Paulus' Übertreibungen

Themen des Neuen Testaments
michaelit
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#1 Paulus' Übertreibungen

Beitrag von michaelit » So 21. Dez 2014, 20:46

Hallo,

ich wollte heute mal einiges über Jesus und Paulus schreiben. Für mich stellt es sich so dar daß Jesus die Religion stark von Gesetzen beschneiden will, daß er eigentlich nur die 10 Gebote als Gottes Gesetz behält und die Menschen auffordert ihre Rechtssysteme von Gottes Gesetz abzugrenzen und dabei nur segensvolle Gesetze zu beachten. Dadurch erst kamen wir zu Entwicklungen nach denen wir heute Steinigungen jeder Art ablehnen und bestimmte Dinge die noch im Altertum als Sünde galten, nicht mehr als Sünde ansehen bzw sie nicht mehr strafrechtlich verfolgen.

Dabei nutzte Jesus oft Ironie und sinnvolle Übertreibung als Mittel der Rhetorik in seinen Aussagen. Beispielsweise sagt er ja in der Bergpredigt folgendes:

Matthäus 5:17-20

17 Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen sei, um das Gesetz oder die Propheten aufzulösen.[d] Ich bin nicht gekommen, um aufzulösen, sondern um zu erfüllen!

18 Denn wahrlich[e], ich sage euch: Bis Himmel und Erde vergangen sind, wird nicht ein Buchstabe[f] noch ein einziges Strichlein vom Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist.

19 Wer nun eines von diesen kleinsten Geboten auflöst und die Leute so lehrt, der wird der Kleinste genannt werden im Reich der Himmel; wer sie aber tut und lehrt, der wird groß genannt werden im Reich der Himmel.

20 Denn ich sage euch: Wenn eure Gerechtigkeit die der Schriftgelehrten und Pharisäer nicht weit übertrifft, so werdet ihr gar nicht in das Reich der Himmel eingehen!

In diesem Teil seiner Bergpredigt stellt Jesus das Gesetz Gottes heraus und trennt es von dem Rest der Gesetze der Bibel. Das machte er durch zwei Gleichnisse deutlich. Er sagt daß kein Buchstabe oder Strichlein vom Gesetz vergeht, was sich auf das Faktum bezieht daß die 10 Gebote auf Steintafeln geschrieben standen während das Gesetz des Moses auf Papyrus oder Pergament stand. Worte die man nämlich auf Papyrus oder Pergamente schreibt kann man ändern indem man radiert und neu darauf schreibt, was im Altertum gängige Praxis war da man so das Papyrus bzw das Pergament mehrmals benutzen konnte. Mit Steintafeln geht das aber nicht, man kann den Text der einmal auf sie eingraviert wurde nicht ändern.

Das andere Gleichnis hier ist das des kleinsten Gebots. Ich glaube hier bezieht sich Jesus auf "Du sollst nicht töten", was von der Länge der Worte der Gebote her das kleinste Gebot im jüdischen Gesetz ist. Wer nicht tötet hat laut Jesus also eine weitgehende Übertreffung der Gerechtigkeit der Pharisäer erreicht, die zwar allesamt viele Gebote hatten und hielten, doch dabei auch Steinigungsgeboten folgten und bestimmte schlechte Gebote aus dem Gesetz des Moses beachteten die für mancherlei Dinge die nicht böse waren (HS, Transsexualität, Sabbathbruch, Speisegebote, usw) Todesstrafen vorsahen.

Paulus macht aber nun aus dieser Basispredigt von Jesus, der Bergpredigt, nichts und läßt sie sausen und nimmt das Gesetz als Grundlage für das Gericht Gottes über uns. Er sieht Jesus als unseren Anwalt und vergißt Jesus' Aussage daß Gott nicht richtet, sondern stattdessen nur aufrichtet und ausrichtet, das Gericht Gottes ist bei Jesus kein Kriminalgericht mehr sondern gehört zu den friedlichen Begegnungen mit Gott die durch das Prinzip der Gnade mit dem Zeichen des Kreuzes verbunden sind und daß nun daher Gott selbst für Sünder keine Rache übt sondern sie mit Liebe und einfacher Vergebung (Vergebung gibt es nicht in einem strafrechtlichen Konzept) empfängt. Bei Paulus ist zwar das Gesetz abgetan, doch dann gilt es doch wieder wenn er sagt, "Wir richten das Gesetz auf", und er nutzt es auch immer noch um die Sünden zu identifizieren die nach seiner Meinung einen Menschen in eine Verurteilung durch Gott bringen.

