Einstein und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

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Halman
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#161 Re: Einstein und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Beitrag von Halman » Fr 28. Mär 2014, 12:30

closs hat geschrieben:In diesem Sinne ist eine Unschärfe aus Sicht des Subjekts nicht notwendigerweise (nach meiner Ansicht gar nicht) Eigenschaft des Objekts (aus dessen Perspektive).
Diesbezüglich verweise ich die Seiten 64 bis 75 aus Skurrile Quantenwelt. Darin wird es plausibel und nachvollziehbar erklärt.

An dieser Stelle möchte ich an meine Postings auf Seite 4 anschließen, indem ich etwas zum Doppelspaltexperiment schrieb.
Ergänzend sei erwähnt, dass die Spalten sehr schmal sein müssen, nahe der Wellenlänge des kohärenten Lichtees. Es handelt sich um Spaltenbreiten von 50 Nanometern und einem Spaltenabstand von 100 nm, sowie um Fluglängen von einigen zehntel Millimetern.

Dies mag die Frage aufwerfen, wo denn die "Grenze" liegt. Oder noch provokativer: Gibt es überhaupt eine Grenze zwischen Mikrokosmos und Mesokosmos?

Grundsätzlich gilt die Unschärfe unabhängig von der Größe, kann aber für den Meso- und Makrokosmos vernachlässig werden. Ein Tennisball bspw. hat eine Wellenlänge von 10^-34 m (zum Vergleich: der Durchmesser eines Protons beträgt etwa 1,7 * 10^-15 m). Die Unschärfe eines mesokosmischen Objektes ist also vernachlässigbar klein und liegt beim Tennisball nur eine Größeneinheit über der Planck-Länge von 1,616199 • 10^−35 m (der vermutlich kleinsten Längeneinheit, der physikalische Relevanz zugesprochen werden kann).

Gem. dem Buch „Skurrile Quantenwelt“ von Silvia Arroyo Camejo aus dem Jahre 2005 (welches ich übrigens wärmstens empfehlen kann), waren die größten Quantenobjekte Moleküle mit 60 bis über 80 Atomen. In „Spektrum der Wissenschaft“ (Oktober 2012) wird in dem Aufsatz „Schrödingers Katze auf dem Prüfstand“ sogar von Molekülen aus bis zu 100 Atomen berichtet.

Es ist übrigens ein weit verbreiteter Trugschluss, dass die Unschärfe auf ein Messproblem zurückgeht. Die Unschärferelation beschreibt mitnichten ein Messproblem, als vielmehr eine fundamentale Eigenschaft von Quantenobjekten. Die Formel für die Heisenberg'sche Unschärferelation lautet:
Δx * Δp > ħ / 2
D.h, je genauer oder schärfer Δx bestimmt wird (also je genauer es lokalisiert ist), je unschärfer ist der Wert für den Impuls Δp (umgekehrt gilt das Gleiche).
Da den Quantenobjekten also die Eigenschaften fehlen, dass Ort und Impuls gleichermaßen „scharf“ bestimmt sind (ganz anders, als in unserer mesokosmischen Erfahrungswelt), ist es auch unsinnig, ihnen solche Eigenschaften zuschreiben zu wollen.

Es gibt verschiedene Deutungen des Doppelspaltexperiments. Die eine besagt, dass die Wellenfunktion des Quantenobjektes in dem Augenblick kollabiert, indem es den Detektorschirm trifft und so gemessen wird. Vor dem Auftreffen befindet sich das Teilchen im Zustand der Superposition und kann daher nicht auf einen Spalt lokalisiert werden. Impuls und Position von Quantenobjekten sind unscharf. Und je schärfer die Position wird, je unschärfer wird der Impuls (gilt auch umgekehrt).

