Beitrag
von erbreich » Fr 27. Dez 2013, 16:41
Muss ich den Sinn denn noch anders benennen können? Genügt es nicht, schlicht darein zu vertrauen, dass diese kurze, vergängliche Existenz als der Mensch, der ich bin, sinnvoll sei? Wird meine Existenz erst sinnvoll dadurch, dass ich dem Sinn ein religiöses oder sonstwie ideologisches Etikett anhänge, welches dem Sinn an sich einen spezifischen weiteren Namen zuordnet?
Die Person, die ich bin, sieht sich eigentlich als eine Person bestehend aus ein Vielzahl von Personen oder Rollen, die diese Person in ganz unterschiedlichen Kontexten im Leben einnimmt. Im spirituellen Kontext würde ich sie hauptsächlich als eine Trinität beschreiben, nämlich bestehend aus folgenden drei Personen:
- dem Weltmenschen
- dem Christen
- dem Buddhisten
Als Weltmensch oder säkulare Person vertraue ich darein - oder übe mich, darein zu vertrauen -, dass die Existenz sinnvoll ist. Einfach so, weil es mir besser geht, wenn ich sie als sinnvoll erlebe als wenn ich sie als sinnlos erfahre.
Als Christ vertraue ich darein - oder übe mich, darein zu vertrauen -, dass Gott letztendlich alles in allen ist. Oder, wenn linear (historisch) gedacht, auf jeden Fall dereinst sein wird. (1.Kor 15,28)
Als Buddhist vertraue ich darein - oder übe mich, darein zu vertrauen -, dass ich in dieser jetzigen Existenz die Wurzeln der Leiderfahrung (Gier, Hass und Selbstsucht) erkennen und überwinden und dadurch die vollständige Befreiung von allem Leid- und Todunterworfenen (Nibbana) realisieren kann.
Ich verstehe aber auch unseren Meister Eckhart sehr gut, wenn er sagt, für ihn habe das Leben keinen Sinn. Weil ich auch diese Seite der Münze sehr wohl aus eigenem Erleben kenne und auch immer wieder erlebe. Sinn und Sinnlosigkeit sind genauso eins wie Tag und Nacht, Lust und Schmerz, Freude und Leid, Geborenwerden und Sterben, Leben und Tod.
Meine Übung der Sinnerfassung - egal als welche Person, egal in welcher Rolle - macht ja überhaupt erst Sinn vor dem Hintergrund der Sinnlosigkeit...