Der eklatante Rückschritt dieser Theologie besteht für mich zum einen darin daß zum einen Gott der Vater als unnahbar dargestellt wird und nicht mehr als die Liebesquelle die doch Jesus erst zu uns sandte. Zum anderen wird Gott durch Jesus ersetzt und die vielen Gebote gelten wieder und für die Menschen wird wieder nichts erreicht denn statt eines harten und richtenden Gottvaters haben wir nun einen harten und richtenden Gottsohn, es wird also nichts gewonnen.

Paulus ist für mich daher ein ziemlich komplizierter Mensch. Sein Schlechtes bestand in seiner Unfähigkeit seine alten pharisäischen Vorstellungen nicht auf das Jesuanische anzuwenden, sein Gutes bestand darin daß er selbst nach seiner Bekehrung nicht mehr vom religiösen Haß getrieben war sondern sich in Liebe besonders den Schwachen und den Unbedeutenden unter den Menschen verbunden fühlte.

Das was mich wirklich stört ist seine große Sündenliste die er im Römerbrief erstellt. Denn so schlecht wie Paulus die Menschen macht, sind sie in Wirklichkeit nicht. Ich bin ein ziemlich normaler Mensch und traf wie jeder andere Mensch in meinem Leben auf viele Leute, und kaum einer dieser Menschen (von denen viele Nichtchristen waren), waren solche Übeltäter wie sie Paulus im Römerbrief beschreibt. Ich bin auch der Meinung daß man mit Bibelaussagen so ziemlich jeden Menschen einfangen und irritieren kann. Es ist wie bei Theologien der Erbsünde, am Ende muß man sich noch dafür entschuldigen daß man geboren wurde. Solche Einstellungen werden weder Gott gerecht, denn er ist Liebe, Licht und Frieden und tritt nicht für Strafgerichte noch für Rache ein, noch werden sie dem Menschen gerecht der in Gottes Ebenbild steht und neben seinen Fehlern und Unreinheiten noch sehr viel Gutes und Richtiges und Tiefes an sich hat und beweist. Und es ist ein Unterschied ob ich die menschlichen Fehler ALLESAMT als Verbrechen sehe oder sie eher so einordne daß der Mensch nicht perfekt sein kann und daß darin ein guter Sinn steckt.

So, das war's für heute abend. Ich wünsche euch ein fröhliches Weihnachtsfest! Gott segne euch!

Daniel

2Lena
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#2 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von 2Lena » So 21. Dez 2014, 21:44

Michaelit: Für mich stellt es sich so dar daß Jesus die Religion stark von Gesetzen beschneiden will, daß er eigentlich nur die 10 Gebote als Gottes Gesetz behält ...
Dieser Eindruck wurde uns in unserer Erziehung beigebracht.
Mit der Konstruktion der Bibel enthält jedes einzelne Werk (auch im AT) das Gesetz Gottes. Einer Freundin erzählte ich hin und wieder etwas - von jeweils anderen Kapiteln - wie sie in *Auslegung wirken. "Hast du nicht das Gleiche schon gestern erzählt", war ihr Kommentar. Die anderen Inhalte kennt man nicht und denkt dann - es sei großartig ein Gesetz zu haben, das sagt:

Nicht stehlen, nicht mordern ... Das will keiner. Braucht es dafür den Wirbel um die 10 Gebote - bestimmt nicht. Der Wortlaut der restlichen Gebote ... hast du ihn schon gelesen in 2. Mose 20, kannst du das wörtlich aufsagen? Diese Texte sind merkwürdig. Die allgemeine Werbung: "10Gebote" lässt irgendwelche Vorstellungen entstehen.

Anders zu verstehen sind die *Freundschaftsregeln, der innere Inhalt. Die bringen ein "Idealbild" - von dem in den Kirchen die Morallehren herkommen. Das Verständnis Jesu kommt aus dieser Seite her, nicht von dem rächenden Gott, der heimsucht die Missetat der Väter bis ins 3. und 4 Glied. Aber am Anfang schläft er?

Liest du das NT, so sind ebenso merkwürdige Reden vorhanden, nicht stimmende Gleichnisse, ungerechte Forderungen, wie Hand abschlagen, Wange hinhalten und Vieles, was nicht als recht erscheint. DAS IST ABER NICHT ... Die richtige Seite ... Die war die der Kirche, die mit der Lehre Jesu arbeitete, nicht wie heute, wo alles rausgeklaubt wird, wo "und Jesus sprach" steht.