Um tiefer in die Materie einzutauchen, las ich das Buch Skurrile Quantenwelt von Silvia Arroyo Camejo. Hieraus mal ein Zitat:
Zitat aus Skurrile Quantenwelt:
Die Schrödinger-Gleichung vermag uns keine Information darüber zu geben, wo die Wellenfunktion letztlich im Moment der Messung kollabieren wird.
Sehen wir also die Beschreibung durch den quantenmechanischen Formalismus als vollständig an, so kann der Ort des Kollapses nur zufällig gewählt sein. Für die finale Wirkung gibt es laut der Quantenmechanik tatsächlich keine Ursache.
Diesen fundamentalen Interdeterminismus, der den Charakter der Quantenmechanik maßgeblich bestimmt, konnte Einstein aber keinesfalls hinnehmen. ... Die Annahme eines den Interdeterminismus implizierenden Kosmos widersprach einfach grundlegend seinem Naturverständnis.
Daher ersann Einstein die Idee der lokalen verborgenen Parameter, welche aber durch die Bell'sche Ungleichung experimentell falsifiziert wurden. Lehnt man den Interdeterminismus der QM ab, bleiben nur die nichtlokalen verborgenen Parameter oder die recht populäre Viele-Welten-Deutung.
Ich lehne letzte ab, verstehe kaum die Bohmschen Mechanik, in der die nichtlokalen verborgenen Parameter vorkommen und behelfe mich daher mit dem ehrwürdigen Kopenhagener Kollaps (s.o.).

Dies brachte Erwin Schrödinger auf das berühmte Gedankenexperiment von Schrödingers Katze, welches hier grafisch dargestellt ist:
Bild
Bildquelle

Das Schicksal der Katze hängt von einem einzelnen radioaktiven Isotop ab (einem Quantenobjekt, welches sich gem. der QM verhält und dem daher eine Wellenfunktion ψ zuzuschreiben ist). Welches Schicksal erleidet die Katze? Oder gibt es viele Katzen in vielen Welten?

Aber zunächst zurück zum Doppelspaltexperiment: Ein ganz entscheidender Faktor sind Wechselwirkungen. Modifiziert man das Doppelspaltexperiment, indem man bspw. eine Blasenkammer an einer Spaltöffnung montiert, welche die Teilchen dedektiert, so erscheint kein Interferenzmuster.

Der Messvorgang lässt die Wellenfunktion bereits am Spalt kollabieren. Daher wird auch kein Interferenzmuster auf der Photoplatte gebildet.
Wenn z.B. ein Laser auf einen der Spaltöffnungen gerichtet wird, erscheint kein Interferenzmuster. Grundsätzlich können Störungen das Messergebnis beeinträchtigen. Bei Experimenten mit Licht wird i.d.R. monochromatisches, kohärentes Licht verwendet, um ein klares Messergebnis zu erhalten.

Die Kopenhagener Interpretation geht davon aus, dass nur eine aller Möglichkeiten auch tatsächlich eintritt. Da das Interferenzmuster auf dem Detektorschirm aber nur mit der Wellenmechanik erklärbar ist, aber dessen ungeachtet ein punktförmiges Teilchen gemessen wird, wird dies damit erklärt, dass die Wellenfunktion des Quantenobjektes im Moment der Messung kollabiert. Die vielen „überlagerten Zustände“ des Quantenobjektes im Zustand der Superposition kollabieren also zu einem einzigen Zustand.
Allerdings ist dieser Kollaps selbst nicht beobachtbar. Ferner unterstellt diese Deutung einen instantanen Kollaps (anstelle einer zeitlichen Verzögerung, wie sie aus der Lichtgeschwindigkeit folgt). Daher erscheint mir die Kopenhagener Deutung pragmatisch und unelegant.

Manche Physiker ziehen es vor, die Kopenhagener Interpretation mit den mysteriösen Kollaps der Wellenfunktion zu umgehen. Hugh Everett folgerte, dass alle Einzelzustände der Wellenfunktion real existierende „Zweige“ des Gesamtsystems sind. Hierzu ging er von folgenden Annahmen aus:
1. Die Wellenfunktion ist nicht nur einfach eine Beschreibung des Zustands eines Objektes sondern sie ist das Objekt. Diese Annahme teilt sie mit anderen Interpretationen.
2. Beobachtung spielt keine spezielle Rolle anders als z.B. in der Kopenhagener Interpretation.
QUELLE

Daher wurden auch alternative Deutungen ersonnen, um eine „realistische Theorie“ zu formulieren. Eine davon ist die sog. „Viele-Welten-Deutung“. Sie besagt, dass alle Möglichkeiten auch immer eintreten und wir eben nur jene beobachten können, die in unserem Universum realisiert wird.

