Selig sind die Sanftmütigen... Mt. 5,5

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Naqual
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#81 Re: Selig sind die Sanftmütigen... Mt. 5,5

Beitrag von Naqual » Mi 18. Jun 2014, 19:12

Pluto hat geschrieben:
closs hat geschrieben:Aber auch hier: Ein guter Wissenschaftler muss auch erkennen, wo Substanz zu vermuten ist, die NICHT (oder noch nicht) wissenschaftlich erreichbar ist.
Vorerst muss er, wenn seine Erkentnisse von Wert sein sollen, nach den Regeln des kritischen Rationalismus abeiten.
Genau umgekehrt, NACHHER ist es schön, wenn der Wissenschaftler die aufgestellten Zusammenhänge, Theorien, etc. noch mit der strenger gehaltenen Beweiskraft des kritischen Rationalismus belegen kann, denn hier hat der KR seine Stärken. Der kritische Rationalismus ist eigentlich entstanden in der Auseinandersetzung mit dem wissenschaftlichen Sozialismus (und vor allem auch mit einem Blick auf den Faschismus) und hat auf erkenntnistheoretischer Grundlage recht gut die Schwachstellen herausgearbeitet. Die "Gegenbewegung" unter den Geisteswissenschaftlern, die sog. "Frankfurter Schule", hatte aber auch nicht so unrecht. Sie warf ja den kritischen Rationalisten "Positivismus" vor, also nur noch wie bei einem Diapositiv abzulichten, was eh schon jeder sehen kann. Feste Beweiskraft nur beim Offensichtlichen aber ein wenig ideenlos im Vorfeld, wenn man es karrikiert ausdrückt.
Mich hatten früher beide Richtungen - vor allem in ihrer Auseinandersetzung miteinander fasziniert. Vertrete da aber eher eine moderatere Meinung: beide Ansätze haben ihre Vorzüge. In der Erkenntnisgewinnung (dem ersten Schritt) hat der kritische Rationalismus absolut nicht seine Stärken. Zum Beispiel wäre ein Tiefenpsychologe Freud vorgegangen nach dem kritischen Rationalismus, dann hätte er rein gar nix zu schreiben gehabt. Da saß er von der wissenschaftlichen Methodik her im gleichen Boot wie Jung.
Ein Geisteswissenschaftler ist doch nicht gezwungen, die Positionen des kritischen Rationalismus zu vertreten, es gibt da etliche andere erkenntnistheoretische Ansätze. Bei den Naturwissenschaftlern wird man den KR sicher unbedarfter empfehlen können.

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Naqual
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#82 Re: Selig sind die Sanftmütigen... Mt. 5,5

Beitrag von Naqual » Mi 18. Jun 2014, 19:42

2Lena hat geschrieben:
Pluto: Trotzdem haben anekdotische Evidenzen in einer seriösen Kritikdiskussion über Mystizismus (Sceancen, Mediums, usw.) nichts verloren!

Zudem erscheint mir die "Wissenschaft" reichlich korrupt. Sie kann nur Einordnungen machen, von Applaus bestärkt sich aufblähen. Es ist nicht so, dass Jung oder Freud "Recht" gehabt hätten. Zu oft schon wurden sie nach ihrer anfänglichen Berühmtheit kontrovers diskutiert. Das gelieferte Modell kann die Psychologie nicht wirklich erklären. Solche Modelle waren nicht wirklich hilfreich. Es war nur eine Spielerei mit "Wissen". Mit entsprechendem Ehrgeiz, sowie dem passenden Anspruch wurden die Arbeiten verfasst. Ohne ihm lesen sich die Bücher mit vielen "??".

Ein ganz anderes Erlebnisfeld entsteht bei hellsichtigen Menschen.

