhause am Computer, suche nach Blogs um sprachliche Mittel zu analysieren, nach englischsprachigen Internetforen, in denen er mitschreiben kann um zu üben, nach Grammatikübungen, Kommaregeln, Kommaübungen. Ich glaube, ich habe mehr Angst vor seinem Abi als er. Jede Woche muss ich ihm Vorträge halten, dass er mehr tun muss. Jede Woche hat er Ausreden, Klausuren in Chemie, Religion... aber Englisch ist eben Leistungsfach und extrem wichtig.
So langsam weiß ich nicht mehr, was ich machen soll. Ich weiß, dass ich ihm helfen kann und ich wünsche mir, dass er es dieses Mal schafft, aber dazu muss er mehr tun. Nun habe ich überlegt, mal mit den Eltern zu reden und mich abzusichern, immerhin zahlen die für die Nachhilfe. Sonst gibt es riesigen Ärger, wenn er wieder durchfällt. Die erste Klausur dieses Halbjahr war schon unter 5 Punkten, die zweite wohl auch, zumindest hat die Lehrerin das schon angedeutet.

Ich wäre froh, wenn ihr für ihn und mich beten könnt, dass ich Möglichkeiten finde, um ihnzu motivieren und dass er einsieht, dass er mehr tun muss. Mir täte es sehr leid für ihn, wenn der zweite Versuch auch nicht gelingt, aber im Moment weiß ich nicht, was ich noch tun kann.

2Lena
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#2 Re: Schwieriger Nachhilfeschüler

Beitrag von 2Lena » Sa 30. Nov 2013, 12:07

Malika hat geschrieben:Jede Woche muss ich ihm Vorträge halten, dass er mehr tun muss. Jede Woche hat er Ausreden, Klausuren in Chemie, Religion...

Lernen geht über FREUDE und aus INTERESSE.

Malika
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#3 Re: Schwieriger Nachhilfeschüler

Beitrag von Malika » Sa 30. Nov 2013, 12:19

2Lena hat geschrieben:
Malika hat geschrieben:Jede Woche muss ich ihm Vorträge halten, dass er mehr tun muss. Jede Woche hat er Ausreden, Klausuren in Chemie, Religion...

Lernen geht über FREUDE und aus INTERESSE.

Das habe ich lange versucht, daher auch die Vorschläge für englischsprachige Internetforen über Themen, die ihn interessieren. Ich habe auch Texte zu Themen gesucht, die ihn interessieren, wobei ich aber auch das Abiturthema nicht vernachlässigen darf. Ob bei dem verhauenen Abitur Freude und Interesse noch einen Raum haben, ist allerdings fraglich und daran kann ich nicht viel ändern. Ich habe lange versucht, keinen Druck auszuüben und stattdessen sein Interesse zu wecken, aber ich habe auch eine Verantwortung und bei ihm wird es zeitlich gerade sehr eng. Wäre er in der Mittelstufe oder Unterstufe, dann könnte man das etwas entspannter angehen, aber ein halbes Jahr vor dem Abitur wird das langsam schwierig.

Salome23
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#4 Re: Schwieriger Nachhilfeschüler

Beitrag von Salome23 » Sa 30. Nov 2013, 12:22

Ich wäre froh, wenn ihr für ihn und mich beten könnt, dass ich Möglichkeiten finde, um ihnzu motivieren und dass er einsieht, dass er mehr tun muss.
Hallo Malika!

Ist es wirklich alleine deine Aufgabe ihn zu "motivieren" und ihm zur Einsicht zu bewegen?
Denkst du, dass Gebete wirklich etwas bewirken würden-um ihn zu bewegen?

Ich sage dir, was ich tun würde:
Ich würde den Kerl fragen, wie ernst es ihm mit dem Abi wirklich ist und ob er es machen will. Er soll mal ernsthaft darüber nachdenken. Punkt
Und wenn er das wirklich will-dann kann er wieder kommen. Ansonsten müsse er sich um eine andere Nachhilfelehrkraft umsehn.

Ich habe auch Texte zu Themen gesucht, die ihn interessieren, wobei ich aber auch das Abiturthema nicht vernachlässigen darf.
Und das kann er nicht selber?

barbara
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#5 Re: Schwieriger Nachhilfeschüler

Beitrag von barbara » Sa 30. Nov 2013, 12:48

Hallo Malika

ich würde da weniger machen. Weniger Sorgen, weniger Aufwand.