Bryce DeWitt entwickelte die populäre Viele-Welten-Deutung. So befremdlich diese Interpretation auch erscheinen mag, so stellt sie doch eine logisch konsistente Theorie dar, welche gegenüber der Kopenhagener Deutung einige Vorzüge besitzt. In meinem Uni-Protokoll-Link heißt es hierzu:
Zitat aus "Viele-Welten-Interpretation" (siebenter Absatz):
Mathematisch und physikalisch ist die Viele-Welten-Interpretation einfacher als die Kopenhagener Interpretation. Der Vorgang des Messens oder Beobachtens hat keinen Sonderstatus und die Interpretation des Amplitudenbetrags der Wellenfunktion als Wahrscheinlichkeit ist eine Folgerung der Theorie anstatt ein notwendiges Axiom. Allerdings lehnen viele Physiker die Folgerung nicht beobachtbarer alternativer Universen auf der Basis von Ockhams Rasiermesser ab (beide Seiten argumentieren mit Ockhams Rasiermesser wenden es aber an unterschiedlichen Stellen an). Einige Physiker haben festgestellt dass die Unterstützung für die Viele-Welten-Interpretation zunimmt vor allem deshalb weil sich aus ihr Voraussagen zum Prozess der Quanten-Dekohärenz in einer natürlichen Weise zu ergeben scheinen statt dass sie in ad-hoc-Manier hinzugefügt werden müssen.
Anstelle des instantanen und damit uneleganten Kollapses, wird hier die Viele-Welten-Deutung von Dewitt und Everett favorisiert, über die Silvia Arroyo Camejo schrieb:
Zitat aus Skurrile Quantenwelt (Seiten 192):
Die quantenmechanischen Superpositionen eines Quantenobjekts werden folglich gar nicht als lokal an ebendiesem gleichzeitig vorliegend betrachtet, sondern als simultan in unendlich vielen Paralleluniversen existierend angesehen.

Es sei angemerkt, dass der Welle-Teilchen-Dualismus nur in den Anfängen der Quantenphysik bis etwa 1925 galt. In der Quantenmechanik spielt er keine Rolle mehr.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#162 Re: Einstein und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Beitrag von seeadler » Fr 28. Mär 2014, 12:34

lieber Halman,

sowohl auf den "Doppelspalt" als auf "Schrödingers Katze" habe ich noch gewartet. Passt hier wunderbar hinein und hatte dies vor kurzem auch meinem Sohn demonstriert. Danke!

Gruß
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#163 Re: Einstein und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Beitrag von Zeus » Fr 28. Mär 2014, 12:51

seeadler hat geschrieben:lieber Halman,

sowohl auf den "Doppelspalt" als auf "Schrödingers Katze" habe ich noch gewartet. Passt hier wunderbar hinein und hatte dies vor kurzem auch meinem Sohn demonstriert. Danke!

Gruß
Seeadler

Echt? Lebt die Katze noch?
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Halman
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#164 Re: Einstein und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Beitrag von Halman » Fr 28. Mär 2014, 14:10

seeadler hat geschrieben:lieber Halman,

sowohl auf den "Doppelspalt" als auf "Schrödingers Katze" habe ich noch gewartet. Passt hier wunderbar hinein und hatte dies vor kurzem auch meinem Sohn demonstriert. Danke!
Gerne! :)

Zeus hat geschrieben:Echt? Lebt die Katze noch?
Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Quantenmechanisch betrachtet befindet sie sich in einem überlagerten Mischzustand aus |tot> und |lebendig>.
Gem. der Viele-Welten-Deutung könnte man auch sagen, dass die Katze in einer "Welt" tot ist und inn einer anderen "Welt" lebt.

In der Populärwissenschaft wird manchmal angedeutet, dass dies unzählige alternative Realitäten zufolge hätte, einmal mit Lottogewinn und einmal ohne usw. Dies ist m. E. aber Quatsch.
In der Quantenmechanik geht es nur um das Verhalten von Quantenobjekten! Gemäß der „Viele-Welten-Deutung“ treten nur all die Möglichkeiten ein, die für Quantenobjekte gelten. Und da es im Universum keine geschlossenen Systeme gibt, muss man den ganzen Kosmos als ein solches System betrachten. Daraus folgt, dass man ganz viele Universen braucht, die alle im Makrokosmos völlig identisch sind und sich nur durch das Messergebnis auf dem Detektorschirm unterscheiden (und dies ist nur auf das eine Doppelspaltexperiment bezogen).

