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Wikipedia hat geschrieben:Das Wissenschaftliche Bibellexikon (WiBiLex) ist ein frei im Internet zugängliches, von Fachwissenschaftlern erstelltes Bibellexikon.http://de.wikipedia.org/wiki/Das_wissen ... m_Internet
Mein Hinweis auf die Wissenschaftlichkeit dieser Artikel soll kein Hinweis auf Irrtumsfreiheit sein. In der Wissenschaft ist immer alles im Fluss. Aber da das Lexikon ständig erweitert wird, ist die Aktualität des Forschungsstandes gewährleistet.
Der Artikel, aus dem ich nun zitiere, stammt von Christfried Böttrich, ordentlicher Professor für Neues Testament an der Universität Greifswald.
Veröffentlicht wurde der Artikel im April 2014, der Titel lautet: "Apokalyptik (NT)".
Belegen möchte ich mit diesem Artikel die Auffassung, dass die "Apokalypitk" in der Form, wie sie im Neuen Testament steht, aus der Zeit stammt, als das Neue Testament entstand: also lange nach Jesu Tod.
Das habe ich schon mit einem anderen Artikel belegt, den ich früher zitiert habe;
aber nun noch einmal mit diesem Artikel:
Christfried Böttrich hat geschrieben: 1. Problematik
Das Judentum zur Zeit der Jesusbewegung und der frühen Christenheit ist in nahezu allen seinen Gruppierungen und theologischen Strömungen von den Denkstrukturen der „Apokalyptik“ (Tilly, 2012) geprägt. „Längst schon sind auch die Perspektiven und Motive apokalyptischer Theologie aus dem Bereich elitärer Schriftgelehrsamkeit aus- und in das breit gefächerte Spektrum der Volksfrömmigkeit eingewandert. Die Liaison von prophetischer Geschichtsdeutung und Endzeiterwartung mit weisheitlichem Denken, wie sie vor allem die spätere Apokalyptik kennzeichnet (Osten-Sacken, 1969), erfährt im 1. / 2. Jh. n. Chr. eine Popularisierung, der sich niemand entziehen kann. Sie ist in der Zeit, in der das NT entsteht, „moderne Theologie“.
Ernst Käsemann hat angesichts dieser Situation sein vielzitiertes Diktum von der Apokalyptik als der „Mutter aller christlichen Theologie“ formuliert (Käsemann, 1960). Man könnte auch von einer Matrix, Substruktur oder Bezugsgröße sprechen. Wenn die Autoren des NT das Christusereignis in das Licht der alttestamentlichen Verheißungs- und Hoffnungsgeschichte stellen, dann knüpfen sie nicht einfach bei den – inzwischen schon mehr als 400 Jahre alten – Propheten an. Vielmehr lesen sie die Propheten im Lichte ihrer zeitgenössischen Auslegungs- und Rezeptionsgeschichte. Die aber steht massiv unter dem Einfluss apokalyptischen Denkens (Koch, 1970).
Die Verkündigung der nahen Gottesherrschaft durch → Jesus von Nazareth nimmt einen Topos auf, dessen Profil maßgeblich durch die Erwartung des endzeitlichen Kommens Gottes, eines universalen Gerichts sowie des Beginns einer neuen Weltzeit geformt ist. Auch Paulus geht von dem Gedanken einer Äonenwende oder Zeitenwende aus, wie ihn grundlegend erst die Apokalyptik entwickelt hat. Solche Modelle oder Denkmuster stellen den Horizont dar, in dem sich die christliche Theologie zu entfalten beginnt.
Christfried Böttrich hat geschrieben:2. Motive
Verschiedene Motive, die für die frühjüdische Apokalyptik charakteristisch sind, finden sich auch in den Schriften des NT. Sie begegnen dort im Kontext ganz unterschiedlicher Textsorten wie → Brief und → Evangelium oder eben auch in der → „Offenbarung des Johannes“, die den Begriff der „Apokalypse“ schon im Titel führt. Dabei werden diese Motive unter einer ganz bestimmten Perspektive verändert und weiterentwickelt: Tod und Auferstehung Jesu Christi sind nun der Ansatzpunkt, um auch die → Herrschaft Gottes, die Sicht von Zeit und Geschichte, messianische Erwartungen, Welt Gottes, Gericht, Totenauferstehung und anderes mehr noch einmal neu zu gewichten.
http://www.bibelwissenschaft.de/wibilex ... 513826f38/Christfried Böttrich hat geschrieben:2.1. Gottesherrschaft
Das Kommen der „Königsherrschaft Gottes“ (βασιλεία τοῦ θεοῦ basileia tou theou) ist das zentrale Thema der Botschaft Jesu. Darin klingt zunächst ein Topos der späten Prophetie an: → Deuterojesaja ruft ganz allgemein dazu auf, das Kommen Gottes vorzubereiten; Mal 3 präsentiert → Elia als einen Herold, der diesem Kommen vorausgeht. Namentlich → Lukas, der den prophetischen Typos Jesu betont, spielt immer wieder und in unterschiedlichen Zusammenhängen darauf an (Lk 1,76; Lk 7,16 u.ö.).
Jesus selbst verbindet die Proklamation der Gottesherrschaft mit dem Aufruf zur Umkehr und zum Glauben „an das Evangelium“ (Mk 1,15 / Mt 4,17). Dabei rückt das Kommen Gottes jedoch in ein völlig neues Licht. Aus der „Nähe Gottes“, von der auch die Apokalyptiker schon ausgingen, wird nun im Auftreten Jesu „Gegenwart“: Die Gottesherrschaft ist „mitten unter euch“ (á¼Î½Ï„ὸς ὑμῶν entos hymÅn) (Lk 17,21). Im Ganzen bleiben die Aussagen allerdings in der Schwebe: Die Grenzen zwischen Zukünftigkeit, andrängender Nähe und unmittelbare Gegenwart der Gottesherrschaft sind fließend und lassen sich am besten in der Formel von „schon und noch nicht“ erfassen. Doch der Hauptakzent ist dabei deutlich auf das „schon“ gerückt. Das entscheidende Heilsereignis ist mit → Tod und → Auferweckung Jesu bereits erfolgt. Von diesem neuen Gravitationszentrum aus erhalten auch alle anderen Motive ihr neues, „christliches“ Profil.
Der ganze Artikel zeigt, dass eine bestimmte Form des eschatologischen Denkens erst lange nach Jesu Tod entwickelt wurde.
Weiter zeigt er, dass keine Eindeutigkeit des Verstehens vorliegt.
Und drittens zeigt er - für mich besonders interessant -, dass "das entscheidende Heilsereignis" durch Tod und Auferweckung im Bewusstsein der Gläubigen bereits eingetreten sei.
Und viertens, ebenfalls interessant: dass das "Kommen Jeus" bereits schon als "Gegenwart" empfunden wurde. Es liegt in dieser Argumentation also keine Verzögerung vor.