Was ist Zufall?

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ThomasM
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#21 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von ThomasM » Fr 12. Jul 2013, 21:46

Lamarck hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben: - Ursache und Ereignis werden in der Regel dadurch auseinandergehalten, dass die Ursache zeitlich vor dem Ereignis stattfindet.
...
Du siehst: Offenbar ist die zeitliche Reihung nicht hinreichend, es muss sich vielmehr eine Transformation von n nach n' feststellen lassen. Damit ist der Beobachter eingeführt, der die Reihung vollzieht.
Das sehe ich etwas anders.
Der Beobachter beobachtet n und n'. Das ist erst mal alles.
Dann geht ein Mensch (es muss nicht der Beobachter sein) hin und macht ein mathematisches Modell und das enthält eine Transformation von n nach n'. Erst danach ist n als Ursache von n' klassifiziert, es ist eine Folge des Modells.
Nicht eine Folge der Anwesenheit eines Beobachters.

Man könnte als Beispiel die statistische Korrelation von Geburten mit der Siedlung von Klapperstörchen nehmen (Annahme: da gibt es eine). Man würde das für Quatsch halten, bis jemand ein Modell entwickelt, wie der Zusammenhang sein kann (z.B. in neuen Häusern, wo bevorzugt junge Familien leben, nisten Störche besonders gerne)

Lamarck hat geschrieben: Den entsprechenden Beweis zu führen ist ja gerade das, was wir hier tun ... .
...
Damit ist dargelegt, dass prinzipiell allein aus dem Ereignis nicht die genaue Ursache bestimmt werden kann und vice versa.
Selbst wenn wir einmal (zufälligerweise :lol: ) in etwas übereinstimmen, haben wir damit noch lange keinen Beweis geführt.
Ich stimme grundsätzlich mit der letzten Aussage überein, obwohl ich einschränke, dass das von dem Modell abhängt, das ich mir von der Realität mache.

Lamarck hat geschrieben: Aristoteles führt eben deshalb aus dem Kausalprinzip seiner materialistischen Vorläufer, der causa materialis, eben u. a. die causa finalis ein und bereitet so in seiner Metaphysik ein Biotop für Götter vor. Dein Wunsch ist als Soll-Ist-Vergleich mithin ebenfalls eine causa finalis - Du strebst das Erreichen eines bestimmten Ziels an, wofür Du Deine nichtzufälligen (?) Gründe hast.
Der causa finalis ist also beim Ablauf der Ereignisse eine Art "hidden agenda", die zu dem Ergebnis führt, das dann eintritt. Bei Menschen scheint das ok. Bei den Objekten der Natur ist das kaum vorstellbar ohne Rückgriff auf Gott.
Ein reiner Naturalist muss also die Annahme einer causa finalis ausschliessen.
Denn selbst Menschen sind nach dieser Vorstellung ja biologische Computer.
Wo aber dann der Zufall herkommt, ist mit dieser Vorstellung ebenso vollständig unklar.

Lamarck hat geschrieben: Scheinprobleme sind nur vordergründig Probleme. Es liegt analog ein Scheinproblem vor, etwa nach der letzten Ziffer von Ï€ zu fragen. Was genau hat dem Kleinkind nun weh getan, auch wenn dieses den Stuhl zu Unrecht verantwortlich macht? Warum macht es denn den Stzhl verantwortlich?
Ich hatte gefragt, warum du die Aussagen über den Zufall als Scheinproblem siehst. Dass "der Zufall" eine sprachliche Personifizierung ist, ist mir klar. Dann ist aber zu fragen, was denn das ist, was wir mit dem Begriff umschreiben?

Übrigens: Die Frage nach der letzten Ziffer von Ï€ ist kein Scheinproblem, sondern läßt sich beantworten. Es gibt keine letzte Ziffer.

Und das Kleinkind hat lediglich logisch gedacht. Denn es überlegt vollkommen zu Recht "Ich würde mir selbst doch niemals weh tun, denn ich habe ja nicht gerne Schmerzen. Also muss es der Stuhl gewesen sein.

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Lamarck
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#22 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Lamarck » Sa 13. Jul 2013, 14:54

Hi ThomasM!

ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben: Ursache und Ereignis werden in der Regel dadurch auseinandergehalten, dass die Ursache zeitlich vor dem Ereignis stattfindet.
Du siehst: Offenbar ist die zeitliche Reihung nicht hinreichend, es muss sich vielmehr eine Transformation von n nach n' feststellen lassen. Damit ist der Beobachter eingeführt, der die Reihung vollzieht.
Das sehe ich etwas anders.
Der Beobachter beobachtet n und n'. Das ist erst mal alles.
Dann geht ein Mensch (es muss nicht der Beobachter sein) hin und macht ein mathematisches Modell und das enthält eine Transformation von n nach n'. Erst danach ist n als Ursache von n' klassifiziert, es ist eine Folge des Modells.
Nicht eine Folge der Anwesenheit eines Beobachters.

Die Beobachtung von n und n' genügt nicht. Wir betrachten hierzu ein Galtonbrett:









Wir betrachten die Phänomenologie des Galtonbretts kleinteilig: Es sei eine obere Zeile, bestehend aus den Ursachen {U1, U2, U3} sowie eine alternierend angeordnete untere Zeile, bestehend aus den Wirkungen {W1, W2}. Im Einzelfall kann W1 beispielsweise Ergebnis sowohl von U1, als auch von U2 darstellen, während das Ergebnis für U2 wiederum sowohl von W1, als auch von W2 ausgehen kann. Die Kenntnis von Ui oder Wk alleine genügt also nicht; um die Transformation von n nach n' festzustellen, muss der einzelne Übergang Ui nach Wk zwingend beobachtet werden. Dies gilt übrigens auch dann, wenn keine faire bean machine vorliegt. Die Verkettung der Ursache-Wirkung-Beziehungen hingegen ist es, die im fairen Fall gegen die Normalverteilungskurve tendiert.




ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Den entsprechenden Beweis zu führen ist ja gerade das, was wir hier tun ... .
...
Damit ist dargelegt, dass prinzipiell allein aus dem Ereignis nicht die genaue Ursache bestimmt werden kann und vice versa.
Selbst wenn wir einmal (zufälligerweise :lol: ) in etwas übereinstimmen, haben wir damit noch lange keinen Beweis geführt.
Ich stimme grundsätzlich mit der letzten Aussage überein, obwohl ich einschränke, dass das von dem Modell abhängt, das ich mir von der Realität mache.

Damit ist gewiss noch kein Beweis gegeben, allerdings sollte Dir eine Nichtübereinstimmung aus anderen Gründen zu denken geben ... . ;)




ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Aristoteles führt eben deshalb aus dem Kausalprinzip seiner materialistischen Vorläufer, der causa materialis, eben u. a. die causa finalis ein und bereitet so in seiner Metaphysik ein Biotop für Götter vor. Dein Wunsch ist als Soll-Ist-Vergleich mithin ebenfalls eine causa finalis - Du strebst das Erreichen eines bestimmten Ziels an, wofür Du Deine nichtzufälligen (?) Gründe hast.
Der causa finalis ist also beim Ablauf der Ereignisse eine Art "hidden agenda", die zu dem Ergebnis führt, das dann eintritt. Bei Menschen scheint das ok. Bei den Objekten der Natur ist das kaum vorstellbar ohne Rückgriff auf Gott.

So jedenfalls die klassische Begründung für das Vorliegen einer Teleologie. Der Rückgriff auf Gott beruht hier allerdings auf einen Zirkelschluss, es liegt ja damit ein infiniter Regress vor, der sich auf diese Weise nicht auflösen lässt.




ThomasM hat geschrieben: Ein reiner Naturalist muss also die Annahme einer causa finalis ausschliessen. Denn selbst Menschen sind nach dieser Vorstellung ja biologische Computer. Wo aber dann der Zufall herkommt, ist mit dieser Vorstellung ebenso vollständig unklar.

Der "reine Naturalist" ist damit gar in der Lage, Teleologie zu falsifizieren - dies gilt selbst für den Menschen. Und per Galtonbrett habe ich einmal mehr dargelegt, wie Zufall notwendigerweise [sic!] entsteht ... .




ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Scheinprobleme sind nur vordergründig Probleme. Es liegt analog ein Scheinproblem vor, etwa nach der letzten Ziffer von Ï€ zu fragen. Was genau hat dem Kleinkind nun weh getan, auch wenn dieses den Stuhl zu Unrecht verantwortlich macht? Warum macht es denn den Stzhl verantwortlich?
Ich hatte gefragt, warum du die Aussagen über den Zufall als Scheinproblem siehst. Dass "der Zufall" eine sprachliche Personifizierung ist, ist mir klar. Dann ist aber zu fragen, was denn das ist, was wir mit dem Begriff umschreiben?

Zufall ist Ursachenlosigkeit ohne Verletzung der Kausalität. Ich nenne dies Schwacher Determinismus.




ThomasM hat geschrieben: Übrigens: Die Frage nach der letzten Ziffer von Ï€ ist kein Scheinproblem, sondern läßt sich beantworten. Es gibt keine letzte Ziffer.

Jetzt sollte klar sein, was ein Scheinproblem ist; schließlich ist "Es gibt keine letzte Ziffer!" keine Ziffer.




ThomasM hat geschrieben: Ich wollte aber feststellen, dass auch Atheisten einen Mechanismus / eine Kraft / Etwas annehmen und akzeptieren, das Gottgleiche Aspekte hat, das das gesamte Universum und unser Leben durchdringt.
Dass Ihr Probleme damit habt, das mit dem Begriff Gott zu verbinden, ist mir klar. Aber was ist dieser Zufall dann?

Die Frage lässt sich analog beantworten: Es gibt schlicht nichts anzunehmen oder gar zu akzeptieren ... .




ThomasM hat geschrieben: Und das Kleinkind hat lediglich logisch gedacht. Denn es überlegt vollkommen zu Recht "Ich würde mir selbst doch niemals weh tun, denn ich habe ja nicht gerne Schmerzen. Also muss es der Stuhl gewesen sein.

Der Stuhl hat irgend etwas damit zu tun, aber er hat keine Absichten. Die entsprechende Intentionalität des Stuhls hat das Kleinkind erfunden. Das Kleinkind hier ist ein Beispiel, wie es zu Aberglaube kommt ... .




Cheers,

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#23 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von ThomasM » So 14. Jul 2013, 08:20

Lamarck hat geschrieben: Die Beobachtung von n und n' genügt nicht. Wir betrachten hierzu ein Galtonbrett:

Wir betrachten die Phänomenologie des Galtonbretts kleinteilig:
...
Die Kenntnis von Ui oder Wk alleine genügt also nicht; um die Transformation von n nach n' festzustellen, muss der einzelne Übergang Ui nach Wk zwingend beobachtet werden. Dies gilt übrigens auch dann, wenn keine faire bean machine vorliegt. Die Verkettung der Ursache-Wirkung-Beziehungen hingegen ist es, die im fairen Fall gegen die Normalverteilungskurve tendiert.
Ich verstehe nicht ganz, welches Ziel deine Argumentation hier hat.
Im Prinzip genügt die Beobachtung des Versuchsaufbaus, d.h. n = alle Kugeln unten, n' = alle Kugeln normalverteilt unten dazwischen das Galtonbrett und die Information, dass das Ganze sich auf der Erde befindet. Mit dieser Beobachtung ist es möglich, die statistische Analyse durchzuführen und z.B. auch den Schluss zu ziehen "Da das Ergebnis eine Normalverteilung ist, liegt eine faire bean machine vor."