Dies bedeutet, dass bereits ein Doppelspaltexperiment unzählige Universen voraussetzt, damit alle möglichen Messergebnisse auch eintreten. Dies erscheint mir aus philosophischer Sicht wie eine riesige Verschwendung und daher lehne ich diese Deutung, obwohl ich ihr eine gewisse Eleganz zugestehe, ab.

Um eine lokal-realistische Theorie zu formulieren, ist es notwendig den Zufall in der Quantenmechanik (QM) nur auf Datenmangel zurückzuführen und folglich die QM als eine unvollständige Theorie anzusehen.
Allerdings legen alle bekannten Daten einen objektiven Zufall nahe, der nicht auf Datenmangel zurückzuführen ist (Kopenhagener Kollaps). So verschwindet beim Doppelspaltexperiment das Interferenzmuster, sobald man durch die Messung die Positionen der Quantenobjekte misst. Dass lässt sich dadurch erklären, dass durch die Messung die Wellenfunktion des Quantenobjektes kollabiert.
Wenn aber der Kopenhagener Kollaps nur ein scheinbares Phänomen ist und die Messung nicht zum instantanen Kollaps der Wellenfunktion Ψ führt, sondern die Position aller Quantenobjekte bereits vor der Messung bestand, dann muss es verborgende Parameter geben.

Einstein schlug lokale, verborgene Parameter vor, um eine „realistische Theorie“ zu formulieren.

Gemäß der QM ist auch der Spin (eine Art „Drehimpuls“ der Quantenobjekte) im Zustand der Superposition und somit vor der Messung unbestimmt. Gem. der Theorie der lokalen verborgenen Parameter ist der Spin aber bereits vor der Messung bestimmt.
Aus der Annahme lokaler verborgender Parameter ergeben sich die Bell'schen Ungleichungen. Dabei handelt es sich um eine quantitative (und damit überprüfbare) Voraussage darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit Spinorientierungen bei Teilchenpaaren, die von einer EPR-Quelle erzeugt werden, eintreten.
Alan Aspect überprüfte die Bell'schen Ungleichung experimentell und stellte fest, dass diese durch die Versuchsergebnisse verletzt wurden. Damit ist die lokal-realistische Theorie der lokalen verborgenen Parameter falsifiziert.

Die einzige mir bekannte „Nische“, um mithilfe der verborgenen Parameter eine „realistische Theorie“ zu formulieren, welche die Welt unabhängig von der Beobachtung durch die Messung zu beschreiben vermag, ist die Annahme von nichtlokalen, verborgenen Parametern. Diese entziehen sich aber bislang einer Überprüfung und werden von den meisten Physikern als wenig wahrscheinlich verworfen.

Dann bliebe noch die oben bereits angeführte Viele-Welten-Deutung. Diese erscheint mir aber wie eine riesige Verschwendung. Man denke nur an das berühmte Doppelspaltexperiment. Ein Photon kann irgendwo auf dem Detektorschirm auftreffen. Für jede Möglichkeit müsste man ja eine komplette Welt (ein komplettes Universum) annehmen, damit auch ja alle möglichen Messergebnisse realisiert werden. Und diese Deutung kann ich einfach nicht akzeptieren.

Da alle Deutungen ihre Nachteile haben, akzeptiere ich [vorläufig] – zähneknirschend – den Interdeterminismus der Kopenhagener Deutung.
Die Kopenhagener Deutung wähle ich nicht aus völliger Überzeugung, sondern als „Arbeitsgrundlage“, die mir am wenigsten Unbehagen bereitet. Den Interdeterminismus akzeptiere ich also aus einem gewissen Pragmatismus heraus, weil mir ansonsten nur zwei Alternativen bleiben, mit denen ich kaum etwas anfangen kann.
Gewissermaßen drei unbefriedigende Interpretationen, von denen ich eben jene [vorläufig] wähle, die mir am naheliegendsten erscheint.

