JackSparrow hat geschrieben: ↑So 18. Apr 2021, 21:18
Umso merkwürdiger, dass du wenige Stunden zuvor noch das genaue Gegenteil vertratest, nämlich dass Macht den Charakter verderbe.
Ok,
Aussage 1: Macht verdirbt den Charakter.
Aussage 2: Menschen mit verdorbenem Charakter streben häufiger nach Macht.
Ich sehe da keinen Widerspruch, überhaupt nicht. Beides ist der Fall, voll und ganz. Beides gibt es. Der Verdorbene wird dann noch verdorbener. Der nicht verdorbene wird dazu. Aber es gibt Ausnahmen und es gibt auch Abstufungen. Es gibt sehr viele Faktoren, von denen das alles abhängt. Jeder Fall ist ein Einzelfall. Verdorbenheit gibt es in unterschiedlichen Ausrichtungen und Abstufungen.
JackSparrow hat geschrieben: ↑So 18. Apr 2021, 21:18
Der Durchschnittsbürger kann Ursache nicht von Wirkung und Wirkung nicht von Korrelation unterscheiden. Wen kann es da verwundern, wenn Querdenker, Esoteriker oder Verschwörungsgläubige aus den richtigen Daten die falschen Schlüsse ziehen.
Verstehe. Ja, man braucht sich nicht zu wundern, wenn es so ist. Nur ob es so ist bzw. in welchen Fällen und in welchen nicht, das ist die Frage.
JackSparrow hat geschrieben: ↑So 18. Apr 2021, 21:18
Das ist logischerweise die einzig logische Schlussfolerung, da du dich nur entweder auf der einen Seite des Spektrums oder auf der anderen Seite des Spektrums befinden kannst.
Also das eine Spektrum: Streben nach Macht und Ruhm
Das andere Spektrum: Das Streben nach Unterwerfung und Vereinsamung.
Verstehe ich das jetzt richtig, wie Du es meinst? Du meinst, dass man nur entweder nach Macht und Ruhm strebt oder nach Unterwerfung und Vereinsamung?
Also wer nicht nach Unterwerfung und Vereinsamung strebt, der muss nach Macht und Ruhm streben? Ernsthaft?
Was ich glaube, ist:
Nur eine Minderheit ist hungrig nach Macht und / oder Ruhm. Eine ganz kleine Minderheit. Die Mehrheit hat andere Schwerpunkte. Sehr viele Menschen wollen einfach nur ein friedliches Leben. Wollen genug zum Leben - für sich und vielleicht die Familie. Wollen Menschen um sich, mit denen sie gut auskommen, die sie lieben und von denen sie geliebt werden. Wollen Sicherheit. Wollen ein wenig Anerkennung im Job. Es muss keine große Karriere sein. Wollen eine stabile, harmonische Partnerschaft. Wollen Kinder. Wollen nichts "Großartiges". Weil ihnen Macht und Ruhm überhaupt nichts bedeuten. Wollen sie sich anstatdessen unterwerfen? Oder vereinsamen? Unterwürfigkeit ist eine spezielle Charaktereigenschaft, die bei manchen Menschen mehr oder weniger ausgprägt ist. Aber nicht unbedingt generell. Nicht immer. Es ist zB bekannt, dass manche Menschen mit viel Macht gleichzeitig auch eine große innere Sehnsucht nach Unterwerfung haben. Das schließt einander nichts aus. Und Sehnsucht nach Vereinsamung? Ein Mensch, der keinen Ruhm hat, ist doch nicht automatisch vereinsamt. Die Hauptsache spielt sich zwischen den Extremen ab. Es gibt auch da das Phänomen, dass gerade Menschen, die besonders berühmt sind und zahllose Kontakte haben, sich innerlich völlig leer und vereinsamt fühlen.
JackSparrow hat geschrieben: ↑So 18. Apr 2021, 21:18
ein erfülltes Leben in Würde und mit sehr vielen sozialen Kontakten
Also Macht und Ruhm. Schön dass wir unser Missverständnis so schnell beseitigen konnten.
Haha. Nein, warte noch mal kurz. Ich komme da bei Dir nicht mit. Daher mal kurz zu den Begriffen, wie ich sie verstehe:
(nur mal so auf die Schnelle getippt, ist sicher überhaupt nicht vollständig oder gut durchdacht etc...)
- Macht : Vorrangig durch Positionen, Stellen, Posten etc. in politischen Parteien, Firmen, Vorständen etc.. Darüber hinaus wirtschaftliche Macht durch Geld, Vermögen, Firmen etc... Andere Formen von Macht wären vorteilhafte Beziehungen zu anderen Menschen mit Macht etc. - oder auch Berühmtheit.
- Ruhm: Ein hohes Maß an Anerkennung durch möglichst viele, möglichst bekannte und anerkannte Menschen, Gruppen, Institutionen.
- Würde: Ein gesundes Selbstwertgefühl, sich wertvoll und respektiert empfinden.
- Soziale Kontakte: Menschen, die man kennt, mit denen man freundschaftlichen Austausch pflegt, gemeinsam was macht, einander hilft, zuhört, beisteht etc...
Menschen, die nach Macht streben, gehen zB in die Politik, sie suchen einflussreiche Kontakte etc. etc.. Machthunger ist eine lebensausfüllende Triebkraft. Der Machttrieb ist der Trieb zu kontrollieren und beherrschen. Das ist etwas ganz eigenes.
Menschen, die nach Ruhm streben, wollen im Rampenlicht stehen. Sie wollen, dass über sie geredet wird. Dass überall ihr Name steht. Sie suchen nach Möglichkeiten, in der Öffentlichkeit zu glänzen durch besondere Leistungen oder Attraktivität.
Menschen, die Würde suchen, können die auf viele Arten finden. Zum Beispiel in einer sinnstiftenden, erfüllenden Tätigkeit. Wo sie erleben, was sie können. Wo sie an den Reaktionen anderer erkennen: Ich bin wertvoll für andere. Sicher haben Menschen mit Macht und Ruhm - möchte man meinen - ein hohes Selbstwertgefühl. Aber ich denke, dass das nicht so ist. Im Rampenlicht - aber alleine zu Hause? Würde findet man eben nicht durch Macht und Ruhm. Würde ist eine Qualität des Charakters.
Menschen, die soziale Kontakte suchen, finden sie im Freundeskreis. Menschen kennenlernen. Da gibt es viele Wege. Manches ergibt sich. Manches kann man finden, zB durch einen Verein, durch die Teilnahme an einer caritativen Aktion. Und so weiter. Es geht um Menschlichkeit im Kleinen. Das ist ein kleines Glück, ein alltägliches, unspektakuläres Glück. Menschen, die man kennt, schätzt, mit denen man sich verbunden fühlt.
So, und jetzt bitte nochmal, wie kommst Du dazu, "Macht und Ruhm" mit "Würde" und "sozialen Kontakten" gleichzusetzen?