Die Mutter war empört darüber, ich hatte das Gefühl, dass sie von mir erwartete, dass ich es wieder hinbiegen würde.

Das ist ganz eindeutig NICHT deine Aufgabe.

Jede Woche muss ich ihm Vorträge halten, dass er mehr tun muss.

nein musst du nicht.

Erstens geht die Zeit, während der du Vorträge hältst, für den Unterricht verloren.

Zweitens ist er als Abiturient alt genug, um selbst zu wissen, wie wichtig ihm das Fach ist.

Wenn Vortrag, würde ich sinngemäss sagen - und nicht ständig! - so ungefähr: "Meine Einschätzung ist, dass du bei deinem aktuellen Kenntnisstand und beim aktuellen winzigen Engagement, das du zeigst, in Englisch das Abi NICHT bestehen wirst. Für deine Zukunft hat das die Folge, dass du in der Berufswahl massiv eingeschränkt sein wirst. Das ist eine Weiche, die dein ganzes Leben prägen wird.

Es ist deine Sache, aber überleg dir bitte, was du mal machen willst, und welchen Einsatz du leistest."

Jede Woche hat er Ausreden, Klausuren in Chemie, Religion... aber Englisch ist eben Leistungsfach und extrem wichtig.

Diese Klausuren hat er wohl in der Tat und auch andere Fächer sind wichtig. Am Schluss muss es im Gesamten reichen. Da kann es sehr wohl sinnvoll sein, in einem Fach wo Talent vorhanden ist, von einer mittelmässigen Note auf eine sehr gute Note hin zu lernen, als in einem Fach, wo es hakt, von sehr schwach bis schwach zu lernen, und das je nachdem mit gleich viel oder noch mehr Aufwand.

So langsam weiß ich nicht mehr, was ich machen soll.

mehr sprechen und weniger schreiben. Aus dem einfachen Grund, dass Sprechen viel schneller geht als Schreiben und somit in der Zeit, die für die Nachhilfe zur Verfügung steht, er sprechenderweise viel mehr Sätze bilden muss, als schreibenderweise. Und wichtig ist schlicht die Menge an englischer Sprache, die er produziert; auf das hin muss optimiert werden, falls er eine Chance haben sollte.

Auf das Schreiben nicht ganz verzichten, aber es im Unterricht belassen und nur wenige Sätze schreiben, die aber sehr genau anschauen. Und dabei die faulen Tips und Tricks verraten, die die Qualität eines Textes erhöhen. zB "fünf Sätze, jeder muss ein anderes Verb haben", oder "fünf Sätze, jeder mit anderer Satzstruktur", und dabei gleich im Unterricht eine Liste von Konjunktionen auswendig lernen. So können auch Leute, die nicht gut sind im Formulieren, ziemlich von rasch auf gleich besser werden.

Die Hausaufgaben würde ich auch ändern: erstens nur als Empfehlungen, und immer im Bewusstsein, dass es im Leben dieses jungen Mannes noch viele andere wichtige Dinge gibt; und wenn Hausaufgaben, dann eher, zB Filme in Englisch zu schauen, gern auch mit englischen Untertiteln, damit er die Sprache ins Ohr kriegt.

Nun habe ich überlegt, mal mit den Eltern zu reden und mich abzusichern, immerhin zahlen die für die Nachhilfe. Sonst gibt es riesigen Ärger, wenn er wieder durchfällt.

Die Eltern zahlen für die Unterrichtszeit, nicht für eine Garantie, dass er es durch die Prüfung schafft.

Beim Gespräch mit den Eltern kannst du durchaus deine berechtigten Zweifel anmelden, ob es klappt; und eventuell wär auch Thema, ob es überhaupt eine gute Idee ist, den jungen Mann durchs Abi zu prügeln. Womöglich wäre eine handwerkliche Lehre besser für ihn und bei dem ganzen verkopften Schulzeugs leidet er nur?

gruss, barbara

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#6 Re: Schwieriger Nachhilfeschüler

Beitrag von Salome23 » Sa 30. Nov 2013, 12:53

Wenn Vortrag, würde ich sinngemäss sagen - und nicht ständig! - so ungefähr:
"Meine Einschätzung ist, dass du bei deinem aktuellen Kenntnisstand und beim aktuellen winzigen Engagement, das du zeigst, in Englisch das Abi NICHT bestehen wirst.
Für deine Zukunft hat das die Folge, dass du in der Berufswahl massiv eingeschränkt sein wirst. Das ist eine Weiche, die dein ganzes Leben prägen wird.
:lol:

Babs, sorry-aber ich denk, der ist alt genug, um das selber zu wissen

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#7 Re: Schwieriger Nachhilfeschüler

Beitrag von barbara » So 1. Dez 2013, 13:33

Salome23 hat geschrieben:
Babs, sorry-aber ich denk, der ist alt genug, um das selber zu wissen

offensichtlich nicht.