Michaelit: Das was mich wirklich stört ist seine große Sündenliste die er im Römerbrief erstellt.
Nimm sie so und frag noch bei Einzelheiten nach. Es wäre zu viel alles zu zeigen.

Alles Raub und Gewalt? chamas sprich - chom as
Warm ist es dann... (Gewalt verschwindet bei Schweigen oder bei Ertrag)

Unzucht, Hurerei? zenut sprich - zan ot
eine ausgezeichnete Gattung (danach streben, nicht nach falschen Wegen)

Böses tun (Nein!) nicht rascha sagen sondern - ra scha
Schau! Aufmerksamkeit schenken (Wege sehen wo das herkommt, wie es weggeht...)

Habsucht? (das ist abschneiden) batsa - lieber ist betsa
Gewinn bringen, in die Tat umsetzen.

Schlechtigkeit? Das wird AWN geschrieben, aber man muss "on" sagen, Kraft und Stärke soll kommen - und da wäre man hingerissen. Während die andere Lesart sagt: Des Todes würdig!

michaelit
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#3 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von michaelit » So 21. Dez 2014, 22:17

Du bist also der Meinung daß die normale Lesart der Bibel, ohne die Nebenbedeutungen der Wörter zu beachten, nicht ernstzunehmen ist? Ich suche ja auch nach Auslegung, mache das aber etwas anders wie du. Das Dumme ist ja, in der Kirchenväterliteratur dieser Zeit wird nirgendwo Bezug auf diese Nebenbedeutungen genommen, selbst früher Kirchenväter wie Origenes der ja nun auch kein Höllenvertreter war, gehen von der Schrift aus daß sie reale Begebenheiten erzählt die nicht nur Wortgleichnisse und Gesetze wie bei dir bedeuten.

Bei mir wird es zur Zeit ein bißchen viel. Ich weiß noch nicht wo ich stehe, ob die Paulusbriefe von dem Apostel selbst stammen oder ob sie redaktierte Werke einer Schule sind. Denkst du die ersten Christen haben nur in Code gesprochen um nicht allzu derbe Verfolgungen ausstehen zu müssen? Warum haben sie aber dann als das römische Reich christlich wurde, nicht ausgepackt und ihre eigentlichen Überzeugungen offenbart? Bei Augustinus schon findet man ja wieder Höllenstrafen und Religionszwang. Wie soll man wissen wie irgendein antiker Autor zu verstehen ist, ob er wie du es darlegst die Abrahamgeschichte als Gesetze der Weltreiche sieht oder ob er in ihnen Gottes Eingriffe in das Leben der Menschen sieht?

Ich fühle mich dazu geneigt einen Mittelweg zu vertreten nach der es wirklich diese Menschen gab, Paulus usw, und daß diese Menschen auch Fehler machten. Wenn ich Paulus als eine Schule sehen dann drängt sich mir der Verdacht auf daß die Episteln eher die erste Art des Glaubens erklärt den die frühen Christen hatten, also daß sie noch eine sehr fehlerhafte Religion waren.

Wo ist die Grenze zwischen Codesprache und Lüge? Immerhin hat die Kirche in den Jahrhunderte immer wieder Menschen wegen ihrer Andersartigkeit verfolgt. Jedenfalls ist die vorliegende Bibel doch sehr für religiösen Mißbrauch geeignet. Und ich meine beide Testamente. Und da die ersten Christen nachweislich trotzdem verfolgt wurden, macht es keinen Sinn daß sie ihre Schriften alle codierten. Sie beteten den Kaiser nicht an usw. So wie es hier ausschaut hat sich die ausgelegte gute Botschaft schon im 2JH nach Christus erledigt, danach kam das herkömmliche religiöse Christentum wie es mit ein paar Änderungen auch heute noch gelehrt wird.

michaelit
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#4 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von michaelit » So 21. Dez 2014, 22:21

Übrigens funktioniert Wortauslegung auch im Deutschen, wenn man die Vokale wegnimmt wie im Hebräischen.

Wenn dich einer auf die Wange schlägt, halte auch die andere hin.

Wange - wenig

Wenn jemand die Bergpredigt ausnutzen will, so daß der Christ die andere Wange hinhält, der kriegt nur wenig, wer sie nicht ausnutzt, der kriegt Liebe und damit viel mehr.

