6 Blinde und ein Elefant.

Nichtchristen sind willkommen, wir bitten aber darum, in diesem Forum keine Bibel- und Glaubenskritik zu üben.
Rembremerding
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#1 6 Blinde und ein Elefant.

Beitrag von Rembremerding » Do 16. Jun 2016, 14:08

Blind_men_and_elephant2.jpg
Es handelt sich um eine Parabel, die gerne auch unter Christen dazu verwendet wird dem Menschen zu erklären, dass er niemals die Wahrheit erkennen wird, höchstens in kleinen Teilen oder verfälscht. Meist wird damit Relativismus und duldende Toleranz zum Ausdruck gebracht.

Die Parabel wird von einem Bild illustriert, auf dem Blinde einen Elefanten betasten. Der Blinde, der das Bein befühlt, sagt, dass ein Elefant wie ein Baum sei; der, der den Schwanz befühlt, dass ein Elefant sich wie ein Zweig anfühle; der, der den Rüssel befühlt, dass ein Elefant Ähnlichkeit mit einer Schlange habe; der, der das Ohr befühlt, dass ein Elefant wie ein Handfächer sein müsse; der, der unter dem Bauch diesen befühlt meint, dass ein Elefant sich wie eine Höhle darstelle; der, der den Stoßzahn befühlt, dass ein Elefant wie eine solide Röhre sein müsse.

Alerdings ist dies ein Bild vorchristlicher Religionen (wohl aus einer Hindu-Religion), die ohne eine Gottesoffenbarung auskommen müssen. Durch Jesus Christus jedoch kam Gott und damit die Wahrheit in die Welt, somit der Mensch nun einen klareren Blick auf die Wahrheit erhielt. Hier einige Punkte, warum deshalb diese Parabel für Christen nicht mehr stimmig ist:

  1. Ein Gott, der die Wahrheit ist, den der Mensch meint von sich aus vollständig begreifen zu können, wäre nicht der lebendige Gott, sondern nur ein Götze, den der Mensch sich erschaffen. Gott ist unbegreiflich und deshalb ewig, allmächtig, allliebend und allgegenwärtig.


  2. Wer Gott, die Wahrheit, begreifen will, macht sich selbst sein Gottesbild (eine Höhle …, ein Baum …, eine Schlange … etc.) und verschließt sich für Gottes persönlichen Anruf.


  3. Wer meint die Wahrheit, Gott, wäre eine Schlange, ein Berg, eine Höhle, ein Zweig etc., neigt dazu gerade nicht den anderen zu tolerieren, weil er wegen seiner Blindheit annimmt, er allein hätte alles erfasst, wer Gott ist. Dieses nicht erkennen der eigenen Blindheit und daraus resultierend das Abweisen von Heilung und Erkenntnis mahnt der Herr an, indem er spricht: „Wenn ihr blind wärt, hättet ihr keine Sünde. Jetzt aber sagt ihr: Wir sehen. Darum bleibt eure Sünde. (Joh 9:41 EÜ). Ein Christ kann tolerant sein, weil die Liebe des Herrn, der im Christen wohnt, nicht anders kann und trotzdem seinen Standpunkt vertreten. Diese Liebe nimmt den Anderen an, so wie er ist, respektiert ihn auch mit einer vielleicht anderen Meinung.


  4. Gott wartet nicht passiv darauf, dass der Mensch ihn durch eigene Werke begreift. Gott hat sich offenbart durch die Schöpfung, die Hl. Schrift und in seinen Sohn Jesus Christus. Gott offenbart sich weiterhin in jedem Augenblick mittels dem Hl. Geist durch Eingebungen und andere Menschen, damit wir ihn persönlich erkennen können.


  5. Gott und die Wahrheit kann niemals ausschließlich mit den menschlichen Sinnen, durch Gefühle, dem Fleisch erkannt werden. Gott ist Geist und durch den Hl. Geist, der durch Christus im Menschen wohnt, kann des Menschen Geist Gott und die Wahrheit erkennen. Der Hl. Geist ist es auch, der zu unterscheiden lehrt, was aus Gott (der Wahrheit), dem Menschen oder gar von Satan ist.


