Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Rund um Bibel und Glaube
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Wegfinder
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#41 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Wegfinder » So 5. Mai 2013, 19:20

Hallo,
ich habe mir nun den gesamten Thread durchgelesen, und möchte gerne eine Frage stellen.

Was müsste/muß/sollte eine Gemeinde bieten, damit sich Gemeindemitglieder gerne zugehörig finden oder fühlen, und aus sich heraus aus Überzeugung Dienste tun, und andererseits, was müsste sie bieten, dass diese Gemeinde wächst, bzw. Besucher die mal zufällig oder auf Einladung kommen, auch gerne wiederkommen ?

Das ist nämlich aus meiner Sicht ein gewisser Spagat, und ziemlich sensibel.

In meiner Gemeinde ist die Altersstruktur der Mitglieder sehr ausgeglichen, wir haben tatsächlich (wie Magdalena geschrieben hat) noch die älteren Damen und Herren die herausgeputzt zum GD erscheinen, bis zum Jugendlichen in kurzer Hose und Badeschlappen der während des Gottesdienstes am Handy Nachrichten verschickt. Es gibt bei uns diejenigen die beim Lobpreis die Hände heben und dahinschmelzen (so der Eindruck), andere stehen gar nicht auf, und manche stehen da und singen mit lauter Kehle, und andere sind eher ruhig und andächtig.

Ich habe einiges in dem Thread gelesen, das ich wirklich nicht kenne, und mir ist in meiner Gemeinde nicht ein Fall bekannt wo jemand weil er unzufrieden ist nicht mehr kommt. Ich bin da jetzt immerhin auch schon knapp 3 Jahre. Ich habe aber 2 Ausschlüsse miterlebt, und einer der Geschwister hat sich vom Glauben abgwandt, trotz vieler Bemühungen des Pastors und der Ältesten.

Mir ist noch nie aufgefallen, dass irgend jemand ein schlechtes Gewissen "aufgedrückt" wurde weil er/sie zB einen Dienst nicht tun wollte (oder konnte), oder ähnlichem.
Wobei es durchaus ganz verschiedene Ansichten bei der Gemeindeleitung (das wird aber nicht verheimlicht oder so) in verschiedenen Themen gibt . Z.B. betreffend Heilungsgottesdienste in anderen Gemeinden (wir bieten das nicht) und ähnlichem.

Also mich würden wirklich konkrete Beispiele interessieren weshalb jemand nicht (mehr) in eine Gemeinde gehen "will" (ich meine damit nicht weil es aus bestimmten Umständen nicht möglich ist). Für mich war es immer klar eine Gemeinde haben zu wollen, weil ich der Meinung bin, dass ich nur dort wirklich Gemeinschaft unter wirklich gleichgesinnten haben kann. das kann zB ein Forum unmöglich bieten.

LG Erich
Heb 11,1 Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, eine Überzeugung von Tatsachen, die man nicht sieht.

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#42 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von closs » So 5. Mai 2013, 19:58

Wegfinder hat geschrieben:Also mich würden wirklich konkrete Beispiele interessieren weshalb jemand nicht (mehr) in eine Gemeinde gehen "will"
Da kann es nur persönliche Antworten geben, die bei jedem anders sind - hier die mich betreffende:

Ich habe immer wieder Anläufe gemacht und habe mich immer wieder recht schnell zurückgezogen (wird demnächst auch beim jetzigen "Hauskreis" sein) denn: Es wurden im Normalfall theologisch derart hanebüchene Sache erzählt, dass es mir fast die Plomben aus den Zähne rausgezogen hat. - Nun kann man damit liebevoll umgehen - aber man fühlt sich nicht "daheim".

Die liebsten waren mir immer die ganz einfachen (auch intellektuell einfachen) Christen, die dieses geistige Halbzeug sowieso nicht verstanden haben, aber einen feinen spritituellen (oder nenne es: Herzens-) Instinkt hatten - da habe ich mich wohlgefühlt. - Aber solche Leute machen zwar das Herz, aber nicht das Profil einer Gemeinde aus.

