Aberglaube im 21. Jahrhundert

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sven23
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#1 Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von sven23 » Mo 16. Mär 2015, 18:28

Zur Zeit wird in Afrika wieder Jagd auf Albinos gemacht. Einem Aberglauben zufolge sollen Köperteile von Albinos Glück bringen. Ein vollständig verwerteter Körper bringt bis zu 70.000 €.

http://www.sueddeutsche.de/panorama/jag ... -1.2391951

Warum ist Aberglaube so schwer auszurotten?
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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Münek
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#2 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von Münek » Mo 16. Mär 2015, 19:56

sven23 hat geschrieben:Zur Zeit wird in Afrika wieder Jagd auf Albinos gemacht. Einem Aberglauben zufolge sollen Köperteile von Albinos Glück bringen. Ein vollständig verwerteter Körper bringt bis zu 70.000 €.

http://www.sueddeutsche.de/panorama/jag ... -1.2391951

Warum ist Aberglaube so schwer auszurotten?

Mir scheint, der Mensch ist durch und durch ein "Glaubenswesen".
Möglicherweise brachte ihm dieses Vermögen in uralten Zeiten Vorteile.

Der Mensch ist mit Vernunft ausgestattet. Sehr viele Dinge in der Natur
konnte (und kann) er sich dennoch nicht erklären; da half vielleicht der
Glaube. Dieses archaische Gepäck tragen wir auch heute noch mit uns
herum, wobei sich der Glaube sehr, sehr oft stärker als die Vernunft er-
weist.


Nur eine Vermutung von mir - aus dem Bauch heraus.

closs
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#3 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von closs » Mo 16. Mär 2015, 20:23

Münek hat geschrieben:Nur eine Vermutung von mir - aus dem Bauch heraus.
Guter Bauch. ;)

Jetzt wäre als nächstes die Bewertungs-Frage:
a) Ist der Glaube überflüssig, weil wir jetzt die "Aufklärung" haben?
b) Umgekehrt: Ist der Glaube nötig, weil Vernunft begrenzt ist?
c) Oder: Beides?

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Janina
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#4 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von Janina » Mo 16. Mär 2015, 20:30

sven23 hat geschrieben:Warum ist Aberglaube so schwer auszurotten?
Weil er billiger ist als Denken, Erkennen und Wissen.

Pluto
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#5 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von Pluto » Mo 16. Mär 2015, 21:19

Münek hat geschrieben:Der Mensch ist mit Vernunft ausgestattet. Sehr viele Dinge in der Natur
konnte (und kann) er sich dennoch nicht erklären; da half vielleicht der
Glaube. Dieses archaische Gepäck tragen wir auch heute noch mit uns
herum, wobei sich der Glaube sehr, sehr oft stärker als die Vernunft erweist.
Wir wissen nicht alles. Gerade in der Kosmologie, mit den Vorstellungen von dunkler Materie und dunkler Energie werden die Grenzen unseres Wissens besonders deutlich. Stößt man an diese Grenzen zeigt sich immer wieder ein Staunen, selbst großer Forscher, vor dem Unbekannten das jenseits des Wissens liegt. Es gibt einen inneren Drang, vor allem bei gläubigen Menschen, hinter diesen Grenzen des Unbekannten, an die Wirkung Gottes zu glauben.

Newton hat als Erster die Gravitation beschrieben, und mit seinen Formeln die Bewegungen der Planeten und Monde erkärt. In seiner "Principa Mathematica" hat er diese Bewegungen sehr genau beschreiben, und hier taucht das Wort "Gott" auch nirgendwo auf. Doch als seine Formeln an ihnre Grenzen stießen, stellte er sich vor dass Gott hin und wieder den Planeten einen Schubser gibt, um sie auf ihren richtigen Bahnen zu halten.

Bild
[ Quelle: http://www.library.usyd.edu.au ]
____________________________________

Ptolemäus galt als einer der ganz großen Wissenschaftler seiner Zeit. Er erfand das geozentirsiche Universum mit der Erde als Mittelpunkt der Welt.
Bild
[ Quelle: http://www.leifiphysik.de ]

Für Ptolemäus waren die Planetenbewegungen ein großes Mysterium. Wenn er nach oben in den Nachthimmel schaute, wähnte er sich in der Gegenwart des allmächtigen Zeus. Er machte Zeus nicht für die alltäglichen Dinge seines Wissens verantwortlich, nicht für den Sand unter seinen Füßen, das Wasser der Meere, oder die Luft die er atmete.
Nein, Ptolemäus fing dort an, Zeus herauf zu beschwören, wo er an die Grenzen seines Wissens stieß.

In diesem Forum wurde mehr als einmal die Vermutung geäußert, das Göttliche könnte im Planck Raum wirken, und so sogar Einfluss auf den menschlichen Geist nehmen, weil dort das Wissen der heutigen Physik ebenfalls an ihe Grenzen stößt.