Die Vorstellung, dass die Physik von einem bewussten Beobachter abhängig sein soll, erscheint mir befremdlich. Ich denke, dass es sinnvoll ist, die „Beobachtung“ synonym mit der Wechselwirkung zu setzen, da Quantenobjekte nur durch Wechselwirkung gemessen/beobachtet werden können. Im Falle des Doppelspaltexperimentes wäre demzufolge der „Beobachter“ die Photoplatte, ein mesokosmisches Objekt, mit dem die Quantenobjekte zwangläufig wechselwirken, wenn sie darauf treffen.

Da wir nun erkannt haben, dass die „Teilchen“ in Wahrheit weder als klassische Teilchen, noch als klassische Wellen, angesehen werden können, stellt sich natürlich die Frage, was wir über Quantenobjekte denn eigentlich wirklich aussagen können. Was ist wirklich fundamental?

Vielleicht ist Materie Information. Sie besteht aus nichtklassischen Teilchen. Nichtklassisch heißt, dass sie uns zwar als Teilchen erscheinen (zuweilen auch als Wellen), aber im Grunde gibt es für sie keine Entsprechung aus unserer Erfahrungswelt. Die Teilchen der Quantenwelt sind keine klassischen Teilchen (wie Staubkörner z.B.) und ebenso wenig klassische Wellen – es sind Objekte der Quantenwelt: Quantenobjekte. Wenn wir sie als Wellen oder Teilchen beschreiben, bedienen wir uns klassischer Begriffe, unter denen wir uns etwas vorstellen können. Dies kann aber auch irreführend sein.
Am zutreffendsten kann man Quantenobjekte afaik durch Informationen beschreiben (dabei handelt es sich um physikalische Informationen und nicht um Geistiges im Sinne des philosophischen Idealismus'). In der Quantenteleportation werden diese Informationen übertragen. Dabei entsteht keine Kopie, sondern das Quantenobjekt selbst wird teleportiert. Es ist – so scheint es zumindest – Information.
Laut der Quantenfeldtheorie handelt es sich bei Quantenobjekten (nichtklassische Teilchen) um Anregungen von Feldern. So sind Photonen Anregungen des EM-Feldes, Elektronen Anregungen des Dirac-Feldes usw. Diese Anregungen könnte man in der Sprache der Information beschreiben.

Laut dem Physiker Wheeler beschrieben wir früher die Welt durch die Physik der Teilchen, heute durch die Physik der Felder und in Zukunft würde sich die Physik vermutlich der Sprache der Information bedienen.

... Zeilinger teilt mit Wheeler die Hoffnung, dass wir "morgen gelernt haben werden, die gesamte Physik in der Sprache der Information zu verstehen und zu beschreiben".

Zitat aus Wikipedia:
... Bubs Interpretation entspricht hingegen der entgegengesetzten Position, dass Physik auf Information reduzierbar sei. Der bekannteste Vertreter dieser Denkschule, der Physiker J. A. Wheeler, formulierte 1990 seine „it from bit“-These, derzufolge alle physikalischen Entitäten, wie z. B. Elementarteilchen, Kraftfelder, selbst die Raumzeit, einen informationstheoretischen Ursprung haben.

Die Sache mit der „Katze“ ist in der Tat verzwickt. Folgt man der Kopenhagener Deutung, so kollabiert die Wellenfunktion des Isotops, weil es mit der mesokosmischen Welt (Geigerzähler, Hammer, Katze) wechselwirkt.
Angenommen ein Photon bewegt sich durch den Kasten mit dem experimentellen Aufbau und trifft auf Schrödingers Katze. Aber halt, wenn sie tot ist, liegt die Katze auf den Boden und das Photon trifft nicht auf die Katze und bewegt sich daher ungehindert durch den Kasten. Ob das Photon also auf die Katze trifft oder nicht, hängt davon ab, in welcher Position sie sich befindet, also ob sie tot oder lebendig ist. Schrödingers Katze und das Photon sind verschränkt.

Für ein Neutrino ist das viel leichter, es wechselwirkt nur mit der Schwachen Kernkraft und der Gravitation. Aber bereits ein Molekül wechselwirkt mit allen Grundkräften und die Katze erst recht.

Diese Überlegung mit der verschränkten Katze führt zur Viele-Welten-Deutung. Demnach überträgt sich die Superposition auf dem Meso-/Makrokosmos, in der alle möglichen Einzelzustände in parallelen Welten realisiert werden.