Abischai
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#5 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von Abischai » Mo 22. Dez 2014, 01:30

Wenn ihr beiden Spezialisten Eure Themen nicht unter "Neues Testament" schummeln würdet, wäre das angemessen. Das gehört unter "Bibelkritik" oder "Esoterik".
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

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#6 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von michaelit » Mo 22. Dez 2014, 05:58

Es handelt sich aber speziell um das Neue Testament und hat nichts mit historisch-kritischer Methode zu tun. Es sind Auslegungsfragen des Neuen Testaments.

2Lena
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#7 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von 2Lena » Mo 22. Dez 2014, 09:19

Michaelit: Bezug auf diese Nebenbedeutungen genommen, selbst früher Kirchenväter wie Origenes der ja nun auch kein Höllenvertreter war, gehen von der Schrift aus
Toll beobachtet!
... aber du hast noch nicht den Staub abgewischt, der sich auf die Literatur gelegt hat. Sie verwendeten die *Auslegung. Aber - nicht mit der Wort für Wort Bedeutung. Das erklärten sie nicht (was ich mit meinen Erfahrungen langsam verstehe und manchmal denke: "Gib's auf! Die Bildungsmuffel kriegst du nie"). Die Auslegung der Bibel war in den Konzilen im Gespräch. Da gab es die Schwierigkeit, dass bereits zu Jesu Zeiten die jüdischen Schriftgelehrten verschiedene Meinungen hatten. Das Wirken Jesu war nicht nur menschlich einzigartig. Danach gab es bei allen überholten Lehren - einen Schlussstrich.

Ich sehe bei "Paulus" so etwas wie die "Handschrift" der verschiedenen Philosophierichtungen, die in der neuen Form ihren Beitrag zur Einheit leisteten und die Lehren aufnahmen. Das habe ich noch zu wenig greifbar mit allen Einzelmerkmalen. Das große Problem war, dass in der Zeit als Bildung anstand, mit der Verarbeitung der Sprachen - Bücher verschwanden, Kriege und Erdbeben und die Völkerwanderung das Land zerstörten und die Pest wütete.

In ein paar Tagen will ich zeigen, wie die Kirchenväter schrieben, wie das zur *Auslegung passt. Welch ein "Riesengeschrei" unter den Evangelischen war, die solche Aussagen heute als "unbiblisch" abtun. Ab der Reformation wurde NUR mit der übersetzten Bibel gedacht. Das brachte dann die ganzen Glaubenszweifel und weitere Abspaltungen, säkulare Bestrebungen, etc.

Was Paulus betrifft: Seine Figur ziert in Rom glaube ich die Mark-Aurel-Säule. Das war am Anfang nicht so.

Michaelit: Wo ist die Grenze zwischen Codesprache und Lüge? Immerhin hat die Kirche in den Jahrhunderte immer wieder Menschen wegen ihrer Andersartigkeit verfolgt.
Wenn du die Konstruktion siehst - die Kirche war richtig - mit *Auslegung - die anderen "glaubten" ihr Recht. Da merkst du, wie grottenverkehrt sich so eine mimimale Abweichung ausgewirkt hat. Man nehme einen Zentimeter Abweichung bei einem Spalt - führe diese Linie fort ... ich weiß nicht, was ein Mathematiker nach ein paar Jahrhunderten herausrechnet...

@Abischai, wenn wir deine Linie verfolgen, käme es zur Vernichtung der Kirche und der Welt, weil die Gedanken so verdreht werden, dass die biblischen Widersprüche als wahr gelten und immer weiter Konflikte sind. Eine "Kritik", die richtig stellen kann, ist etwas völlig anderes als eine Anfeindung, weil das letztendlich alle Kritik aufhebt. Und, esoterisch ist das NT wirklich nicht. Sind denn Christen Esoteriker?

Abischai
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#8 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von Abischai » Mo 22. Dez 2014, 12:28

Der berühmte Satz des Königs an den Henker:
"Begnadige nicht aufhängen!" ist ein solcher Widerspruch in sich. Wenn man nun weiß, wie der Henker und er König sonst auch ist, was das wahrscheinlichste ist, kann man die verlorengegangene Kommasetzung in obigem Satz korrigieren.

Es geht bei gesunder Bibelkritik nicht um die Kritik an der Bibel, sondern um die Kritik an schlechtem Kanon, an schlechten Übersetzungen und schlechten Auslegungen. Man müßte also sagen: "biblische Kritik" und nicht "Bibelkritik".
Die Bibel ist das große unbekannte fehlerlose Werk, das es zu finden gilt. So gesehen ist "Bibelkritik" notwendig und gut.