Man kann sich einfach nicht fallen lassen, wenn man spirituelle Verwirrung förmlich körperlich spürt. - So - das war mein ganz persönlicher Grund. :)

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Wegfinder
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#43 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Wegfinder » So 5. Mai 2013, 23:59

Hallo closs,
Es wurden im Normalfall theologisch derart hanebüchene Sache erzählt,...
...wenn es der Normalfall ist verstehe ich, dass du dich abgewendet hast. Hast du auch hinterfragt wie man auf diese Art der Theologie gekommen ist ? Ich meine hanebüchen ist schon ein ziemlich schlimmer Ausdruck.

Was meine Erfahrungen betrifft ist es wirklich nicht so. Ich kenne bis jetzt erst 2 Gemeinden, und von der ersten habe ich mich deswegen getrennt weil sie mir zu "unpersönlich" war. Ich war damals noch neu im Glauben, und hatte so etwa nach 4-5 Monaten das Gefühl nie richtig hineinwachsen zu können. Ich fühlte mich irgendwie als nicht ganz zugehörig.
Das lag wahrscheinlich daran, weil die Gemeinde sehr groß war, Pastor ein Amerikaner, die Gemeinde sehr International geprägt (GD Englisch aber mit sehr guter Übersetzung).
Ein Freund hat mich dann auf die Gemeinde wo ich jetzt bin aufmerksam gemacht, ich habe sie mir 1x angesehen bei einem GD, und nach meinem 2. Besuch dort hatte ich schon ein gutes Gefühl. Schwer zu beschreiben, doch ich habe mich nicht geirrt.
Naja, ich denke aber offen gesagt auch, dass wir sehr gesegnet sind was unseren Pastor und die Ältesten betrifft, und auch das Lobpreisteam. Es ist insgesamt wirklich Stimmig, - es gibt schon einiges was mir nicht gefällt, doch das kann ich als Jammern auf hohem Niveau benennen.

Es tut mir wirklich leid was deine Erfahrungen betrifft, denn in einer Gemeinde soll für alle Platz sein, egal ob man theologisch gebildet ist, oder nicht. Jeder kann einen passenden Platz finden, wenn es die Gemeinde ermöglicht.

LG Erich
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#44 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von closs » Mo 6. Mai 2013, 00:13

Wegfinder hat geschrieben:denn in einer Gemeinde soll für alle Platz sein
Da ist auch Platz - es geht nicht um Ablehnung seitens der Gemeinde. - Es ist MEINE spirituelle Unruhe, wenn ich dort bin. - Alles, was (theologisch/spirituell) gesagt wird, muss ich erst aus dem üblichen System in meines übersetzen. - Das geht, strengt aber an. - Ich spüre die Kontamination der üblichen Exegese und die daraus entstehenden Wahrnehmungs-Systeme, die auf ihrem eigenen Ölfilm auf der Wahrheit hin und her-rutschen.

Gute Nachricht: Die Liebe steht über allem. - Gottseidank haben fundamental-theologische Verwirrnisse keine Auswirkung darauf. - Pastoral und in puncto Gemeinschaft finde ich Gemeinden nach wie vor gut.

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#45 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Wegfinder » Mo 6. Mai 2013, 18:54

Hallo,
closs hat geschrieben:Pastoral und in puncto Gemeinschaft finde ich Gemeinden nach wie vor gut.
Ja eben, ich auch, und das ist doch das Wesentliche, oder ?
Ich spüre die Kontamination der üblichen Exegese und die daraus entstehenden Wahrnehmungs-Systeme, die auf ihrem eigenen Ölfilm auf der Wahrheit hin und her-rutschen.
Das verstehe ich nicht, bin verwirrt, kannst du das näher beschreiben was du meinst?

LG Erich
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kamille
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#46 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von kamille » Di 7. Mai 2013, 11:41

Wegfinder hat geschrieben: Ich spüre die Kontamination der üblichen Exegese und die daraus entstehenden Wahrnehmungs-Systeme, die auf ihrem eigenen Ölfilm auf der Wahrheit hin und her-rutschen.