Allerdings genügt diese Beobachtung nicht, um sich über die Natur des Zufalls klar zu werden. Um das zu erklären, ziehe ich ein Punkt vor.

Lamarck hat geschrieben: Und per Galtonbrett habe ich einmal mehr dargelegt, wie Zufall notwendigerweise [sic!] entsteht ... .
Das sehe ich anders. Es kommt darauf an, was für ein Modell ich mir von der Realität mache.

Nehmen wir Herrn N. Er argumentiert wie folgt.
Ich beobachte, wie eine Kugel mal nach links und mal nach rechts abrollt, wenn sie auf die oberste Strebe des Galtonbretts trifft. Dasselbe tritt auf in jeder Ebene auf bis sie schließlich unten in einen Slot fällt. Warum diese Wechselseitigkeit?
Wenn ich die Newtonschen Gleichungen zu Grunde lege, dann sollte eine perfekte Kugel, die auf eine perfekte Strebe trifft und zwar perfekt in der Mitte, schlicht oben liegen bleiben. Das ist aber ein instabiler Zustand. Die kleinste Abweichung von der Perfektion, läßt die Kugel nach links oder rechts abrollen. Wohin das geschieht, hängt davon ab, wie diese Abweichung aussieht.
Also muss ich nur meine Kugeln und Streben hinreichend präzise messen und jede Abweichung von der perfekten Form in betracht ziehen. Ich muss das Anrollen der Kugel mit hinreichender Genauigkeit messen und genügend Stellen in die Berechnung einbeziehen.
Dann werde ich genau berechnen können, wohin jede einzelne Kugel rollt.
Das Ergebnis ist immer noch normalverteilt, aber kein Zufall mehr.

Jetzt kommt Herr B. Er argumentiert folgendermaßen.
Du hast mit deiner Analyse schon Recht, lieber N. Aber das System ist so stark nicht-linear, dass Du eine so hohe Genauigkeit anwenden musst, dass Du in den Bereich von Atomen kommst. Und die Atome verhalten sich nach der Quantenmechanik. Hier gilt die Unbestimmtheitsrelation. Deine Genauigkeit wird scheitern, du kannst nur über die Wellenfunktionen eine statistische Verteilung deiner Messgrössen bestimmen. Und damit wirst du nicht mehr vorhersagen können, wohin jede Kugel rollt.
Also durchaus alles Zufall.

Also führt die Betrachtung des Galtonbretts nicht notwendigerweise zum Zufall. Es hängt am Modell und an der Aussage, dass das Modell von Herrn B die Realität besser beschreibt. Die Realität bringt den Zufall hervor.

Lamarck hat geschrieben: Der Rückgriff auf Gott beruht hier allerdings auf einen Zirkelschluss, es liegt ja damit ein infiniter Regress vor, der sich auf diese Weise nicht auflösen lässt.
...
Der "reine Naturalist" ist damit gar in der Lage, Teleologie zu falsifizieren
Das sehe ich nicht ein. Es ist der reine Naturalist, der einen Zirkelschluss durchführt.
"Es gibt keinen Gott, der einen causa finalis vorgeben kann und daher gibt es keine causa finalis. Und da es keine causa finalis gibt, gibt es keinen Gott"

Lamarck hat geschrieben: Zufall ist Ursachenlosigkeit ohne Verletzung der Kausalität. Ich nenne dies Schwacher Determinismus.
Interessante Definition.

In anderen threads kam der alte philosophische Spruch des "von nix kommt nix" bzw. der Aussage, dass jede Wirkung eine Ursache hat.
Deine Definition verstehe ich so, dass du dieses Prinzip ablehnst. In der Realität passieren also Dinge "aus dem Nichts heraus". Es springen Ereignisse hervor, die keine Ursache haben.
Der Zusammenhang mit der Kausalität ist mir dabei allerdings nicht ganz klar. Kausalität spricht ja gerade von dem Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung.

Übrigens ist das gar nicht so weit weg von dem, was Pluto schrieb und ich als meine Ansicht bestätigte. Es geschieht etwas, aber wir wissen nicht warum. Zufall ist also der Ausdruck des Nicht-Wissens und wegen der Quantenmechanik, des prinzipiellen Nicht-Wissens.

Lamarck hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben: Ich wollte aber feststellen, dass auch Atheisten einen Mechanismus / eine Kraft / Etwas annehmen und akzeptieren, das Gottgleiche Aspekte hat, das das gesamte Universum und unser Leben durchdringt.
Dass Ihr Probleme damit habt, das mit dem Begriff Gott zu verbinden, ist mir klar. Aber was ist dieser Zufall dann?
Die Frage lässt sich analog beantworten: Es gibt schlicht nichts anzunehmen oder gar zu akzeptieren ... .
...
Der Stuhl hat irgend etwas damit zu tun, aber er hat keine Absichten. Die entsprechende Intentionalität des Stuhls hat das Kleinkind erfunden. Das Kleinkind hier ist ein Beispiel, wie es zu Aberglaube kommt ... .
Hmm, ich rekapituliere dein Argument einmal mit meinen Worten.

Zufall IST. Das ist eben so. Jedes Weiterdenken oder Weiterfragen ist sinnlos und verboten.
Wenn man weiterfragt, dann verhält man sich so, wie ein Kleinkind, das einem Stuhl Absichten unterstellt. Jedes Weiterfragen ist Aberglaube.