Man kann aber nun nicht alle irgendwie nicht ganz unsinnig erscheinenden Varianten konstruieren und colourieren und in der unüberschaubaren Fülle dann die "Bibel" erkennen. Deine Bibelschlüsse, die auf Einzelwortbetrachung beruhen, ergeben diesen Sinn eben nicht, weil sie zwar partiell gut klingen, aber im Kontext keinen Sinn ergeben.

Luther hat einst bei der Übersetzung des Römerbriefes geknabbert, weil er nicht wußte, wie es zu übersetzen sei. Dann kam ihm die Erleuchtung, daß das Wort so übersetzt werden muß, daß es der Absicht Gottes gerecht wird. Die grundsätzliche Absicht Gottes war ja klar, und nun konnte man zwischen einer dazu passenden Übersetzung oder einer konträren wählen.
Luther hat sich dafür entschieden den Zweifel zu Gunsten der sonstigen Art Gottes zu entscheiden.
Ich halte das für richtig. Und das ist auch der Sinn echter "Bibelkritik".

Die Bibel ist gut und sie ist richtig. Wir müssen herausfinden warum sie das ist, und warum die anscheinenden Widersprüche keine sind, sondern in welcher Form sie zusammen passen. Und sie passen zusammen. Manchmal ist es eine Frage der Terminologie, manchmal ein wirklicher Übersetzungsfehler oder aus der Fülle der möglichen Übersetzungen ist ungünstig gewählt worden.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

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#9 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von michaelit » Mo 22. Dez 2014, 13:16

Wenn sich aber nun herausstellt daß die Bibel kein lineares Geschichtsbuch ist mit nur jeweils einer Bedeutung der Wörter und Handlungen, was dann? Übersetzungen zu folgen bedeutet dann immer nur eine Übersetzung haben zu können weil man ja wie du das Bild einer "einen und wahren und irrtumslosen" Bibel in sich trägt. Nur aber ist das schon eine externe menschliche Festsetzung, daß die Bibel irrtumslos ist. Denn eigentlich ist das nur ein Gedanke des Paulus gewesen daß die Bibel so irrtumslos ist, im Alten Testament findet sich nirgendwo diese Idee. Da ist es auch wichtig darauf hinzuweisen daß man Gott suchen muß und nicht nur die Bibel. Die übersetzte "eine" Bibel ist leicht zu lesen und ihre Theologie ist einfach bzw gar primitiv zu nennen. Der Gott dem du gehorsam sein sollst schlägt dich wenn du nicht gehorsam bist, und bei Jesus kommt noch dazu, er schlägt dich für die Ewigkeit. So wird aber unser Gottesbild vergewaltigt das wir doch schon immer bei uns haben laut Paulus, und Gott ist nicht mehr Gott weil er gut ist sondern ... ja, was nur? Gott insistiert dann auf Status statt auf Gerechtigkeit, respektiert nur sich selbst statt seine Heiligkeit zu beachten, will doch keine Kinder sondern Sklaven, tötet und raubt und vernichtet, usw. Mit solchen Glaubensinhalten wird Gott aber nicht geehrt und überhaupt richtig wahrgenommen. Und eine Bibel die nur so etwas im Blick hat, ist keine HEILIGE Schrift. Und inspirierend ist das alles schon gar nicht, wo ist denn hier eigentlich der Geist der uns sonst bei Jesus und Gott so begeistert?

Abischai
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#10 Re: Paulus' Übertreibungen

Beitrag von Abischai » Mo 22. Dez 2014, 13:36

Nein, das war nicht nur eine Idee des Paulus. Du betreibst mit der Aussage genau die "moderne Bibelkritik" wie sie der Epitaph der deutschen Theologie ist.
Jesus hat die Schriften verifiziert und mitunter derart punktgenau zitiert und eingefordert, daß an der Schrift selbst kein Zweifeln sein konnte, wohl aber an der offensichtlich falschen Handhabe zur damaligen Zeit.

Paulus war ein Schriftgelehrter, der sich sehr gut in der Schrift auskannte. Und wenn er eine "Behauptung" aufstellte, war das vom Heiligen Geist Gottes geleitet. Darum sagen wir, daß die Worte Pauli Gottes Worte sind.
Meine Hilfe kommt von Jahweh, der Himmel und Erde gemacht hat. [Ps 121;2]

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