  6. Indem Gott in der Kirche (besonders durch das Sakrament der Versöhnung und der Hl. Eucharistie oder Abendmahl) präsent ist, gibt er den Menschen Kraft und Stärke IHN und den Nächsten, in dem ER ebenso präsent ist, zu erkennen.


  7. Gott will nicht, dass wir zuerst mit unseren Händen handeln, sondern mit unserem Herzen IHN lieben, um mit Liebe handeln zu können.


  8. Gott hat sich durch Jesus Christus nicht als ein anderes Wesen in der Welt offenbart (wie hier ein Elefant), sondern als Mensch, wie die Blinden, als Mensch unter Menschen. Wir können IHN und die Wahrheit deshalb durch unseren Verstand, Vernunft, Willen und Liebe persönlich als Freund erkennen, weil ER uns ebenbildlich erschaffen. Erkennen wir uns, erkennen wir Gott – erkennen wir Gott, erkennen wir uns, wer wir in den Augen Gottes sind. So können wir zu dem Menschen werden, der wir sind und nicht zu dem, der wir sein möchten. Christoph Kardinal Schönborn, Erzbischof von Wien drückt es so aus: „Freundschaft mit Jesus, das heißt schließlich: Mit Seinen Augen sehen lernen, mit Seinen Gedanken vertraut werden, Seinen Willen suchen und zu tun versuchen. Und vor allem: mit Seinem Herzen verbunden sein“.


  9. Dadurch das Gott als Mensch durch Jesus Christus in die Welt kam, hat ER alles durchlitten, was auch Menschen durchleiden, beispielsweise Schmach, Schmerz, Verlust, Hoffnungslosigkeit. Deshalb können wir mit all unseren Nöten, Leid und Bitten zu IHM kommen sowie von IHM lernen und sogar durch unser Leid die eigene oder andere Seelen retten. Denn Jesus Tod am Kreuz gab erst dem Leid einen höheren, heilenden Sinn, weil es die Ewigkeit aufschließt. Der Hl. Augustinus sagt deshalb: „Dazu nämlich betete er, um beten zu lehren, denn dazu litt er, um leiden zu lehren, dazu stand er auf, um Auferstehens-Hoffnung zu lehren“


  10. Die Wahrheit, Gott, ist nicht ein Wesen, ein Sein, das außerhalb des Menschen erst durch eine Handlung begriffen werden muss. ER ist in uns, hat uns zuerst ergriffen, wenn wir Raum für IHN schaffen, indem wir unsere eigenen Gottesbilder entfernen.


  11. Es wird niemals unsere eigene Leistung sein irgendetwas von Gott und der Wahrheit begriffen zu haben, sondern stets in jedem Augenblick die Gnade Gottes, die uns ergreift. Sie gilt es durch ein liebendes Herz sich schenken zu lassen. So können wir beten: „Ich empfange mich aus deiner Hand, Gott, jeden Tag neu. Du weißt, was meine Seele braucht. Ich lebe aus dem, was du mir schenkst. Hilf mir heute vertrauen.“

Vertrauen wir also Jesus Christus, vertrauen wir der Wahrheit und im Umgang mit ihr, werden wir sie besser erkennen.

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JackSparrow
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#2 Re: 6 Blinde und ein Elefant.

Beitrag von JackSparrow » Do 16. Jun 2016, 23:58

Rembremerding hat geschrieben:Hier einige Punkte, warum deshalb diese Parabel für Christen nicht mehr stimmig ist:
Was die Blinden über den Elefant erzählen, ist die Wahrheit, denn sie haben den Elefanten betastet. Was Christen über ihren Gott erzählen, ist eine Lüge, denn kein Christ hat jemals irgendeinen Aspekt dieses Gottes persönlich wahrgenommen.

Dadurch das Gott als Mensch durch Jesus Christus in die Welt kam, hat ER alles durchlitten, was auch Menschen durchleiden,
Mir fällt noch mindestens eine dreistellige Anzahl von Dingen ein, die der Bibel-Jesus niemals durchleiden musste.

michaelit
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#3 Re: 6 Blinde und ein Elefant.