Wenn man das Einflussgebiet Gottes hinter den Grenzens des Wissen vermutet, so macht man das Reich Gottes zu einem immer kleiner werdenden Ort des Unwissens.
Nach dem Motto: "Die Wissenschaft weiß nicht wie das Universum entstand. das weiß nur Gott!"

Damit macht man Gott zum Herrscher der Wissenslücken. —
Im Klartext: ER wird zu einem Lückenbüßer-Gott degradiert: Genau das was meiner Meinung nach ein gläubiger Mensche vermeiden sollte.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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Janina
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#6 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von Janina » Di 17. Mär 2015, 10:02

Pluto hat geschrieben:Damit macht man Gott zum Herrscher der Wissenslücken. —
ER wird zu einem Lückenbüßer-Gott degradiert.
Das heißt, man betet die eigene Dummheit an.
Erkenntnis vertreibt "Gott", also muss man dumm bleiben, um "Gott" seinen Platz zu lassen. :roll:

closs
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#7 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von closs » Di 17. Mär 2015, 10:13

Pluto hat geschrieben:Im Klartext: ER wird zu einem Lückenbüßer-Gott degradiert: Genau das, was meiner Meinung nach ein gläubiger Mensche vermeiden sollte.
Stimmt - weshalb es sehr unglücklich ist, wenn sich Gläubige in den Wettstreit mit Wissenschaft begeben. Es sind und bleiben zwei kategorial komplett unterschiedliche Ebenen.

Trotzdem darf man fragen: Wo und wie kommt der Geist ins biologische Leben hinein? (Was eine ganz andere Frage ist als "Wie stellt sich Geist biologisch/neuro-wissenschaftlich dar?) - Und zu dieser (ersten) Frage gibt es in der Tat keine Antwort - vielleicht gibt es einmal eine.

Aberglauben im 21. Jh. sehe ich persönlich tatsächlich in materialistischen Weltbildern, die in ihrer Defintion von "Aufklärung" glauben, das Gehirn sei Ursprung (also Primär-Quelle) des Geistes. - Widerlegen kann man dies nicht, nachweisen auch nicht - es ist weder veri- noch falsifizierbar. - Also ein Glaube. Und wenn ein Glaube falsch ist, ist es ein Aberglaube.

Es wäre also unvorsichtig, Aberglauben nur bei Skeptikern des Materialismus zu suchen.

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sven23
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#8 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von sven23 » Di 17. Mär 2015, 10:24

Janina hat geschrieben:
sven23 hat geschrieben:Warum ist Aberglaube so schwer auszurotten?
Weil er billiger ist als Denken, Erkennen und Wissen.
Zustimmung. :thumbup:
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
George Orwell

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sven23
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#9 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von sven23 » Di 17. Mär 2015, 10:38

closs hat geschrieben: Trotzdem darf man fragen: Wo und wie kommt der Geist ins biologische Leben hinein? (Was eine ganz andere Frage ist als "Wie stellt sich Geist biologisch/neuro-wissenschaftlich dar?) - Und zu dieser (ersten) Frage gibt es in der Tat keine Antwort - vielleicht gibt es einmal eine.

Evolutionär bedingt sind die Gehirne aller höheren Lebewesen ähnlich aufgebaut. Das Gehirn eines Primaten entwickelt sich sogar schneller als das des Menschen. So ist z. b. ein 3 monatiges Affenbaby einem 3 Monate altem Menschenbaby kognitiv überlegen.
Das dreht sich dann später um, weil der Mensch durch seine lange Kindheit ständig neues dazu lernt. Manche Evolutionsbiologen sehen in der extrem langen Kindheit beim Menschen einen Schlüssel für die herausragende Entwicklung des menschlichen Gehirn. Erst in dieser hohen Komplexität kann sich so etwas wie Bewußtsein und Sprache entwickeln.
Man könnte also sagen: der Geist entwickelt sich aus der Materie, ohne die Materie kein Geist.
Freiheit ist das Recht, anderen zu sagen, was sie nicht hören wollen.
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#10 Re: Aberglaube im 21. Jahrhundert

Beitrag von closs » Di 17. Mär 2015, 10:58

sven23 hat geschrieben:Man könnte also sagen: der Geist entwickelt sich aus der Materie, ohne die Materie kein Geist.
Auf der Ebene, in der Du es darstellst, stimme ich Dir ausdrücklich zu. - Ich widerspreche NICHT den Beobachtungen der Wissenschaft. - Ich widerspreche weltanschaulichen Interpretationen dieser Beobachtungen.

Und es ist eben eine weltanschauliche Interpretation, wenn man aus Beobachtungen, die NICHTS darüber aussagen, ob Geist primär in MAterie geschaffen wird oder über Materie vermittelt wird, interpretiert, Geist sei primär in Materie geschaffen.

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