Das verstehe ich nicht, bin verwirrt, kannst du das näher beschreiben was du meinst?
Hallo Erich, mir geht es auch so.
Ich würde es so ausdrücken, dass es einem vorstehenden Pastor darum geht, seine Gemeinde auf sein Glaubensbild auszurichten, oder einzufügen.
Das geschieht aber unterschwellig, also nicht direkt und mit Vorsatz, sondern ganz subtil. Ich habe das auch mehrfach erlebt.
Jesus Christus spricht:..Siehe, ich bin bei euch alle Tage.....

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#47 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von closs » Di 7. Mai 2013, 12:53

Wegfinder hat geschrieben:Ja eben, ich auch, und das ist doch das Wesentliche, oder ?
In der Tat - deshalb bin ich gar nicht so dafür, dass so viel in unverstandenen Bibelstellen rumgewühlt wird. - Das meine ich nicht normativ, sondern desktiptiv.

Wegfinder hat geschrieben:Das verstehe ich nicht, bin verwirrt, kannst du das näher beschreiben was du meinst?
Meine Foren-Erfahrungen mit vielen und verschiedenen christlichen Glaubensgemeinschaften haben mich insofern erschrocken gemacht, dass das alles geschlossene, menschliche Maßsysteme sind. - Jeder erzählt etwas anderes über diesselben (!) Bibelstellen - wie es halt in die eigene Vorprägung passt.

Das führt dazu, dass unter dem Namen Christentum FAKTISCH völlig verschiedene Religionen firmieren, die sich nur dadurch finden, dass sie einen gemeinsamen SChirmherrn in Jesus haben.

Mir fehlt bei christlichen Glaubensgemeinschaften fast durchgehend ein übergeordneter Entwurf des Wesens Gottes, auf dessen Basis (!) man die Bibel liest und versteht. - Das Gegenteil davon ist, was ich gerne "Zitaten-Scrabble" nenne - man sagt "da-steht-es-aber" und trägt getrost nach Hause, was da (scheinbar) schwarz auf weiss steht. - Um es mal parteiisch-offensiv zu sagen: Was ich in der jüngeren Vergangenheit an inner-christlichen Aberglauben erlebt habe, hat meine "Erwartungen" um ein Vielfaches übertroffen.

Es gibt imo zwei Möglichkeiten, dem entgegenzutreten - erstens: Grundsatzfragen VOR der Lektüre der Bibel zu stellen:
* Wer ist der Mensch?
* Wer ist Gott?
* Was ist Dasein?
* Was ist Zeit?
* Was bedeutet Alpha und Omega?
* Warum gibt es überhaupt den Sündenfall?
* Was ist eigentlich Liebe?
* Was ist eigentlich Leid?
* etc.
Das wäre was für die Profis.

Oder zweitens: Man räumt 1.Kor. 13, 1-13 Vetorecht über jegliche anderslautende Bibelinterpretation ein. - "Vetorecht" kann auch heissen, dass man zuwiderlaufende Aussagen einfach mal zurückstellt. - Das müsste von den "Profis" (also den geistig Bevollmächtigten) an die Gemeinde gehen. - Denn man kann vom durchschnittlichen Menschen nicht erwarten, dass er theologisch und philosophisch alles durch-dekliniert. - Deshalb: Das Ergebnis, dass da lautet:

1, Johannes, 4,10:
„Nicht darin besteht die Liebe, dass wir Gott lieben, sondern dass er den Menschen liebt.“

und eben: 1.Kor. 13, 1-13

Die Praxis sieht anders aus: Gemessen, was man so von geistigen Gemeinde-Vorstehern oft mitkriegt, ist die geistige Vollmacht anscheinend nicht selten vom Satan umgedreht. - Nicht aus offensiver Bösartigkeit, sondern vermutlich aus Verwirrung. - Der Satan ist der Verwirrer.

Gerne höre ich Nachrichten, die meinen Pessimissmus mildern.

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GanzBaff
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#48 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von GanzBaff » Di 7. Mai 2013, 13:06

closs hat geschrieben:Gerne höre ich Nachrichten, die meinen Pessimissmus mildern.

