Das sieht man auch sehr schön am Spiel der "stillen Post", auch mit Erwachsenen, bei allerbester Absicht und quasi in Echtzeit. Es ist aber die Basis der mündlichen Überlieferung im Falle der Jesus-Saga.Naqual hat geschrieben: ↑Do 10. Jun 2021, 10:06Und die Weitergabe der Erkenntnisse der damals neuen Religion erfolgte nicht über Videoaufzeichnungen, Zeitungen und Bücher sondern mündlich. In Gesprächen von A zu B, zu C, zu D. usw. Es gibt in der Jugendarbeit ein schönes Spiel für Kinder: der erste bekommt einen kurzen Satz gesagt, den dieser dem nächsten ins Ohr flüstert und dieser wieder dem nächsten. Nach dem 6. Durchgang kommt jedenfalls ganz was anderes heraus. Und das ist keine böse Absicht.
So ist es. Dass Gott einen unehelichen Sohn mit einer Menschenfrau haben soll, kennt man zwar aus der griechischen Götterwelt, aber für einen gläubigen Juden war das reinste Gotteslästerung. So dürfte es auch der gläubige Jude Jesus gesehen haben. Die Forschung geht mehrheitlich davon aus, dass Jesus sich nicht als Gott gesehen hat. Ob er sich als Messias verstanden hat, ist zumindest umstritten.Naqual hat geschrieben: ↑Do 10. Jun 2021, 10:06Später wurde dann noch die Interpretationen der Texte kirchenmachtpolitisch überarbeitet (am deutlichsten sichtbar unter der Regie des Nichtchristen Konstantin). Aus dem Jesus, der ein über den Engel stehendes höchstes Wesen unmittelbar unter Gott geworden war (in den Texten), wurde auf einmal ein Gott. Und spätestens hier haben wir den massivsten Unterschied in der Gottesvorstellung von den Juden und den Christen. Aus jüdischer Sicht gibt es auch überhaupt keinen Sinn, warum Gott Mensch werden sollte.
Das lag aber auch ein wenig am Angeklagten selbst. Nach antiker Prozessordnung gab es kein Aussageverweigerungsrecht für den Angeklagten. Sein Schweigen hätte demnach als Schuldeingeständnis gewertet werden müssen. Ein Evangelist läßt Jesus sogar die Anklage bestätigten. (Du sagst es)Naqual hat geschrieben: ↑Do 10. Jun 2021, 10:06LoL. Also ich denke nicht, dass die Römer Leute hinrichteten, weil sie recht lieb waren. Die Kreuzigung war nur für Menschen zweiter Klasse (Nicht-Römer, Sklaven) vorgesehen bei Kapitalverbrechen gegen den Staat. Allerdings musste man nicht unbedingt eine "Anstiftung zum Aufruhr" wirklich schuldig sein. Die dachten nicht "in dubio pro reo" (im Zweifel zugunsten des Angeklagten), sondern eher "in dubio contra reo".Wurde man bei den Römern für die Nächsten- und Feindesliebe hingerichtet oder doch eher für die Anstiftung zum Aufruhr?
Nach damaliger Rechtssprechung war seine Schuld erwiesen und sein Schicksal besiegelt. Die Schilderung des Prozesses mit Pilatus selbst als Prozessführender und die Einbindung seiner Frau in das Prozessgeschehen, deuten darauf hin, dass es sich um eine legendarische Ausschmückung des Prozesses durch die Evangelisten handelt.
Von einer Tradition, dass ein Verurteilter am Pessahfest freigelassen wird, ist den Historikern sonst nichts bekannt. Auch steckt der Prozess voller Verfahrensfehler.
Mit der Schilderung des Prozesses schlugen die Evangelisten zwei Fliegen mit einer Klappe:
Zum einen entlastete man die römische Besatzungsmacht und gab ihre keine Schuld am Tod des religiösen Führers der neuen Sekte, zum anderen belastete man damit die Juden und revanchierte sich für die Ablehnung des Jesus als Gottessohn.
Vor dem Hintergrund seiner Brutalität ist der geschilderte Prozess um so fragwürdiger.