Ich kann Pluto wie Dich nachvollziehen in ihrem Anliegen.
M.E. muss man es differenzierter sehen (auch wissenschaftlich). Anekdotische Evidenzen können durchaus in einer wissenschaftlichen Diskussion eine Rolle spielen. Sie haben aber keine Beweiskraft, z.b. für historische Sachverhalte.
Nun darf man aber erkenntnistheoretisch den Forschungsgegenstand nicht beschränken auf Dinge mit Beweiskraft.
Erst muss man ja auch eine Theorie aufgrund von Evidenzen aufstellen können und im späteren Verlauf schauen, wie man diese beweisen kann, bzw. zumindest die Sicherheit der Aussagen, bzw. der Theorie, erhöhen durch entsprechende kritische Ausschlussverfahren (Falsifikationsprozess).
Natürlich kann man auch als Wissenschaftler übernatürliche Phänomene erforschen. Allerdings nun gar nicht mit naturwissenschaftlichem Werkzeug. Das heißt aber nicht von vornherein, dass die Beschäftigung damit unseriös wäre. Viele Wissenschaftler neigen jedoch zu dieser etwas arroganten Haltung.
Wenn religiös Gläubige von Wundern in ihrem Leben berichten (die in der Regel nicht wiederholbar sind, sondern "spontan auftreten"), dann kann man trotzdem dies wissenschaftlich betrachten. Ob man zu einer eindeutigen und belegbaren Ursache-Wirkung-Zusammenhangssicht mit Beweisführung kommt, ist allerdings auf einem anderen Blatt. Also ob der erlebbaren Evidenz im weiteren wissenschaftlichen Verfahren nur EINE Ursache zugeordnet werden kann, weil andere Möglichkeiten wirksam ausgeschlossen werden konnten. Das dürfte - gerade bei z.B. Evidenzen von Hellsichtigkeit - allermeist nicht der Fall sein. Dass etwas in einer Art "luftleerem Raum nichtvorhandener Beweisführung" liegt, heißt aber noch nicht, dass etwas unseriös oder damit widerlegt wäre.
Natürlich kann man das besondere Erleben von Gläubigen wissenschaftlich untersuchen:
genaue Beschreibung der Beobachtung und des Umfelds,
Analyse der Person (was hat die Person VOR dem Ereignis geglaubt, was danach und warum? Wie ist sie zu dem Schluss gekommen, den sie gemacht hat, welche Persönlichkeitsmerkmale liegen vor wie z.b. Intelligenz, Phantasie, usw.)
Vergleich und Auswerten des Erlebens von verschiedenen Personen mit gleichem übernatürlichem Erleben
(Kultureller HIntergrund, religiöser Hintergrund, statistisches Auswerten von solchen Ereignissen, usw.)
Da hilft natürlich kein Reagenzglas, sondern da braucht man solide Grundlagen z.B. im Führen von Interviews (methodischer Ausschluss von Beeinflussung durch den Befragenden, Art und Weise wie Fragen gestellt werden dürfen und wie nicht, wie das Umfeld und der Zeitpunkt der Befragung gewählt wird, usw.)
Also da kann man sich wissenschaftlich sogar ziemlich austoben. :mrgreen:

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#83 Re: Selig sind die Sanftmütigen... Mt. 5,5

Beitrag von Pluto » Mi 18. Jun 2014, 23:35

2Lena hat geschrieben:
Pluto: Trotzdem haben anekdotische Evidenzen in einer seriösen Kritikdiskussion über Mystizismus (Sceancen, Mediums, usw.) nichts verloren!
Wie sollte man denn sonst zu forschen beginnen, wenn die erfolgten Berührungen schon angezweifelt werden?
Auf jeden Fall ergebnisoffen. D.h. objektiv, vorurteilsos und den wissenschaftlichen Vorgaben des kritischen Rationalismus folgend.