Ich glaube das passiert so schnell nicht, jede christliche Gemeinschaft ist die richtige und die anderen sind bemitleidenswert weil falsch. Die echtesten und größten Christen wissen, dass sie wiedergeboren sind und sie haben auch schon einen Errettungsvertrag unterschrieben. Alle anderen, die nicht nach der Auslegung "ihrer" Bibel leben haben einen schwachen Glauben (wenn überhaupt).

Heute sind viele Christen genau das, was Jesus einst geistlich bekämpfte: Pharisäer. Wer anderer Meinung ist muss sich diverse Bibelstellen um die Ohren hauen lassen und sich somit seinen Unglauben von einem göttlich geprüften Christen bescheinigen lassen.

Gewisse Heilsvorstellungen und Handlungen werden aus der ganzen Bibel zusammengewürfelt oder sogar mit aus Ermahungen hergeleiteten Halbsätzen begründet, wer eine bestimmte Bibelübersetzung bevorzugt kann schon kein echter Christ sein. Wenn es passt, werden Bibelstellen auf Punkt und Komma ausgereizt wohingegen andere natürlich im heilsgeschichtlichen Gesamtkontext zu verstehen sind.

Ich versuche einfach das zu sein, was Jesus wollte das wir sind: Ein kleines Licht in der Welt, das brav das zu leben versucht woran er glaubt. Und auch das was Jesus immer am Höchsten war sollte JEDEM Christen ebenfalls am Höchsten sein: die Nächstenliebe.

Stattdessen gibt es - gerade unter den Internetchristen - regelrechte Exegeseschlachten und gegenseitige Ausgrenzung. Wenn man sich doch einigt, dann gegen den gemeinsamen Feind des Islam. Jeder will Prophet und Apostel sein. Das gibt es auch in der Heidenszene: Viele Häuptlinge, wenig Indianer, da wird jeder der ein Esoterikbuch im Regal hat ein Gode, ein Magier, ein Hexenmeister oder sonst was tolles. Ist das Gleiche nur in unchristlich.

Einfach mal auf dem Teppich bleiben würde vielen meiner Glaubensgeschwister mal ganz gut tun.

closs
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#49 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von closs » Di 7. Mai 2013, 13:35

GanzBaff hat geschrieben:Einfach mal auf dem Teppich bleiben würde vielen meiner Glaubensgeschwister mal ganz gut tun.
Stimmt - und deshalb bin ich inzwischen mehr für ideologie-freies Gemeindeleben mit Gottesdienst feiern und beten. - Aus meinem momentanen Erkenntnis-Stand würde ich KEINE Bibel-Exegese in der Gemeinde machen.

Malika
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#50 Re: Geht das: Christsein ohne Gemeinde?

Beitrag von Malika » Di 7. Mai 2013, 22:42

Ich antworte hier auch noch mal, um noch etwas hinzuzufügen. Die Gemeinde, in der ich praktisch aufwuchs, schlug irgendwann den falschen Weg ein. Da waren einerseits hohe Ansprüche und sehr viele Geschwister im Glauben, die anderen auch im Privatleben über die Schulter schauten und alle möglichen Kleinigkeiten be- und verurteilten, die angeblich unchristlich waren. Zugleich gab es aber auch extrem viel Heuchelei, wodurch der Schein des Perfekten aufrechterhalten wurde. Nicht alle hatten das aber so drauf, wir auch nicht. Wir Kinder wurden zur Ehrlichkeit erzogen und als Familie machten wir da nie viel her, weil wir nun mal nicht so taten als wären wir so toll.

Leider spielten sich auch so einige Mitglieder als Seelsorger auf, die gänzlich unqualifiziert dafür waren, Frauen mit psychischen Probleme, mit Eheproblemen. Ich war im Teenageralter eine von den Beseelsorgten und geriet so in den Sog dieses besorgten und problembeladenen Perfektionismus, dass sich mit der Zeit schwere gesundheitliche Probleme einstellten, deren Folgen ich bis heute spüre. Die Heuchelei durchschaute ich als Kind nicht, daher wuchs ich mit dem Gefühl auf, als Einzige nicht gut genug zu sein und ich hatte schon im frühen Grundschulalter Angst davor, in die Hölle zu kommen, wenn ich das Bibellesen mal wieder vergessen hatte. Obwohl ich mich für Jesus entschieden hatte, empfand ich mich nie wirklich als gerettet, ich war ja nie gut genug.