Dagegen würde ich sagen:
Wir sind bei dem Zufall an der Grenze der naturwissenschaftlichen Erkenntnisfähigkeit. Das Weiterfragen ist aber im Menschen angelegt und läßt sich nicht verbieten. Dass der Mensch also eine Annahme trifft, wie der Zufall zustande kommt ist völlig normal. Solche Annahmen können sein, dass es einen Gott gibt, andere hängen mehr an so etwas wie die Everettsche Vorstellung. Das nenne ich Glaube. Auch das Verbot, über die Ursache des Zufalls nachzudenken, ist eine Glaubensaussage.
Aberglaube ist das erst, wenn die Folgerungen, die man aus dem Glauben zieht, etwas betrifft, was man auch naturwissenschaftlich aussagen kann und diese beiden miteinander im Widerspruch stehen.

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#24 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Lamarck » So 14. Jul 2013, 13:09

Hi ThomasM!

ThomasM hat geschrieben: Ich verstehe nicht ganz, welches Ziel deine Argumentation hier hat.
Im Prinzip genügt die Beobachtung des Versuchsaufbaus, d.h. n = alle Kugeln unten, n' = alle Kugeln normalverteilt unten dazwischen das Galtonbrett und die Information, dass das Ganze sich auf der Erde befindet. Mit dieser Beobachtung ist es möglich, die statistische Analyse durchzuführen und z.B. auch den Schluss zu ziehen "Da das Ergebnis eine Normalverteilung ist, liegt eine faire bean machine vor."

Das Ziel der Argumentation ist hier jene Erkenntnis:

  • Aus einer spezifischen Ursache geht nicht unbedingt eine spezifische Wirkung hervor.
    Eine spezifischen Wirkung beruht nicht unbedingt auf eine spezifische Ursache.


Gleichwohl ist bei den einzelnen Ereignissen in der Makrosicht (Normalverteilungskurve) eine strikte Regelmäßigkeit festzustellen, die in der Mikrosicht die Freiheitsgrade des betreffenden phänomenologischen Systems bilden. Zufall & Notwendigkeit, wenn Du es so willst. Der Laplacesche Dämon kann also nicht existieren, denn auch bei vollständigem Wissen ist es nicht möglich, von der Gegenwart auf die Zukunft zu schließen. Aus der Kenntnis der Möglichkeiten lässt sich folglich kein Konkretum ableiten; Zeitinvarianz ist nicht gegeben. Wir sind hier letztlich bei einem interessanten Zusammenhang zwischen Komplexitätstheorie, Informationstheorie und Thermodynamik - mal sehen, ob wir hier näher darauf eingehen werden.




ThomasM hat geschrieben: Nehmen wir Herrn N. [...]
Wenn ich die Newtonschen Gleichungen zu Grunde lege, dann sollte eine perfekte Kugel, die auf eine perfekte Strebe trifft und zwar perfekt in der Mitte, schlicht oben liegen bleiben. Das ist aber ein instabiler Zustand. Die kleinste Abweichung von der Perfektion, läßt die Kugel nach links oder rechts abrollen. Wohin das geschieht, hängt davon ab, wie diese Abweichung aussieht.
Also muss ich nur meine Kugeln und Streben hinreichend präzise messen und jede Abweichung von der perfekten Form in betracht ziehen. Ich muss das Anrollen der Kugel mit hinreichender Genauigkeit messen und genügend Stellen in die Berechnung einbeziehen.
Dann werde ich genau berechnen können, wohin jede einzelne Kugel rollt.
Das Ergebnis ist immer noch normalverteilt, aber kein Zufall mehr.

Jetzt kommt Herr B. Er argumentiert folgendermaßen.
Du hast mit deiner Analyse schon Recht, lieber N. Aber das System ist so stark nicht-linear, dass Du eine so hohe Genauigkeit anwenden musst, dass Du in den Bereich von Atomen kommst. [...]

Also führt die Betrachtung des Galtonbretts nicht notwendigerweise zum Zufall. Es hängt am Modell und an der Aussage, dass das Modell von Herrn B die Realität besser beschreibt. Die Realität bringt den Zufall hervor.

Gut, üben wir uns in Modellbetrachtung und nehmen wir daher ein ideales Galtonbrett heran. Das ideale Galtonbrett bringt auf jeden Fall Zufall hervor, indem wir deklaratorisch jegliche äußere Einflussgrößen ausschalten. es bleibt eine einzige, eine innere 'Einflussgröße' übrig, die wir als 'Zufall' charakterisieren. Im Vorgriff bemerke ich hierzu, dass die innere Einflussgröße synonym ist zu unendlich vielen äußeren Einflussgrößen. Tatsächlich unterscheiden sich die Deskriptionen des Herrn Newton und Herrn Bohr nicht wesentlich. Herr Newton schenkt nur dem für bestimmte Situationen bedeutsamen 'perfekt' in perfekte Kugel, perfekte Strebe, perfekte Mitte nicht die Aufmerksamkeit, die Herr Bohr aufwendet und die er somit statistisch zu bewältigen sucht.




ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Der Rückgriff auf Gott beruht hier allerdings auf einen Zirkelschluss, es liegt ja damit ein infiniter Regress vor, der sich auf diese Weise nicht auflösen lässt.
...
Der "reine Naturalist" ist damit gar in der Lage, Teleologie zu falsifizieren
Das sehe ich nicht ein. Es ist der reine Naturalist, der einen Zirkelschluss durchführt.
"Es gibt keinen Gott, der einen causa finalis vorgeben kann und daher gibt es keine causa finalis. Und da es keine causa finalis gibt, gibt es keinen Gott"

Das von dir Genannte bildet selbstverständlich einen Zirkelschluss. Aber deshalb geht ja ein Naturalist nicht so vor. Wenn jegliche Wirkung eine Ursache bedingt, liegt ein infiniter Regress vor, der den teleologischen Attraktor mangels Diskretion notwendig ausschließt. Da passt kein Gott dazwischen.




ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben: Zufall ist Ursachenlosigkeit ohne Verletzung der Kausalität. Ich nenne dies Schwacher Determinismus.
Interessante Definition.

In anderen threads kam der alte philosophische Spruch des "von nix kommt nix" bzw. der Aussage, dass jede Wirkung eine Ursache hat.
Deine Definition verstehe ich so, dass du dieses Prinzip ablehnst. In der Realität passieren also Dinge "aus dem Nichts heraus". Es springen Ereignisse hervor, die keine Ursache haben.
Der Zusammenhang mit der Kausalität ist mir dabei allerdings nicht ganz klar. Kausalität spricht ja gerade von dem Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung.

Übrigens ist das gar nicht so weit weg von dem, was Pluto schrieb und ich als meine Ansicht bestätigte. Es geschieht etwas, aber wir wissen nicht warum. Zufall ist also der Ausdruck des Nicht-Wissens und wegen der Quantenmechanik, des prinzipiellen Nicht-Wissens.

Zwischen "von nix kommt nix" und "jede Wirkung hat eine Ursache" besteht ein gravierender Unterschied: Letzteres ist immer eine 1:1-Relation, während das Erstere auch eine n:n-Relation zulässt. Das "von was kommt von was" ist aber gerade die Frage, deren Beantwortung allerdings nie Unbestimmtheit oder Ereignishorizont zu überbrücken in der Lage ist. Das Nichts, aus dem diese Wirkungen entstehen, ist nichts weiter als das, was aus einen momentanen Zustand nicht weiter zurückzuführen ist und in der Ferne vor dem Auge verschwimmt. Hinter dem Horizont geht es weiter, aber der Horizont ist grundsätzlich nicht erreichbar, weil er sich mit mir, dem Beobachter [sic!], bewegt. Dieser Vorgang bildet das Prinzipielle, nicht die Aufgabe der Kausalität.




ThomasM hat geschrieben:
Lamarck hat geschrieben:
ThomasM hat geschrieben: Ich wollte aber feststellen, dass auch Atheisten einen Mechanismus / eine Kraft / Etwas annehmen und akzeptieren, das Gottgleiche Aspekte hat, das das gesamte Universum und unser Leben durchdringt.
Dass Ihr Probleme damit habt, das mit dem Begriff Gott zu verbinden, ist mir klar. Aber was ist dieser Zufall dann?
Die Frage lässt sich analog beantworten: Es gibt schlicht nichts anzunehmen oder gar zu akzeptieren ... .
...
Der Stuhl hat irgend etwas damit zu tun, aber er hat keine Absichten. Die entsprechende Intentionalität des Stuhls hat das Kleinkind erfunden. Das Kleinkind hier ist ein Beispiel, wie es zu Aberglaube kommt ... .
Hmm, ich rekapituliere dein Argument einmal mit meinen Worten.

Zufall IST. Das ist eben so. Jedes Weiterdenken oder Weiterfragen ist sinnlos und verboten.
Wenn man weiterfragt, dann verhält man sich so, wie ein Kleinkind, das einem Stuhl Absichten unterstellt. Jedes Weiterfragen ist Aberglaube.

Nicht das "Weiterdenken oder Weiterfragen ist sinnlos und verboten". Es besteht aber doch eine Antwort. Warum also magst Du Dich mit dem "Es gibt keine letzte Stelle von Ï€" zufrieden geben? Ich gebe Dir hier doch an, warum es keine letzte Stelle gibt? Das Kleinkind hat sich sein Weh selbst zugezogen, wenn auch unbeabsichtigt. Möglicherweise hat es daraus etwas zum Umgang mit Stühlen etc. gelernt. Als Hinweis der evolutionären Natur der Empathie: Wer war hier nun Der 'Lehrmeister'?




ThomasM hat geschrieben: Dagegen würde ich sagen:
Wir sind bei dem Zufall an der Grenze der naturwissenschaftlichen Erkenntnisfähigkeit.

Eben nicht. Es gibt keine prinzipielle Grenze der naturwissenschaftlichen Erkenntnisfähigkeit. Es gibt allerdings die Erkenntnis, dass ∞ seltsame Eigenschaften aufweist und das ist nun keineswegs eine Grenze. Bei der Frage nach der letzten Ziffer von Ï€ kommst Du ja auch nicht auf den Gedanken, dies berühre die Grenze der mathematischen Erkenntnisfähigkeit - ganz im Gegenteil!




ThomasM hat geschrieben: Das Weiterfragen ist aber im Menschen angelegt und läßt sich nicht verbieten. Dass der Mensch also eine Annahme trifft, wie der Zufall zustande kommt ist völlig normal. Solche Annahmen können sein, dass es einen Gott gibt, andere hängen mehr an so etwas wie die Everettsche Vorstellung. Das nenne ich Glaube.

Der Everettsche Ansatz ist nun keine Frage des Glaubens, sondern als Interpretation Form des hypothetischen Vermutens (Interessant zwar, aber ich teile ihm nicht). Wenn einem aber eine Antwort nicht gefällt, ist dies kein "Weiterfragen", nur ein Hinweis auf die Naivität des Fragestellers. ;)




ThomasM hat geschrieben: Auch das Verbot, über die Ursache des Zufalls nachzudenken, ist eine Glaubensaussage.