Gemäß der Kopenhagener Deutung kollabiert die Wellenfunktion immer dann, wenn das Quantenobjekt „beobachtet“ = gemessen wird. Verzwickt wird dies bei Teilchenpaaren, die miteinander verschränkt sind. Woher weiß Teilchen „Bob“, dass Teilchen „Alice“ gemessen wurde?
Einstein war diese „spukhafte Fernwirkung“ immer ein Dorn im Auge. Wenn ich darüber nachdenke, gelange ich leider zur keiner Erkenntnis, aber dafür bekomme ich „Kopfschmerzen“.
Dazu passt auch ein Zitat von Niels Bohr: „Wer von der Quantentheorie nicht schockiert ist, hat sie nicht verstanden!“

Noch ein kleiner Hinweis: Die „Magie“ der Quantenmechanik verleitet einige dazu, paranormale und spirituelle Phänomene mit Quantenmechanik zu verquicken. Allerdings rate ich davon ab, weil es dazu verleiten kann, Quanteneffekte auf unser Gehirn zu übertragen.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#165 Re: Einstein und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Beitrag von seeadler » Fr 28. Mär 2014, 15:16

Lieber Halman,

nur benbei

Halman hat geschrieben:Zeus hat geschrieben:
Echt? Lebt die Katze noch?

Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Quantenmechanisch betrachtet befindet sie sich in einem überlagerten Mischzustand aus |tot> und |lebendig>.
Gem. der Viele-Welten-Deutung könnte man auch sagen, dass die Katze in einer "Welt" tot ist und inn einer anderen "Welt" lebt.

Zeus hätte dir diese Frage niemals gestellt, ebenso wenig wie Darkside dich hier in die psychologische Zwangsjacke stecken würde - die Frage war an mich gestellt. Hätte er sie dir gestellt, so wüsste er es wirklich nicht. Da er sie mir stellt, ist sie ironisch gemeint.

Gruß
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#166 Re: Einstein und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Beitrag von Halman » Fr 28. Mär 2014, 16:57

seeadler hat geschrieben:Zeus hätte dir diese Frage niemals gestellt, ebenso wenig wie Darkside dich hier in die psychologische Zwangsjacke stecken würde - die Frage war an mich gestellt. Hätte er sie dir gestellt, so wüsste er es wirklich nicht. Da er sie mir stellt, ist sie ironisch gemeint.
Danke für den Hinweis. Dennoch ist es eine knifflige Frage, dessen Beantwortung nichttrivialer Art ist. Die Rätsel, die uns Schrödingers Gedankenexperiment wie auch das berühmte Doppelspaltexperiment aufgeben, mögen unauflösbar erscheinen, aber so leicht geben wir uns nicht geschlagen. So könnte man versuchen, die Position der Elektronen mittels Röntgenstrahlung zu ermitteln. Dabei kommt es zum Compton-Effekt. Allerdings ist die Energie von Röntgen-Photonen zwecks Lokalisierung von Elektronen gemäß p=hv/c so hoch, dass dies eine erhebliche Impulsänderung der Elektronen zur Folge hat. Daher verschwindet das Interferenzmuster beim Doppelspaltexperiment bei der Bestrahlung mit Röntgenstrahlung. Zwar kann die Bahn der Elektronen nun gut bestimmt werden (der Wert für Δx ist klein), nicht aber ihr Impuls Δp. Je besser man die Elektronen lokalisiert, desto ungenauer wird die Impulsbestimmung.
Verwendet man hingegen niederfrequente Strahlung zur Lokalisierung, ist eine Zuordnung der Elektronen zum Spalt nicht mehr möglich, der Wert für Δx ist nun sehr groß).

Quanteninformation
Da Quantenobjekte weder klassische Teilchen, noch klassische Wellen sind, können wir sie nur anhand der Informationen beschreiben, durch die sich ein Quantenobjekt definiert (eine davon ist der Spin, eine Art quantenmechanischer Drehimpuls).
Bei der Quantenteleportation werden von Alice die Informationen zu Bob übertragen. Dazu sind ein verschränktes Teilchenpaar und ein klassischer Informationskanal notwendig. Das Teilchenpaar wird mittels einer EPR-Quelle erzeugt.
Bild
BILDQUELLE

Kristalle aus β-Bariumborat können UV-Photonen teilen und so erhält man verschränkte Photonenpaare mit doppelter Wellenlänge. Da ich hier an meine Grenzen stoße, verweise ich auf den verlinkten Artikel Quanten-Teleportation im Detail.