Sicher kann man sagen, das war nur eine Gemeinde, die auf den falschen Weg geriet. Was mir aber im Nachhinein auffällt, ist die Gruppendynamik, die sich auch bei diversen Subkulturen findet, seine es Punks oder Gothics, Hip-Hop oder Metal-Fans - oder in vielen Vereinen. Man kleidet sich auf bestimmte Weise, hört die gleiche Musik, interessiert sich für ähnliche Themen, hat eine ähnliche politische Einstellung und findet sich auf bestimmten Veranstaltungen zusammen, die man nicht verpassen sollte. Menschen sind nun mal so. Sie finden sich gerne in Gruppen zusammen und diese Gruppen definieren sich unter anderem darüber, dass sie andere ausschließen, die sich da nicht anpassen. Leider habe ich das in gewissen Gemeinden ähnlich mitbekommen - mit dem Unterschied, dass ein sich nicht anpassen gleich den Verlust der Heilsgewissheit bedeutet. Das ist weitaus schlimmer, als die Clique zu verlieren, weil man in einer Subkultur nicht mitzieht. Die Botschaft ist also oftmals: "Mach es wie wir, dann bist du gerettet. Mache etwas anders, dann bist du eventuell gar kein richtiger Christ und auch nicht gerettet." Also passt man sich an.

Mein Problem dabei: ich kann das nicht, konnte ich nicht mal bei den Subkulturen. Als ich es mal beim Punk versuchte, hörte ich nebenbei Metal und irische Volksmusik und eigentlich wollte ich auch nicht schwarz und rot und Nieten tragen, sondern lieber die Pastellfarben, die ich immer so liebte. Ich hatte Freunde aus den verschiedensten Subkulturen und aus keiner und jeder Versuch, mich an eine Subkultur und Gruppierung anzupassen, funktionierte nicht. Ich verbog mich, quetschte mich in die Vorgaben und log mir selbst und anderen etwas vor. Ähnlich erging es mir auch in Gemeinden. Ich hänge irgendwo dazwischen - liberal, aber auch nicht ganz so, aber keinesfalls fundamentalistisch... irgendwie nicht einzuordnen. Und ich weiß, dass ich damit in vielen Gemeinden höchstens toleriert würde. Dazu kommt, dass ich es nicht mag, wenn die lieben Geschwister sich in jede Kleinigkeit einmischen und alles, das ich anders mache verurteilen oder einen ständig ermahnen, wenn man von der Gruppe abweicht. Irgendwann ordnet man sich unter, nur leider eben nicht Gott oder den Ältesten, sondern dem Gruppendruck und der Angst, dass die vielleicht recht haben und ich wirklich in die Hölle komme, wenn ich Geburtstag und Weihnachten feiere / meinen Kindern erlaube, sich beim Schulfasching zu verkleiden / die falsche Musik höre... manchmal droht das dann, in gewisse totalitäre Systeme abzudriften.

Die einzige Gemeinde, in die ich momentan gehen kann, ist die evangelische Landeskirche. Da geht es anonymer zu, da fühle ich mich nicht so beobachtet, so unter dem permanenten Urteil. Und die Toleranz, die viele an den landeskirchlichen Gemeinschaften stört, bedeutet: Ich brauche mich nicht in eine Schublade einzuordnen, muss mich nicht an eine Gruppe anpassen und kann so sein wie ich bin, eben eine, die in keine Denomination so recht hineinpasst. Und es werden erst mal keine Ansprüche gestellt, was für mich mit meiner Vorgeschichte wichtig ist. Wie oft habe ich schon gehört, man müsse das halt hinter sich lassen und einfach anfangen, wieder in eine Gemeinde zu gehen. Das ist leicht gesagt.

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