Das kann man in gewissen Sinne so sehen. Nämlich in dem, dass ich weder Positivist noch Vertreter der minimalen statistischen Interpretation bin, und ich mich z.B. beim Casimir-Effekt nicht mit der Feststellung begnüge, dass es eben eine anziehende Kraft auf die Platten wirkt, sondern es durchaus für sinnvoll halte, danach zu fragen, ob diese anziehende Kraft durch virtuelle Teilchen oder eben durch Feldfluktuationen bewirkt wird. Allerdings ist es ja bei dir genauso: du bist ja auch der Meinung, dass es sinnvoll ist, die Kraft auf die Platten auf virtuelle Teilchenpaare zurückzuführen, und willst somit ebenfalls auf die Frage, was die Wirklichkeit ist, hinaus. Anders als etwa ein Positivist wie Hawking, der solche Fragen ausklammert.Pluto hat geschrieben:So langsam beginne ich zu verstehen worauf du hinaus willst. Es ist letztlich eine philosophische Frage (in der Physik).Agent Scullie hat geschrieben:Die werden dann halt offenbar deiner Erwartung nicht gerecht. Werden Gymnasiallehrer ja auch nicht, wenn sie ihren Schülern verschweigen, dass Valenzstrichformeln eine vereinfachte Darstellung sind.
Du willst auf die Frage hinaus, "Was ist Wirklichkeit?"
Hier muss man unterscheiden zwischen virtuellen Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen, die in der QFT tatsächlich vorkommen, wenn man das Verfahren der Störungsrechnung verwendet, und virtuellen Teilchen im Vakuumzustand, die nur in populärwissenschaftlichen Darstellungen zu finden sind. Die virtuellen Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen sind, wenn wir nach der QFT gehen, durchaus real, in dem Sinne, dass die S-Matrix-Terme, die diesen virtuellen Teilchen entsprechen, durchaus etwas real vorhandenes beschreiben: bei der Streuung zweier Elektronen z.B. drückt das virtuelle Photon, das im zugehörigen Feynman-Diagramm in niedrigster Ordnung der Störungsrechnung auftritt, die Vermittlung der Wechselwirkung durch das elektromagnetische Feld aus.Pluto hat geschrieben:Sind also virtuelle Teilchen real? Ist es da nicht besser zu fragen, "Wie wirklich sind virtuelle Teilchen?".
Virtuelle Teilchen sind nicht real, aber u.U. außerordentlich nützlich.
Ganz anders ist es bei den virtuellen Teilchen beim Vakuumzustand. Die kommen nur in populärwissenschaftlichen Darstellungen vor, nicht in der QFT, und sind daher, wenn man nach der QFT geht, weder nützlich noch in irgendeiner Weise real.
Die virtuellen Teilchen bei Wechselwirkungsprozessen: die sind unentbehrlich, solange man das Verfahren der Störungsrechnung anwendet. Bei nicht-störungstheoretischen Verfahren, wie z.B. der Gitter-Eichtheorie, treten virtuellle Teilchen nicht direkt auf - man betrachtet da ja keine S-Matrix wie in der Störungsrechnung - sehr wohl aber das, was letzlich durch sie ausgedrückt wird, nämlich die Vermittlung von Wechselwirkungen durch Felder.Pluto hat geschrieben:Sie haben in der QFT einen sehr viel wichtigeren Erklärungswert als das geozentrische Modell in unserem Weltbild.
Aber sind virtuelle Teilchen so wichtig, als das man sie nicht entbehren könnte?
Die virtuellen Teilchen im Vakuumzustand: die sind vollkommen entbehrlich, sie kommen in der QFT ja überhaupt nicht vor (außer in populärwissenschaftlichen Darstellungen).
Hier muss man unterscheiden: meint man hier mit virtuellen Teilchen im speziellen die S-Matrix-Terme, die in Feynman-Diagrammen als inneren Linie auftreten, oder meint man allgemeiner das, was durch diese S-Matrix-Terme beschrieben wird, also die Wechselwirkungsvermittlung durch Felder? Nicht-perturbative Effekte zeichnen sich dadurch aus, dass sie nur nicht-perturbativ, also nicht durch die Störungsrechnung, beschrieben werden können. Da man sie nicht störungstheoretisch beschreiben kann, gibt es da auch keine S-Matrix, und folglich keine S-Matrix-Terme, und damit keine inneren Linien in Feynman-Diagrammen. Virtuelle Teilchen als innere Linien in Feynman-Diagrammen spielen da also keine nebensächliche Rolle, sondern sie sind gar nicht vorhanden. Das, was sie letzlich beschreiben, nämlich Felder, die Wechselwirkungen vermitteln, ist dagegen sehr wohl vorhanden und spielt auch eine wesentliche, also nicht-nebensächliche Rolle.Pluto hat geschrieben:Wir wissen heute, dass es nicht-perturbative Effekte in der QFT gibt, bei denen virtuelle Teilchen nur eine sehr nebensächliche Rolle spielen.
Die virtuellen Teilchen im Vakuumzustand dagegen spielen generell keine Rolle, weder störungstheoretisch (=perturbativ) noch nicht-störungstheoretisch, da sie in der QFT schlicht überhaupt nicht vorkommen.
Solange man Störungsrechnung macht, kommt man nicht ohne S-Matrix aus, ja. Aber vielleicht kann man ja mal ein Verfahren entwickeln, das die Störungsrechnung überflüssig macht. Als etabliertes nicht-störungstheoretisches Verfahren gibt es z.B. die Gitter-Eichtheorie, die aber eher eine Ergänzung zur Störungsrechnung darstellt als dass sie diese vollständig ersetzen könnte.Pluto hat geschrieben:Dagegen muss man halten, dass Konzepte wie die S-Matrix nicht reduzierbar sind
Ich nehme an, mit Teilchenmodell meinst du das des Welle-Teilchen-Dualismus? Ja, die QFT kann die Welt besser beschreiben als der Welle-Teilchen-Dualismus (oder dessen Teilchenmodell alleine) es kann. Allerdings hat das wenig damit zu tun, dasss innerhalb der QFT die Störungsrechnung (und mit ihr die S-Matrix) ein sehr wichtiges Hilfsmittel ist.Pluto hat geschrieben:so dass die QFT nicht entbehrlich ist und somit die Quantenwelt besser beschreibt als das Teilchen-Modell.
Dadurch, dass Felder für die QFT unentbehrlich sind (anders als die Störungsrechnung, zu der es Alternativ-Verfahren geben kann), sind sie eigentlich nicht direkt näher an der Wahrheit. Allerdings ist die QFT dadurch, dass sie die Welt sehr viel besser erklären kann als der Welle-Teilchen-Dualismus, näher an der Wahrheit als der Welle-Teilchen-Dualismus. Und dadurch, dass die QFT näher an der Wahrheit ist, sind auch die Objekte der QFT, also Felder, näher an der Wahrheit.Pluto hat geschrieben:Auch wenn man Quantenfelder nicht beobachten kann, sind sie unentbehrlich für die Theorie, also sind wir damit näher an der Wahrheit!