Sowieso, die Gymeler, die ihr ganzes Leben nichts als Schule machen, haben vom Leben keine Ahnung. Das ist kein Vorwurf, das ist lediglich das Festhalten einer Tatsache.

gruss, barbara

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#8 Re: Schwieriger Nachhilfeschüler

Beitrag von Vitella » So 1. Dez 2013, 14:01

Malika hat geschrieben:Jede Woche muss ich ihm Vorträge halten, dass er mehr tun muss. Jede Woche hat er Ausreden, Klausuren in Chemie, Religion... aber Englisch ist eben Leistungsfach und extrem wichtig.

der Arme tut mir leid. Das klingt unglaublich langweilig, so funktioniert eben nicht jeder Mensch.
Menschen lernen auf unterschiedliche Art. Manche besser mit den Augen, andere über die Ohren usw.

Wenn Du weist welchen Lerntyp Du da vor Dir hast, brauchst Du den Lernstoff nur noch ihm anzupassen und interessant zu gestalten. Das Schulsystem ist ja nicht umsonst so schlecht.

Beispiel:
http://www.ifdn.tu-bs.de/didaktikbio/mi ... ntypen.pdf

ich bin nicht prinzipiell gegen Gebete, aber hier passt das Lerntyp Ding vielleicht besser, es fehlt die Begeisterung,mal abgesehen von den sonstigen Problemen der Person.

und ohne Begeisterung kann man nichts lernen:
http://www.youtube.com/watch?v=R4fnF-7XYR8
  Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus,
der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.
1 Petrus 5:10

 

barbara
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#9 Re: Schwieriger Nachhilfeschüler

Beitrag von barbara » So 1. Dez 2013, 14:49

Vitella hat geschrieben: ich bin nicht prinzipiell gegen Gebete, aber hier passt das Lerntyp Ding vielleicht besser, es fehlt die Begeisterung,mal abgesehen von den sonstigen Problemen der Person.

naja, Begeisterung kann man wohl kaum von einem Schüler erwarten, der durch die Prüfung gefallen ist und zu Nachhilfe verknurrt wurde. Das kann man als Lehrer auch so kommunizieren - die Tatsache anerkennen, dass der Schüler das betreffende Fach nicht mag. Das ist völlig ok.

Aber der Lehrer selbst kann natürlich davon begeistert sein, und auf dieser "Plattform" kann der Schüler mitgenommen werden.

Und dann ist klar: Nachhilfe ist keine Unterhaltung und kein Vergnügen, es ist Arbeit. Also wird während des Unterrichts gearbeitet, und zwar intensiv und konzentriert. "Spass machen" ist nicht der Anspruch.

Was dann Spass machen kann - hoffentlich - ist der Moment, wo eine Prüfung zurück gegeben wird und man merkt, im Vergleich zum letzten Mal ist er eine ganze Note besser geworden. Die Ergebnisse müssen Freude machen, nicht die Tätigkeit selbst.

gruss, barbara

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Vitella
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#10 Re: Schwieriger Nachhilfeschüler

Beitrag von Vitella » So 1. Dez 2013, 15:48

barbara hat geschrieben: Und dann ist klar: Nachhilfe ist keine Unterhaltung und kein Vergnügen, es ist Arbeit.

"Spass machen" ist nicht der Anspruch.

Die Ergebnisse müssen Freude machen, nicht die Tätigkeit selbst.
gruss, barbara

Mann, was bin ich froh nicht mit diesen Glaubenssätzen aufgewachsen zu sein. Aber wenn Du magst bete ich gerne für Deine.!? :D
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der wird euch, die ihr eine kleine Zeit leidet, aufrichten, stärken, kräftigen, gründen.
1 Petrus 5:10

 

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