M.N. hat geschrieben: ↑Di 24. Nov 2020, 12:11
...alles muss durch das Bibel-Raster geprüft und bewertet werden. Der Blick auf die Realität ist verstellt. Vergebung außerhalb des Glaubenssystems nicht möglich. Das nennt man auch Gehirnwäsche und erklärt die ganzen Glaubenskonflikte.
Ich denke nicht, dass es wirklich ein eindeutiges Bibel-Raster gibt.
Wenn man NUR die Bibel als Vorlage des Glaubens nimmt, kann man im Grunde alles begründen... Gesetze und auch Gegen-Gesetze, Liebe und Hass ...etc.
Gebote in der Bibel sollen aber den Menschen helfen, aufzubauen, anstatt einander runterzuziehen und zu zerstören.
So wie ich das verstehe, hat Jesus genau diese Denkart widerlegt, im Umgang mit Menschen, die von ihm berührt wurden, und auch in seinen Reden. Deshalb haben die damaligen Oberfrommen (Pharisäer und Schriftgelehrte) auch ständig versucht, ihn mit Schriftzitaten und Gesetzes-Vorschriften zu Fall zu bringen. Sie haben es nicht geschafft, und Jesus hat ihnen an den verschiedensten Stellen demonstriert, dass es mit festgelegtem Raster nicht funktioniert. Die Gesetze sind NICHT dazu da, andere Menschen zu beurteilen und zu vergelten, sondern um selbst seine eigenen Klippen und Lasten zu erkennen, um diese dann von der Wurzel her zu beseitigen. "Überwinden" wird das oft in der Bibel genannt.
Vergebung ist dabei ein ganz spezielles Thema. Da, wo Menschen einem anderen Menschen Böses antun, gerät das Opfer des Täters quasi in den Machtbereich des Täters. Der Mensch leidet, er hasst, er sehnt sich nach Rache. Das kann so weit gehen, dass man sich Tag und Nacht daran erinnert, das Leiden und die Last, dem Wunsch wirksam nachzugeben, zu vergelten. Das Leiden des Leidenden wird vermehrt und die Vergeltung zieht nur weiter runter ... eine Lösung gibt es dabei selten.
Davon soll Vergebung befreien. Das Opfer selbst soll die Lasten abschütteln und dem Täter keine Macht mehr lassen, das eigene Leben zu zerstören.
So jedenfalls verstehe ich Vergebung ... und das ist ein Weg, der sichtbar bessere Lösungen bringt, als Groll, der dem Verletzten gefangen hält.
Der bösartige Täter fühlt sich nicht erleichtert, wenn ihm vergeben wird, sondern eher nicht ernst genommen. Das kann viel wirksamer sein, als tätliche Rache.