luett-matten hat geschrieben:Gruß in die Runde.
letzten Sonntag fiel mir durch die Predigt auf, dass Kain, genau wie sein Vater, ein Diener des Erdbodens, also der Adamah war.
Gut, dass du darauf hinweist, denn fast alle deutschen Bibelübersetzungen gehen in der Urerzählung ziemlich verwirrend bei ihrer Wortwahl im Deutschen um. Ständig wird der Begriff "Erde" statt "Land" (eretz) und "Erde" statt "Erd-" o. "Ackerboden" (adamah) eingesetzt. Besonders schlimm ist das in allen Lutherbibeln, auch der neuesten von 2017.
1.Mose 4,10-12 hat geschrieben:Er aber sprach: Was hast du getan? Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde [adamah = Erdboden, Ackerboden].
Und nun: Verflucht seist du auf der Erde [adamah = Erdboden, Ackerboden], die ihr Maul hat aufgetan und deines Bruders Blut von deinen Händen empfangen.
Wenn du den Acker [adamah = Erdboden, Ackerboden] bebauen wirst, soll er dir hinfort seinen Ertrag nicht geben. Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden [eretz = Land].
Deine Übersetzung ist da tausendmal besser als die der Lutherbibel, in der Kain "auf dem ganzen Planeten Erde" von Gott verflucht zu sein scheint, statt dass ihm nur sein Dienst an der adamah entzogen wird, weshalb er sich in der weiteren Folge von der Agrarkultur abwendet und Gründer von Stadtkulturen wird! Gott hat ja nichts gegen Städte - Jerusalem ist ja auch eine Stadt.
1. Mose 4, 9-12 hat geschrieben:Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er antwortete: Ich weiß es nicht! Soll ich meines Bruders Hüter sein? Er aber sprach: Was hast du getan? Horch! Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir
von der Adamah! Und nun sollst du verflucht sein von
der Adamah hinweg, die ihren Mund aufgetan hat, um das Blut deines Bruders von deiner Hand zu empfangen! Wenn du
dienst (תעבד), soll
die Adamah dir künftig ihren Ertrag nicht mehr geben; ruhelos und flüchtig sollst du sein auf
der Erde (ב×רץ)!
https://biblehub.com/interlinear/genesis/4-9.htm
Besonders schlimme Folgen hat diese falsche Art des Übersetzens bei der Sintfluterzählung, weil da permanent "Land" (= eretz) mit "Erde" wiedergegeben wird. Von einer "Übersetzung" kann man da gar nicht mehr sprechen. Wir Leser sollen dazu gebracht werden, theologisch immer "global" an den Planeten Erde zu denken und am besten gleich das ganze ebenfalls damals völlig unbekannte moderne Universum mit.
Nur daher rührt die falsche und weit verbreitete Meinung, dass Gott die ganze Menschheit bis auf Noah und seine Familie vernichtet hätte, und der ganze Globus bis über die höchsten Bergspitzen überschwemmt gewesen wäre - was nachweislich falsch ist. So wird den Menschen heute eine falsche angeblich biblische Wahrheit untergejubelt, und viele Christen zu "gehorsamen" Nachplapperen gemacht, statt ihnen durch wortgenaue Übersetzungen einen Zugang zu den tatsächlichen Wahrheiten der Schrift zu ermöglichen.
Eigentlich geht es bei der Sintflutgeschichte nur um das "Land" des Nordreiches Israel welches durch die Assyrer und das "Land" Juda und den Tempel-Berg in Jerusalem, der von den Babyloniern wegen dem anhaltenden Götzendienst unter den judäischen Königen "überflutet" wurde. Ein Bild für die Zerstörung des Ersten Tempels. Die Arche symbolisiert in dieser mythischen Gründungslegende des Judentums das Exil und das Opfer Noahs den zweiten Tempel. Statt der zwei Opfer von Kain (Nordreich Israel) und Abel (Südreich Juda) - das ist der wirkliche Sündenfall in der Urerzählung - gibt es mit dem einen Opferkult des Noah (zweiten Tempel) und dem tatsächlichen Ende aller Götzenanbetungen der Juden einen erneuerten Bund nach diesen Strafaktionen Gottes gegen sein Volk durch die Assyrer und die Babylonier.