Beitrag von michaelit » Sa 18. Jun 2016, 07:53

Rem, ich denke du steckst tüchtig fest in einem Super-Gott-Glauben den man anbeten und verehren muß um irgendwie an ihm dran zu sein. Ich glaube es ist besser wir verkündigen Gott einfach als Vater und Helfer. Allmächtig kann Gott nicht sein denn sonst hätte er die Nazihölle verhindert. Dazu gibt es noch die Götter anderer Religionen die auch nicht einfach nur nicht existieren. So wie es sich die Atheisten mit Jesus und Abba leicht machen in dem sie sie verneinen, machen Christen es sich mit anderen Religionen zu leicht. Yahweh ist der Gott der Götter, der Göttervater, aber er hat auch einen Bruder in Allah. Verhakelt und versteckt euch nicht in der Anbetung. Wir werden nicht durch Gotteslob gerettet sondern durch den exakten liebenden Eingriff Gottes den man vom Gott der Liebe auch erwarten kann.

Rembremerding
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#4 Re: 6 Blinde und ein Elefant.

Beitrag von Rembremerding » Sa 18. Jun 2016, 08:24

michaelit hat geschrieben:Rem, ich denke du steckst tüchtig fest in einem Super-Gott-Glauben den man anbeten und verehren muß um irgendwie an ihm dran zu sein..
Danke @michaelit, genau so ist es. Das ist unser Daseinsgrund. :Herz:
Auch wenn man immer wieder in Sünden fällt, die Liebe und damit Gott richtet immer wieder auf. Durch die Liebe zu IHM bleibt man tatsächlich dran und dafür kann man nur danken und loben. Jesus Christus hat uns sich als Weg in die Ewigkeit offenbart. Gehen wir also hinter ihm her und nehmen wir alle Menschen, die es wollen bei der Hand auf diesen Weg.

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Bastler
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#5 Re: 6 Blinde und ein Elefant.

Beitrag von Bastler » Sa 18. Jun 2016, 10:27

Vielleicht hat Gott ja auch die Nazihölle gewollt - nicht, weil sie Menschen zerstört, sondern weil sie der Weg zum Heil ist. Und zwar für die Opfer ebenso, wie für die Täter.

Irenäus v. Lyon hat (im 2. Jahrhundert) die ganze Welt als eine Problemzone gesehen, innerhalb der wir gezwungen sind, uns auszuprägen und zur Person zu werden. Er hatte dabei kein Problem mit dem Leiden, weil er davon ausging, dass Gott diese Problemzone als notwendige und vollkommene Maßnahme geschaffen hat, durch die er sein Ziel für die Menschen bewirkt: Echte Menschen in ewiger Glückseligkeit. Verklärung des Leidens.

Interessanter Gedankengang, finde ich. Auch wenn er nicht alle Probleme löst.

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Bastler
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#6 Re: 6 Blinde und ein Elefant.

Beitrag von Bastler » Sa 18. Jun 2016, 10:42

Das Elefantenbeispiel hat einen entscheidenden Nachteil als Bildnis für die Beschreibungen Gottes.

Wenn sich die Betaster des Elefanten zusammensetzen, können sie sich durch Gespräch und Denken ein korrektes Gesamtbild des Elefanten erarbeiten.
Und genau dies ist mit Gott nicht möglich.

Es gibt ein Wissen über den Elefanten - und mag es noch so schwierig von Blinden zu erringen sein.
Ein erarbeitbares Wissen über Gott gibt es aber nicht.

Rembremerding
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#7 Re: 6 Blinde und ein Elefant.

Beitrag von Rembremerding » Sa 18. Jun 2016, 13:19

Bastler hat geschrieben:
Irenäus v. Lyon hat (im 2. Jahrhundert) die ganze Welt als eine Problemzone gesehen, innerhalb der wir gezwungen sind, uns auszuprägen und zur Person zu werden. Er hatte dabei kein Problem mit dem Leiden, weil er davon ausging, dass Gott diese Problemzone als notwendige und vollkommene Maßnahme geschaffen hat, durch die er sein Ziel für die Menschen bewirkt: Echte Menschen in ewiger Glückseligkeit. Verklärung des Leidens.