Es liegt eine Ignoranzargumentation vor, wenn es als Antwort auf die Frage nach der letzten Ziffer von Ï€ die korrekte Antwort gibt, "Es gibt keine!", die dann aber aus persönlichen Gründen nicht zugelassen wird, damit die Antwort Gott lautet! ... .




ThomasM hat geschrieben: Aberglaube ist das erst, wenn die Folgerungen, die man aus dem Glauben zieht, etwas betrifft, was man auch naturwissenschaftlich aussagen kann und diese beiden miteinander im Widerspruch stehen.

M. a. W.: Jeglicher 'Glaube' ist Aberglaube. Möchtest Du es nicht ausprobieren? ;)




Cheers,

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#25 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von ThomasM » Mo 15. Jul 2013, 13:05

Lamarck hat geschrieben: Das Ziel der Argumentation ist hier jene Erkenntnis:

  • Aus einer spezifischen Ursache geht nicht unbedingt eine spezifische Wirkung hervor.
    Eine spezifischen Wirkung beruht nicht unbedingt auf eine spezifische Ursache.

Diese Erkenntnis ist mir nicht weit genug.
Denn selbst wenn eine Wirkung auf einer Menge (meinetwegen auch überabzählbaren) Ursachen beruht, ist es meinem Verständnis nach kein Zufall, wenn sich die Wirkung eindeutig aus der Menge der Ursachen ergibt. Dies umfasst auch den Punkt, das aus einer Ursache mehrere Wirkungen hervorgehen. Wenn ich es schaffe, eine Menge von Ursachen zu formulieren, die eine Wirkung eindeutig bestimmt, liegt kein Zufall mehr vor.

Lamarck hat geschrieben: Gleichwohl ist bei den einzelnen Ereignissen in der Makrosicht (Normalverteilungskurve) eine strikte Regelmäßigkeit festzustellen, die in der Mikrosicht die Freiheitsgrade des betreffenden phänomenologischen Systems bilden. Zufall & Notwendigkeit, wenn Du es so willst. Der Laplacesche Dämon kann also nicht existieren, denn auch bei vollständigem Wissen ist es nicht möglich, von der Gegenwart auf die Zukunft zu schließen.
Der letzte Satz ist ein Fakt der Realität, wie man sie heute erkannt hat. Aber die Begründung, die du lieferst wäre nicht möglich, ohne die Kenntnis der Modelle der Quantenmechanik. Auch die denkerischen Größen der Vergangenheit waren immer im Modelldenken ihrer Zeit verhaftet, daher ist diese Aussage, die du hier so leicht formulierst, ohne die Erkenntnis der Naturwissenschaft nicht möglich gewesen.

Lamarck hat geschrieben: Aus der Kenntnis der Möglichkeiten lässt sich folglich kein Konkretum ableiten; Zeitinvarianz ist nicht gegeben. Wir sind hier letztlich bei einem interessanten Zusammenhang zwischen Komplexitätstheorie, Informationstheorie und Thermodynamik - mal sehen, ob wir hier näher darauf eingehen werden.
Für mich ist die interessante Aussage die:
Naturwissenschaft ist eine Modellierung des Möglichen, nicht des Faktischen.
Das ist aber eine Erkenntnis, die selbst viele Naturwissenschaftler heute noch ablehnen würde und die noch vor 150 Jahren praktisch unmöglich gewesen wäre. Aber so sehe ich das auch. Und daher kommt eben der Zufall, denn wenn ich beschreibe, was möglich ist, werde ich nicht sagen können, was sein wird.

Dass sich diese Aussage letztlich auf das gesamte Universum ausbreitet ist eine Folge des Zusammenhangs zwischen Komplexitätstheorie, Informationstheorie und Quantenmechanik (Thermodynamik ist eine klassische Theorie, die zwar die Verwendung der Statistik vorgebildet hat, aber kein prinzipielles Nicht-Wissen enthielt).

Lamarck hat geschrieben: Wenn jegliche Wirkung eine Ursache bedingt, liegt ein infiniter Regress vor, der den teleologischen Attraktor mangels Diskretion notwendig ausschließt. Da passt kein Gott dazwischen.
Der infinite Regress passiert aber nur dann, wenn es keinen Anfang des Universums gibt. Gibt es einen Anfang (und das ist recht gut gesichert) und setzen diesen als Anfangspunkt (uind nicht Anfangszeit), dann endet der Regress dort. Ist ja eine der klassischen Argumente für Gott.

Lamarck hat geschrieben: Nicht das "Weiterdenken oder Weiterfragen ist sinnlos und verboten". Es besteht aber doch eine Antwort.
Da die Antwort aber in einer Sprache gegeben wird, die nicht unbedingt meine ist, ist das mit dem Verstehen eben problematisch.

Also: Die Frage nach der letzten Ziffer wurde mit "es gibt keine letzte Ziffer" beantwortet und das sehe ich ein. Denn wenn ich annehme, ich hätte eine letzte Ziffer, so kann ich mit den Rechenregeln herausbekommen, dass es eine nächste Ziffer gibt und es war nicht meine letzte Ziffer. Also werde ich niemals eine letzte Ziffer bekommen.