Ergänzend verweise ich auf das Kapitel „Was ist Quanten-Teleportation“ im Buch Skurrile Quantenwelt (Seite 192 ff):

Zitat von Anton Zeilinger (Spektrum der Wissenschaft 6 (2000): S. 25):
Ein Skeptiker mag einwenden, dass hier nur der Polarisationszustand des Photons übertragen wurde, oder allgemeiner, sein Quantenzustand, aber nicht das Photon "selbst". Doch da ein Photon vollständig durch seinen Quantenzustand charakterisiert wird, ist die Teleportation seines Zustands völlig äquivalent mit der Teleportation des Teilchens selbst.
Wenn von Alice die Informationen des Teilchens T zu Bob übertragen werden, so erhält er keine „billige Kopie“ von Alice, sondern das Quantenobjekt selbst wird durch die Übertragung der Zustände teleportiert, da es ja vollständig durch diese Information beschrieben wird.
Oder um es anders zu formulieren: Die Information wird teleportiert und damit ist das Orignal T teleportiert. Bei Alice werden durch die Bell-Messung die Quantenzustände von T zerstört. Es kann nicht geklont werden (No-Cloning-Theorem).

Silvia Arroyo Camejo bemerkte mit erfrischendem Humor zur Quantenmechanik:
Zitat aus Skurrile Quantenwelt:
Wären wir hingegen Objekte des Mikrokosmos, die in einer Größenordnung von 10^-10 m, also ungefähr dem Durchmesser eines Atoms, hausten, so würden uns diese verwunderlichen, fremdartigen Quantenphänomene durchaus nicht seltsam erscheinen, sondern wären purer Alltag. Kommen uns doch die Skurrilität und Paradoxie der Quantenobjekte nur deshalb als solche vor, da wir sie aus unserer makroskopischen Welt einfach nicht gewohnt sind. (Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit )
Das Elektron ist also weder eine Welle noch ist es ein Teilchen, es ist schlicht und ergreifend - ein Quantenobjekt!
Gemäß der Kopenhagener Deutung befindet sich ein Quantenobjekt im Zustand der Superposition, d.h. in einem unbestimmten Gesamtzustand. Die Wellenfunktion kollabiert erst, wenn das Quantenobjekt mit anderen Objekten wechselwirkt, was bei einer Messung eines Quantenobjektes ja zwangsläufig passiert, beim Dedektieren auf einen Schirm zum Beispiel.
Diese Sichtweise bestätigt auch das Buch „Skurrile Quantenwelt“.
Zitat von Silvia Arroyo Camejo (Skurrile Quantenwelt - Seiten 113/114):
Nach jener physikalischen Deutung kommt der beim Doppelspaltexperiment auftretende Kollaps der Wellenfunktion durch den Messprozess zustande. Durch die Wechselwirkung von Quantenobjekt (z. B. einem Elektron) mit dem makrokosmischen Objekt (z. B. dem Projektionsschirm) geht folglich die Überlagerung/Superposition der verschiedenen Zustände des Quantenobjektes (in diesem Beispiel) der Aufenthalt des Elektrons an den unendlich vielen Orten der Elektronen-Welle) verloren. Die Wechselwirkung des Quantenobjekts mit dem makrokosmischen Objekt bringt die Welle zum Einstürzen. Der Kollaps der Wellenfunktion ist also ein Resultat des Messprosses.
Der Kollaps kommt also dadurch zustande, dass das mikrokosmische Quantenobjekt mit der meso-/makrokosmischen Umgebung wechselwirkt.
Tja, ein Proton müsste man sein: Dann würde man die Quantenphysik verstehen, wäre immer positiv drauf und hätte eine nahezu unendliche Lebenszeit:-) - Silvia Arroyo Camejo

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#167 Re: Einstein und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Beitrag von Zeus » Fr 28. Mär 2014, 17:06

seeadler hat geschrieben:Lieber Halman, nur benbei
Halman hat geschrieben:Zeus hat geschrieben:
Echt? Lebt die Katze noch?
Da er sie mir stellt, ist sie ironisch gemeint.
Lieber Seeadler, die Frage war eigentlich nicht ganz ironisch gemeint. Ich als Tierliebhaber war um das Leben der armen von dir eingesperrten vom plötzliche Tod durch Gasvergiftung bedrohten Katze besorgt.
Denn du hattest geschrieben:
sowohl auf den "Doppelspalt" als auf "Schrödingers Katze" habe ich noch gewartet. Passt hier wunderbar hinein und hatte dies vor kurzem auch meinem Sohn demonstriert.