Bezüglich dieses Gedankens dürfen wir diese Verse annehmen:
Kol 1:24, HSK: Nun freue ich mich der Leiden für euch und will das, was an Christi Drangsalen noch aussteht, ergänzen an meinem Fleisch zum Besten seines Leibes, das ist die Kirche.

Rö 8:17-18, HSK: Sind wir aber Kinder, dann auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi, sofern wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden. Ich bin ja überzeugt, daß die Leiden dieser Zeit nicht zu vergleichen sind mit der Herrlichkeit, die sich offenbaren soll an uns.
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Rembremerding
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#8 Re: 6 Blinde und ein Elefant.

Beitrag von Rembremerding » Sa 18. Jun 2016, 13:23

Bastler hat geschrieben: Wenn sich die Betaster des Elefanten zusammensetzen, können sie sich durch Gespräch und Denken ein korrektes Gesamtbild des Elefanten erarbeiten.
Und genau dies ist mit Gott nicht möglich.

Ein guter Gedanke, der Punkt 1 ergänzt. Dieser spiegelt sich hier wieder:
Ex 3:6, HSK: Er fuhr fort: "Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs!" Moses verhüllte sein Antlitz, denn er fürchtete sich, Gott anzublicken.

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#9 Re: 6 Blinde und ein Elefant.

Beitrag von michaelit » Sa 18. Jun 2016, 15:49

Rem, du hast das aber nicht bis zum Ende durchgedacht. Was du da lehrst ist eigentlich Triumphalismus. Gott ist allmächtig - aber nur damit man ihm auch vertraut. Gott ist Liebe - aber nur damit der Gläubige mitmacht. Immer wenn diese Bedingungen so erfüllt sind, löst Gott sich auf und ist weder allmächtig noch die Liebe.

Ich denke man muß daher statt der Vision des allmächtigen Supergottes das Wort vom Gekreuzigten predigen. Und Jesus ging auch aufs Kreuz damit es andere nicht tun müssen. Es gilt die Schwäche und das Leid zu verstehen nicht als Strafmaßnahme oder Heilsweg sondern als das was dem Leben feindlich gegenüber steht. Der Arzt ist gefordert. Jesus nannte sich Arzt. Es liegt nicht mehr an den Sünden, die sind ja alle vergeben am Kreuz. Es liegt am unglücklichen Leben auf Erden, an Krankheiten, an den Ängsten die wir haben. Und in diesen Schwächen ist die Kraft Christi perfektioniert.

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#10 Re: 6 Blinde und ein Elefant.

Beitrag von Rembremerding » Sa 18. Jun 2016, 19:32

@michi, kannst du dir etwa nicht vorstellen, dass Gott allmächtig und die Liebe ist, nicht wegen uns Menschen, sondern weil er Gott ist? Gott ist der Urgrund der Liebe und nicht der Gläubige der Urgrund von Gottes Liebe. Gott braucht keine Bedingungen, um sich "aufzulösen", er selbst ist die Bedingung, ob wir sind oder nicht, weil er ist.

Wenn wir nur das Wort vom Gekreuzigten predigen, dann predigen wir zu kurz. Gott ging ans Kreuz, nicht etwa, dass wir nicht auch ans Kreuz zu gehen haben, sondern damit wir erlöst sind, aber eben von den Sünden, jedoch nicht vom Kreuz. Ohne "meinen" Triumphalismus eines Supergottes müssten wir hier nun ohne Hoffnung, ohne Heilung zurückbleiben. Gottes Triumph ist nämlich seine Auferstehung, der Sieg über den Tod und das Böse. Nun erst ist Licht in der Finsternis, ist das Leben im Tod, beides wird von innen her geheilt. Dem gilt unser Dank, unser Lob, unsere Anbetung und deshalb ist es eine Botschaft der Freude und schenkt Frieden.

Wem denkst du nimmst du etwas, wenn du Gott deine größte Ehrerbietung, deinen höchsten Dank, das größte Lob darbringst?
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