Die Wiedergeburt im Geiste

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Martinus
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#11 Re: Die Wiedergeburt im Geiste

Beitrag von Martinus » Do 7. Nov 2013, 16:58

Salome23 hat geschrieben: Damit hast du eine der schwer verständlichsten Kapitel der Pauluslehre aufgegriffen. :)

Schwer verständlich :?: , nein eher selbsterklärend und einfach.

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Naqual
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#12 Re: Die Wiedergeburt im Geiste

Beitrag von Naqual » Do 7. Nov 2013, 17:41

ThomasM hat geschrieben: Wie Closs schon betont hat, gibt es dann keine wiedergeborenen Christen und hat es niemals gegeben.

Insbesondere Paulus bekennt (die Stelle dürft ihr suchen)
"Das Gute, das ich tun will, tue ich nicht. Das Böse, das ich nicht tun will, tue ich"

Sich also auf diese Stellen von Johannes zu stützen macht den Begriff wiedergeborener Christ wertlos - genau genommen sogar den Begriff Christ. Zumal auch Johannes in 1 Joh. 1,8 schreibt
" Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns

Für mich das Interessante ist, dass der Begriff "Wiedergeborener" fast ausschließlich im Kreise der sog. Evangelikalen verwendet wird, also von denen, die die Bibel soweit als möglich wörtlich interpretieren. Bei solchen Versen ist das Wörtliche dann aber urplötzlich nicht mehr möglich, ohne das ein Hinweis im Text steht, was es dann nun tatsächlich bedeuten könnte.
Erstaunlich auch, dass von sicherlich weit über 100 Autoren der Bibel nur ein einziger den Begriff "Wiedergeborener" verwendet und immerhin kommt er in Millionen von Worten der Bibel 3 oder 4 mal vor. Für die "Wiedergeborenen" wird nun aber das Zentrale ihres persönlichen Glaubens daraus. Fragt sich natürlich, warum die anderen biblischen Autoren dem gar nicht so viel Wert beigemessen haben.

Es gäbe natürlich eine Möglichkeit, es im Sinne der Wiedergeborenen aufgehen zu lassen.
Dann nämlich, wenn ein Christ widerwillig sündigt (ich tue das zwar auch manchmal widerwillig aber sicherlich nicht immer. Manchmal macht es ja auch Spaß und Freude).
In dem Fall könnte man nun den guten alten Paulus wieder ausgraben und ihn zitieren:
"Nicht ich sündige, sondern die Sünde, die in mir wohnt" . Also wer in Christus ist, sündigt nicht, aber die Sünde in ihm.
Naja, so gesehen habe ich noch nie gesündigt. Also so ganz auf geht das wohl auch nicht.

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#13 Re: Die Wiedergeburt im Geiste

Beitrag von closs » Do 7. Nov 2013, 20:06

Martinus hat geschrieben:Schwer verständlich :?: , nein eher selbsterklärend und einfach.
Naja - den "Römer" habe ich mir neulich wieder mal genauer vorgenommen: Selbsterklärend ist er, aber leicht verständlich ist er nicht.

Er kann es deshalb nicht sein, weil Paulus darin "das Gesetz in mir" (würde Kant sagen) ÜBER die geschriebene Torah stellt. Ganz meine Meinung - aber: Wird das wirklich so verstanden?

Martinus
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#14 Re: Die Wiedergeburt im Geiste

Beitrag von Martinus » Do 7. Nov 2013, 20:22

closs hat geschrieben: weil Paulus darin "das Gesetz in mir" (würde Kant sagen) ÜBER die geschriebene Torah stellt.

das macht er nicht, Das Gesetz Gottes und sein inneres Gesetz liegen im Streit
Denn meiner innersten Überzeugung nach stimme ich dem Gesetz Gottes freudig zu, 23 aber in meinen Gliedern sehe ich ein anderes Gesetz wirken, das mit dem Gesetz in meinem Innern in Streit liegt und mich zu seinem Gefangenen macht: das Gesetz der Sünde.
Römer 7:22-23 NEÜ
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#15 Re: Die Wiedergeburt im Geiste