Die Sintflutgeschichte beschreibt in großartiger, altorientalischer Erzählkunst tatsächliches Geschehen in der Geschichte des Judentums - aber nicht eine weltweite Naturkatastrophe die so niemals stattgefunden hat. Dieser Teil im Gründungsmythos des Judentums ist so verstanden kein frei erfundenes Märchen, keine "Lüge", sondern eine nachweislich wahre Geschichte. Nur liegt der Wahrheitsgehalt auf einer anderen, dennoch historischen Ebene, aber nicht auf der pseudo-naturwissenschaftlichen, welche uns mit der angeblichen globalen Überschwemmung der "Erde" [eretz = Land] "seit ewigen Zeiten" weisgemacht wird.
In der Urerzählung ab 1 Mose 4,2 werden, meiner unmaßgeblichen Meinung nach, die Inhalte der Bücher der Tora, Joshua, Richter, Könige, Chronika, Esra und Nehemia zusammengefasst. Ähnliche Stellen gibt es viele in der Bibel, so zum Beispiel auch in den Prophetenbüchern bei Hesekiel im Kapitel 16 wo Jerusalem bildhaft als eine Frau dargestellt wird, die sich durch ihre Hurerei, d.h. ihren Götzenkult versündigt und dafür bestraft wird ...
Einfach mal darüber nachdenken, was für eine Vorstellung die Verfasser, und ihre Leser damals zur Abfassungszeit von der ihnen bekannten Welt hatten. Unser blauer Planet, der von uns heutigen, modernen Menschen "Erde" genannt wird, war ihnen unbekannt, und deshalb gab es auch kein Wort im Hebräischen dafür. Die bekannte "Welt" der Verfasser war viel kleiner, Amerika, Australien uvm. wahr ihnen völlig unbekannt und deshalb konnten sie auch nicht über die ganze "Erde" berichten. Das wollten sie auch gar nicht, denn diesen Juden ging es immer nur um ihr Land - eretz jisrael und ihren Gott. Daraus ist durch Jesus später das Christentum entstanden. Der Gott der Juden ist natürlich der gleiche wie der der Christen, aber das Gottesbild entwickelte sich auch schon im AT immer weiter.
Am Anfang erschuf Gott den Himmel und das Land (= eretz)", wenige Verse später wird ja auch explizit gesagt, dass Gott das Trockene "Land" (= eretz) nannte, im Gegensatz zum Meer.
1.Mose 1,2 hat geschrieben:Und die Erde [eretz = das Land] war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.
1.Mose 1,9-10 hat geschrieben:Und Gott sprach: Es sammle sich das Wasser unter dem Himmel an einem Ort, dass man das Trockene sehe. Und es geschah so.
Und Gott nannte das Trockene Erde [eretz = das Land], und die Sammlung der Wasser nannte er Meer. Und Gott sah, dass es gut war.
Gott nannte das Trockene Erde? Jetzt sollen wir also an "Erde" vom Acker denken - das ist hebr. adamah = Erd. oder Ackerboden. Viele "unserer" deutschen Übersetzer machen auf diese Weise im Namen der Kirchen theologische Sesamstraße mit ihrem Glaubensvolk, und missbrauchen das Vertrauen, das viele unwissende Menschen in sie, die Kirchen und die Bibel setzen. Es kann mir keiner erzählen, dass das an mangelnden Hebräischkenntnissen dieser Übersetzer liegt. Sie wissen sehr wohl, was sie da tun.
luett-matten hat geschrieben:Ich frage mich nun, ob Jesus darauf Bezug nimmt wenn er sagt:
Nein. Hier überspannst du den Bogen meiner Meinung nach, denn Adam heißt mit Artikel im hebr. Mensch (ha adam), das NT ist aber griechisch abgefasst. Zudem besteht da schon ein Unterschied zwischen ha adam und adamah. Der ha adam ist zwar von der adamah genommen und muss DESHALB wieder zur adamah zurückkehren (Erde zu Erde, Staub zu Staub), aber aus dem Menschensohn einen Diener des Ackerbodens zu machen finde ich nicht nachvollziehbar. Jesus war kein Bauer, welcher beruflich dem Ackerboden dient sondern ein Lehrer, der den Menschen diente.