Wenn du bloß gesagt hättest, dass du das Experiment mit dem armen Tier deinem Sohn erklärt hättest, anstatt es zu demonstieren...


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#168 Re: Einstein und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Beitrag von Janina » Fr 28. Mär 2014, 17:33

Halman hat geschrieben:Die Kopenhagener Interpretation geht davon aus, dass nur eine aller Möglichkeiten auch tatsächlich eintritt. Da das Interferenzmuster auf dem Detektorschirm aber nur mit der Wellenmechanik erklärbar ist, aber dessen ungeachtet ein punktförmiges Teilchen gemessen wird, wird dies damit erklärt, dass die Wellenfunktion des Quantenobjektes im Moment der Messung kollabiert.
Nein. Die Kopenhagener Deutung ist die: Das Betragsquadrat der Wellenfunktion von x ist die Wahrscheinlichkeit für das Objekt, am Ort x zu sein. (Mathematisch nicht 100%ig korrekt, aber für den Hausgebrauch reichts.)
Damit ist ein Kollaps sinnlos. Für ein einzelnes Objekt ändert sich nicht die Aufenthaltswahrscheinlichkeit, auch wenn es detektiert wird. Aufenthaltswahrscheinlichkeit ist Statistik. Beim nächsten mal wird ein anderes Teilchen ganz woanders detektiert.
Ein Detektor an jedem Spalt führt eine Streuung aus, die die Phase aus dem Takt bringt und dadurch die Interferenz zerstört.
Auch bei der Katze tritt kein sinnloser "Zwischenzustand" zwischen Leben und Tod auf, sondern nur eine Wahrscheinlichkeitsaussage über ihren Zustand.

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#169 Re: Einstein und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Beitrag von Zeus » Fr 28. Mär 2014, 17:34

Halman hat geschrieben:
seeadler hat geschrieben:Zeus hätte dir diese Frage niemals gestellt, ebenso wenig wie Darkside dich hier in die psychologische Zwangsjacke stecken würde - die Frage war an mich gestellt. Hätte er sie dir gestellt, so wüsste er es wirklich nicht. Da er sie mir stellt, ist sie ironisch gemeint.
Danke für den Hinweis. Dennoch ist es eine knifflige Frage, dessen Beantwortung nichttrivialer Art ist..
Sehr richtig. Wie sagte doch Richard Feynman:
"Wer glaubt, dass er die Quantentheorie verstanden hat, der hat sie nicht verstanden"
Habe vielen Dank für deine ausführlichen Darlegungen, die ich mir in Ruhe zu Gemüte führen werde.

Gruß
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#170 Re: Einstein und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit

Beitrag von closs » Fr 28. Mär 2014, 18:44

Darkside hat geschrieben:Ist es aber trotzdem; deine "ontologischen" Sichtweisen sind dazu völlig irrelevant
Im Sinne der Anthropozentrik der (wissenschaftlichen) Wahrnehmung hast Du recht.

Halman hat geschrieben:Die Unschärferelation beschreibt mitnichten ein Messproblem
In der Tat - es geht nicht um ein Messproblem, sondern um ein grundsätzliches Problem.

Halman hat geschrieben: Die eine besagt, dass die Wellenfunktion des Quantenobjektes in dem Augenblick kollabiert, indem es den Detektorschirm trifft und so gemessen wird.
Dies hieße doch, dass der Wahrnehmungs-Versuch zu einer Veränderung des Objekts führt - nicht wahr?

Halman hat geschrieben: Sie besagt, dass alle Möglichkeiten auch immer eintreten und wir eben nur jene beobachten können, die in unserem Universum realisiert wird.
Das hieße doch, dass wir nicht alles beobachten können, was "ist" - nicht wahr?

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