Beitrag von closs » Do 7. Nov 2013, 21:22

Martinus hat geschrieben:das macht er nicht
Doch - zunächst mein Übersetzungsvorschlag (7,22f, David Stern): "Denn in meinem inneren Selbst stimme ich vollkommen mit Gottes Torah überein; in meinen Gliedern aber erkenne ich eine andere "Torah", eine, die mit der Torah in meinem Verstand kämpft und mich zum Gefangenen der "Torah" der Sünde macht, die in meinen Gliedern handelt".

"Das Gesetz in mir" (Kant) ist in diesem Sinne das "in meinem inneren Selbst stimme ich vollkommen mit Gottes Torah überein" - und nicht die Sünden-Torah. - Und dieses "Gesetz in mir" steht auch im Römer-Brief über der geschriebenen Torah:

(2,14) "Denn wann immer Heiden, die die Torah nicht haben, ganz selbstverständlich tun, was die Torah fordert, sind sie, auch wenn sie die Torah nicht haben, selbst Torah!".

Noch mehr: Paulus betrachtet die alte (AT-) Thora auch für den "neuen Menschen" als überwunden an - denn: "Jetzt aber sind wir von diesem Aspekt der Torah befreit, weil wir dem gestorben sind, das uns in seinem Klammergriff hielt, damit wir auf neue Weise dienen, die der Geist bestimmt" (7,6).

Gleichzeitig verteidigt Paulus den Sinn der AT-Thora: "Was sollen wir also sagen? Dass die Torah sündig ist? Das möge der Himmel verhüten! Die Aufgabe der Torah war es vielmehr, dass ich ohne sie nicht gewusst hätte, was Sünde ist. Zum Beispiel wäre mir nicht bewusst geworden, was Habgier ist, wenn die Torah nicht gesagt hätte: 'Du sollst nicht begehren'" (7,7).

Martinus hat geschrieben:Das Gesetz Gottes und sein inneres Gesetz liegen im Streit
Damit ist aber nicht "das Gesetz in mir" gemeint, das im "inneren Selbst ... vollkommen mit Gottes Torah überein<stimmt>" (7,22), sondern die "andere 'Torah'" "in meinen Gliedern" (7,23). - Der Mensch hat also - laut Paulus - ZWEI Torahs in sich - (zu Ende gedacht) die des Lebens und die des Todes.

Ist der Römerbrief WIRKLICh so klar?

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#16 Re: Die Wiedergeburt im Geiste

Beitrag von 2Lena » Do 7. Nov 2013, 21:41

Hallo zusammen,

das Meiste der Erlebniswelt zur "Wiedergeburt" habt ihr gut dargelegt. Das war nie ein Thema der Katholischen Kirche, sondern von Gruppen, welche mit der wörtlich verstandenen Bibel arbeiteten. Das Herauspicken von irgendwelchen Bedingungen und Heilsversprechen ist oft schnell gemacht.

Die Frage ist nun, wie Joh. 3 im Zusammenhang aussieht. Mit Auslegung gelesen hat Joh. 3 einen durchgehenden Zusammenhang als Lehrstück einer Regel, wie sich aus einer breiten Masse eine "Spitze" ergibt, eine Erneuerung oder Verbesserung.

Mit der normalen Übersetzung hat Joh. 3 die Abschnitte: Gespräch mit Nikodemus, Prophezeiungen, irgendwelche teils unverständliche Reden und Gleichnisse. Da passt nichts zusammen - und schon gar nicht mit der Erklärung einer "Wiedergeburt". Es mag noch angehen, dass mit irgendwelchen Taufriten schwangere Worte vorgebracht werden, aber es wirkt absurd, sobald der wahre Inhalt der Evangelien zum Vorschein kommt.