Nun zu unserem Problem.
Da du die Analogie mit dem Ziffernproblem wiederholt betont hast, versuche ich diese Analogie mal extrem auszunutzen, um vielleicht eine Formulierung zu finden, die ich verstehe. Ich interpretiere mal
Zufall ist unsere Unfähigkeit, aus den feststellbaren Ursachen die Wirkungen herauszulesen. Daher muss ich statistisch vorgehen. Die Unfähigkeit beruht auf unserer Endlichkeit der Wahrnehmung, des Messens, möglicherweise des Wissens. An dem Horizont meiner Endlichkeit sorgt die Unbestimmbarkeit dafür, dass ich nicht alle Ursachen zusammen sammeln kann.
Ich werde (analog zu den Ziffern) auch niemals zu einem Ende kommen, denn wenn ich mein Wahrnehmen, mein Messen und mein Wissen erweitere, wird sich zwar der Horzont verschieben, aber nicht verschwinden. Ich werde also niemals fertig werden.

Habe ich damit deine Aussage richtig verstanden?

Lamarck hat geschrieben: Eben nicht. Es gibt keine prinzipielle Grenze der naturwissenschaftlichen Erkenntnisfähigkeit.
Doch, das denke ich schon, aber ich gehe auf die Begründung ein, wenn ich weiss, ob ich dich richtig verstanden habe.

Lamarck hat geschrieben: M. a. W.: Jeglicher 'Glaube' ist Aberglaube. Möchtest Du es nicht ausprobieren? ;)
Gerne.
Ich möchte dich aber darauf aufmerksam machen, dass eine Aussage wie "jeder Glaube ist Aberglaube" nur falsifiziert, aber nicht bewiesen werden kann, da es unendlich viele Formen des Glaubens gibt.

Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

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#26 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Janina » Di 16. Jul 2013, 14:11

Pluto hat geschrieben:Ich denke auch nicht, dass es ein Wirkung ohne Ursache gibt, deshalb glaube ich, dass das was wir als Zufall bezeichnen, ebenfalls eine Ursache hat...
Bitte die Bellsche Ungleichung nicht vergessen. Es gibt elementaren Zufall.

barbara hat geschrieben:Heisenberg war der Meinung, dass es echten Zufall gibt - zum Beispiel wenn man den genauen Zerfallszeitpunkt eines radioaktiven Atoms kennen will, bleibt nichts anderes übrig, als zu warten und zu gucken, wann es passiert. Und er meinte explizit, dass es nicht noch irgend eine verborgene Ursache gäbe, die man bisher noch nicht fand, sondern dass das in der Tat ein echt zufälliger Moment ist. Ursachenlos.
Exakt das ist es!

Sola hat geschrieben:Na gut, dann formulieren wir die Frage um: "Was war eher, die Henne oder das Hühnerei - oder evtl sogar der Hahn?"
Die Frage scheitert am angenommenen Essenzialismus, der in der Biologie keine Anwendung finden kann, weil die Artzugehörigkeit nicht transitiv ist.

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#27 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von W.Bodensee » Fr 8. Aug 2014, 11:24

ThomasM hat geschrieben:So und nun meine Weiterführung der Diskussion
Pluto hat geschrieben:
Der Zufall hat unsere Galaxis, unser Sonnensystem und unsere Erde geformt
"Etwas geschieht aus Zufall" bedeutet immer, dass es eine Wahrscheinlichkeit ungleich 0 gab.

Nur 2-3 Sätze zu dem Begriff Zufall: Wissenschaftlich gesehen, ist Zufall KEIN wissenschaftlich anerkannter oder anerkennbarer Ausdruck (er ist zu ungenau, zu unklar, zu dehnbar ..) In keiner sauberer, wissenschaftlicher Ableitung oder Gesetz wird so einem Zufall überhaupt nur der geringste Platz eingeräumt !! Sonst könnten wir die Wissenschaft gleich zur bloßen Plattform für ungenaue Spekulationen verkommen lassen. (Leider geschah das in der Verhangenheit öfters und in diesem speziellem Fragen-Bereich paradoxerweise noch immer. Immerhin nehmen heute nicht mehr ganz alle den Wissenschaftlern ungeprüft alles ab).
Da "kommt Jemand" daher und beantwort eine der elementarsten Fragen ("Woher kommt das Leben eigentlich"?) mit einer sehr ungenauen und unwissenschaftlichen Story von einem -schöpferischem!- Zufall!!
Thesen u. Theorien sind aber nicht fest oder etwa bewiesen!. Ich staune wie wenig das reflektiert oder wirklich hinterfragt wird. Millionen glauben diese These ungeprüft. Nachbeten einer vagen Vermutung oder Theorie ist aber Leichtgläubigkeit ! - wie dies oft auch bei manchen religiösen Nicht-Mit-Denkern vorkommt (die oft ebenso einseitig Meinungen vertreten oft undurchdacht "nachplappern").

PS => Ich stelle damit nicht in Frage, dass es "Zufall" an sich gibt.
Nur gibt es dagegen die Meinung und Aussagen von Großen Leuten oder Wissenschaftlern (z.B. von Einstein, Newton u.a.m.) dass Leben nur "geplant" oder geordnet entsteht /enstanden sein kann.. Was theoretisch - zum Beispiel - auch Ausserirdische getan oder angestossen haben könnten ...
Das ist für mich sogar immer noch weit wahrscheinlicher wie diese eigentlich recht schwachsinnige These vom Enstehen von den vielen komplexen Lebensformen ohe Grundmuster - aus purem Zufall, der dazu kreativ wirkte.
Solch ein Zufall ist schon ein Widerspruch in sich. (Systeme neigen -wenn dem Zufall überlassen- IMMER zu Zerfall (und niedrigeren Stufen)- und nicht zu komplexen Höherentwicklungen. (Dazu bedarf es input) Das besagt ein tragendes physikalisches GESETZ- (2. thermodynam. Haupsatz).