Zudem erscheint mir die "Wissenschaft" reichlich korrupt. Sie kann nur Einordnungen machen, von Applaus bestärkt sich aufblähen.
Ich denke nicht, dass du die Naturwissenschaften gut genug kennst, um dir ein solches Urteil zu erlauben. Knnst du deine Behauptungen substanziell untermauern?
Es ist nicht so, dass Jung oder Freud "Recht" gehabt hätten. Zu oft schon wurden sie nach ihrer anfänglichen Berühmtheit kontrovers diskutiert.
Selbtverständlich waren es nur Modelle dessen was sein könnte. Aber vor allem Freud hatte ein Gefühl für die Psychologie. Heute stellt sind immer mehr Psychologen der Meinung, dass er mit seinen Hypothesen Recht hate.
Das gelieferte Modell kann die Psychologie nicht wirklich erklären.
Psychologische Vorgänge sind so komplex, dass es noch lange dauern wird, bis die Modelle ausgereift sein werden. Aber ist das ein Grund nicht zu forschen?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#84 Re: Selig sind die Sanftmütigen... Mt. 5,5

Beitrag von Naqual » Do 19. Jun 2014, 07:47

Pluto hat geschrieben:
2Lena hat geschrieben:Zudem erscheint mir die "Wissenschaft" reichlich korrupt. Sie kann nur Einordnungen machen, von Applaus bestärkt sich aufblähen.
Ich denke nicht, dass du die Naturwissenschaften gut genug kennst, um dir ein solches Urteil zu erlauben. Kannst du deine Behauptungen substanziell untermauern?
Das Thema, besonders die "Anekdoten", sind etwas Geisteswissenschaftliches, nicht Naturwissenschaftliches. 2Lena hatte hier die "Wissenschaft" als korrupt bezeichnet. Pauschal stimmt das sicher nicht, aber Belege hierfür gibt es schon, dass dies immer wieder eine Rolle spielt. Nimm beispielsweise Meinungsforschungsinstitute, die den politischen Wählerwillen analysieren und hierüber Statistiken anfertigen, da gibt es CDU-nahe Stiftungen, SPD-nahe Stiftungen, FDP-nahe Stiftungen, usw. Dass Interessante ist, dass ihre Ergebnisse sehr wohl immer ihrem finanziellen Auftraggeber näher kommen. Grundsätzlich sehe ich es aber wie Du, Pluto. Weil 12 Ärzte Transplantationorgane gewinnbringend an andere Patienten wie nach den Regeln vorgesehen zuteilen, würde ich den Berufsstand der Ärzte nicht pauschal als korrupt bezeichnen. Wenn es auch nicht so völlig aus der Luft gegriffen wäre so ein Vorwurf.

Es ist nicht so, dass Jung oder Freud "Recht" gehabt hätten. Zu oft schon wurden sie nach ihrer anfänglichen Berühmtheit kontrovers diskutiert.
Selbtverständlich waren es nur Modelle dessen was sein könnte. Aber vor allem Freud hatte ein Gefühl für die Psychologie. Heute stellt sind immer mehr Psychologen der Meinung, dass er mit seinen Hypothesen Recht hate.
Mit seinen grundlegenden Hypothesen ja, in vielen Dingen gilt er allerdings auch schon als überholt. Gerade die Psychoanalyse hat sich ja enorm weiterentwickelt.

Das gelieferte Modell kann die Psychologie nicht wirklich erklären.
Psychologische Vorgänge sind so komplex, dass es noch lange dauern wird, bis die Modelle ausgereift sein werden. Aber ist das ein Grund nicht zu forschen?
Genau! Sehe ich auch so. Die Evolution ist auch sehr komplex und was wurde nicht schon alles durch genaue und systematische Beobachtung herausgefunden!