Die Riten der katholischen Kirche muten auch als Brauch oder willkürlich an. Sie werden oft nicht verstanden. Jedoch ist es dort so, dass der Auslegungsinhalt der Evangelien "verkörpert" wird. Bei Kenntnis der Evangelien wird - wie durch den Lichtschalter die ganze Fülle des Inhalts angeknipst. Das wurde seit der ägyptischen Kultur so gehandhabt. Jedes Bauwerk, Kleider und alle Geräte waren Symbole einer Lehre. Sie haben sich sprachlich mit anderen Bezügen erschlossen.

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#17 Re: Die Wiedergeburt im Geiste

Beitrag von JackSparrow » Fr 8. Nov 2013, 00:19

closs hat geschrieben:Dann wäre niemand zu Lebzeiten wiedergeboren
Das kann wiederum niemand beurteilen außer Gott persönlich: "Und richtet nicht, und ihr werdet nicht gerichtet werden; und verurteilt nicht, und ihr werdet nicht verurteilt werden." Lk6:37

Menschen sind offenbar gar nicht fähig, das göttliche Gesetz ausreichend zu verstehen: "Redet nicht schlecht übereinander, Brüder! Wer über einen Bruder schlecht redet oder seinen Bruder richtet, redet schlecht über das Gesetz und richtet das Gesetz. Wenn du aber das Gesetz richtest, so bist du nicht ein Täter des Gesetzes, sondern ein Richter."

Interessant ist die Forderung, immer genau das zu tun, was man selbst gutheißt: "Hast du Glauben? Habe ihn für dich selbst vor Gott! Glückselig, wer sich selbst nicht richtet in dem, was er gutheißt!" Röm14:22 Das passt zu der Aussage bei Epheser, "legt die Lüge ab und redet Wahrheit". Schließlich wäre man ein Heuchler, sobald man irgendwas anderes tun oder irgendwas anderes behaupten würde als das, was man selbst gutheißt.

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#18 Re: Die Wiedergeburt im Geiste

Beitrag von closs » Fr 8. Nov 2013, 00:43

JackSparrow hat geschrieben:Das kann wiederum niemand beurteilen außer Gott persönlich
Das grundsätzlich ohnehin. - Deshalb kann es unter Menschen nur darum gehen, was wenigstens widerspruchsfrei erkennbar ist.

Von ganz grundsätzlichen geistigen Erwägungen zunächst völlig abgesehen, bestehen ja sogar diesbezüglich Widersprüche in der Bibel selbst - ThomasM hat einen (von vielen) genannt: 1 Joh. 1,8: " Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns".

Meinst Du ernsthaft, dass Johannes nicht auf der Reihe war, als er das gesagt hat??

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#19 Re: Die Wiedergeburt im Geiste

Beitrag von Naqual » Fr 8. Nov 2013, 09:15

2Lena hat geschrieben:das Meiste der Erlebniswelt zur "Wiedergeburt" habt ihr gut dargelegt. Das war nie ein Thema der Katholischen Kirche, sondern von Gruppen, welche mit der wörtlich verstandenen Bibel arbeiteten. Das Herauspicken von irgendwelchen Bedingungen und Heilsversprechen ist oft schnell gemacht.
Sehe ich auch so. Es ist typisch für etliche Fraktionen, vornehmlich im Protestantismus. (Jetzt als Außenstehender betrachtet, bin weder Protestant noch Katholik)