W. v. B.

ThomasM
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#28 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von ThomasM » Fr 8. Aug 2014, 12:22

Hallo lieber Bodensee
W.Bodensee hat geschrieben: Solch ein Zufall ist schon ein Widerspruch in sich. (Systeme neigen -wenn dem Zufall überlassen- IMMER zu Zerfall (und niedrigeren Stufen)- und nicht zu komplexen Höherentwicklungen. (Dazu bedarf es input) Das besagt ein tragendes physikalisches GESETZ- (2. thermodynam. Haupsatz).
Bitte beachte, unter welchen Bedingungen das von dir zitierte tragende Gesetz gilt.
Es gilt für geschlossene Systeme, also Systeme, die nicht in einem Energieaustausch mit einer Umwelt stehen.

Nun ist die Erde und das Sonnensystem NICHT geschlossen.. Es ist ein offenes System.
Und in einem offenen System kann es sehr wohl zu Ordnung kommen, ganz von selbst. Es kann auch zu Strukturierungen kommen usw.

Und die Modellierung der Entstehung des Lebens berücksichtigt und erfüllt alle bekannten physikalischen Randbedingungen.

Gruß
Thomas
Gott würfelt nicht, meinte Einstein. Aber er irrte. Gott nutzt den Zufall - jeden Tag.

Pluto
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#29 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von Pluto » Fr 8. Aug 2014, 12:55

Hi W.Bodensee,
Bild

Erstmal herzlich willkommen im Forum!
Ich freue mich auf interessante Gespräche mit dir! :D

W.Bodensee hat geschrieben:Da "kommt Jemand" daher und beantwort eine der elementarsten Fragen ("Woher kommt das Leben eigentlich"?) mit einer sehr ungenauen und unwissenschaftlichen Story von einem -schöpferischem!- Zufall!!
Naja, wenn man viel Zeit hat (vllt. 500 Millionen Jahre) und das Entstehen von Leben nicht ausdrücklich verboten ist (Wahrscheinlichkeit >0), wieso sollte das Leben nicht entstehen?

Wie Aristoteles sagte, "Zur Wahrscheinlichkeit gehört auch, daß das Unwahrscheinliche eintreten kann!"

Und der Beweis dafür ist doch dass wir da sind, oder meinst du etwa nicht?
Was nach dem ersten Leben geschah (wer weiß wie es wohl aussah)... also die Entstehung der Vielfalt des Lebens verdanken wir einem ganz anderen Prozess als dem "Zufall" (den es als solchen IMO gar nicht gibt); wir verdanken das dem Prozess der Evolution.
Gibt es daran irgendwelche Zweifel?

W.Bodensee hat geschrieben:Thesen u. Theorien sind aber nicht fest oder etwa bewiesen!
Natürlich nicht, da hast du völlig Recht! Das Münchhausen Trilemma lässt grüßen.
Ich staune wie wenig das reflektiert oder wirklich hinterfragt wird. Millionen glauben diese These ungeprüft.
Nachbeten einer vagen Vermutung oder Theorie ist aber Leichtgläubigkeit !
*seufz* —
Es geht doch hier nicht um einen unreflektierten Glauben an eine Theorie, sondern um die emprirische Falsifizierbarkeit bzw. Verifizierbarkeit wissenschaftlicher Theorien.

W.Bodensee hat geschrieben:Solch ein Zufall ist schon ein Widerspruch in sich. (Systeme neigen -wenn dem Zufall überlassen- IMMER zu Zerfall (und niedrigeren Stufen)- und nicht zu komplexen Höherentwicklungen. (Dazu bedarf es input) Das besagt ein tragendes physikalisches GESETZ- (2. thermodynam. Haupsatz).
Mit Verlaub, es ist eine unqualifizierte Behauptung, zu sagen alles tendiere nur zum Zerfall.
Sicher gibt es in der Evolution neutrale oder "schlechte" Mutationen, aber daraus zu schließen, dass deshalb keine positiven Mutationen möglich sind, die zu einer verbesserten Anpassung an verfügbare Lebensräume erlauben, ist zu wenig weit gedacht.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

W.Bodensee
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#30 Re: Was ist Zufall?

Beitrag von W.Bodensee » Fr 8. Aug 2014, 13:03

ThomasM hat geschrieben:Hallo lieber Bodensee
W.Bodensee hat geschrieben: Solch ein Zufall ist schon ein Widerspruch in sich. (Systeme neigen -wenn dem Zufall überlassen- IMMER zu Zerfall (und niedrigeren Stufen)- und nicht zu komplexen Höherentwicklungen. (Dazu bedarf es input) Das besagt ein tragendes physikalisches GESETZ- (2. thermodynam. Hauptsatz).
Bitte beachte, unter welchen Bedingungen das von dir zitierte tragende Gesetz gilt.
Es gilt für geschlossene Systeme, also Systeme, die nicht in einem Energieaustausch mit einer Umwelt stehen. Nun ist die Erde und das Sonnensystem NICHT geschlossen.. Es ist ein offenes System. Und in einem offenen System kann es sehr wohl zu Ordnung kommen, ganz von selbst. Es kann auch zu Strukturierungen kommen usw.
Und die Modellierung der Entstehung des Lebens berücksichtigt und erfüllt alle bekannten physikalischen Randbedingungen.
Gruß Thomas

B.W:: --> ja; KANN: (Es KANN...heisst nicht, das es eine große Wahrscheinlichkeit hat oder richtig ist) . Wir wissen es einfach (mit heutigem Stand) nicht.
Ich glaube zumindest nicht an den ALLMÄCHTIGEN schöpferischen ZUFALL. Das ist mir einfach zu unwahrscheinlich! (Nach langem Abwägem, nach vielem Lesen und eigenem Nachdenken, bin ich zu diesem Schluss -jedenfalls für mich - gekommen. Beweisen kann ich das auch nicht ). Gruss W.v.B.

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