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#85 Re: Selig sind die Sanftmütigen... Mt. 5,5

Beitrag von Pluto » Do 19. Jun 2014, 15:11

Naqual hat geschrieben:
Pluto hat geschrieben:Selbtverständlich waren es nur Modelle dessen was sein könnte. Aber vor allem Freud hatte ein Gefühl für die Psychologie. Heute sind immer mehr Psychologen der Meinung, dass er mit seinen Hypothesen Recht hate.
Mit seinen grundlegenden Hypothesen ja,
Mehr wollte ich eigentlich auch nicht sagen. ;)
Gerade die Psychoanalyse hat sich ja enorm weiterentwickelt.
Freuds Thesen galten zu seiner Zeit als revolutionär. Natürlich wurde weiter geforscht und auf seinen Ideen aufgebaut. Das er in den Grundzügen Recht behielt, steht im krassen Gegensatz zu Jungs Archetypen Hypothese, die von zeitgenössischen Psychologen kaum mehr Beachtung findet.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#86 Re: Selig sind die Sanftmütigen... Mt. 5,5

Beitrag von barbara » Do 19. Jun 2014, 16:03

Pluto hat geschrieben:Freuds Thesen galten zu seiner Zeit als revolutionär. Natürlich wurde weiter geforscht und auf seinen Ideen aufgebaut. Das er in den Grundzügen Recht behielt, steht im krassen Gegensatz zu Jungs Archetypen Hypothese, die von zeitgenössischen Psychologen kaum mehr Beachtung findet.

Das kann man so nicht sagen; und die Archetypen werden auch weiterhin aktuell bleiben. Die Mode ist grad anderswo, aber Jungs Werk hat Substanzb und gute therapeutische Ansätze. Irgendwann wird die Zeit vorüber sein, wo man alles versucht mit einem Ungleichgewicht des Hirnstoffwechsels zu erklären und mit Pillen zu behandeln.

gruss, barbara

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#87 Re: Selig sind die Sanftmütigen... Mt. 5,5

Beitrag von Pluto » Do 19. Jun 2014, 17:11

barbara hat geschrieben:...und die Archetypen werden auch weiterhin aktuell bleiben. Die Mode ist grad anderswo...
Ach so... an der Mode liegt es also. :?
barbara hat geschrieben:Jungs Werk hat Substanz...
Welche denn?
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

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#88 Re: Selig sind die Sanftmütigen... Mt. 5,5

Beitrag von barbara » Do 19. Jun 2014, 20:39

Pluto hat geschrieben: Ach so... an der Mode liegt es also. :?

Ja. Wenn du die Geschichte der Medizin der letzten hundert oder zweihundert Jahre betrachtest, wirst du feststellen, dass Moden in Psychologie und Medizin fast so häufig kamen und gingen wie auf den Laufstegen von Paris und Mailand.



Welche denn?

Therapeutische. Sie hilft bei Menschenkenntnis. Sie hilft für die Selbsterkenntnis.

gruss, barbara

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#89 Re: Selig sind die Sanftmütigen... Mt. 5,5

Beitrag von Pluto » Do 19. Jun 2014, 21:45

barbara hat geschrieben:
Welche denn?
Therapeutische. Sie hilft bei Menschenkenntnis. Sie hilft für die Selbsterkenntnis.
Und warum wird Jungs Methode in der Psychtherapie nicht (kaum noch?) angewendet. Selbst an den Universitäten wird er praktisch nur noch als "Fußnote" erwähnt.
Der Naturalist sagt nichts Abschließendes darüber, was in der Welt ist.

barbara
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#90 Re: Selig sind die Sanftmütigen... Mt. 5,5

Beitrag von barbara » Fr 20. Jun 2014, 07:12

Pluto hat geschrieben:Und warum wird Jungs Methode in der Psychtherapie nicht (kaum noch?) angewendet. Selbst an den Universitäten wird er praktisch nur noch als "Fußnote" erwähnt.

Eben, weil sie aus der Mode gekommen ist und nicht mehr gelehrt wird.

eine der Schwierigkeiten daran ist, dass die vom Therapeuten viel Ehrlichkeit erfordert damit sie beim Klienten wirken kann... und das sind viele nicht bereit oder fähig zu leisten. Da ist es leichter, sich auf eine Schein-Objektvität zurückzuziehen, die nicht so sehr an die persönliche Substanz geht.

gruss, barbara

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