Die Frage ist nun, wie Joh. 3 im Zusammenhang aussieht. Mit Auslegung gelesen hat Joh. 3 einen durchgehenden Zusammenhang als Lehrstück einer Regel, wie sich aus einer breiten Masse eine "Spitze" ergibt, eine Erneuerung oder Verbesserung.
Ja, vor allen Dingen geht es um eine REALISTISCHE Auslegung. Paulus selbst betont, dass er alles andere als sündenfrei lebt.
Wo ist dann nun der Unterschied zwischen einem "Wiedergeborenen" und einem z.B. "Heiden"? Sündigen tun ja beide.
Feststellen kann man, dass jeder Mensch mehr oder weniger schwankt zwischen seinen moralisch-ethischen Vorstellungen und ihrer Umsetzung einerseits und ganz anderen Bestrebungen in sich selbst. Mensch wird hin und hergetrieben.
Er sündigt ("tut falsch") weil sein Wissen begrenzt ist und er ein biologisches Wesen ist Andererseits sündigt der Mensch (auch nach "Bekehrungen") wissentlich, nicht versehentlich. Er macht etwas - teils widerstrebend, da in sich gespalten - obwohl er es anders möchte. Hin- und hergerissen zwischen verschiedenen Kräften.
Der Begriff "Wiedergeburt" in der Deutung der "Wörtlich-Verstehenden" ist etwas Fixes, man erhält ein lebenslanges Prädikat des vermeintlich Geretteten durch Glauben. Und schwankt recht schön weiter, wie man objektiv leicht feststellen kann. Ich persönlich sehe im Begriff "Wiedergeboren" kein konstantes Prädikat der Person, sondern einen momentanen Zustand einer Gott zugewandten Person. Den er auch wieder verlassen kann und oft genug auch tut. In diesem "Zustand", von Gott erfüllt, ist sündigen nicht möglich. Tragischerweise aber eine gedankliche Sekunde danach schon.
Es ist ein Merkmal unseres So-Seins als Menschen, dass wir in Bewegung sind, schwanken und uns auch entwickeln, manchmal vorwärts, manchmal rückwärts. Dem entkommt auch ein "vermeintlich Wiedergeborener" nicht. Gleichwohl kann man sich um Gott und geistige Nähe zu ihm (die dann auch nach entsprechendem Handeln drängt) bemühen.
Die tatsächliche Wahl die wir haben ist also nicht lebenslang auf einer sicheren Insel festzusitzen oder im Meer zu ertrinken, sondern ob wir uns im Leben entwickeln: Das Leben als eine fortlaufende Geburt mit all ihren Wehen. Für die Entwicklung unseres Selbst brauchen wir nicht nur Freude, sondern auch Leid. Und gereifte Personen sind in der Regel die, die auch Leid erfahren haben und gelernt haben damit umzugehen. Permanente Sonntagschüler im Glück werden ´"seelisch flach" (und meist Opfer ihrer eigenen schönen Illusionen).
Die eigentliche Entscheidung die wir treffen können ist also nicht permanent Gottes zu sein oder nicht (extrem-dualistisches Schwarzweiß), sondern ob wir uns zu Ihm hin entwickeln.
Oder kurz: Ob wir geboren werden wollen und uns der Geburt unterziehen in lebenslanger Schwangerschaft oder ob wir es lassen mehr zu sein als bloße biologische Wesen. Sondern Menschen mit Zielen und Ambitionen, die weiter sind als unsere eigene Interessenssphäre.

Mimi
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#20 Re: Die Wiedergeburt im Geiste

Beitrag von Mimi » Fr 8. Nov 2013, 10:14

Mal kurz und banal ausgedrückt:
Die Frage „bist Du wiedergeboren“ kommt mir manchmal vor, als müsse man damit einen „Leistungsnachweis“ erbringen, quasi das „Gütesiegel“, dass man in den Augen einiger Zeitgenossen dann erhält. Wann fängt es denn an?? Ab einer gewissen „Markierung“ etwa?
Wer kann denn schon verbindlich über den inneren Zustand eines Glaubensgenossen urteilen?
Insofern stimme ich Naquals Betrachtungen völlig zu.

Zitat: Das Leben als eine fortlaufende Geburt mit all ihren Wehen.
Oder...... die Wiedergeburt als fortlaufendes Geschehen mit all ihren Wehen.

LG
"Jedes menschliche Wunschbild,
das in die christliche Gemeinschaft mit eingebracht wird,
hindert die echte Gemeinschaft und muss zerbrochen werden,
damit die echte Gemeinschaft leben kann."
Dietrich Bonhoeffer

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